INHALT

FASZINIERENDES UNIVERSUM

Vom Himmel zum Weltall

Das elektromagnetische Spektrum

Observatorien auf der Erde

Das Hubble Space Telescope

Observatorien der Zukunft

Infrarotastronomie

Mikrowellenastronomie

Radioastronomie

Röntgenastronomie

Gravitationswellendetektoren

Licht als Informationsträger

DAS SONNENSYSTEM – UNSERE KOSMISCHE NACHBARSCHAFT

Planeten im Wandel

Die Entstehung des Sonnensystems

Entstanden aus Gas und Staub

Planeten aus Restmaterial

Die Sonne

Energieerzeugung

Der innere Aufbau der Sonne

Sonnenaktivität

Heliosphäre

Weltraumwetter

Polarlicht

Die Sonne unter Beobachtung

Die Planeten

Der Merkur

Die Venus

Die Erde

Der Mond

Der Mars

Der Jupiter

Der Saturn

Der Uranus

Der Neptun

Kleinkörper

Asteroiden

Pluto und der Kuipergürtel

Kometen

Meteore und Meteorite

NEOs – Near Earth Objects

STERNE, STERNENSTAUB UND EXOPLANETEN

Sterne im Wandel

Der Lebenslauf der Sterne

Spektralanalyse

Das Hertzsprung-Russell-Diagramm

Lebensdauer verschiedener Sterne

Stellare Nukleosynthese

Sternentstehung heute

Protosterne

Offene Sternhaufen

Die Plejaden

Planetenentstehung

Doppelsterne und Veränderliche

Bedeckungsveränderliche

Pulsationsveränderliche

Cepheiden

Sterne am Limit

Braune Zwerge

Blaue Überriesen

Tod der Sterne

Weiße Zwerge

Planetarische Nebel

Supernovae

Merkmale der Supernova-Typen

Neutronensterne

Magnetare und Quarksterne

Schwarze Löcher

Gravitationswellenastronomie

Die LIGO-Kollaboration

Exoplaneten

Suchmethoden

Anzahl der entdeckten Exoplaneten je Methode

Charakterisierung von Exoplaneten

Suche nach Leben

Merkmale naher Exoplaneten

FERNE WELTENINSELN

Galaxien – unser Platz im Universum

Die Milchstraße

Die Scheibenebene

Die Spiralarme

Das Zentrum der Milchstraße

Der Halo

Gaia – eine neue Karte unserer Heimatgalaxie

Die Milchstraße in Zahlen

Zwerggalaxien und galaktische Archäologie

Andromeda und die Lokale Gruppe

Galaxienklassifikation

Spiralgalaxien

Elliptische Galaxien

Aktive Galaxien, Quasare und Blazare

Materiejets

M 87 im Virgo-Haufen

Das Schwarze Loch in M 87

Kosmische Magnetfelder

Astroteilchenphysik

Neutrino-Astronomie

Das Standardmodell der Teilchenphysik

VOM URKNALL BIS HEUTE

Universum und Kosmologie

Die Allgemeine Relativitätstheorie

Das kosmologische Modell

Kosmische Entfernungen und die Expansion des Alls

Die kosmische Entfernungsleiter

Der Urknall – wie alles begann

Das Echo des Urknalls

Dunkle Materie

Kosmische Struktur auf großen Skalen

Hubbles tiefer Blick ins All

Licht auf Abwegen

Das dunkle Zeitalter

ANHANG

Nobelpreis für Physik: Astronomie und Teilchenphysik

Computer und Datenmengen in der modernen Astronomie

SuperMUC-NG und Co.

Atlas auf Gravitationswellensuche

Große Datenmengen vom Schwarzen Loch

Citizen Science – am Puls der Wissenschaft

Citizen Science mit dem Auge

Citizen Science mit dem Computer

Astronomische Größen und physikalische Einheiten

Astronomische Größen

Physikalische Größen und Einheiten

Vorsätze für Maßeinheiten

Die Planeten des Sonnensystems

Danksagung

Zum Weiterlesen und Weiterklicken

Impressum

© G. Hüdepohl, www.atacamaphoto.com/ESO

VOM HIMMEL ZUM WELTALL

Seit jeher erkunden die Menschen den Himmel. Mit der Erfindung des Fernrohrs ist es ihnen gelungen, immer weiter ins All vorzudringen und das kosmische Geschehen mehr und mehr zu durchschauen. In der modernen Astronomie treffen wissenschaftliche Tradition und technologischer Fortschritt in einmaliger Weise aufeinander und befruchten sich gegenseitig.

Wir leben in einem goldenen Zeitalter der Astronomie. Wöchentlich bereichern Forschungsmeldungen über Entdeckungen aus dem Universum die Wissenschaftsseiten nicht nur überregionaler Tageszeitungen. Wir dürfen staunen über Berichte von kollidierenden Schwarzen Löchern in fernen Galaxien oder darüber, dass Astronomen und Kosmologinnen sich wieder einmal uneins darin sind, wie schnell das Universum denn nun tatsächlich expandiert. Und vielleicht erinnern Sie sich sogar noch an die letzte Meldung über einen vermeintlich erdähnlichen Planeten, der in nicht allzu großer kosmischer Entfernung bei einem fremden Stern entdeckt wurde?

All diese faszinierenden Entdeckungen und Erkenntnisse haben wir einem enormen technischen Fortschritt der letzten Dekaden zu verdanken, in den große Wissenschaftsorganisationen mehr und mehr im Verbund investiert haben und der nun Früchte trägt. Viele Entwicklungen der neuesten Technologien wurzeln bereits in den 1970er- oder 1980er-Jahren und wurden von einer Generation von Wissenschaftlern an die nächste weitergereicht. So reichen beispielsweise die Planungen der Rosetta-Mission, mit der die Europäische Raumfahrtorganisation ESA 2014 erfolgreich den Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko anflog und erstmals eine robotische Sonde auf einem Kometen absetzte, bis ins Ende der 1980er-Jahre zurück. Und die ersten Experimente, aus denen schließlich die Messtechnologien der heutigen Gravitationswellendetektoren hervorgingen, führten Physiker bereits in den 1970er-Jahren in den USA durch.

Vor über 400 Jahren erweiterte die Erfindung des Fernrohrs die Sicht des Menschen auf das Universum sprunghaft; wurde damit doch der Blick auf Begleiter anderer Planeten, wie etwa die Galileischen Monde des Jupiter oder die Ringe des Saturn, freigegeben (vgl. „Unsere kosmische Nachbarschaft“). Mit der technischen Weiterentwicklung des Teleskops tauchten immer mehr Sterne und zwischen ihnen vereinzelt auch Nebelchen auf, von denen sich manche als Sternhaufen, andere als „echte“ Nebel, also Gas- und Staubansammlungen oder Hüllen alter Sterne, aber viele auch als ferne Galaxien entpuppten (vgl. „Sterne, Staub und Exoplaneten“ und „Ferne Welteninseln“).

Doch erst, als das Universum dank moderner Beobachtungstechnologien neben dem sichtbaren Licht auch in anderen Wellenlängenbereichen des elektromagnetischen Spektrums oder gar über die kosmische Teilchenstrahlung zugänglich wurde, begannen Forscherinnen und Forscher, astrophysikalische Prozesse besser zu verstehen oder neue Phänomene überhaupt erst zu entdecken. Zugleich stehen wir vor neuen, vielleicht noch viel größeren Rätseln als zuvor: Während die Menschen vor 100 Jahren noch kaum glaubten, dass das Universum über die Milchstraße hinausreichen könnte, müssen wir uns heute mit einem sich beschleunigt ausdehnenden Universum abfinden, das allein schon in seiner beobachtbaren Reichweite 93 Milliarden Lichtjahre durchmisst. Und wie groß es über den für uns sichtbaren Bereich hinaus tatsächlich ist, wissen wir noch nicht einmal. Irgendwie ein Déjà-vu …

Bisher haben wir nur eine grobe Vorstellung davon, wie sich die Strukturen im All, die wir heute sehen, – und damit auch unsere Heimatgalaxie – aus dem heißen, dichten Zustand der Urmaterie nach dem Urknall entwickelt haben. Die wichtigste Zutat dabei ist offenbar die Dunkle Materie, deren Natur noch völlig unbekannt ist. Und es ist die mindestens ebenso rätselhafte Dunkle Energie, die das Universum beschleunigt expandieren lässt. Eine harte Nuss!

DAS ELEKTROMAGNETISCHE SPEKTRUM

Nahezu unser sämtliches Wissen über astrophysikalische Objekte und kosmische Ereignisse basiert auf Information, die das Licht aus dem All bereithält. Dabei beschränkt sich der Begriff „Licht“ im weiteren Sinne nicht auf den für uns sichtbaren Teil des elektromagnetischen Spektrums. Dieser macht nur einen sehr kleinen Bereich zwischen 380 und 780 Nanometern aus. Da ein Großteil des elektromagnetischen Spektrums die irdische Atmosphäre gar nicht durchdringen kann, ist das menschliche Auge nur für ebendiesen optischen Bereich des Spektrums empfänglich. Allein Infrarotstrahlung nehmen wir noch als Wärme wahr. Ebenso stand Astronomen zur Erforschung des Universums lange Zeit nur dieser begrenzte Ausschnitt des Spektrums zur Verfügung. Erst mit der Entwicklung spezieller Beobachtungstechnologien sowie der Möglichkeit, Forschungssatelliten im Orbit um die Erde auszusetzen, wurde die vollständige Bandbreite vom langwelligen Radiobereich bis zur hochenergetischen Gammastrahlung zur Erkundung des Weltalls zugänglich.

Die Atmosphäre ist nur für einen Teilbereich des elektromagnetischen Spektrums durchlässig.
© Gerhard Weiland

OBSERVATORIEN AUF DER ERDE

Zwar ist die irdische Atmosphäre für den sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums durchlässig; dennoch beeinträchtigen Luft- und Lichtverschmutzung sowie ein hoher Gehalt an Wasserdampf, aber auch bewegte Luftmassen bei bestimmten Wetterlagen, astronomische Beobachtungen. Um diesen Einflüssen möglichst zu entgehen, bauen Astronomen ihre Observatorien an abgelegenen Orten. Besonders günstige Beobachtungsbedingungen bieten hohe Berglagen fernab der Zivilisation: In Höhenlagen etwa ist die Luft besonders trocken; große Wasserreservoirs wie Ozeane in der Umgebung von vulkanischen Inseln oder küstennahen Hochgebirgen wirken zudem moderierend auf das Klima.

Ein in dieser Hinsicht optimaler Standort ist die Atacama-Wüste in den chilenischen Anden, einer der trockensten Orte der Erde. Dort betreibt die Europäische Südsternwarte (European Southern Observatory, kurz: ESO) mit Hauptsitz in Garching bei München ihre Teleskope. Das derzeit modernste Observatorium der ESO, das im optischen und Infrarotbereich beobachtet, ist das Very Large Telescope (VLT) auf dem 2635 Meter hohen Cerro Paranal. Es besteht aus vier Einzelteleskopen mit je einem 8,2 Meter durchmessenden Hauptspiegel, die sich zu einem Großteleskop zusammenschalten lassen. Wie auch bei anderen Teleskopen dieser Größenklasse lassen sich die Hauptspiegel mittels aktiver Optik verformen, um mechanische Deformationen durch Schwerkraft und Umlagerung auszugleichen. Die Einzelteleskope verfügen über ein Auflösungsvermögen von 0,05 Bogensekunden, in der Viererkombination erreicht das VLT sogar 0,002 Bogensekunden. (Eine Bogensekunde (auch Winkelsekunde) entspricht dem 3600. Teil eines Grads. Eine Bogenminute ist entsprechend der 60. Teil eines Grads.) Daneben unterhalten die ESO sowie andere internationale Forschungseinrichtungen in Chile eine ganze Reihe weiterer spezialisierter Teleskope.

Auf dem Mauna Kea in Hawaii thront in 4200 Metern Höhe das W.-M.-Keck-Observatory; es besteht aus zwei Teleskopen, die sich zu einem gemeinsamen verbinden lassen.
© NASA

Astronomisch ähnlich komfortable Bedingungen bietet auf der Nordhalbkugel der Mauna Kea auf Hawaii. Dort betreiben unter anderem die USA, Kanada und Japan verschiedene Observatorien in 4145 Metern über dem Meeresspiegel: Die beiden vom California Institute of Technology der University of California unterhaltenen Keck-Teleskope sind mit Spiegelflächen von jeweils zehn Meter Durchmesser ausgerüstet, die sich aus 36 sechseckigen Einzelspiegeln zusammensetzen. Sie beobachten sowohl im optischen als auch im nahen infraroten Wellenlängenbereich. Das von den USA im internationalen Verbund unter anderem mit Kanada betriebene Gemini-North-Observatorium besitzt einen 8,1-Meter-Spiegel. Ein Pendant dazu steht auf der Südhalbkugel in den chilenischen Anden. Erwähnenswert ist außerdem das von Japan geleitete Subaru-Teleskop, das mit einem 8,2-Meter-Spiegel ebenfalls im Optischen und Infraroten beobachtet. Auf dem Nachbarvulkan Mauna Loa betreibt das National Center for Atmospheric Research aus Boulder, Colorado, ein Sonnenobservatorium.

Auf europäischer Seite sind die kanarischen Inseln ein wichtiger Standort: Die auf Teneriffa und La Palma ansässigen Teleskope verschiedener europäischer Partner werden mittlerweile als ENO – European Northern Observatory – als Pendant zur ESO bezeichnet. Führend ist dort das Gran Telescopio de Canarias mit einem 10,4-Meter-Spiegel, der aus mehreren Segmenten zusammengesetzt ist. Auf der Kanareninseln La Palma angesiedelt sind zudem das Tscherenkow-Teleskop MAGIC und Instrumente des neuen Cherenkov Telescope Array, die kosmische Teilchen- und Gammastrahlung untersuchen (vgl. „Astroteilchenphysik“).

Das Very Large Telescope (VLT) der ESO auf dem Paranal in der chilenischen Atacama-Wüste ist eines der modernsten Observatorien. Es besteht aus vier Einzelteleskopen, die sich zu einem größeren Teleskop zusammenschalten lassen.
© ESO/Y. Beletsky

DAS HUBBLE SPACE TELESCOPE

Unser Bild vom sichtbaren Universum hat in den letzten 30 Jahren ganz wesentlich das Hubble Space Telescope (HST) geprägt. Im April 1990 gestartet, lieferte das Hubble-Teleskop wegen eines Schleiffehlers im Hauptspiegel zunächst verzerrte Bilder. Daraufhin versahen Astronauten das HST während eines spektakulären Einsatzes im freien Weltraum im Dezember 1993 mit einer Korrekturoptik. Seither liefert das Weltraumteleskop faszinierende Detailaufnahmen aus unserem eigenen Sonnensystem wie beispielsweise von Jupiters Wolkenstruktur, gibt uns Einblick in die bizarren Welten planetarischer Nebel oder den Tanz zweier Galaxien im Bann ihrer Schwerkraft. Mit Langzeitbeobachtungen wie dem Ultra Deep Field hat das Hubble-Teleskop bis tief in die kosmische Vergangenheit geblickt und die ersten Galaxien zu Beginn ihrer Existenz nur einige 100 Millionen Jahre nach dem Urknall abgelichtet. Dazu hat das Hubble-Teleskop die Aufnahmen im Ultravioletten und Infraroten ergänzt. Die Epoche davor, das dunkle Zeitalter, in dem die ersten Sterne entstanden, soll ab 2021 das Nachfolgeprojekt James Webb Space Telescope erkunden. Es wird speziell im Infraroten beobachten, um Sterne und Galaxien zu erfassen, deren Licht stark rotverschoben ist.

Das Hubble-Weltraumteleskop bereichert seit 30 Jahren unser Verständnis vom All und liefert beeindruckende Aufnahmen.
© NASA

In der Großen Magellanschen Wolke lichtete das Hubble-Teleskop diese farbenfrohen Sternentstehungsnebel NGC 2014 und NGC 2020 ab.
© NASA/ESA/STScI

Hubble trifft Smiley: Der Galaxiencluster SDSS J1038+4849 verzerrt das Abbild dahinterliegender Galaxien aufgrund des Gravitationslinseneffekts.
© NASA/ESA

OBSERVATORIEN DER ZUKUNFT

DAS VERA C. RUBIN OBSERVATORY

Derzeit im Bau befindet sich in Chile das ursprünglich als Large Synoptic Survey Telescope (LSST) bezeichnete und nun in Vera C. Rubin Observatory umbenannte Teleskop. Betrieben wird es von der eigens dafür gegründeten LSST-Organisation in den USA. Es besitzt ein Mehrfachspiegelsystem mit einem 8,4 Meter durchmessenden Hauptspiegel. Die Kamera wird ein Gesichtsfeld von zehn Quadratgrad bei einer Auflösung von 0,2 Bogensekunden abdecken. Damit wird das Vera C. Rubin Observatory in der Lage sein, umfassende Himmelsdurchmusterungen durchzuführen. Ab 2021 soll es vor allem lichtschwache Objekte am gesamten Himmel erfassen und so in unserer Nähe neue Asteroiden finden oder im fernen Universum Gravitationslinsen aufspüren.

ELT – EXTREMELY LARGE TELESCOPE

Auf dem Cerro Armazones in den chilenischen Anden baut die ESO ein neues Großteleskop, das voraussichtlich ab 2025 alle bisherigen Observatorien an Technologie und Leistungsfähigkeit übertreffen wird. Mit seinem Hauptspiegel von 39 Metern Durchmesser soll das Extremely Large Telescope (ELT) 15-mal mehr Licht im Optischen und Infraroten sammeln als die besten derzeit betriebenen Teleskope. Der Hauptspiegel wird aus 798 Segmenten mit jeweils 1,4 Metern Durchmesser und 50 Millimeter Dicke bestehen. Die einzelnen Spiegelsegmente lassen sich über aktive Optik in die optimale Form bringen. Mittels adaptiver Optik lässt sich zudem ein Quartärspiegel im Strahlengang ansteuern, um die Effekte der Luftunruhe auszugleichen.

Das ELT soll in der Lage sein, Licht aus einer Epoche im Universum einzufangen, zu der es nur wenige 100 Millionen Jahre alt war. Zu dieser Zeit sollen sich die ersten Sterne, Galaxien und größeren Schwarzen Löcher gebildet haben. In welcher Abfolge diese Objekte entstanden sind und wie sie sich gegenseitig in ihrer weiteren Entwicklung beeinflusst haben, gibt den Astronomen nach wie vor Rätsel auf. Auf die Beobachtung lichtschwacher Objekte ausgelegt, wollen die Astronomen mit dem ELT außerdem extrasolare Planeten direkt abbilden und deren Atmosphären erforschen. Ebenso soll das ELT die frühen Stadien der Planetenentstehung bei jungen Sternen erkunden und in dieser Entwicklungsphase wichtige organische Moleküle oder Wasser aufspüren können.

Auf dem Cerro Armazones baut die ESO derzeit das Extremely Large Telescope (Animation).
© ESO/L. Calçada

TMT – THIRTY METER TELESCOPE

Als weiteres Großteleskop der neuen Generation plant das California Institute of Technology unter anderem mit kanadischen Universitäten das Thirty Meter Telescope (TMT). Der Standort für dieses Observatorium steht noch zur Debatte. Da die hawaiianische Urbevölkerung gegen den Bau des TMT auf dem Mauna Kea, der ihr als heiliger Berg gilt, protestiert, war zwischenzeitlich La Palma als alternativer Standort im Gespräch. Zwar stehen auf dem Mauna Kea bereits einige Teleskope, doch das TMT würde ein großflächigeres Gelände beanspruchen.

Ebenfalls für die Beobachtungen im Optischen und Infraroten vorgesehen, soll der 30 Meter große Hauptspiegel des TMT aus 492 Teilsegmenten von je 1,4 Metern Durchmesser bestehen. Außerdem wird das TMT mit adaptiver Optik ausgestattet sein, um die Effekte der Luftunruhe ausgleichen zu können. Neben ähnlichen wissenschaftlichen Zielen, wie sie ihre Kollegen mit dem ELT verfolgen, wollen die Astronomen mit dem TMT unter anderem auch Sterne und die interstellare Materie sowie die nähere Umgebung der Milchstraße erkunden. Dort vermuten Forscherinnen noch jede Menge Zwerggalaxien mit leuchtschwachen Sternen, die sich mit heutigen Teleskopen kaum erfassen oder näher analysieren lassen. Solche kleinen Sternsysteme könnten in der Vergangenheit eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Milchstraße gespielt haben.

INFRAROTASTRONOMIE

An den roten Bereich des sichtbaren Spektrums grenzt der langwelligere infrarote Bereich, den wir als Wärmestrahlung wahrnehmen (Wellenlänge: 780 Nanometer bis ein Millimeter). Ein kleiner Anteil des Infraroten kann die Erdatmosphäre noch durchdringen und lässt sich mit modernen Teleskopen wie dem VLT oder den Keck-Teleskopen neben dem sichtbaren Spektralbereich ebenfalls vom Boden aus beobachten.

Ihren Ursprung nahm die Infrarotastronomie in den 1960er-Jahren, als man versuchte, mit Ballonmissionen der Atmosphäre weitgehend zu entkommen und erste Infrarotaufnahmen des Planeten Mars durchführte. Wenig später durchmusterte man den Himmel im Infraroten bei Raketenflügen. Heute decken Forschungssatelliten die gesamte Bandbreite des Infraroten ab.

In der Infrarotaufnahme des WISE-Weltraumteleskops leuchten mehrere Sternentstehungsgebiete in der Milchstraße, dargestellt in grünlicher Färbung. Sie sind zwischen 4000 und 10.000 Lichtjahren entfernt.
© NASA/JPL/UCLA

Mit den bodengebunden Infrarotobservatorien lassen sich kühle Objekte in unserer kosmischen Nachbarschaft wie Kometen oder Asteroiden verfolgen oder auch ferne Galaxien bei großen Rotverschiebungen untersuchen. In diesem Spektralbereich gibt die Milchstraße außerdem den Blick auf ihre innersten Regionen frei. Jenseits der Atmosphäre liefern Weltraumteleskope wie Spitzer oder Herschel wertvolle Beobachtungen von Sternentstehungsgebieten und interstellarer Materie. Mit der fliegenden Sternwarte SOFIA erkunden Astronominnen das Infrarotuniversum von der Stratosphäre aus. Dort entgehen sie 99 Prozent des in der Atmosphäre sonst so störenden Wasserdampfs.

MIKROWELLENASTRONOMIE

Zunächst ein Randgebiet der Radioastronomie, hat sich die Mikrowellenastronomie (Wellenlänge: Millimeter bis Dezimeter) mittlerweile als eigenständiges Beobachtungsgebiet etabliert. 1964 bemerkten die beiden Physiker Arno Penzias und Robert Wilson bei ihrer Arbeit an den Bell Laboratories eine Strahlung bei einer Temperatur von nur drei Kelvin, die aus allen Richtungen des Universums zu kommen schien: Sie hatten damit den Nachhall des Urknalls gefunden!

Die Struktur dieses sogenannten kosmischen Mikrowellenhintergrunds ist mittlerweile dank Weltraumobservatorien wie der Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) und dem Planck-Teleskop im Detail vermessen. Anhand dieser Daten können Kosmologen ihre Modelle zur Entwicklung des Universums überprüfen. Zugleich lieferten diese Satelliten auch wichtige Beobachtungen zur Verteilung von Staub in unserer Milchstraße.

Vom Boden aus beobachten Astronomen außerdem einen schmalbandigen Bereich des kosmischen Mikrowellenhintergrunds mit dem Teleskopsystem Background Imaging of Cosmic Extragalactic Polarization (BICEP) sowie dem Keck Array vom Südpol aus. Dank der trockenen Atmosphäre in der Antarktis gibt es dort kaum störenden Wasserdampf.

Ähnlich gute Bedingungen bieten sich dem Atacama Cosmology Telescope in San Pedro in Nordchile in 5148 Meter über dem Meeresspiegel, das von dort aus ebenfalls die kosmische Hinter-grundstrahlung untersucht.

Der kosmische Mikrowellenhintergrund in einer Aufnahme des bodengebundenen Atacama Cosmology Telescope.
© ACT Collaboration

RADIOASTRONOMIE

An den Mikrowellenbereich schließt sich der Radiobereich (Wellenlänge: Zentimeter bis Kilometer) an, wobei der Übergang fließend ist. Die Ursprünge der Radioastronomie reichen zurück in die 1930er-Jahre. Damals untersuchten Forscher an den Bell Laboratories, den amerikanischen Forschungslaboren für Telekommunikation, die Eigenschaften der Atmosphäre für Rundfunkübertragungen. Dabei entdeckte Karl Guthe Jansky Radiostrahlung aus der Milchstraße, die in der dunkelsten Region der Milchstraße – im Sternbild Sagittarius – besonders stark zu sein schien.

Bis sich die Radioastronomie als eigenes Forschungsgebiet etablierte, profitierte sie zunächst von Entwicklungen in der Radartechnik aus der Militärforschung. So wurde beispielsweise das Anfang der 1960er-Jahre gebaute Arecibo-Teleskop in Puerto Rico, ein in einen natürlichen Krater eingelassener, 305 Meter großer Parabolspiegel, zunächst vom US-Verteidigungsministerium betrieben und diente der Ionosphärenforschung, bis es eine Dekade später umgerüstet und für astronomische Beobachtungen verfügbar wurde. Das derzeit modernste Radioteleskop namens FAST (Five-hundred-meter Aperture Spherical Radio Telescope) in der chinesischen Provinz Guizhou hat Anfang 2020 seinen Wissenschaftsbetrieb aufgenommen. Es besitzt einen 500 Meter großen Hauptspiegel, von dem ein 300 Meter großer Teilbereich dynamisch verformbar ist.

Das Arecibo-Radioteleskop wurde ursprünglich zur militärischen Ionosophärenforschung gebaut und erst später für astronomische Beobachtungen zugänglich.
© NAIC/Arecibo Observatory, a Facility of the NSF

Die größten beweglichen Radioantennen sind das 100-Meter-Radioteleskop in Effelsberg in der Eifel sowie das Robert-C. Byrd-Green-Bank-Teleskop (GBT) in Green Bank, West Virginia (USA), mit einer 110 Meter durchmessenden Parabolschüssel. Neben Parabolspiegeln als Empfänger kommen in der modernen Radioastronomie auch Stabantennen zum Einsatz, wie etwa bei dem europäischen Projekt LOFAR (Low Frequency Array). Mittlerweile untersuchen Astronomen die Radiostrahlung von Staub um junge Sterne, aus dem einmal Planeten werden, oder lauschen den Radiosignalen ferner Quasare.

Das 2019 veröffentlichte erste Abbild eines Schwarzen Lochs im Zentrum einer fernen Galaxie basiert ebenfalls auf Radiobeobachtungen (siehe hier). Außerdem sind viele Beobachtungen in der Planetenforschung nur dank Radarmessungen möglich.

RÖNTGENASTRONOMIE

Auf der energiereicheren Seite jenseits des blauen und ultravioletten Lichts wird das elektromagnetische Spektrum um die Röntgenstrahlung ergänzt (Wellenlänge: 10 Nanometer bis 10 Pikometer). In den 1960er-Jahren drangen Astronomen unter der Ägide von Riccardo Giacconi mithilfe von Raketenbeobachtungen in diesen bis dahin verborgenen Bereich des Spektrums vor. Dabei entdeckten sie Doppelsterne als Röntgenquellen sowie eine diffuse Hintergrundstrahlung im Röntgenlicht. In den 1990er-Jahren kartierte das Röntgen-Weltraumteleskop ROSAT (kurz für Roentgen Satellite) den Himmel und zeichnete mehr als 340.000 Röntgenquellen auf. Mit den neueren Röntgensatelliten Swift, XMM-Newton und Chandra ist deren Anzahl auf 1.250.000 gewachsen. Diese Strahlung stammt von den heißesten Quellen im Universum oder von Orten mit starken Magnetfeldern, in denen Teilchen auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden.

Im Juni 2020 lieferte das satellitengebundene Röntgenteleskop eRosita eine neue Himmelskarte mit einer Million neuen Röntgenquellen; ein Großteil davon sind heiße Kerne von fernen Galaxien. Zudem zeigt die Karte Überreste von Sternexplosionen sowie die Verteilung von heißem Gas in der Umgebung der Milchstraße.

An diesen Bereich des elektromagnetischen Spektrums schließt sich der Höchstenergiebereich an, in dem uns die Gammastrahlung (Wellenlänge: jenseits von 10 Pikometer oder Energien oberhalb von 120 Kiloelektronvolt) sowie hochenergetische Teilchenstrahlung aus dem Kosmos erreichen. Diese kosmische Strahlung entdeckte vor mehr als 100 Jahren der Physiker Victor Hess bei atmosphärischen Messungen während einer Ballonfahrt. Heute erforschen Astronomen den Ursprung dieser Strahlung in dem noch verhältnismäßig jungen interdisziplinären Gebiet der Astroteilchenphysik.

Mitte der 1990er-Jahre erstellte der Satellit ROSAT eine erste umfassende Himmelskarte im Röntgenlicht (Falschfarben).
© MPE/S. L. Snowden et al.

GRAVITATIONSWELLENDETEKTOREN

Ganz neue Möglichkeiten, das Weltall zu erforschen, bietet seit 2015 die Gravitationswellenastronomie. Mit ihr lassen sich astrophysikalische Phänomene abseits des elektromagnetischen Spektrums untersuchen. Gravitationswellen entstehen laut Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie immer dann, wenn Massen sich beschleunigt bewegen. Sie eilen mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum und verzerren diesen vorübergehend.

Um diese Verzerrungen zu messen, haben Physiker spezielle Gravitationswellendetektoren entwickelt. Sie arbeiten nach dem Prinzip der Laserinterferometrie – einer Methode, die auch Architekten verwenden, wenn sie mit einem Laser Raumlängen ausmessen. Ein Gravitationswellendetektor besteht aus zwei mehrere hundert bis einige tausend Meter langen Messstrecken, die senkrecht zueinander in Vakuumröhren verlaufen. Am Ausgangspunkt dieser Messstrecken wird ein Laserstrahl an einem halbdurchlässigen Spiegel aufgespalten; die beiden Teilstrahlen laufen dann die Vakuumröhren entlang (siehe hier). An den Enden der Messtrecken werden die Laserstrahlen von einem Spiegel reflektiert und zurück an ihren Ausgangspunkt geschickt. Dort treffen sie wieder aufeinander und überlagern sich: Sie interferieren miteinander. Bei diesem Effekt kommt die Wellennatur des Lichts zum Tragen. Wie stark das addierte Signal ist, hängt davon ab, in welcher Wellenphase sich die beiden Laserstrahlen relativ zueinander befinden. Schwingen sie im Gleichtakt und addieren sich zwei Wellenberge beziehungsweise zwei Wellentäler, verstärkt sich die Lichtintensität: Es kommt zu konstruktiver Interferenz. Treffen dagegen Wellenberg und Wellental, also phasenversetzt, aufeinander, löschen sich die Laserstrahlen aus und das Signal ist dunkel (destruktive Interferenz).

Spiegelanordnung in den Gravitationswellendetektoren der LIGO-Kollaboration.
© Gerhard Weiland

Wenn eine Gravitationswelle den Detektor passiert, dehnt und staucht sie vorübergehend die Raumzeit entlang der Messarme des Interferometers. Dann treffen die Laserstrahlen im Messpunkt in einer jeweils anderen Phase aufeinander als in Ruhe, und die Intensität des Signalstrahls beziehungsweise das Interferenzmuster ändert sich.

LICHT ALS INFORMATIONSTRÄGER

TEMPERATUR

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erkannten die beiden österreichischen Physiker Josef Stefan und Ludwig Boltzmann, dass die von einem warmen Körper abgestrahlte Energiemenge von dessen Temperatur abhängt: Die Strahlungsleistung eines Körpers nimmt mit der vierten Potenz der Temperatur zu (Stefan-Boltzmann-Gesetz).

Nur wenige Jahre später fand ihr deutscher Kollege Wilhelm Wien zudem heraus, dass auch die Wellenlänge, bei der ein warmer Körper die meiste Energie abgibt, von seiner Temperatur abhängt: Je heißer ein Körper ist, umso kürzer ist die Wellenlänge, bei der er am hellsten strahlt (Wiensches Verschiebungsgesetz). Eine tiefere physikalische Erklärung dieser Zusammenhänge lieferte um 1900 Max Planck mit dem Konzept, dass Licht Energie stets in Form von Energiepaketen, sogenannten Quanten oder Photonen, transportiert. Aus dieser Grundannahme folgte eine ganze Reihe an Spielregeln, die die Grundlage der sich später daraus entwickelnden Atom- und Quantenphysik bilden. Sie erklärt neben der Position des Maximums auch die charakteristische Form eines von einem warmen Körper abgestrahlten thermischen Spektrums, wie es sich über einen breiteren Wellenlängenbereich erstreckt.

Mit diesem Wissen lässt sich auch die Oberflächentemperatur von Sternen anhand ihrer Farbe erkennen: Das Licht sehr heißer Sterne enthält einen größeren Blauanteil, kühlere Sterne hingegen erscheinen eher rötlich. Die heißesten astrophysikalischen Quellen sind aufgeheizter Wasserstoff in den Halos von Galaxien oder auch heißes Gas in Materiescheiben um Schwarze Löcher: Sie leuchten im energiereichen Röntgenlicht. Ferner lässt sich bei unbekannten Strahlungsquellen im Kosmos anhand der Form des Spektrums ablesen, ob es sich um eine thermische Quelle – also einen heißen Körper einer bestimmten Temperatur – handelt oder ob die Strahlung durch geladene Teilchen erzeugt wird, die in kosmischen Magnetfeldern auf extreme Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Diese sogenannte Synchrotronstrahlung hat einen völlig anderen spektralen Verlauf.

Das Spektrum thermischer Lichtquellen, also auch von Sternen, hat eine charakteristische Form. Je heißer der Körper, umso mehr Energie strahlt er ab, und umso kürzer ist auch die Wellenlänge, bei der er die meiste Energie abgibt.
© Gerhard Weiland

SPEKTRALLINIEN

Doch aus Sternenlicht lässt sich noch weit mehr als nur die Temperatur eines Objekts ablesen. Als Sir Isaac Newton 1666 mit einem Glasprisma experimentierte, konnte er zeigen, dass sich weißes Licht aus verschiedenen Farben zusammensetzt. Damit gelang es ihm auch zu beschreiben, wie ein Regenbogen durch Lichtbrechung in Wassertropfen entsteht, obwohl Newton noch davon ausging, dass Licht aus materiellen Teilchen, sogenannten Korpuskeln, bestand. Physikalisch besser lässt sich die Brechung von Licht anhand seiner Wellennatur erklären. Dieses Konzept führte der niederländische Physiker und Kontrahent Newtons, Christiaan Huygens, ein: Da Licht unterschiedlicher Wellenlänge verschieden stark gebrochen wird, wenn es von einem optischen Medium wie Luft in ein anderes optisches Medium wie etwa Glas übergeht, fächert es sich in seine Bestandteile den Wellenlängen nach auf. Alternativ zu einem Prisma lässt sich Licht auch mit einem optischen Beugungsgitter in sein Spektrum zerlegen. Nach diesen Prinzipien funktionieren auch moderne Spektrografen, die heute zum Grundinventar eines jeden Observatoriums gehören.

Im Jahr 1802 fiel dem britischen Arzt und Physiker William Wollaston auf, dass das Spektrum des Sonnenlichts von feinen schwarzen Linien durchbrochen war. Doch er beachtete dieses Phänomen nicht weiter. Erst zwölf Jahre später studierte Joseph Fraunhofer unabhängig von Wollaston das Sonnenspektrum ausgiebig: Akribisch zeichnete er über 350 Linien auf, erwähnt hat er sogar 574. Die Linien entstehen, da die Atome in der Atmosphäre der Sonne – wie auch in allen anderen Sternen – Strahlung bei ganz charakteristischen Wellenlängen herausfiltern.

Joseph Fraunhofer studierte die Spektrallinien im Sonnenlicht ausgiebig und fertigte dabei 1814 diese Zeichnung des Sonnenspektrums an.
© Deutsches Museum München

Warum welche Atome bei welchen Wellenlängen Licht absorbieren oder aussenden, ließ sich erst schlüssig mit dem Aufkommen der Atomphysik Anfang des 20. Jahrhunderts erklären: In der Hülle von Atomen eines bestimmten Elements bewegen sich ebenso viele Elektronen wie es Protonen (positiv geladene Nukleonen) in seinem Atomkern besitzt. So ist jedes Atom nach außen hin elektrisch neutral. Die Hüllenelektronen können unterschiedliche Energiezustände einnehmen. Dabei gehen die Energiezustände innerhalb der Atomhülle nicht kontinuierlich ineinander über, sondern liegen in diskreten, ebenfalls durch die Spielregeln der Quantenphysik festgelegten Abständen zueinander – bildlich kann man sich diese Energiezustände als Schalen um den Atomkern vorstellen. Bevorzugt halten sich diese Hüllenelektronen im niedrigsten möglichen Energiezustand auf, also in der kernnächsten Schale. Dabei kann ein Energiezustand von maximal zwei Elektronen besetzt werden, soweit diese sich in einer Quanteneigenschaft, dem Spin (Quantendrehimpuls) unterscheiden. Um in eine höhere Schale zu wechseln oder gar die Atomhülle zu verlassen, müssen die Elektronen Energie in Form von Photonen, also Lichtquanten, aufnehmen – man spricht dann vom angeregten beziehungsweise ionisierten Zustand. Die dazu notwendigen Energien entsprechen in der Regel Licht mit Wellenlängen im ultravioletten oder sichtbaren Bereich.

Mit diesem Wissen lässt sich anhand von Sternspektren ablesen, welche chemischen Elemente in der Sternatmosphäre vorkommen und in welchem Zustand sich die Atome befinden. Welche Energiezustände die Atome einnehmen können, hängt unter anderem von der Temperatur und der Dichte des Gases ab. So sind die Sternspektren zugleich ein Abbild der physikalischen Bedingungen der Sternatmosphäre.

Speziell bei Wasserstoffatomen ist für Astronomen zudem ein Energieübergang interessant, der eintritt, wenn das Elektron in der niedrigsten Schale seine Spinorientierung ändert. Dieser Übergang absorbiert oder sendet Radiostrahlung einer Wellenlänge von 21 Zentimetern aus. Zudem können auch Moleküle, also chemische Verbindungen von Atomen, Licht bei spezifischen Wellenlängen – meist im Infraroten oder Radiobereich – aufnehmen und aussenden. Je nach geometrischer Form besitzen Moleküle mehrere, räumlich unterschiedlich orientierte Rotationsachsen. Ändern sie ihren Rotationszustand, so senden sie Strahlung bei einer für diesen Übergang charakteristischen Wellenlänge aus oder nehmen Strahlung auf, Kohlenmonoxid beispielsweise bei 2,6 Millimetern.

Anhand der 21-Zentimeter-Linie des Wasserstoffs oder auch von Molekülspektren lässt sich das Gas untersuchen, das den Raum zwischen den Sternen ausfüllt. So avancierte die Spektralanalyse von Sternen, aber auch von interstellarer Materie oder ganzen Galaxien, im Laufe der Zeit zu einem völlig eigenen Forschungsgebiet der Astrophysik.

DER DOPPLEREFFEKT

Da sich Licht mit endlicher Geschwindigkeit als Welle fortbewegt, tritt bei bewegten Lichtquellen ein ähnlicher Effekt auf wie bei Schall: der Dopplereffekt. Er lässt sich auch im Alltag erleben: Bewegt sich ein Krankenwagen mit schallender Sirene auf uns zu, hören wir das Martinshorn höher; sobald es an uns vorübergefahren ist, erklingt das Martinshorn tiefer. Sendet eine Schallquelle, die sich auf uns zu bewegt, regelmäßig Signale aus, wie das bei Schallwellen gewissermaßen passiert, hat das jeweils später ausgesandte Signal einen kürzeren Weg zu uns zurücklegen, als das zuvor ausgesandte Signal. Die Signale kommen also mit einer höheren Frequenz bei uns an als sie von der Schallquelle ausgesendet werden. Das Martinshorn erklingt höher. Entfernt sich eine Schallquelle, haben hintereinander ausgesandte Signale eine jeweils längere Strecke zurückzulegen; die Signale erreichen uns mit einer niedrigeren Frequenz, das Martinshorn klingt tiefer. Ganz ähnlich verhält es sich mit Licht: Das Licht einer Lichtquelle wird zu höheren Frequenzen beziehungsweise kürzeren Wellenlängen hin verschoben, wenn sich die Lichtquelle auf uns zu bewegt: Es erscheint blauer. Entfernt sich eine Lichtquelle von uns, verschiebt sich ihr Licht zu niedrigeren Frequenzen: Es erscheint rotverschoben.

Um herauszufinden, ob sich ein Stern oder eine Galaxie von uns weg- oder auf uns zubewegt, vergleichen Astronomen die Position bekannter Spektrallinien im Spektrum des Sternenlichts mit Referenzspektren aus dem Labor. So können minimale periodische Schwankungen der Linienpositionen beispielsweise einen Doppelstern oder Exoplaneten bei einem fernen Stern entlarven, da diese Sterne um den gemeinsamen Schwerpunkt mit ihrem unsichtbaren Partner hin- und herpendeln. Anhand der Rotverschiebung fand auch Edwin Hubble heraus, dass sich die meisten Galaxien in größeren Entfernungen von uns fortbewegen. Diese scheinbare Fluchtbewegung ist allerdings der Expansion des Universums zuzuschreiben (siehe hier).

Oben: Der Dopplereffekt bei Schall: Das Martinshorn des sich nähernden Krankenwagens ertönt höher; entfernt er sich, erklingt es tiefer. Unten: Der Dopplereffekt bei Licht: Bewegt sich ein Stern auf uns zu, sehen wir sein Licht blauverschoben; entfernt er sich, ist es ins Rote verschoben.
© Gerhard Weiland

DER BLICK IN DIE VERGANGENHEIT

Nichts bewegt sich im Vakuum schneller als Licht, und dennoch ist die Lichtgeschwindigkeit mit 299.792 Kilometern pro Sekunde endlich. Im Alltag nehmen wir diese Eigenschaft von Licht nicht unmittelbar wahr, doch wir nutzen sie etwa bei der Navigation per GPS: Die Positionsbestimmung geschieht über die Lichtlaufzeiten zwischen einem Objekt und mehreren Empfängern. Bei Entfernungen im Weltraum macht sich die Lichtgeschwindigkeit bald bemerkbar. Ein Radarsignal benötigt über eine Strecke von 384.400 Kilometern von der Erde zum Mond und wieder zurück etwa 2,6 Sekunden; von der Sonne zur Erde – eine Strecke von 150 Millionen Kilometern oder einer Astronomischen Einheit – braucht das Licht bereits acht Minuten.

Im Sonnensystem wird die Lichtgeschwindigkeit auch dann relevant, wenn Funksignale zwischen Satelliten und Erde übertragen werden. So dauerte es beispielsweise 45 Minuten, bis die Raumfahrtingenieure im Kontrollzentrum der ESA am 14. Januar 2014 das erste Signal der über 800 Millionen Kilometer entfernten Raumsonde Rosetta nach ihrem „Winterschlaf“ empfingen und sicher sein konnten, dass der Satellit nach einer langen Ruhezeit noch einwandfrei funktionierte. Von Pluto zur Erde benötigt das Licht schon rund fünf Stunden, wobei die Lichtlaufzeit je nach seiner Bahnposition stark variieren kann. Als die Sonde New Horizons im Juli 2015 an dem Zwergplaneten vorbeiflog, erreichten ihre Daten die Erde mit einer Verzögerung von 4,5 Stunden.

Das Funksignal der Raumsonde Rosetta brauchte 45 Minuten bis zur Erde, als sie sich aus dem „Winterschlaf“ zurückmeldete.
© ESA/J. Huart/Rosetta/MPS for OSIRIS Team

Von der Oortschen Wolke, die das Sonnensystem vermutlich bis in eine Entfernung von 100.000 Astronomischen Einheiten umgibt und die als Reservoir vieler Kometen gilt, benötigt das Licht 1,6 Jahre – man sagt, sie ist 1,6 Lichtjahre entfernt. Dabei entspricht ein Lichtjahr derjenigen Strecke, die Licht im Vakuum in einem Jahr zurücklegt: 9,5 Billionen Kilometer. Bis zu unserem nächsten Stern, Alpha Centauri, ist es mit einer Entfernung von 4,3 Lichtjahren nur knapp dreimal so weit. Die meisten Sterne in Sonnennähe, die wir in Sternbildern sehen, sind bis zu 50 Lichtjahre entfernt.

Der uns nächste Stern, das Doppelsternsystem Alpha Centauri, ist 4,3 Lichtjahre entfernt.
© NASA/ESA

Das uns nächste Sternentstehungsgebiet, der Orion-Nebel, ist 1350 Lichtjahre entfernt.
© NASA/ESA/STScI

Die Galaxie NGC 4526 ist 25 Millionen Lichtjahre entfernt. Supernovae wie hier links im Bild in fernen Galaxien dienen über noch größere Distanzen als Standardkerzen.
© NASA/ESA/Hubble Key Project Team/High-Z Supernova Search Team

Je tiefer wir ins All blicken, desto weiter sehen wir also auch in die Vergangenheit. Bis zu unserer Nachbargalaxie, der Andromeda-Galaxie, sind es bereits 2,5 Millionen Lichtjahre. Würden wir in dieser Galaxie heute einen Stern explodieren sehen, hätte sich diese Supernova bereits vor 2,5 Millionen Jahren ereignet. Das ist auch die größte Entfernung, über die wir mit bloßem Auge sehen können: Die Andromeda-Galaxie ist als schwaches Nebelfleckchen im Sternbild Andromeda zu erkennen.

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