Thomas Klappstein (Hrsg.)

Keine halben
Sachen

182 ½ neue außergewöhnliche Andachten

Mit Beiträgen von
Albrecht Gralle, Christian Döring, Christiane Ratz, Daniel Heß, Fabian Vogt, Frank Bonkowski, Mandy (Frau Punk), Fritz Pawelzik, Hans Widmann, Harald „Haso“ Sommerfeld, Jan Hanser, Katharina Hauboldt, Martin Schultheiß, Martin Dreyer, Mickey Wiese, Mirko Sander, Natalie Enns, Serge Enns, Patrick Phillipsen, Petra Piater, Rainer Klinner, Carsten „Storch“ Schmelzer, Thomas „ThoKla“ Klappstein, Ulrich Römer

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 9783865066541

© 2013 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers

Titelgrafik: shutterstock

Die Texte von Harald Sommerfeld sind mit freundlicher Genehmigung des Verlages entnommen aus: Harald Sommerfeld: No more Blues – Glauben ohne Schuldgefühle, Quadro, Nr. 8, Down to Earth Verlag, 2009. Für die Veröffentlichung in diesem Buch wurden sie vom Herausgeber bearbeitet.

Satz: HSB T&M Vertriebs-GmbH, Altenmünster

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

www.brendow-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Veränderung wagen

Unterwegs

Gnade

Angenommen

Schöpfung

Gemeinsam

Handeln wie Jesus

Wüste Zeiten

Ostern

Gemeinde leben

Pfingsten

Jädchen und Mungen

Wirklich wertvoll

Beten

Um die Bibel

Übers Weitergeben

(Nach-)Kriegsgeschichten

Weniger müssen müssen

Heilige Gelassenheit

Sichtweisen

Selbstoffenbarung

Unterwegs

Tod

Himmlisches

Weihnachten

Am Ende

Die Autorinnen und Autoren

Der Herausgeber

Fettes Thanx

Übersicht

Anmerkung

Vorwort

Ist dir das Kaleidoskop noch ein Begriff, liebe Leserin, lieber Leser? Dieses optische Gerät, das häufig als Kinderspielzeug verwendet wird? In dem einen Ende des meist 12 - 15 cm langen Rohres befinden sich – locker zwischen einer glatten und einer mattierten Glasplatte eingelegt – kleine farbige Splitter aus buntem Glas. Das andere Ende des Kaleidoskopes hat ein rundes Fenster zum Durchsehen. Im Rohr selbst sind drei, manchmal auch vier Spiegel-Streifen angebracht, die sich an ihren Längskanten berühren. Darin spiegeln sich die bunten Splitter mehrfach, sodass beim Hineinschauen ein symmetrisches, wunderschön farbiges Muster erscheint. Und jedes Mal, wenn man so ein Kaleidoskop nur ein kleines Stückchen weiterdreht, entsteht ein neues wunderbares Muster. Obwohl sich am Inhalt eigentlich nichts verändert hat, nichts hinzugetan und nichts weggenommen wurde. Alleine die Bewegung schafft die Veränderung.

Schon den alten Griechen war das Kaleidoskop bekannt. Wiederentdeckt wurde es aber erst in der Neuzeit, im Jahre 1816, und zwar vom schottischen Physiker David Brewster, der es dann 1817 zum Patent angemeldet hat.

Die Bibel ist für mich ähnlich wie ein Kaleidoskop. Jedes Mal, wenn ich hineinschaue, wird ein kleines Stück von Gottes Herrlichkeit sichtbar. Und wenn ich dann daran drehe, also die Seiten umblättere oder in einer anderen Situation erneut hineinschaue, zeigt sich wieder ein völlig anderer Teil von Ihm.

Und so ist das auch mit den Texten dieses Buches. 24 Autorinnen und Autoren haben in 182 ½ Beiträgen versucht, das wiederzugeben, was ihnen in der Beschäftigung mit Gottes Wort und in ihrem ganz persönlichen Leben als Christ wichtig geworden ist. In ihren Beiträgen möchten sie die Leserinnen und Leser teilhaben lassen an ihren Einblicken in Gottes Welt und seine Sicht der Dinge.

Herausgekommen ist wieder ein authentisch ehrliches Andachts- und Impulsbuch, das „Keine halben Sachen“ machen und gerne durch das Jahr mit seinen 365 Tagen begleiten will, auch wenn es „nur“ 182 ½ Textbeiträge enthält. Genau wie der Vorgängerband „Nicht alltäglich – 182 ½ außergewöhnliche Andachten“ (Brendow 2010).

Als Herausgeber betrachte ich die Sache nach wie vor nüchtern. Ich sehe, dass zwar viele mit dem guten Vorsatz in ein neues Jahr starten, täglich eine Andacht zu lesen, aber spätestens Ende Februar feststellen, dass sich doch einige Unregelmäßigkeiten eingeschlichen haben. Und dann macht sich nicht selten ein schlechtes Gewissen breit. Um dem zu begegnen, habe ich bereits 2010 das erste „ehrliche Andachtsbuch“ veröffentlicht. 182 ½ Andachten und Impulse habe ich dort versammelt, also genau eine für jeden zweiten Tag des Jahres – weil viele im Mittel sowieso nur alle zwei Tage dazu kommen, darin zu lesen. Dass diese Buchidee die Situation vieler traf, zeigt sicherlich auch die Tatsache, dass „Nicht alltäglich“ mittlerweile in die 2. Auflage gegangen ist.

„Keine halben Sachen – 182 ½ neue außergewöhnliche Andachten“ schließt nun die Lücke und ergänzt die restlichen Tage des Jahres, sodass alle Leser endlich die Tage nachholen können, die sie damals verpasst haben. Nur Spaß! Keine Angst, es soll ein ehrliches Andachtsbuch bleiben. Man darf darin lesen, wann immer man es für nötig hält. An jedem zweiten Tag eines Jahres und natürlich gerne auch täglich. Dann fängt man zur Jahresmitte halt noch einmal neu an.

Durch die vielschichtige Kreativität der Autorinnen und Autoren sowie ihren unterschiedlichen geistlichen Background ist wieder ein bunter Stil-Mix von Beiträgen entstanden. Alles ist dabei, von „old school“ über „modern“ bis zu „postmodern“. Dabei geht es auch dieses Mal nicht darum, ein aalglattes Christsein zu propagieren, sondern eines, das den Realitäten des Lebens gerecht wird.

Manchmal wird ganz klassisch ein Bibelvers ausgelegt, manchmal wird eine Geschichte erzählt, die eine geistliche Wahrheit vermittelt, ohne dass ein Bibelvers explizit genannt wird, mal steht ein Bibelabschnitt am Beginn des Beitrages, mal am Ende, mal wird er im Text zitiert. Garantiert ist auf jeden Fall eine große inhaltliche Vielfalt. Einige Texte erscheinen auf den ersten Blick schon mal widersprüchlich zueinander, manche wurden auch bewusst konträr gegenübergestellt bzw. hintereinander veröffentlicht. Da darf man sich dann gerne herausfordern lassen. Trotzdem bildet, wie im Kaleidoskop, alles eine Einheit. Durch eine leichte Veränderung wird eben nur ein anderes Stück von Gottes Herrlichkeit sichtbar.

Viele Autorinnen und Autoren, die bei „Nicht alltäglich“ mitgewirkt haben, ließen sich auch für „Keine halben Sachen“ zum Schreiben motivieren. Einige Neue sind hinzugekommen. Und neben dem „Tintenblut“, das alle investiert haben, steckt vor allem wieder viel „Herzblut“ in allen Beiträgen (um einen „Oldschool“-Ausdruck zu gebrauchen). Allen Autorinnen und Autoren ist erneut gemein, dass durch ihre Beiträge die Gesinnung dessen rüberkommt, der ihr Leben und ihren Glauben bestimmt: Jesus Christus. Dass durch jeden Beitrag kaleidoskopmäßig ein neues Stück von Gottes Herrlichkeit sichtbar wird. Und dass jeder Beitrag neue, außergewöhnliche und nicht alltägliche Ein- und Ausblicke bietet. Auf jeden Fall keine halben Sachen.

Allen, die wieder oder ganz neu Zeit und Energie aufgewendet haben, sage ich ein herzliches Dankeschön und wünsche ihnen den außergewöhnlichen, nicht alltäglichen und „foll vetten“ Segen Gottes, der ebenfalls keine halben Sachen macht. Und natürlich auch den Leserinnen und Lesern.

Thomas Klappstein
(Herausgeber)

P.S.: Der 182 ½. Beitrag darf auch dieses Mal gerne wieder selbständig ergänzt werden. Es sollen ja keine halben Sachen zurückbleiben 

Veränderung wagen

1 | Kalendernotizen

„Okay, dann lasst uns den Termin nehmen und eintragen!“ Die meisten meiner Freunde und Bekannten zücken bei diesem Satz ihr Smartphone oder ihren Tablet-PC, rufen die Kalender-App (oder Kalenderfunktion) auf und speichern den Termin ab. Eventuell noch eine Erinnerungsfunktion aktivieren, die sie dann rechtzeitig per akustischem Signal an das Ereignis erinnert. Ich selbst nehme in solchen Momenten meinen klassischen Terminkalender in Buchform zur Hand, schlage ihn auf, zücke meinen Stift und trage den Termin ein. Damit gelte ich sicherlich bei einigen als Exot. Aber es entschleunigt und tut gut. Die Planung meiner Zeit und das Notieren meiner Termine mache ich immer noch mit einem klassischen Terminkalender: die Seiten aus echtem Papier, eingebunden in einen schwarzen Einband, möglichst mit einem integrierten schwarzen Gummiband, der den Kalender geschlossen hält, wenn er nicht benötigt wird. Größe DIN A5, und wenn man ihn aufschlägt, hat man jeweils eine ganze Woche im Überblick.

Jedes Jahr besorge ich mir wieder so ein Teil. Dabei liebe ich es, zuerst einmal die leeren Seiten anzuschauen. Sie haben etwas Unschuldiges, Reines an sich und laden zugleich ein, sie zu füllen. Zunächst trage ich dann die bereits feststehenden Termine ein und denke locker darüber nach, wie sich die weiteren Tage wohl füllen, welche Ereignisse die Seiten festhalten werden. Während Urlaubs- und Ferienzeiten sowie auf Reisen benutze ich den Kalender auch gerne als „Stichworttagebuch“ oder um interessante Begegnungen festzuhalten.

Zum Jahresende schaue ich dann gerne noch einmal durch den Kalender, verweile gedanklich an manchen Einträgen und lasse einige Situationen nochmals kurz Revue passieren.

Jedes neue Jahr, jede neue Lebensphase, ist so etwas wie ein Kalenderbuch mit lauter leeren Seiten. Noch voller ungeahnter Möglichkeiten; ein leeres Blatt, das darauf wartet, beschrieben zu werden. Ich bin gespannt, was für ein Buch es am Ende des Jahres, am Ende eines Abschnittes, geworden sein wird. Gut, dass ich mitwirken kann an diesem Buch. Einfluss nehmen kann.

Dabei will ich darauf achten, wer außer mir noch hineinschreibt und seine Spuren darin hinterlässt. Ich wünsche mir immer, dass Gott durch seinen Sohn Jesus Christus und durch seinen Heiligen Geist mitwirkt und der Sache eine gute Richtung gibt. Auf seine Beiträge will ich nicht verzichten. Ob ernst oder froh, ob traurig oder glücklich – es werden Beiträge zum Leben sein. Ich habe ihn eingeladen, seine Spuren in meinem Leben deutlich werden zu lassen. Und dadurch positiven Einfluss in der mich umgebenden Gesellschaft zu nehmen.

Wem möchtest du gestatten, an deinem Buch zum neuen Jahr oder zum neuen Lebensabschnitt mitzuwirken? Worauf möchtest du gerne mal zurückblicken?

„Guter Gott, ich wünsche mir, dass deine Spuren in meinem Leben deutlich werden!“

Thomas Klappstein

2 | Neuanfang

Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?
JESAJA 43,19 (LUTHER 1984)

Also, ich habe mir fest vorgenommen: Dieses Jahr wird alles anders. Und damit fange ich gleich … äh … morgen an. Ja, also am 1. Januar war es bei mir ein bisschen ungünstig. Von wegen: gute Vorsätze und so. Nun, in den darauffolgenden Tagen und Wochen ergab sich auch nie so die richtige Gelegenheit. Gestern passte es auch nicht. Und heute wollte ich wirklich mal mit den Veränderungen anfangen, aber ein guter Freund hat mich eingeladen – und da dachte ich 

Kennen Sie das? Dieses ewige „Vor-sich-her-Schieben“ von guten Absichten? Und damit meine ich nicht nur den Elektronikschrott, der seit Monaten darauf wartet, zum Bauhof gebracht zu werden – oder den Keller, der so nach Aufräumen schreit, dass man es bis in den vierten Stock hört. Nein, wir sind doch alle Meister darin, wichtige Dinge andauernd zu verzögern. Gerade, wenn es um anstrengende Verhaltensänderungen geht. Wir wissen, dass es Dinge gibt, die uns richtig guttäten … und machen sie trotzdem nicht. Das ist doch total verrückt.

Darum sagt ja der Volksmund sehr weise: „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“ Klingt gut. Aber auch ziemlich altklug. Nach altbackener Großtante mit Fürsorgeblick und trauriger Gestalt. „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“ Super. Ein echter Knaller. Außerdem fällt uns ja immer noch ein guter Grund ein, warum wir etwas heute nicht besorgen können. Wir würden wirklich gerne … aber die Umstände.

Na, vielleicht ist an dem Sprichwort ja doch was dran. Vor allem, weil es uralte Wurzeln hat. Ja, schon im Alten Testament steht der garstige Satz: „Beeile dich, deine Gelübde zu erfüllen, und warte damit nicht, bis du tot bist.“ Offensichtlich ist es den Menschen schon vor 3000 Jahren unendlich schwergefallen, gute Vorsätze auch wirklich umzusetzen. Umso mehr reizt es mich, das jetzt endlich zu schaffen. Es kann doch nicht sein, dass das Gute an meiner Trägheit scheitert.

Apropos Gelübde: Sie und ich, wir können uns doch jetzt versprechen, dass wir morgen wirklich anfangen, unsere dringenden Vorhaben in die Tat umzusetzen. Oder heute … okay?

Fabian Vogt

3 | Der Mann, der fünf Guinness trank

„Wenn du deinen Schatten benennen kannst, dann verliert er seine Macht!“

Es war jedes Wochenende das Gleiche: Der Mann kam in seine Stammkneipe, setzte sich an seinen Lieblingsplatz am Tresen und bestellte fünf große Gläser Guinness, die er im Laufe des Abends leerte. Aber diesmal war etwas anders! Er sah traurig aus und bestellte nur vier Gläser. Dem Wirt schien das seltsam, aber er traute sich nicht, nach dem Grund zu fragen. Als sich die Szene aber in den nächsten Wochen wiederholte und der Mann es jedes Mal bei vier Gläsern beließ, packte den Wirt doch die Neugier. „Darf ich fragen, warum du von fünf auf vier Gläser umgestiegen bist?“

„Oh, das ist leicht zu erklären“, sagte der Stammgast. „In meinem Heimatdorf gibt es eine nette Tradition: Man trinkt für die anderen Familienmitglieder mit. Mit meinem Vater und meinen drei Brüdern habe ich mich immer sehr gut verstanden. Also trinke ich ein Bier für mich, ein Bier für meinen Vater und jeweils eins auf das Wohl meiner Brüder. Vor ein paar Wochen ist unser Vater nun verstorben, also trinke ich nur noch für meine Brüder und mich.“

Eine wunderschöne Tradition, denkt der Wirt, als er seinem Kunden sein Beileid ausspricht. Eine Woche später kommt der Mann wieder in die Kneipe und sieht gar nicht gut aus, als er sich drei Gläser Guinness bestellt. Der Wirt ahnt natürlich sofort, was los ist, und fragt vorsichtig nach, ob denn einem der Brüder etwas passiert sei. „Nein!“, kommt die Antwort. „Meinen Brüdern geht es allen super. Aber ich war heute beim Arzt – und der hat mir aus gesundheitlichen Gründen strengstens das Trinken verboten.“

Veränderung – sie fällt uns so schwer! Was tun wir nicht alles, um uns vor notwendigen Neuanfängen zu drücken! Oft spielen wir uns etwas vor, obwohl das mit erheblichem Aufwand an Selbstbetrug verbunden ist. Aber nur nicht die Wahrheit sehen wollen … Geh es heute an!

Frank Bonkowski

4 | Sitzen bleiben kannst du immer noch

„Alle wollen die Welt verändern, aber keiner fängt bei sich an.“ Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Kennst du Lasantha Wickrematunge? Für mich ist dieser Mann ein Held. Ein im Jahr 2009 ermordeter Held. Ein Held, der das Richtige getan hat, obwohl er wusste, dass ihn das sein Leben kosten würde. Als Journalist stand er vor einer der schwierigsten nur denkbaren Entscheidungen: Mache ich den Mund auf, setze ich mich gegen die Ungerechtigkeit in meinem Land ein und sterbe? Oder schweige ich, überlebe, und es bleibt alles beim Alten? Lasantha Wickrematunge hat sich dafür entschieden, den verbotenen Beitrag über seine Regierung zu veröffentlichen. Den Beitrag, in dem er nachweist, dass sie korrupt ist, Menschen foltert und tötet. Einige Tage darauf wurde er ermordet.

Auch der deutsche Theologe Martin Niemöller hat ein solches Beispiel gegeben, das mich in meiner journalistischen Karriere begleitet. In seiner Jugend war er Antisemit und bewunderte Hitler. Als die Nationalsozialisten jedoch in Deutschland die Macht ergriffen, erkannte er, was deren Ideologie war: Es ging nicht nur um die Vernichtung der Juden, sondern um die Vernichtung aller Andersdenkenden. Niemöller sagte seine Meinung und wurde von 1937 bis 1945 in den Konzentrationslagern von Sachsenhausen und Dachau inhaftiert. In seiner Gefangenschaft schrieb er ein Gedicht, das mich seit den Tagen meiner Jugend beeindruckt:

„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie die Sozialisten einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Sozialist. Als sie die Juden einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

Wie gehst du mit Ungerechtigkeiten in deinem Umfeld um? Mit Armut, Mobbing, häuslicher Gewalt, Diskriminierung? Ich bewundere Menschen wie Lasantha Wickrematunge und Martin Niemöller. Menschen, die aufstehen und nicht wegschauen, wenn sie Ungerechtigkeiten sehen. Die nicht sagen, das ginge sie nichts an. Sondern den Mund aufmachen, wenn es sein muss. Sie erinnern mich an Jesus, der sich wie kein anderer nicht davon abhalten ließ, das Richtige zu tun. Und ich bin der festen Überzeugung, dass ich ebenso wie jeder andere Christ dazu aufgerufen bin, seinem Vorbild zu folgen und als Vorbild voranzugehen.

Serge Enns

5 | Warum bin ich immer noch der Alte?

Und der HERR, dein Gott, wird dein Herz beschneiden und das Herz deiner Nachkommen, damit du den HERRN, deinen Gott, liebst von ganzem Herzen und von ganzer Seele, auf dass du am Leben bleibst.
5. MOSE 30,6 (LUTHER 1984)

Wenn Gott unsere Herzen beschneiden möchte, heißt das für mich, dass er uns an einer ganz tiefen, bedeutsamen Stelle verändern will. Das Herz ist in seiner biblischen Bedeutung der innerste Ort und der Ausgangspunkt unseres Seins und Erlebens. Dort werden meine Entscheidungen geboren. An diesem zentralen Ort sind unsere tiefsten und grundlegendsten Überzeugungen abgelegt.

Auf der anderen Seite ist dem Menschen selbst dieser Ort nicht unmittelbar zugänglich: Entscheidungen, die ich treffe, kann ich oft nur im Nachhinein betrachten und bewerten. Das Besondere am Glauben an den Gott der Bibel ist, dass er unser Leben verändern will. Nicht nur äußerlich, sondern auch und vor allem innerlich. Welche Rolle Gott in der Lebens- und Herzensveränderung spielt, ist für mich jedoch nach wie vor geheimnisvoll. Es könnte der Eindruck entstehen, dass der christliche Glaube sich durch das Halten von Geboten und einen frommen Lebenswandel ausdrückt. Die Lebensführung hat der Gläubige selbst zu steuern, Veränderung ist eher ein Willensakt, für den man selbst die Verantwortung trägt. Wenn ich damit nicht zurechtkomme, muss ich eben in „Seelsorge“ gehen und mir helfen lassen. Dabei hilft mir die Erkenntnis, dass Gott mich ja liebt, und Veränderung ist somit eine angemessene Antwort auf die Gottesliebe.

Andererseits weiß ich, dass Gott selbst mich verändern will. Dies geschieht wohl, indem ich mich ihm öffne und hinhalte. In Zeiten der Andacht, des Lobpreises, der Seelsorge oder im Gebet kann Gott an mir wirken. Wie oder warum das geschieht, ist meist nicht genauer zu erfahren – es geschieht aus Gnade. Letztendlich kommt es aber auch wieder auf den Menschen selbst an, wann und wie oft er sich Gott stellt – und ob überhaupt.

Meine Alltagsbeobachtung ist, dass Lebensveränderung insbesondere in Krisensituationen geschieht. Auch berichten Familienangehörige von Neubekehrten manchmal von Veränderungen zum Guten, die selten bewusst gesteuert sind. In späteren Jahren des Christseins scheint es aber an bestimmten Punkten einfach nicht weiterzugehen, auch oder gerade bei Haltungen, die von außen betrachtet aber wesentlich wären.

Wie sieht es nun in meinem Leben aus? Passiert hier noch Veränderung? Und was ist mein Gebet, wenn der alte Mensch in mir sichtbar wird: „Oh, Mist, Herr! Ich habe versagt! Ich verspreche dir Besserung, und vor allem mache ich mehr Stille Zeit“?

Wenn Er zugesagt hat, uns zu verändern, könnte unser Gebet doch auch lauten: „Herr, warum bin ich immer noch der Alte?“ Wenn ich wirklich ihm die Verantwortung für mich gebe, wird es spannend, was passieren wird. Alle Achtung!

Daniel Heß

6 | Aufbruch in ein neues Land: Leif Eriksson

Am Ende aber blieben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Aber die Liebe ist die Größte unter ihnen.
1. KORINTHER 13,13 (LUTHER 1984)

Kennen Sie Leif Eriksson? Den Sohn von Erik, dem Roten? Den Mann mit dem wunderschönen Beinamen „der Glückliche“? Ja, Leif, der Glückliche! Das ist doch wirklich mal ein toller Ehrentitel, den man sich auch wünschen würde.

Der glückliche Leif war Grönländer und gilt inzwischen als der eigentliche Entdecker Amerikas. Ja, der Abenteurer fuhr nämlich schon um das Jahr 1000 – also rund 500 Jahre vor Christoph Columbus – mit einer Art Drachenboot auf einer wilden Entdeckungsreise bis hinüber nach Neufundland. Er nannte den von ihm durch Zufall entdeckten Kontinent fröhlich „Vinland“, also „Weinland“ – wahrscheinlich, weil es dort so viele wilde Weinreben gab. Und das imponierte dem Nordländer. Später fuhr Leif Eriksson dann noch mehrfach an die nordamerikanische Küste, um sie weiter zu erforschen.

In zwei altnordischen Sagas wird ausführlich von Leif und seiner Entdeckung erzählt. Trotzdem waren sich die Wissenschaftler lange unsicher, ob es diese Fahrten wirklich gegeben hatte. Vielleicht musste man das Ganze ja einfach dem Bereich der Märchen und Fabeln zuordnen. „Das geheimnisvolle Land am Ende der Welt.“ Man hatte schließlich keine Beweise.

Doch dann wurden vor einigen Jahren auf Neufundland tatsächlich die uralten Reste einer skandinavischen Siedlung entdeckt. Eine Sensation. Seither kann man die Erinnerung an den großen Leif Eriksson noch überzeugter feiern.

Zu einer dauerhaften Besiedelung Amerikas durch die Grönländer kam es übrigens nicht. Und jetzt wird es spannend. Das lag nämlich unter anderem daran, dass sich Leif nach dem Tod seines Vaters als neuer Herrscher erst einmal um Grönland, also um sein eigenes Reich, kümmern musste. Und um die Christianisierung der Grönländer. Denn Leif Eriksson gilt auch als großer Missionar, dessen Herz für Gott brannte. Und die Liebe zu seinem Volk war ihm offensichtlich wichtiger als dieses neue Land.

Nun frage ich mich natürlich: Warum wurde Leif wohl „der Glückliche“ genannt? Weil er Amerika entdeckte, weil er einfach ein sonniges Gemüt hatte – oder weil ihn die Entdeckung des christlichen Glaubens mehr bewegte als jedes sagenumwobene „Vinland“ im Westen, da draußen auf dem Meer?

Fabian Vogt

7 | Eine mutige Entscheidung: Konstantin

So wählt euch heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, denen eure Väter gedient haben jenseits des Stroms. […] Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen.
JOSUA 24,15 (LUTHER 1984)

Irgendwann, an einem frühen Morgen Anfang des vierten Jahrhunderts, wälzt sich ein Feldherr ruhelos auf seinem Lager hin und her. Schweißnass. Er kann einfach nicht einschlafen. Kein Wunder. Er weiß, dass er mit seinen Soldaten die schwerste Schlacht seines Lebens vor sich hat. Und: Das gegnerische Heer ist nicht nur viel stärker und professioneller organisiert, es kennt sich auch in der Region deutlich besser aus. Keine besonders guten Aussichten.

Vor allem aber muss der Feldherr eine äußerst wichtige Entscheidung fällen: Auf welchen göttlichen Beistand will er in der anstehenden Schlacht bauen? Auf den der alten römischen Götter, die seit langem angebetet werden? Oder auf den dieses ungewöhnlichen Christengottes, von dem neuerdings alle reden? Und während der Mann noch grübelt, wird über ihm am Himmel auf einmal ein Kreuz sichtbar. Und eine laute Stimme sagt: „In diesem Zeichen wirst du siegen.“

Schnell lässt Konstantin – so heißt der Feldherr – auf alle Rüstungen, Schilde und Fahnen seiner Soldaten ein großes Kreuz nähen. Und die Motivation funktioniert. Tatsächlich. Das Heer zieht voller Zuversicht und Vertrauen in den Kampf. Euphorisch. Konstantin schlägt seinen Gegner, wird römischer Kaiser und bedankt sich anschließend bei diesem gnädigen Gott, der ihm vermeintlich den Sieg geschenkt hat. So wird das Christentum im römischen Reich zu einer erlaubten Religion. Damit verhilft Konstantin dem christlichen Glauben zum Durchbruch. Später wird dieses historische Ereignis den Namen „Konstantinische Wende“ bekommen.

Erstaunlicherweise wissen wir sonst über Konstantin gar nicht so viel. Nicht einmal, wann er genau geboren wurde. Na, irgendwann um 275 könnte es gewesen sein. Ungefähr. Viel wichtiger ist aber, dass Konstantin als Kaiser den Mut hatte, den neuen Glauben nicht mehr zu bekämpfen, sondern ihm eine Chance zu geben. Dass er nicht wankelmütig hin und her lavierte, sondern eine Entscheidung für sich fällte. Und die wurde ihm zum Segen.

Fabian Vogt

Unterwegs

8 | Weg und Ziel I

„Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, und ich bin das Leben! Ohne mich kann niemand zum Vater kommen.“
JESUS IN JOHANNES 14,6 (HOFFNUNG FÜR ALLE)

Zwei Begebenheiten mit meinem Fahrlehrer begleiten mich auch heute, fast 20 Jahre später, noch immer. Gerade im Frühling, wenn all die Motorradfahrer durch die Straßen fahren, kommt mir die erste Begebenheit in den Sinn, als ob es gestern gewesen wäre: Bei der PKW-Fahrprüfung griff mir mein Fahrlehrer ins Lenkrad! Dadurch fiel ich durch und musste die Prüfung wiederholen. Eigentlich wollte ich meinen PKW- und Motorradführerschein zusammen machen, aber durch das Eingreifen des Prüfers musste ich das Geld, das für den Motorrad-Führerschein eingeplant war, dafür einsetzen, wenigstens den PKW-Führerschein abschließen zu können. Noch immer trauere ich jeden Frühling und Sommer meinem nicht vorhandenen Motorrad hinterher.

Die andere Situation erlebte ich während meiner ersten Fahrstunde auf der Landstraße. Bei dieser Fahrt wurde mein Fundament für meinen Weg mit Gott gelegt. Die Bedeutung dieses Moments war mir damals nicht bewusst, wurde sie aber später, nachdem ich bei den Jesus Freaks verschiedenste Bereiche aufgebaut, geleitet und begleitet hatte. Ich fuhr auf der Landstraße gekonnt Schlangenlinien und war im totalen Stress, da ich so ziemlich jeden Baum an der Straße mit meinen Augen fixierte. Da sagte mein Fahrlehrer zu mir (nicht ahnend, dass er mir eine der wichtigsten Lektionen für mein Leben mit auf den Weg gab): „Augen nach vorne! Du fährst immer dahin, wo du hinschaust!“

Ich weiß nicht, wie du gerade unterwegs bist in deinem Leben, ob es dir gutgeht und alles eine große Party für dich ist. Oder ob du auf der anderen Seite stehst: Jeder neue Tag ist anstrengend, und deine einzige Hoffnung ist es, dass auch er irgendwann vorbeisein muss … Aber ganz egal, ob du gerade auf der Überholspur unterwegs bist oder dich mühsam am Standstreifen entlangschleppst: Du hast deine Augen auf etwas gerichtet, und in diese Richtung bewegst du dich auch.

Der Weg ist nicht das Entscheidende, sondern das Ziel. Gott kann auf schwierigen Abschnitten genauso gut mit uns laufen wie auf leichten. Manchmal glaube ich sogar, dass wir gar nicht dazu gemacht sind, dass es uns immer nur gutgeht. So ganz ohne Herausforderungen würden wir niemals wachsen und stark werden.

Wichtig ist das Ziel: Wenn ich mich nur von meinem Alltag und den Umständen lenken lasse, habe ich keinerlei Sicherheit auf meinem Weg. Die habe ich nur, wenn ich das Ziel vor Augen habe.

Mirko Sander

9| Weg und Ziel II

„Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, und ich bin das Leben! Ohne mich kann niemand zum Vater kommen.“
JESUS IN JOHANNES 14,6 (HOFFNUNG FÜR ALLE)

Die große Frage ist nicht, wo und wie wir durchs Leben laufen; die große Frage ist, ob wir am Ziel ankommen. Man sagt, dass jeder Weg mit dem ersten Schritt beginnt. Wovon man nicht spricht, ist das große Dilemma danach, nämlich dass jeder Weg erst mit dem letzten Schritt endet und dass dazwischen viele Schritte liegen. Und nicht nur das: Die Schritte führen auch noch einen Weg entlang, auf dem Steine liegen.

Ich erinnere mich noch gut an den Abend, als ich mich entschied, „alles“ für Gott zu geben – in meinem jugendlichen Leichtsinn rutschte mir dieses „alles“ einfach so raus. Nicht wissend, dass es manchmal schwer sein würde, dabeizubleiben. Ich habe viele Freunde, die sich auch mal entschieden haben, „alles für den Herrn“ zu geben, und die jetzt nicht mehr mit Gott unterwegs sind. Die irgendwo auf dem Weg einfach stehengeblieben sind. Ich kann gar nicht sagen und beurteilen, was da im Einzelnen schräggelaufen ist, keine Ahnung. Aber die Leute sind stehengeblieben – und eben nicht mehr dabei. Vielleicht kennst du auch Leute, mit denen du unterwegs warst und die die verrücktesten Sachen „für den Herrn“ gemacht haben … und nun sind sie nicht mehr da. Das stimmt einen oft traurig.

Wenn ich eines gelernt habe über all die Jahre, dann ist es, dass meine persönliche Antwort auf die „große Frage“ das Entscheidende ist. Die große Frage ist doch immer gewesen: Was ist der Sinn des Lebens? Warum bin ich hier, und wo gehe ich hin? Für mich ist tatsächlich Jesus die Antwort auf alles im Leben, und dieses Wissen ist sehr hilfreich.

Du liest hier gerade in einem Andachtsbuch – warum machst du das? Hast du das Buch geschenkt bekommen, damit du dieses Thema „Zeit mit Gott“ besser in den Griff bekommst? Hast du dir das Buch selbst gekauft? Was ist deine Motivation, dass du es bis hierher gelesen hast?

Was auch immer deine Gedanken dazu sind – ich wünsche dir, dass du deinen Weg weitergehst. Bis zum Ziel. Du hast dich auf ein großes Abenteuer eingelassen und wahrscheinlich keinen Schimmer davon, was noch alles auf dich zukommen wird. Dieses „alles“ kann wirklich „alles“ in deinem Leben sein. Aber glaube mir: Es gibt nichts Besseres, als sein Leben für eine Sache zu geben, für die es sich lohnt.

Paulus hat mal an die Kolosser geschrieben: „Lasst euch deshalb von niemandem von eurem Ziel abringen.“ (Kolosser 2,18A)

Mirko Sander

10 | Ein Ziel erreicht nur, wer nach vorne schaut

Jesus aber sprach zu ihm: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes.
LUKAS 9,62 (LUTHER 1984)

In Zeiten unserer hochtechnisierten Landwirtschaft ist dieser Vers nicht mehr ganz so alltagsnah wie zu Jesu Zeiten. Heute fährt der Traktor oder Schlepper von alleine geradeaus, unabhängig von der Blickrichtung des Fahrers. Und um eine vernünftige Ernte zu bekommen, muss die Aussaat schon vorher in einer geraden Linie liegen. Das vereinfacht die Ernte enorm.

Aber Sie können es ja mal ausprobieren und versuchen, auf einem Acker oder einer großen Wiese eine gerade Linie zu gehen: Das funktioniert nur, wenn man sich in der Ferne ein Ziel aussucht, zum Beispiel einen Baum, und dieses anvisiert. Lässt man es aus den Augen, wird die Linie krumm. Und schaut man sogar zurück, gibt es schon gar keine Chance auf eine gerade Linie.

So ist das im Leben auch. Ziele für unseren Lebensweg sind hilfreich, damit wir uns nicht verzetteln und zu viele krumme Umwege gehen. Oft ist es einfacher und schöner, in der Vergangenheit zu schwelgen, als beherzt neue Wege zu gehen. Wir dürfen natürlich genießen, was einmal war. Aber wir sollten dabei nicht stehenbleiben, sondern immer wieder neue Herausforderungen suchen.

Diese Herausforderungen können ganz unterschiedlicher Natur sein: zum Beispiel bei einer Predigt über einen bekannten Text offen sein für das, was der Prediger sagt – und nicht in Gedanken reflektieren, was wir schon alles darüber gehört haben. Oder kaputte Beziehungen wieder versuchen zu kitten – und nicht immer darüber grübeln, wie böse der andere in der Vergangenheit zu uns war. Oder eine angemessene Sportart anfangen – und nicht davon schwärmen, wie athletisch man in jungen Jahren gewesen ist. Oder ein neues Hobby beginnen – und nicht immer die alten Briefmarken abstauben.

Wichtig bei alldem ist, dass ein neuer Schwung uns belebt und wir uns nicht von der Vergangenheit gefangen nehmen lassen. Der Satz: „Das haben wir schon immer so gemacht“ kann auch eine Ausrede für unsere Trägheit und Bequemlichkeit sein. Das Leben ist viel zu spannend und wertvoll, um im Gestern zu leben.

Ulrich Römer

11 | Zurückblicken ohne umzukehren

Jesus aber sprach zu ihm: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes.
LUKAS 9,62 (LUTHER 1984)

Wie würde dieser Satz wohl in einem etwas moderneren Kontext lauten? Vielleicht so? „Wer seine Hand von der Tastatur nimmt und sieht zurück, der ist nicht geschaffen für das Reich Gottes.“ Oder vielleicht so? „Wer seine Arbeit reflektiert, der ist nicht geschaffen für das Reich Gottes.“

Moment mal! Heißt das jetzt, ich darf mich nicht mehr kontrollieren? Heißt das, wenn ich etwas mache, dann darf ich nicht zurückblicken, um daraus zu lernen? Könnte man meinen – oder!? Aber ich glaube nicht, dass das so gemeint ist. Ich glaube, dass wir unser Tun und Handeln überprüfen dürfen. Aber wir sollen uns im Prüfen nicht verlieren.

Paulus beschreibt das im Philipperbrief noch etwas genauer: „Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.“ (Philipper 3,13)

Also, nach hinten schauen ja, aber nicht um jeden Preis. Verlier dich nicht in den Erinnerungen. Es ist wichtiger, nach vorne zu blicken und mit dem in der Reflexion Gelernten das Ziel zu erreichen.

Jesus wartet auf dich.

Patrick Phillipsen

12 | Die wichtigsten Begleiter: Freunde

Und ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch aufgetragen habe. Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn einem Knecht sagt der Herr nicht, was er vorhat. Ihr aber seid meine Freunde; denn ich habe euch alles anvertraut, was ich vom Vater gehört habe.
JOHANNES 15,14 UND 15 (HOFFNUNG FÜR ALLE)

Freunden kann auch mal der Kragen platzen, wenn sie mit dir reden, aber nur, weil ihr Herz für dich bis zum Hals schlägt.

Freunde stört es nicht, bei dir fernzusehen, auch wenn du schon längst ins Bett gegangen bist.

Freunde beten viel für dich und sagen dir: „Hab neulich mal kurz an dich gedacht!“

Freunde möchten deine Welt kennenlernen und entdecken immer neue Erdteile.

Freunde erleben dich mit verklebten Augen, ungewaschenen Haaren und sehen dahinter deine Einzigartigkeit und Schönheit.

Freunde können es sich leisten, bei einem Witz, den du erzählst, nach der Pointe zu fragen.

Bei Freunden kannst du nachts um halb drei klingeln, und sie fragen dich: „Tee oder Kaffee?“

Freunde reden manchmal blödes Zeug, weil sie wissen, dass du keine Goldwaage im Keller hast.

Freunde kennen sich nicht in deiner Brieftasche aus, dafür aber in deinem Kühlschrank.

Freunde geben dir im Winter ihr letztes Hemd und behaupten, sie wollten sich sowieso gerade sonnen.

Freunde machen es so ähnlich wie Gott: Sie mögen dich so, wie du bist, trauen dir aber zu, dass du dich verändern kannst.

Albrecht Gralle

13 | Profil

Matthäus 6,1 - 8

Habe ich noch ausreichend Profil auf meinen Reifen? Diese Frage stellt sich jeder Autofahrer, weil er weiß, dass fehlendes Profil die Sicherheit beeinträchtigt. Von Zeit zu Zeit muss man es deshalb überprüfen und, wenn nötig, in ein neues investieren.

Für Menschen, die Jesus Christus kennengelernt haben, ist das richtige Profil ebenfalls entscheidend: Welche Spuren hinterlasse ich? Welchen Halt bietet mein Profil in schwierigen Lebenssituationen? Ein solcher Profil-Check ist wichtig. Anhand der Bibel können wir uns immer wieder überprüfen.

Jesus Christus fordert uns in der Bergpredigt auf: „Habt acht auf eure Frömmigkeit“ (Matthäus 6,1, Luther 1984). Er weiß, wie schnell unser Glaube durch äußere Einflüsse Schaden nimmt. Wie schnell Dinge von uns Besitz ergreifen, die uns den Halt und das Vertrauen in ihn rauben. Darum hat Jesus dem Volk immer wieder entscheidende Wahrheiten mit auf seinen Weg gegeben. Es lohnt sich, diese (etwa im sechsten Kapitel des Matthäus-Evangeliums) genauer zu studieren. Da geht es um meinen Umgang mit dem Vater im Gebet, es geht um Dinge, die uns zu wichtig werden und Gott von seinem Platz verbannen. Es geht um wahre Größe, um die Liebe und Fürsorge unseres Vaters im Himmel, der uns in seinem Wort alles gibt, was notwendig ist, um in den Stürmen des Lebens zu bestehen.

Weil wir auf unsrem Lebensweg vielen negativen Einflüssen ausgesetzt sind, fordert uns Jesus heraus, immer wieder den Zustand unseres Lebens-Profils zu überprüfen. Das lässt sich nicht danach beurteilen, wie viel Lärm wir machen, oder nach der Größe unserer Abdrücke, die wir hinterlassen. Das Entscheidende ist, dass wir Jesus Christus zum Mittelpunkt unseres Lebens machen. Dann wird er dafür sorgen, dass wir für jede Witterung bestens gerüstet sein werden. Er gibt Liebe und Geborgenheit, wie niemand sonst sie geben kann. Bei Ihm sind wir so wertgeachtet, dass er sogar mit seinem Leben für uns bezahlte. Ich wünsche dir und Ihnen die Freiheit, die Jesus schenkt, und tiefes Vertrauen in seine Zusagen.

Hans Widmann

Gnade

14 | Total vermasselt?

Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden.
JESAJA 1,18 (LUTHER 1984)

Viele Schuldgefühle, mit denen sich Christen herumplagen, sind sachlich völlig unbegründet und das Ergebnis von falschem Denken, Perfektionismus, Manipulation oder religiösen Fehlprägungen. Aber es gibt leider auch Situationen, in denen wir auf eine Art „schuldig“ werden, die uns und andere viel tiefer berührt. Was ist, wenn wir vor dem Scherbenhaufen einer Beziehung stehen und wissen, dass unser Verhalten die Hauptursache für das Scheitern war? Was ist, wenn wir jemanden, der uns etwas bedeutet, auf eine Weise verletzt haben, die wir nicht wieder aus der Welt schaffen können? Was ist, wenn wir nicht auf uns achthatten und in einem schwachen Moment etwas getan haben, was kurze Zeit dauerte, aber lange, zerstörerische Folgen hat? Auch in solchen Fällen ist es sicher gut, eine(n) gute(n) Freund(in) oder Berater(in) zu suchen, mit dem du dich deiner Geschichte stellen kannst. Es ist nicht falsch, Ursachen zu suchen, um Wiederholungen zu vermeiden. Gemeinsam könnt ihr auch herausfinden, wie Versöhnung und Wiederherstellung möglich sind und wie du mit den Folgen leben kannst.

Aber selbst solche Situationen ändern nichts an Gottes Einstellung zu dir. Er ist für dich, und in seinen Augen bist und bleibst du unschuldig, selbst wenn gerade die Boulevardpresse über dich herzieht. Und glaub mir, dieses Wissen hast du nie nötiger als in Momenten echter, schwerer Schuld.

Überleg mal: Gibt es einen Bereich, wo du wirklich schuldig geworden bist?

Stelle dir diese Schuld bildhaft vor – und dann stelle dir vor, wie Jesus sie hinwegträgt.

Haso

Mehr darüber in: Harald Sommerfeld: „No more Blues – Glauben ohne Schuldgefühle“, Quadro, Nr. 8, Down to Earth Verlag, Berlin 2009.

15 | Der zerbrochene Pott

„Aber jetzt mussten wir doch feiern und uns freuen; denn dieser hier, dein Bruder, war tot, und nun lebt er wieder; er war verloren, und nun ist er wiedergefunden.“
LUKAS 15,32 (NEUE GENFER ÜBERSETZUNG)

Er weiß genau, was ihn zu Hause erwartet, und deswegen hat er gewartet, bis er vor Hunger fast verreckt wäre. Es gab damals eine Tradition für „Fälle wie ihn“. Er hatte es gewagt, die Ressourcen seiner Familie, seiner Gemeinschaft, auf hinterhältige Art und Weise zu ergaunern und unter Nicht-Juden zu vergeuden. Er hatte seiner Gemeinschaft großen Schaden zugefügt. In seiner Kultur ein fürchterliches Vergehen!

Wenn er nach Hause kommt, wird man die gesamte Dorfgemeinschaft zusammentrommeln. Man wird ihn festhalten, einen Pott nehmen und vor seinen Augen zerschmettern. Ein Zeichen! „Du hast das Leben deines Vaters zerbrochen, deiner Familie, deiner Gemeinschaft, dein eigenes Leben! Du hast alles kaputt gemacht. Dein Leben ist nichts mehr wert. Du bist hier nichts mehr wert!“ „Kezazah“ hat man diese Tradition genannt: „Kezazah“ heißt „Zerbruch“, heißt: „Du bist hier nicht willkommen, du gehörst hier nicht mehr her!“

Doch bevor sie ihn ergreifen können, bevor sie den letzten Rest seiner Würde zerschmettern, kommt sein alter Vater, den er so verletzt hat, auf ihn zugerannt, nimmt ihn in den Arm, vergibt ihm und lädt die verdutzte Meute zu einem Fest ein. Zu einem Fest, das die Würde seines Sohnes wiederherstellt! Ein Fest, das Gnade feiert! Ein Fest zum Zeichen, dass er gewollt und geachtet und wertvoll ist in diesem Haus.

Und jeder ist eingeladen! Nicht jeder kommt, denn Gnade ist nichts für jeden! Um so ein Fest zu genießen, muss man vergeben wollen. Wie gesagt, nicht jeder hat mitgefeiert, aber jeder, der dabei war, erzählt noch heute darüber, was an diesem Tag passiert ist!

Immer wenn die Würde einer Person wiederhergestellt wird, wenn Menschen sich freuen, dass es jemand anderem wieder gutgeht … das ist Gnade! Wann hast du das zum letzten Mal erleben dürfen und gefeiert?

Frank Bonkowski

16 | Justin

Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles ist nützlich.
Alles ist mir erlaubt, aber ich will mich von nichts beherrschen lassen.
1.KORINTHER 6,12 (ELBERFELDER BIBEL)

Eine Woche, nachdem der achtjährige Justin sich taufen ließ, schleicht er sich aus einem Grund, den nur kleine Jungs verstehen, ins Nachbarhaus, das zum Verkauf steht, dreht alle Wasserhähne auf und richtet unglaublichen Schaden an. Das halbe Haus ist anschließend überflutet.

Der Nachbar, dem es gehört, hat Justin beobachtet. Am nächsten Tag geht er zu dessen Vater und erzählt ihm alles. Der Vater geht zu Justin und fragt ihn, ob er etwas damit zu tun habe, aber der hat nicht den Mut, die Geschichte zu bekennen, und lügt sich aus der Situation. Später fragt der Vater Justin noch einmal: „Justin, bist du absolut sicher, dass du keine Ahnung hast, was da passiert ist?“

Justin weiß nicht, wie groß der Schaden ist, aber er weiß genau, dass es jetzt zu spät ist, um die Sache noch zuzugeben. Schließlich sagt der Vater es geradeheraus: „Justin, ich weiß, dass du das warst, der Nachbar hat dich gesehen!“

Jetzt platzt es aus Justin heraus: „Papa, ich glaube, ich bin gar kein Christ. Ich schäme mich so und habe so ein schlechtes Gewissen! Ich hatte solche Angst, dass Gott mich gar nicht mehr lieb haben kann.“

„Hast du ihm denn gesagt, dass es dir leidtut?“

„Jeden Abend! Aber irgendwie scheint das nicht zu helfen!“

„Dann musst du dir absolut keine Sorgen machen, mein Junge! Gott hat dir längst vergeben!“

„Was soll ich denn jetzt machen?“

„Mach dir keine Sorgen mehr und geh raus und spiel!“

Und dann hat der Vater einen Scheck über mehrere tausend Dollar ausgestellt, und Justin ist nach draußen zum Spielen gegangen.

Genauso wird Gnade in der Bibel beschrieben. Gott bezahlt unsere Schulden!

Da kommen dir sofort Bedenken? So einfach kann es doch nicht sein?

Das wäre ja wie eine Freikarte, um Mist zu machen?

Gute Einwände! Funktioniert Gnade? Für die ersten Christen war Ostern der Beweis, dass es funktioniert, auch wenn es Freitag und Samstag noch gar nicht danach ausgesehen hatte.

Die Story von Justin ist übrigens wahr. Justin ist heute 40 und sagt, dass das, was sein Vater für ihn getan hat, bis heute sein Leben prägt!

Frank Bonkowski

17 | Autos

Und Jesus ging wieder hinaus am Seeufer entlang, und im Vorübergehen sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sagte zu ihm: „Folge mir!“ Und der stand auf und folgte ihm.

Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.

MARKUS 2,13. 14. 17 (LUTHER 1984)

Ja, also ich bin Gebrauchtwagenhändler und vermiete auch Autos. Ich weiß, dass ich nicht den besten Ruf habe. Aber was soll ich machen? Schließlich muss man die Wagen vom Hof kriegen. Und da kam neulich ein Kunde, der hat mich echt fertiggemacht.

Er brauchte einen Bus und ich habe ihn beraten und ihm vorgeschlagen, einen Leasing-Vertrag zu machen, habe ihm ein paar Modelle gezeigt. Wir saßen in meinem Büro. Und dann fing er mit seinen Fragen an, und damit hatte ich nicht gerechnet.

„Macht Ihnen eigentlich dieser Job Freude?“, fragte er plötzlich, so zwischendurch.

„Was?“ Ich dachte, dass ich mich verhört hatte.

„Na, ob Ihnen das Autoverkaufen Spaß macht, ob es Sie ausfüllt?“

„Wissen Sie“, sagte ich, „ab und zu macht es schon Spaß, so einen Vogel an den Mann zu bringen, aber meistens stehe ich ziemlich unter Druck. Wir haben diese vielen Autos auf dem Hof, und die müssen weg. Und das klappt nicht immer, und dann …“

„Und dann greift man schon mal in die Trickkiste“, sagte er.

„Tja, ich bin nun mal Verkäufer und erst zufrieden, wenn ich möglichst viele Wagen verkaufe.“

„Egal, wie?“

„Manchmal schon.“ Ich dachte, warum sage ich so was? Warum rede ich mit einem Kunden über meine Verkaufsstrategien? Und dann sagte ich, um abzulenken: „Und Sie? Was machen Sie so?“

„Ich reise viel herum und halte Vorträge.“

„Aha. Also so eine Art freier Redner?“

„Ja, das kommt hin.“

„Und da kann man Geld verdienen?“

„Es geht. Mein Team und ich kommen über die Runden.“

„Und um welche Themen geht es da?“

„Zum Beispiel, wie man glücklich wird“, sagte er und strahlte mich an.

„Das interessiert ja wohl jeden“, meinte ich.

„Richtig. Und die Säle und Hallen sind dementsprechend auch voll.“

Jetzt war mein Interesse geweckt, und ich fragte nicht mehr, um abzulenken, sondern weil ich’s wissen wollte: „Und wie wird man glücklich?“

Er sah durchs Fenster, blickte mich dann an und sagte: „Wenn Sie bescheiden sind und die Trauer, die in Ihnen rumort, zulassen, wenn Sie auf Macht, die Ihnen zusteht, verzichten, wenn Sie Ihre Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Glück nicht mehr unterdrücken, wenn Sie darauf achten, reine Motive zu haben, dann merken Sie plötzlich etwas von Gottes Gegenwart, und die macht Sie glücklich.“

„Ach, wirklich?“

Und jetzt kam die Frage, die mich völlig fertiggemacht hat: „Sind Sie schon mal mit Gott in Berührung gekommen?“, fragte er mich, und da, ich weiß nicht, wie es kam, liefen mir plötzlich die Tränen runter. Einfach so. Können Sie sich das vorstellen? Ich schüttelte stumm den Kopf, sagen konnte ich nicht viel und kramte nach einem Taschentuch.