Durch dick und dünn – ein Frauenleben

Wie viele Kilos eine Frau auf die Waage bringt, ist keineswegs nur eine Frage von Essgewohnheiten, Sport oder Disziplin. Das schwingende System der weiblichen Chemie bringt ganz schnell den Stoffwechsel aus dem Ruder. Jeder Eisprung, jede Schwangerschaft und spätestens die Wechseljahre stellen den weiblichen Körper fast automatisch auf Gewichtszunahme ein.

Warum Frauen zunehmen

Wenn es ums Abnehmen geht, kennt die Natur keine Gerechtigkeit: Bei Männern genügt es nach einem Schlemmerwochenende mit Freunden, mal eben kurz die Handbremse zu ziehen, um die zwei zusätzlich angefutterten Pfunde zu verlieren: Einmal durch den Park gelaufen, kurz mal zehn Sit-ups gemacht und von Montag bis Freitag nur ein Wässerchen statt Bier vor dem Fernseher – schon gibt die Waage wieder grünes Licht. Frauen dagegen müssen mehr als das Doppelte leisten, um die unerwünschten Hüftpolster loszuwerden. Und exzessives Hungern, Joggen oder die neuesten Pilates-Übungen funktionieren bei ihnen nur für kurze Zeit – manchmal sogar gar nicht.

Selbst Männer, die nicht gerade mit Waschbrettbauch und definiertem Bizeps beeindrucken und zu deren Hauptsportarten allenfalls das Rasenmähen zählt, besitzen mehr fettverbrennende Muskulatur als Frauen. Was zunächst jedoch wie eine große Ungerechtigkeit erscheint, ist von Mutter Natur durchaus wohl durchdacht und sicherte über Jahrmillionen den Erhalt der Gattung Mensch. Schließlich waren kräftige Fettpolster an den Beinen auf der Jagd eher hinderlich.

AUFS SPEICHERN PROGRAMMIERT

Eine andere Fähigkeit erweist sich heute als fast ebenso ungerecht, auch wenn sie aus rein biologischer Sicht durchaus Sinn macht. Der menschliche Körper – der männliche wie der weibliche – kann unermesslich viele Fettdepots für Notzeiten ansammeln. Als unsere Ururahnen noch in Höhlen hausten, entschied diese Speicherfähigkeit im Zweifelsfall über Leben oder Tod, half sie doch eisige Winter und Notzeiten zu überstehen. Wem dies gelang, der pflanzte sich fort und konnte seine Gene weitergeben. Dieses »Naturgesetz« behielt lange seine Gültigkeit: Noch vor 50 Jahren hatten auch bei uns diejenigen einen klaren Überlebensvorteil, die viel essen und besonders gut Fett speichern konnten. Heute ist das anders. Doch im Gegensatz zu seinem Gehirn hat sich der Stoffwechsel des Menschen seit der Steinzeit nicht wesentlich verändert. Trotz unseres modernen Lebenstils ist er immer noch auf urzeitliche Bedürfnisse abgestimmt: sich im Dienste der Nahrungsbeschaffung viel zu bewegen und sofort zu essen, sobald Nahrung verfügbar ist.

Was macht uns dick?

Heute nimmt in Deutschland jeder Erwachsene zwischen 19 und 59 Jahren im Jahr durchschnittlich 0,5 Kilogramm zu. In 40 Jahren sammeln sich so satte 20 Kilo an – drei Viertel davon sind reines Fett, der Rest Muskelmasse, die der Körper braucht, um das höhere Gewicht überhaupt tragen zu können. Die Hauptursachen dafür sind:

Wir essen zu oft, die falsche Kombination und zur falschen Tageszeit: Der menschliche Stoffwechsel unterliegt einem bestimmten Biorhythmus. Das heißt, er benötigt zu unterschiedlichen Tageszeiten unterschiedliche Nährstoffe. Kohlenhydrate (Zucker) zum Beispiel verwertet er morgens und mittags gut. Abends hingegen stoppen sie durch die Wirkung des Insulins (siehe > ff.) die natürliche Fettverbrennung, während zugleich der Zucker in die Fettzellen bugsiert wird. Und die wachsen und wachsen – aber das können Sie ab sofort steuern (siehe auch > ff).

Zu wenig Bewegung im Alltag: Maschinen übernehmen heute immer mehr den aktiven Part bei der Produktherstellung und die meiste Arbeitszeit verbringt man auf dem Bürostuhl, im Auto, im Flugzeug oder im Stehen. Die Muskeln – unsere Fettverbrenner – sind untätig; sie schrumpfen. Die Folge ist ein verringerter Energieumsatz:

Wir benötigen immer weniger Kalorien.

Zu viel Stress, zu wenig Entspannung: Dauerstress macht dick (siehe > ff.). Studien belegen mehrfach, dass Menschen, die den Ausgleich zum Alltagsstress nicht hinbekommen, schneller zulegen und schwerer abnehmen. Frauen werden ab den Wechseljahren zunehmend stressanfälliger, da ihr Östrogenspiegel sinkt, während der Spiegel des Stresshormons Cortisol erhöht bleibt.

Dicke Eltern, dicke Kinder: Wie schnell wir Fett ansetzen oder ob ein Baby schon übergewichtig auf die Welt kommt (siehe >), liegt zum einen an seinen Genen, zum anderen daran, ob die Mutter in der Schwangerschaft hungert oder übergewichtig ist (siehe >).

FRAUEN HALTEN FEST

Ob wir leicht zunehmen und wo und weshalb die ungewünschten Kilos entstehen, hängt aber auch ganz entscheidend vom Geschlecht ab. Beim Mann wird Fett aus der Nahrung, das er nicht durch Bewegung verbraucht, in aller Regel am Bauch gespeichert. Dank der ihm zur Verfügung stehenden Muskulatur werden die Depots jedoch relativ rasch wieder aufgebraucht, sobald Mann sich in Bewegung setzt. Bis heute bringt Muskelaktivität die Speckröllchen am Bauch relativ leicht zum Schmelzen – und somit sind wir wieder beim eingangs skizzierten Szenario.

Die meisten Frauen hingegen speichern ihr Fett – zumindest in jungen Jahren – an Po und Oberschenkeln, von wo es (leider) weniger leicht wieder verschwindet. Auch das ist von der Natur durchaus beabsichtigt: Vielleicht braucht der Körper die Reserven ja noch für ein Baby, als Stillreserve oder als Wärmespeicher für einen kalten Winter. Insofern ist insbesondere der weibliche Körper in Sachen Fettreserven auf höchste Sparsamkeit gepolt. Die genetische Information für diese Funktion ist ein Leben lang in der Hormonsteuerung der Fettzellen jeder Frau enthalten – unabhängig davon, ob sie jemals schwanger wird oder nicht. Das Depotfett behauptet sich auch unabhängig von Schwangerschaft und Stillzeit sehr hartnäckig gegenüber Fasten oder Sport. Ein kleiner Trost: Das Fett an diesen Körperstellen ist nicht ungesund und mit gezielten Kräftigungsübungen und ein paar Ernährungstricks lässt es sich zumindest in Schach halten.

TIPP

Sich bewegen bringt Segen

Keine Binsenweisheit, sondern medizinisch erwiesen: Männer wie Frauen benötigen Bewegung und Muskelaktivität, um gesund zu bleiben. Während noch in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts die richtige Ernährung als Königsweg für ein gesundes Leben galt, weiß man heute, wie wichtig körperliche Aktivität für einen gesunden Stoffwechsel ist. Damit ist allerdings ausdrücklich nicht nur Sport gemeint, sondern auch ein ausreichend bewegter Alltag. Schließlich schlagen auch in dieser Beziehung die Steinzeitgene durch: Der menschliche Körper ist einfach dafür gebaut, seine Nahrung durch Sammeln und Jagen zu beschaffen. Früher musste er dafür täglich 20 bis 30 Kilometer weit gehen und laufen. Heute fahren wir mit dem Auto einfach beim Supermarkt vor.

Die knapp 10 000 Jahre, die uns von der Altsteinzeit trennen – das sind gerade einmal 350 Generationen –, sind entwicklungsgeschichtlich jedoch einfach zu kurz, als dass sich der Stoffwechsel an den modernen bewegungsarmen Lebensstil anpassen könnte. Deshalb müssen Sie das Bewegungsdefizit jeden Tag gezielt ausgleichen. Die wohlbekannten Ratschläge können dabei gar nicht oft genug wiederholt werden: Treppe statt Aufzug, öfter zu Fuß zu gehen und das Auto stehen lassen, sich einen Spaziergang pro Tag gönnen – oder eines der Bewegungsprogramme ab > in den Alltag einbauen. Die sorgen nämlich neben einer allgemeinen Kräftigung gleich noch für eine bessere Körperhaltung und mehr Beweglichkeit, mobilisieren den Stoffwechsel und bauen Stress ab.

Geheimnisvolle Dirigenten: Hormone

Doch wer oder was im Körper erteilt nun die Signale zum Fettsparen und -einschmelzen? Es sind nicht der Verstand beziehungsweise das Bewusstsein und der freie Wille – ganz im Gegenteil. Die Taktgeber sind fast unsichtbare Substanzen mit kurzer Lebenszeit: die Hormone. Kaum im Körper losgelassen, sausen sie an ihre Zielorte – spezielle Körperzellen – und hinterlassen dort ihre Befehle. Die betreffen alles, was bei einer Frau und natürlich auch bei einem Mann so läuft: den Stoffwechsel, die Entwicklung und nicht zuletzt, wie sich der Einzelne gerade fühlt.

Erst seit gut 100 Jahren weiß man, dass der Körper diese Substanzen überhaupt bildet. Doch seitdem gehören sie wahrscheinlich zu den spannendsten Forschungsgebieten, die es in der Medizin gibt. Endokrinologie ist der medizinische Fachbegriff für diejenige Wissenschaft, die sich insbesondere mit den endokrinen Drüsen (Drüsen, die ihre Wirkstoffe in den Körper abgeben) und deren Produkten, den Hormonen, befasst. Etwa 200 verschiedene davon produziert der menschliche Körper – vom Insulin in der Bauchspeicheldrüse, das den Blutzuckergehalt reguliert und Fettzellen mästet, bis zum Stresshormon Cortisol in den Nebennieren, das (im besten Fall) dafür sorgt, dass wir auch unter Druck gute Lösungen finden. Und die Entdeckung beziehungsweise Entschlüsselung der Hormone ist noch lange nicht abgeschlossen.

Nichts läuft ohne die Botenstoffe

Gäbe es keine Hormone, kämen alle Organfunktionen in Nullkommanichts zum Erliegen. Menschliches Leben mit all seinen Entwicklungs- und Reifephasen wäre ohne diese Mini-Kommunikatoren nicht denkbar. In Zusammenarbeit mit dem Nervensystem regeln sie jeden Stoffwechselvorgang: die Entwicklung des Babys im Mutterleib, die eines Mädchens zur Frau oder eines Jungen zum Mann und nicht zuletzt die eines Erwachsenen zum agilen Senioren. Sogar die Gefühlswelt wird von Hormonen gesteuert.

Hormone dienen dabei überwiegend als Botenstoffe. Schon winzige Mengen von einem Millionstel Gramm genügen, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Ihr Ziel: möglichst umgehend auf dem Weg durch die Blutbahn an einer passenden Zelle anzudocken. Dort angelangt, erteilen die Hormone an den sogenannten Hormonrezeptoren – das sind Eiweiße (Proteine), die Hormone binden und deren Wirkung vermitteln – gewissermaßen ihre Kommandos beziehungsweise geben ihre Botschaften weiter. Und schon passiert es: Ein Fötus entwickelt sich, ein Kind wächst im Schlaf, ein Pubertierender motzt seinen Lehrer an, zwei Menschen verlieben sich. Und noch mehr: Wir fühlen uns sexy, weinen im Kino, bekommen einen Wutanfall, sind gestresst, haben Hunger oder verspüren keinen Appetit, kommen ins Schwitzen, können nicht mehr durchschlafen, sind traurig – oder nehmen aus heiterem Himmel zu.

Der Einfluss der Hormone auf das Gefühlsleben

Hormone sind sogar dann im Spiel, wenn ansonsten stets gut gelaunte Frauen plötzlich von Depressionen geschüttelt werden oder nachsichtige Mütter plötzlich zu keifenden Furien werden. Wie das? Gesteuert wird das Hormonsystem durch den Hypothalamus, einen gerade einmal daumennagelgroßen Bereich im Zwischenhirn. Hier fließen alle Informationen über die aktuelle Hormonsituation im Körper zusammen. Jede noch so kleine Schwankung wird genauestens wahrgenommen – und es wird umgehend darauf reagiert, indem neue Boten zur Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) ausgeschickt werden. Diese gibt ihrerseits die Kommandos an die hormonproduzierenden Drüsen weiter (zum Beispiel an die Nebennieren, Schilddrüse, Eierstöcke oder Hoden). Die Kommunikation in diesem komplexen System funktioniert perfekt: Zum einen hat jede Zelle im Körper ihre speziellen Schlösser (Hormonrezeptoren), zu dem nur ganz bestimmte Schlüssel (Hormone) passen. Zum anderen wandern die Hormone nach »getaner Arbeit« über die Blutbahn zurück ins Gehirn, um der Hypophyse zu signalisieren, dass der Auftrag ausgeführt und die Produktion gestoppt werden kann (Rückkoppelung).

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Wie ein Schlüssel ins Schloss dockt ein Hormon an den entsprechenden Hormonrezeptor an. Erst mithilfe dieses »Transporters« kann es in die Zelle gelangen und seine Wirkung entfalten.

Das limbische System

Der Hypothalamus arbeitet in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gefühlszentrum des Gehirns: dem limbischen System, das entwicklungsgeschichtlich zu den alten Teilen des Gehirns zählt. Man vermutet, dass es anfangs hauptsächlich für das Verarbeiten von Gerüchen zuständig war. Weil das Areal eng mit dem vegetativen Nervensystem verbunden ist, gilt es heute als Entstehungsort aller Gefühle. Es steuert Affekte und Emotionen wie Schmerz und Stress, aber auch Lust und sexuelles Empfinden. Genau das ist auch der Grund, weshalb bestimmte Hormone unser Verhalten, Denken und Fühlen entsprechend einfärben (siehe auch Abbildung >). Aktuelle Studien belegen zum Beispiel die Wirkung der Geschlechtshormone und des Stresshormons Cortisol auf das Gehirn. So führt ein hoher Spiegel des Östrogens Östradiol dazu, dass sich Frauen schön finden und gerne flirten. Ein hoher Cortisolspiegel hingegen kann Wutanfälle provozieren, bei dem andere besser in Deckung gehen.

Wenn Frauen zunehmen ...

... gleicht das bei vielen einer Tragödie. Und tatsächlich leiden Frauen unter einer Gewichtszunahme psychisch wesentlich mehr als Männer. Dabei stellen sich Depressionen und ein vermindertes Selbstwertgefühl nicht erst bei einem BMI von 30 und mehr ein. Frauen müssen nicht erst fettleibig (adipös) werden, um aus dem seelischen Lot zu geraten; schon drei bis fünf Kilogramm zu viel reichen zum Unglücklichsein. Woran liegt das? Diese Frage lässt sich leider nicht ganz so einfach beantworten. Zum einen hat sie etwas mit den eigenen Vorstellungen vom idealen Körper zu tun, zum anderen mit der Idee, wann und mit welchen Maßen sich eine Frau als besonders liebens- und begehrenswert empfindet.

Tatsache ist, dass viele Frauen fest davon überzeugt sind, dass ihr Selbstwert auch von ihrem Aussehen abhängt. Und völlig unrecht haben sie damit sicher nicht. Denn sobald wir unseren Blick wieder der Biologie und hier insbesondere der Partnerwahl zuwenden, gewinnt stets ein ganz bestimmter weiblicher Typ: große Augen, volle Lippen, glatte Haut und eine Sanduhr-Figur stehen auf der männlichen Wunschliste ganz oben, wie humanethologische Studien belegen. So gesehen steht der jugendliche Östrogen-geprägte Typ (siehe >) bei der Partnerwahl immer auf der Gewinnerseite. Doch von diesem Idealbild sollte sich keine Frau tyrannisieren lassen. Viel wichtiger nämlich ist es, ein Körpergewicht zu erlangen, mit dem Sie sich rundum wohlfühlen und mit dem Sie bis ins hohe Alter eine gute Lebensqualität verbinden – Biologie hin, Biologie her.

Männer hingegen schätzen ihre Körpermasse eher unrealistisch ein und neigen dabei oft zu unerschütterlichem Optimismus – nicht selten sind sie sogar stolz auf ihre Körperfülle. So gaben bei einer repräsentativen Befragung durch das Marktforschungsinstitut Ipsos im Auftrag der Privaten Krankenversicherung der Allianz Anfang Mai 2007 zwei Drittel der übergewichtigen männlichen Befragten an, dass sie ihr Gewicht als genau richtig empfänden. Das passt zusammen mit dem Ergebnis einer Studie der GfK Marktforschung Nürnberg. Das Gros der Herren der Schöpfung kümmert sich demnach reichlich wenig um sein Aussehen. 80,2 Prozent der Befragten machten daher logischerweise auch einen großen Bogen um kalorienbewusste Ernährung; sage und schreibe 38,2 Prozent gaben sogar an, überhaupt nicht kochen zu können.

Diese Selbsteinschätzung steht im deutlichen Widerspruch zur Realität: Zwei von drei deutschen Männern sind zu dick, wie das Europäische Statistikamt Eurostat im Jahr 2007 meldete. In keinem anderen Land Europas gibt es so viele übergewichtige und fettleibige Männer (48 Prozent haben Übergewicht, 18,8 Prozent sind fettleibig). Frauen liegen mit 31,3 Prozent europaweit immerhin »nur« auf Platz 2 – hinter den Engländerinnen. Allerdings übertrifft der Anteil adipöser Frauen nach Angaben der Statistiker mit 21,7 Prozent die entsprechende Quote der Männer.

INFO

Der Body-Mass-Index oder »Wie dick ist zu dick?«

Der sogenannte Body-Mass-Index (BMI) ist eine Messgröße für die Bewertung des Körpergewichts eines Menschen.

Formel: Körpergewicht (in kg) geteilt durch Körpergröße (in m) im Quadrat

Zwei Beispiele:

Mann

80 kg : 1,80 m : 1,80 m = BMI 24,69

Frau

70 kg : 1,70 m : 1,70 m = BMI 24,22

Ab einem Body-Mass-Index von 25 sprechen Ernährungsmediziner von Übergewicht, ab einem BMI von 30 von Adipositas (Fettleibigkeit) – das ist beispielsweise der Fall, wenn eine 1,70 Meter große Frau mehr wiegt als 85 Kilogramm oder ein Mann von 1,80 Meter mehr als 100 Kilogramm auf die Waage bringt.

Nicht nur eine Frage der Schönheit

Doch starkes Übergewicht kann nicht nur ein ästhetisches Problem sein. Die Betroffenen haben aufgrund gehäuften Auftretens von Stoffwechselstörungen gegenüber Normalgewichtigen statistisch eine um 15 Jahre kürzere Lebenserwartung; das sogenannte metabolische Syndrom führt zu Diabetes Typ 2, Bluthochdruck mit Nierenschäden, Herzinfarkten und Schlaganfällen. Ab einem BMI von 30 sollte deshalb unbedingt eine ernährungsmedizinische Therapie erfolgen.

Das Verhältnis von Fett zu Muskelmasse

Doch auch der BMI ist nur ein grobes Orientierungsmaß; schließlich verrät er nichts darüber, ob der Wert durch Muskelmasse hervorgerufen wird oder durch Fett. Genauen Aufschluss über die Muskel-Fett-Verteilung gibt nur eine Bioimpedanzmessung (BIA), wie sie in vielen Arztpraxen und manchen Fitnessstudios durchgeführt wird. Bei mäßigem Übergewicht tut es auch eine Körperfettwaage, die jedoch starke Schwankungen aufweisen kann.

FRAUEN SIND ANDERS

Tatsächlich sind Frauen also aufgrund ihrer besonderen Veranlagung dazu prädestiniert, ganz schnell ein paar Pfund zuzulegen. Das wäre an und für sich nicht weiter schlimm, würde der Körper nicht so hartnäckig daran festhalten. Der weibliche Körper ist eben anders zusammengesetzt als der männliche, die Anteile von Muskelmasse, Körperfett und Wasser sind im Vergleich zum Mann unterschiedlich hoch. Bei einem männlichen Mittzwanziger mit einem Körpergewicht von 76 Kilogramm macht die Magermasse (Organe, Muskeln und Knochen) 62 Kilo, das Fett gerade einmal 14 Kilo aus. Bei einer gleichaltrigen Frau von 65 Kilogramm beträgt die Magermasse dagegen im Durchschnitt nur 45 Kilo, das Fett 20 Kilo.

Der bis zu einem Drittel höhere Muskelanteil sorgt dafür, dass Männer generell mehr Kalorien verbrennen als Frauen – und zwar auch dann, wenn sie sitzen oder schlafen. Denn die Muskulatur ist für die gesamte Energiegewinnung und den Energieumsatz im Körper zuständig. Und das umso mehr, je öfter sie genutzt und – im Zweifelsfall nach jahrelanger Vernachlässigung – (wieder) aufgebaut wird. Dann schafft sie sogar im Ruhezustand und im Schlaf Fett weg.

INFO

Muskeln machen schlank

Der Muskelaufbau ist gerade für Frauen wichtig, die wieder Kontrolle über ihr Gewicht erlangen wollen. Schließlich kann Fett vor allem nur durch Muskeln verbrannt werden. Da Frauen grundsätzlich über ein etwas schwächer ausgebildetes Muskelkorsett verfügen und dieses noch dazu altersbedingt (und wenn es nicht gefordert wird) schon ab dem 30. Lebensjahr abnimmt, ist ein regelmäßiges Krafttraining eine äußerst erfolgreiche Aufbaumaßnahme, um sich endlich wieder ein Stück wohler in seiner Haut zu fühlen. Die besten Übungen dazu finden Sie ab >.

Die hormonelle Biographie

Doch auch wenn der für Frauen gesundheitlich empfehlenswerte Körperfettanteil mit 20 bis 30 Prozent höher liegt als der für Männer (12 bis 20 Prozent): Es ist nicht nur die spezifisch weibliche Körperzusammensetzung, die Frauen das Gefühl gibt, sie würden schon zunehmen, wenn sie ein Stück Kuchen nur ansehen. Mit jedem Menstruationszyklus, mit jeder Schwangerschaft und jeder Geburt ändert sich der weibliche Hormonhaushalt – genauso wie er es während der verschiedenen Entwicklungs- und Reifephasen der Frau immer wieder tut. Die Geschlechtshormone Östrogen, Gestagen und Testosteron kursieren in teilweise höchst unterschiedlichen Konzentrationen mit ihrem ständigen Begleiter Insulin (Fettmasthormon, siehe > ff.) durchs Blut. Diese Hormonbande ist verantwortlich dafür, wenn Frauen schon seit ihrer Kindheit zu viel Gewicht mit sich herumschleppen, zyklusbedingt zunehmen, nach einer Schwangerschaft auf ihrem Babyspeck sitzen bleiben oder im Lauf der Wechseljahre und/oder Menopause dick werden. Viele Frauen berichten deshalb von Frustgefühlen, Ohnmacht und Resignation, weil sie durch diese spezifisch weiblichen Ereignisse ungewollt nicht (mehr) in dem Körper stecken, in dem sie sich einmal wohlgefühlt haben.

Für ein positives weibliches Körperbild

Für viele jüngere und immer mehr ältere Frauen ist schön und schlank zu sein gleichbedeutend mit sozialer Anerkennung. Das kommt nicht von ungefähr. Wie sich eine Frau in ihrem Körper fühlt, hängt zum einen stark mit der familiären Prägung zusammen. Welche Botschaften vermittelten die Eltern dem heranwachsenden Mädchen hinsichtlich seines Aussehens? Und wofür wurde die Frau in ihrer Kindheit geschätzt? Zudem vermitteln die Medien heute ein extrem narzisstisches Körperbild. Die (oft am Computer) perfektionierten Idealkörper gaukeln vor, dass jede Frau ihren Körper durch Diäten, Workouts und im Zweifelsfall unter dem Skalpell grenzenlos formen kann. Dabei zeigt schon ein nüchterner Blick auf die weibliche Biologie die natürlichen Grenzen. Denn insbesondere der Körper einer Frau ist an bestimmte physiologische Prozesse und hormonelle Kreisläufe gebunden. Und ob eine Frau eher breit- oder schmalhüftig ist, ob sie viel oder wenig Busen hat, all das hat sie letztlich ihrer Mutter oder Großmutter zu verdanken.

Vertieft sich der Gedanke, zu dick zu sein, erst einmal, entwickeln viele Mädchen und Frauen Angst vor einer Gewichtszunahme oder beginnen, sich ihres Körpers zu schämen. Haben sie dann tatsächlich – etwa infolge von gescheiterten Diäten und abgebrochener Fitnessprogramme – ein paar Pfunde zugelegt, kommt es zu dem, was Psychologen als Vermeidungsverhalten bezeichnen: Die Frauen wagen sich nicht mehr ins Schwimmbad, Spiegel in der Wohnung werden abgehängt, der Kleiderschrank ähnelt einem Secondhandshop mit Beständen in unterschiedlichsten Größen, die alle nur den Zweck haben, die Körperfülle zu verhüllen.

Wie viel »zu viel« eine Frau dabei wiegt, ist relativ gleichgültig. Tatsache ist, dass nur ein relativ geringer Prozentsatz über ein gesundes Körperbild verfügt. Sie müssen gar keine Essstörungen wie Magersucht, Bulimie oder »Binge Eating« (Essanfälle) entwickeln. Bereits das ständige Nachdenken über den Körper und das stete Überprüfen des Gewichts zeigen das Dilemma – ebenso wie zahlreiche (erfolglos) ausprobierte Diäten und Sportprogramme.

Fühlen Sie sich wohl in Ihrer Haut

Dieses Buch soll Ihnen nicht nur helfen, die Vorgänge in Ihrem Körper und somit das »typisch weibliche« Gewichts-Jo-Jo besser zu verstehen. Es soll Sie dabei unterstützen, den eigenen Körper positiv anzunehmen – auch wenn er nach drei Schwangerschaften nicht (mehr) so aussieht wie der Superbody von Heidi Klum. Dieses Buch will keine neue Diät sein, mit der Sie in zwei Wochen garantiert zehn Pfund leichter sind. Es geht vielmehr darum, eine realistische Sicht auf den eigenen Körper zu entwickeln. Ein ganzheitlich angelegtes Programm aus stoffwechselgerechter Ernährung und Bewegung in Kombination mit Entspannungsübungen verhilft Ihnen zu einem besseren Körpergefühl, mehr Lebensqualität und einem positiven Selbstbild.

INFO

Übergewicht und Tumorrisiko

Die Gewichtsentwicklung einer Frau von der Jugend bis zur Menopause bestimmt entscheidend das Brustkrebsrisiko nach der Menopause, so das Ergebnis der großen amerikanischen Nurses' Health Study (1976 bis 2006 mit über 110 000 Teilnehmerinnen). Frauen, die zwischen dem 18. Lebensjahr und der Menopause mehr als 20 Kilogramm zunehmen, haben ein doppelt so hohes Brustkrebsrisiko wie Frauen, die ihr Gewicht ungefähr halten.

Auch bei Darmkrebs, dem zweithäufigsten Krebs bei Frauen, zeigte die Canadian National Breast Screening Study von 2002 eine Verbindung zum Übergewicht: Bei Frauen vor der Menopause erhöht sich das Darmkrebsrisiko mit steigendem BMI. Adipöse Frauen tragen sogar ein beinahe doppelt so hohes Darmkrebsrisiko wie ihre schlanken Geschlechtsgenossinnen.

Zum Trost: Um das Tumorrisiko in kurzer Zeit um 40 Prozent (!) zu senken, genügt es bereits, 10 Kilogramm (Fett-)Gewicht abzunehmen. Mit der Hormonformel schaffen Sie das spielend.

Das Problem mit dem Abnehmen

Mit spätestens 35 Jahren sind viele Frauen zu regelrechten Diätveteraninnen geworden; zu oft haben sie es nicht geschafft, sich von überflüssigen Pfunden zu befreien. Dabei sind diäterprobte Frauen keineswegs einfach nur undisziplinierter als Normalgewichtige. Ganz im Gegenteil: Die unzähligen Versuche abzunehmen beweisen ja, dass ihre Motivation beziehungsweise ihr Leidensdruck hoch ist. Trotzdem haben viele Betroffene gelegentlich das Gefühl, regelrecht dazu verdammt zu sein zuzunehmen. Woran mag das liegen? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, müssen Sie als Erstes die entscheidenden Stoffwechselhormone unter die Lupe nehmen; sie spielen beim Ab- und Zunehmen eine wesentliche Rolle. Zum Glück können Sie die Stoffwechselhormone durch Ihren Lebensstil selbst entscheidend beeinflussen – insbesondere durch die Zusammenstellung Ihrer Mahlzeiten (Insulintrennkost), einen aktiven Alltag und sportliches Training sowie ausreichende Ruhephasen. Sogar bereits bestehende Stoffwechselungleichgewichte, ungünstige Blutfettwerte und Bluthochdruck lassen sich so ausgleichen – und das garantiert ohne Nebenwirkungen.

INFO

Satt oder hungrig? Eine Frage des Leptins

Leptin, ein Hormon, das erst 1994 entdeckt wurde, wird in erster Linie von Fettzellen abgegeben und nur in geringen Mengen in der Hirnanhangsdrüse und im Hypothalamus produziert. Leptin ist ein natürlicher Appetitzügler; mit seiner Hilfe melden die Fettzellen dem Gehirn, dass sie gefüllt sind. Dadurch wird das Auftreten von Hunger gehemmt. Allerdings funktioniert dieser Mechanismus nur bei Normalgewichtigen einwandfrei. Wer ständig zu fett isst, gewöhnt sein Hungerzentrum an eine regelrechte Leptinflut, was letztendlich zu einer sogenannten Leptinresistenz führt. Die Folge: Der Appetit hält länger an. Für Frauen ist das besonders tragisch. Eine 2008 in Wiesbaden auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin vorgestellte Studie zeigt nämlich, dass die Leptinkonzentration bei übergewichtigen Frauen zwei- bis dreimal so groß ist wie bei Männern. Die gute Nachricht: Durch eine Gewichtsabnahme lässt sich die Entgleisung wieder regulieren.

GESTÖRTE STOFFWECHSELPROGRAMME

Im Grunde zeigt der Körper durch Hunger ziemlich deutlich, wann er Nahrung braucht. Die Fähigkeit, Hunger zu verspüren, setzt jedoch sowohl eine gesunde Beziehung zum Essen als auch zum eigenen Körper voraus. Übergewichtige und Dauerdiät haltende Frauen haben aber oft verlernt, auf die natürlichen Signale und Bedürfnisse ihres Körpers zu hören. Schlanke Menschen dagegen essen nur dann, und auch nur so lange, wie sie Hunger haben. Und das wird vom Biorhythmus diktiert (siehe auch >).

Ob Sie hungrig oder satt sind, steuert Ihr Gehirn – genauer gesagt der Hypothalamus. Im Zwischenhirn befindet sich ein Areal, das für die Sättigung, ein anderes, das für den Appetit zuständig ist. Letzteres meldet Hunger, sobald bestimmte Sensoren und Botenstoffe Energienachschub fordern. Sobald Sie ausreichend gegessen haben, melden andere Sensoren an die Steuerzentrale im Kopf, dass sich Magen und Darm dehnen – Ihre Verdauungsorgane schütten Sättigungshormone aus. Rezeptoren registrieren die Nährstoffe im Blut – allen voran Traubenzucker (Glukose) – und melden dies ebenfalls ans Gehirn. Botenstoffe wie die Hormone Insulin und Leptin informieren das Zwischenhirn über die Höhe des Energiespeichers sowie die kurzfristige (Glukose-) und langfristige (Fett-) Sättigung. Sinken dann nach und nach die Insulin- und Leptinspiegel wieder, wird erneut ein Hungergefühl ausgelöst.

Viele Frauen mit einem BMI über 30 leiden bereits seit Geburt unter falschen Stoffwechselprogrammen. Diese sogenannte vorgeburtliche Programmierung äußert sich zum Beispiel in einem zu hohen Insulinspiegel (siehe >) oder in einem verstärkten Appetit auf Fette, der ihren freien Willen beim Essen und Trinken außer Kraft setzt. Betroffene tun gerne und oft das, was ihnen am meisten Freude bereitet und ihnen insbesondere bei Stress und nach unangenehmen Situationen ein beruhigendes Gefühl verschafft: Sie essen und trinken. Doch weil im Gehirn die Sättigungshormone Leptin und Insulin nicht mehr richtig funktionieren, setzt kein Sättigungsgefühl ein, das ihre Esslust bremst. Im Gegenteil! Die Leptinrezeptor-Down-Regulation, also die Verringerung der Anzahl der auf der Zelloberfläche zur Verfügung stehenden Leptinrezeptoren, führt durch ein verspätetes Sättigungsgefühl dazu, noch mehr zu essen. Die überschüssigen Fettzellen besorgen sich so täglich neuen »Extrafüllstoff«. Das Gleiche gilt, wenn die Insulinkonzentration im Blut chronisch erhöht ist (Hyperinsulinämie). Dann ziehen sich die Insulinrezeptoren an den Zellmembranen ein; das Hormon verliert an Wirkung (Insulinresistenz) – ein Prozess, der oft mit Übergewicht einhergeht.

Doch nicht nur bei stark Übergewichtigen kann der Stoffwechsel aus der Balance geraten. Die betroffenen Frauen nehmen dann nicht nur mehr Kalorien zu sich, als ihr Körper benötigt. In aller Regel greifen sie auch ausgerechnet zu solchen Nährstoffkombinationen, die besonders hohe Insulin- und Leptinreaktionen auslösen, wie zum Beispiel Käsebrote, Hamburger, Fruchtjoghurts, Eiscreme, Gummibärchen, Schokolade und Limo.

»Gewichtsfaktor« Schilddrüse

So unscheinbar, das kleine, schmetterlingsförmige Organ unterhalb des Schildknorpels vor der Luftröhre auf den ersten Blick auch scheinen mag: Die Schilddrüse ist eine der wichtigsten hormonproduzierenden Drüsen im Körper. Sie

bildet und speichert das lebenswichtige Spurenelement Jod und

produziert die jodhaltigen Hormone Thyroxin (Tetrajodthyronin, T4) und Trijodthyronin (T3), die eine tragende Rolle im Energiestoffwechsel und für die Herz-Kreislauf-Funktionen spielen.

Das für die Hormonbildung benötigte Jod wird über die Nahrung aufgenommen. Die jodhaltigen Schilddrüsenhormone spielen eine maßgebliche Rolle für Wachstum und Entwicklung (Gehirnfunktion) und für wichtige Stoffwechselvorgänge wie Fett-, Eiweiß- und Knochen-Stoffwechsel, Herzfunktion und Thermogenese (Wärmebildung). Akute oder chronische Krankheiten stören ebenso wie Erkrankungen der Schilddrüse selbst schnell das sensible Gleichgewicht. Sie verlangsamen die Stoffwechselrate, erhöhen den Spiegel des Stresshormons Cortisol (siehe such >), schrauben den Grundumsatz nach unten und führen zu zahlreichen Stoffwechselstörungen an Leber, Niere und Blutfetten. Kurz gesagt: Werden sie nicht behandelt, nehmen die Betroffenen zwangsläufig zu.

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Die Schilddrüse liegt unter dem Kehlkopf vor der Luftröhre. Ihre beiden Lappen produzieren Hormone, die den individuellen Energieumsatz regeln.

Schilddrüsenunter- und -überfunktion

Die beiden Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) sorgen dafür, dass Sie viel Energie haben und leistungsfähig sind. Und sie wirken auf den Stoffwechsel, indem sie helfen, Nährstoffe optimal zu verwerten. T4 ist dabei die sogenannte Muttersubstanz; sie wird je nach Bedarf aktiviert: Nach Abspaltung eines Jodatoms entsteht die aktive Form T3. T3 steigert den Stoffwechsel des Körpers, erhöht den Sauerstoffverbrauch, den Energieumsatz und die Wärmeproduktion. Zudem fördert es das Wachstum und die Reifung des Gehirns und der Knochen.

Bildet die Schilddrüse zu viel T4 (Schilddrüsenüberfunktion), sind die Betroffenen nervös, leiden unter Herzrhythmusstörungen und verlieren viel Wasser und nehmen ab, auch wenn sie normal essen. Dabei verlieren sie zum Teil allerdings auch wertvolle Muskelsubstanz.

Dagegen machen Frauen, die zu wenig T4 bilden (Schilddrüsenunterfunktion), schneller schlapp, leiden unter Müdigkeit und Konzentrationsmangel – und legen leichter an Gewicht zu. Die häufigsten Ursachen für die unzureichende T4-Produktion sind in unseren Breitengraden chronische, schmerzlose Schilddrüsenentzündungen (Hashimoto-Thyreoiditis), eine nicht ausreichende Versorgung mit Schilddrüsenhormonen nach der Entfernung der Schilddrüse oder Jodmangel, beispielsweise in der Schwangerschaft.

Schilddrüsenüber- und -unterfunktion sind behandlungsbedürftige Krankheiten. Sie lassen sich mittels eines Bluttests vom Arzt (Hausarzt oder Endokrinologe) nachweisen und mit Schilddrüsenhormonen behandeln.

Diätbedingte Schilddrüsenstörung

Ein Dickmacher par excellence ist der Essensentzugsstress während einer Diät und der daraufhin folgende Jo-Jo-Effekt. Fachleute und vor allem die Medien haben den Frauen über Jahrzehnte immer wieder eingebläut, dass Kalorien dick machen. Deshalb bedürfe es einer gewissen Askese, um die Energiezufuhr zu senken und so den unerwünschten Kilos an den Kragen zu gehen. Das Motto lautete: So viele Kalorien sparen wie möglich. Für den Körper eine echte Katastrophe.

Um möglichst lang zu überleben, greift der Schilddrüsenstoffwechsel ein: Das Gehirn registriert den Kalorienmangel und verringert die Ausschüttung von TSH in der Hirnanhangsdrüse. Dieses Hormon stimuliert die Schilddrüse und sorgt normalerweise dafür, dass ausreichend T4 und T3 gebildet werden – und reguliert somit auch die Körperwärme. Durch das niedrige »Diät-TSH« nimmt diese um 30 Prozent ab. Kalte Hände während des Hungerns sind also das Indiz für eine Diät-Schilddrüsenunterfunktion – ebenso wie kalte Füße oder Ohren, eine kalte Nase und sogar ein kalter Po. Wenn Sie erfolgreich abnehmen wollen, müssen Sie entsprechend viele »Wärme«-Kalorien zu sich nehmen. Nur wenn der Stoffwechsel optimal läuft, können die Pfunde auch auf Dauer verschwinden.

Turbo-Dickmacher Insulin

Die Bauchspeicheldrüse produziert zwei Hormone, die gemeinsam den Blutzuckerspiegel regeln: Insulin und Glukagon. Dabei nimmt Insulin eine Schlüsselfunktion ein: Es befördert die im Blut anflutenden Nährstoffe, insbesondere den Zucker (Glukose aus Kohlenhydraten), aber auch Eiweiß und Fette, in die Muskelzellen. Zu diesem Zweck besitzen alle Muskel-, Fett- und auch die Leberzellen an ihrer Außenhaut (Membran) Aufnahmestellen (Rezeptoren). Wie ein Schlüssel das zu ihm passende Schloss öffnet, so ist das Insulin in der Lage, die Zellen zu öffnen und eine regelrechte Signalkette auszulösen: Es veranlasst, dass in der Zelle Transporter ausgesendet werden, die durch den jetzt offenen Schacht Zucker, Eiweißbausteine (Aminosäuren) und Fettsäuren aus Triglyzeriden aufnehmen. Sie werden als Bausteine für neue Zellstrukturen verwertet oder in den Zellkraftwerken (Mitochondrien) verbrannt, um neue Energie zu gewinnen, zum Beispiel für anstehende geistige und körperliche Tätigkeiten.

Ist der Zuckerspiegel im Blut hoch, stellt sich ein Gefühl der Sättigung ein. Sackt er dagegen ab, lässt auch der Hunger nicht lange auf sich warten. Je rascher dabei Zucker verflüssigt in den Darm gespült wird (beispielsweise bei Säften oder Limonade), desto schneller steigt der Glukosespiegel im Blut an und desto stärker fällt die Insulinreaktion in der Bauchspeicheldrüse aus.

Sobald der Zucker in die Zellen geschleust wurde, sinkt jedoch auch der Blutzuckerspiegel wieder ab. Das bringt mit sich, dass Sie umso schneller wieder hungrig sind, je zucker- beziehungsweise stärkereicher Sie essen. Sogar noch heftiger antwortet die Bauchspeicheldrüse auf die Mischung aus Kohlenhydraten und tierischem Eiweiß, also beispielsweise auf Obstjoghurt, Käsebrote, Hamburger oder Schokoriegel. Bereits bei Kleinkindern können diese beliebten Lebensmittel daher besonders starke und vorzeitige Hungergefühle auslösen. Die Folge: Sie essen sich immer dicker. Dabei hat der Insulinhunger fast nichts mit dem Kalorien- oder Fettgehalt eines Lebensmittels zu tun.

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Damit die Energie aus der Nahrung in den Muskelzellen verbrannt werden kann, setzt die Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin frei, das die Zelle »aufschließt«.

Über die Rezeptoren wird eine Signalkette zum Zellkern ausgelöst.

Der Zellkern veranlasst die Bildung von Transportern, die durch einen Transportschacht in der Zellmembran die Aufnahme von Zucker, Eiweiß und Fett ermöglicht.

In der Zelle werden die Nährstoffe zur Energiegewinnung verbrannt oder als Körperbaustoff verwendet.

Der Energiestoffwechsel ist hoch.

Ein Hormon mit Schlüsselfunktion

Geschätzte 400 Millionen Jahre sorgt das kleine Eiweißhormon Insulin (es besteht lediglich aus 78 Aminosäurebausteinen) für jegliche Energie- und Nährstoffzufuhr in die Muskel-, Leber- und Fettzellen aller Tiere – lange bevor es überhaupt Menschen gab. Die Natur hat diesem Botenstoff im wahrsten Sinn des Wortes zahlreiche Schlüsselfunktionen übertragen, die es oft zeitgleich an den Insulinschlössern der verschiedensten Organe ausübt. Solange Tier und Mensch die täglich notwendige Nahrungsmenge mehr oder weniger anstrengend und zeitraubend beschaffen mussten, war alles im Gleichgewicht. Vermutlich dauerte es vor allem im Winter täglich mehr als 6 Stunden, bis der Urmensch 3 bis 4 Kilogramm Kohl, Wurzeln und Knollen gekaut hatte, welche die für das Gehirn benötigten 120 Gramm Zucker enthielten. Feinste Zuckertröpfchen lösten an den Rezeptoren sehr niedrige Insulinreaktionen aus, um die Zuckerschächte zu öffnen.

Diese Reaktionen im Körper verstärkten sich, als der Mensch vor 300 000 bis 500 000 Jahren begann, das Feuer zu beherrschen. Er war jetzt in der Lage, Fleisch zu grillen und Knollen zu kochen – und so die Eiweiß- und Zuckerzufuhr zu erhöhen. Regelrechte Schockwellen muss die Bauchspeicheldrüse erst seit etwa 9000 Jahren Tag für Tag ertragen. Denn seitdem verarbeitet der Mensch geerntetes Getreide zu Brot. Pro Kilo enthält dieses »neuartige« Nahrungsmittel 400 bis 500 Gramm reine Stärke. Sie zerfällt durch das vorangegangene Mahlen und Backen in Nullkommanichts zu reinem Traubenzucker. Einen Teil davon erledigt schon das Enzym Amylase im Speichel: Wenn Sie einen Bissen Brot 20- bis 30-mal kauen, kommen Sie schnell auf den süßen Geschmack.

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Ist die Nahrung sehr reich an Kohlenhydraten und enthält entsprechend viel Glukose, gerät das Insulinsystem aus dem Gleichgewicht. Die Bauchspeicheldrüse schüttet dann vermehrt Insulin aus, um die Energie in die Zelle zu »drücken«.

Die Zelle wird durch die Verarbeitung zu vieler Nährstoffe gestresst; der Energiestoffwechsel ist überhöht.

Gleichzeitig fällt der Glukosespiegel im Blut rasch wieder ab. Die Folge sind Heißhungerattacken.

Ein Übermaß an Energie

Bei der modernen Frau löst die heftig überschießende Insulinreaktion in kurzer Zeit zwei starke Reaktionen aus: Zum einen öffnet das Insulin schlagartig Milliarden von Muskel-, Leber- und Fettzellen und flutet die Zellkraftwerke mit derart viel Zuckerenergie, dass sie zu überhitzen drohen (oxidativer Stress). Zum anderen sackt der Blutzuckerspiegel so rasant wieder ab, dass das unterzuckerte Gehirn das Hormon Adrenalin auslöst, um den Unterzuckerungsnotstand zu beseitigen, der sich in Form von Schweißausbrüchen, Zittern, Pulsrasen und Heißhunger äußert. Das Adrenalin soll aus den körpereigenen Depots Reservezucker (Glykogen) mobilisieren, um das Unwohlsein zu beenden. Ein rascher Blutzuckerabfall ist eines der stärksten Signale, neue Nahrung aufzunehmen.

Angesichts der Tatsache, dass ein Liter Apfelsaft 110 Gramm flüssigen Zucker enthält und ein Fruchtjoghurt es sogar leicht auf 165 Gramm pro Liter bringt, verwundert es nicht, dass sich die Bauchspeicheldrüse oft im Ganzjahres-Hormonstress befindet. Ob man gesund bleibt oder nicht hängt davon ab, wie sehr sich die gestressten Zellen schützen. Dazu ziehen sie ihre Insulinrezeptoren mehr oder weniger stark ein. Die Folge ist eine Insulinresistenz – und die wiederum hat auch Folgen für die Figur. Gemeinsam mit Östrogen oder Testosteron (mehr zu diesen Geschlechtshormonen erfahren Sie ab >) befördert das akut und chronisch überhöhte Insulin überschüssige Energie nämlich an verschiedene Zielorte: Beim Testosteron-geprägten Typ (siehe >) landet sie umgehend in den Bauchfettzellen, beim Östrogen-geprägten (siehe >) an Po und Schenkeln.

Letztere können ungleich mehr Fett einsperren, was Östrogen-geprägte Frauen lange Zeit vor Stoffwechselkrankheiten bewahren kann. So schützen ein runder Po und fülligere Oberschenkel vor Diabetes, der Testosterongeprägte Frauen mit Bauch in der Regel fünf bis sechs Jahre früher ereilt. Zwischen beiden liegt der Gestagen-geprägte Typ (siehe >), der eher durch mangelnde Nutzung der ohnehin geringen Muskelmasse gefährdet ist und überall am Körper Fett ansetzt.

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Durch den dauerhaften Insulinüberschuss im Blut ziehen sich die Rezeptoren irgendwann fast ganz zurück. Die Signalkette ist gestört. Es kommt zu einer Insulinresistenz.

Weil der Zellkern zu wenige Transporter bildet, bleibt der Transportschacht verschlossen.

Zucker, Eiweiß und Fett schwimmen weiterhin in Blut und werden ins Fettgewebe »entsorgt«.

Der Energiestoffwechsel läuft auf Sparflamme.

Insulin blockiert den Fettumsatz

Das Fettgewebe ist ein lebhafter Umschlagplatz für Energie: Ständig werden hier Fette auf- und wieder abgebaut. Ihre Grundbausteine, die freien Fettsäuren, werden aus dem Blut aufgenommen und in der Zelle mithilfe von Zucker (Glycerol aus drei Glukose-Traubenzuckern) zu Triglyzeriden mit drei Fettsäuren zusammengebaut und gespeichert. Braucht der Körper Energie – etwa um nachts die Muskelzellen mit Wärme zu versorgen –, kann die Zelle dann schnell Enzyme (hormonsensitive Lipase) aktivieren, die das gespeicherte Fett wieder in seine Einzelteile zerlegen und die Fettsäuren ins Blut schleusen.

So ausgeklügelt dieses System ist, so leicht gerät es aus dem Gleichgewicht. Schon ein minimaler Insulinanstieg blockiert das »Ausgabeenzym«, welches das Fett wieder zerlegt, für fünf bis sechs Stunden. In diese Insulinfalle sind in den letzten Jahrzehnten Millionen von Frauen gestolpert: Experten hatten ihnen eingeredet, sie sollten die reduzierten Kalorien in möglichst viele kleine Portionen aufteilen und fünf- bis siebenmal am Tag essen. So sorgt bereits das Knäckebrot um 7.30 Uhr für die erste Fettblockade nach der Nachtruhe. Um 9.30 Uhr folgt dann ein Müsliriegel, um 12.30 Uhr zwei kleine Kartoffeln. Wollen sich um 14.30 Uhr die Fettzellen öffnen, schlägt ihnen das Hefeteilchen zum Cappuccino die Türe vor der Nase zu – ebenso wie zwei Stunden später das Käsebrot mit Gurke. Die Fettzellen setzen nun ihre ganze Hoffnung, sich entleeren zu können, auf die Abendstunden – und werden schon wieder aufs Heftigste enttäuscht. Der Grund: ein streng fettarmer Erdbeerjoghurt um 20.30 Uhr.

Der Knockout erfolgt schließlich um 22 Uhr durch den doch so gesunden Apfel vor dem Zähneputzen. Der Insulinspiegel sinkt nicht und die Fettzellen bleiben verschlossen.

Das Schlimme ist: Sie müssen noch gar nicht einmal immer essen. Auch durch den regelmäßigen Konsum zuckerhaltiger Getränke blockieren Sie die Fettzellen. Dabei geht nicht nur von Limonade und anderen Softdrinks eine Gefahr aus. Auch vermeintlich gesunde Säfte, Smoothies, Schorlen und sogar Früchtetee kurbeln den Insulinkreislauf immer wieder aufs Neue an. Kein Wunder, dass Diäten, bei denen Sie ohne große Pausen ständig ein bisschen snacken, genau das Gegenteil dessen bewirken, was Sie erreichen wollen: Statt abzunehmen, kommt jedes Jahr ein neuer »Fett-Jahresring« hinzu. Heute weiß man, dass bereits dazu veranlagte Kinder schnell zunehmen, wenn sie zwar oft, dafür aber immer nur wenig essen.

Glukagon – Gegenspieler des Insulins

Ebenso schnell wie der Blutzuckerwert nach dem Genuss bestimmter Nahrungsmittel in die Höhe steigt, fällt er auch wieder ab. Genau zu diesem Zeitpunkt schaltet sich das Glukagon ein: Dieses Hormon hat nämlich die Aufgabe, den Zuckerspiegel im Blut aufrechtzuerhalten. Es dockt besonders an Leberzellen an, die lange Zuckerketten (Glykogen) gespeichert haben, und veranlasst sie, diese Ketten wieder aufzulösen und die dadurch zurückgewonnene Glukose ins Blut abzugeben. Auf diese Weise verhindert Glukagon als Gegenspieler des Insulins, dass das Gehirn bei einer zu starken Insulinreaktion durch eine mögliche Unterzuckerung Schaden nimmt.

Leider schaukelt sich dieses fein aufeinander abgestimmte System bei falscher Ernährung gegenseitig immer weiter auf – im schlimmsten Fall bis zum Typ-2-Diabetes. Doch Sie können aktiv etwas dagegen unternehmen. Denn die Insulintrennkost hilft, den Teufelskreis zu durchbrechen.

INFO

Auf einen Blick: Insulin

Seine Aufgabe im Körper: Regulierung des Blutzuckerspiegels, Schlüsselhormon zum Einbringen von Zucker, Eiweiß und Fett in die Muskel-, Leber- und Fettzellen.

Wann es produziert wird: Nach jedem Essen, insbesondere nach kohlenhydratreichen Mahlzeiten.

Was dem Insulin schadet: Ungünstige Nährstoffkombinationen zur falschen Tageszeit (Kohlenhydrate und tierisches Eiweiß zum Frühstück oder Abendessen), Snacks und süße Drinks zwischendurch.

Was dem Insulin guttut: Drei Mahlzeiten pro Tag (Frühstück, Mittag- und Abendessen), günstige Nährstoffkombinationen (morgens nur Kohlenhydrate, mittags Kohlenhydrate und Eiweiß, abends Eiweiß pur), keine Zwischenmahlzeiten.

Eine negative Wirkung: