Geleitwort

Eigentlich braucht das vorliegende Buch von Jens-Uwe Martens kein Geleitwort, denn Titel und Inhalt sprechen für sich: Es geht um praktische Ratschläge zum Thema Selbstmotivierung, speziell zur Frage: Wie kann man die eigene Fähigkeit verbessern, Ziele effektiver umzusetzen? Die von ihm und mir ebenfalls im Kohlhammer Verlag erschienene Kunst der Selbstmotivierung sollte ihren Lesern die enge Verbindung zwischen den wissenschaftlichen Fortschritten der Motivationspsychologie und ihrer Anwendung im beruflichen und privaten Alltag vermitteln. Eine für Laien verständliche Einführung in die wissenschaftlichen Fortschritte der Motivationspsychologie wurde von uns verfasst, um Leser in die Lage zu versetzen, die praktischen Anregungen reflektieren und sie den sich immer wieder verändernden Bedingungen des Alltags anpassen zu können.

Mit der Praxis der Selbstmotivierung sollen nun besonders diejenigen Leser angesprochen werden, die eine prägnante Zusammenfassung von motivationspsychologischen Tipps für die Alltagspraxis haben möchten, ohne sich motivationspsychologische Theorien und Erkenntnisse aneignen zu müssen. Das vorliegende Buch enthält viele solcher Tipps und stellt sie in Form von 20 Regeln dar, die teilweise unter direkter Bezugnahme auf die in unserem gemeinsamen Buch zugrundegelegte PSI-Theorie begründet sind. Jens-Uwe Martens schöpft dabei aus seiner reichhaltigen Berufs- und Lebenserfahrung und erläutert seine Regeln an vielen anschaulichen Beispielen aus der Praxis. Von den beiden großen Themen der Motivationspsychologie, dem Erreichen eigener Ziele und der Entwicklung eines integrations- und entscheidungsstarken Selbst, liegt in dem vorliegenden Buch der Schwerpunkt eindeutig auf dem erstgenannten Thema: dem Erreichen persönlicher Ziele. Das ist im Hinblick auf das Praxisthema des Buches konsequent: In der Praxis kommt es oft auf konkret fassbare Resultate an. Da ist das zweite Thema, das in der Kunst der Selbstmotivierung eine ebenso große Rolle spielt, die Selbstentwicklung, zunächst von zweitrangiger Bedeutung.

Konkrete Ergebnisse werden durch konkrete Ziele und ihre Realisierung erzielt. Und die funktioniert besser, wenn man dafür sorgt, dass die eigenen Ziele attraktiver, selbstbestimmter und persönlich bedeutsamer werden (Regeln 1–3), dass man sie sich möglichst konkret vorstellt, sie anderen mitteilt, ihre Vor- und Nachteile abwägt und auch zu überwindende Hindernisse und die zu deren Überwindung notwendige Energie bedenkt (Regeln 4–9). Wer dann noch flankierende Maßnahmen wie das Ausbilden geeigneter Gewohnheiten, motivierender Vorstellungen und Stimmungen einübt, Zwischenziele bildet, sich passende Vorbilder und soziale Unterstützung sucht, kann den Ausbruch aus der eigenen „Komfortzone“ mit der aus der PSI-Theorie bekannten und von Motivationspsychologen erfolgreich evaluierten „Pendeltechnik“ krönen (Regeln 10–20). Und wer meint, dass das alles dann vielleicht doch etwas technisch und trocken werden könnte, darf sich auf die zahlreichen Anekdoten und Beispiele freuen, die Jens-Uwe Martens erzählt, um die Anwendung der Regeln zu veranschaulichen.

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei dieser Einführung in die Praxis der Selbstmotivierung.


Osnabrück, im Juni 2011
Julius Kuhl

Vorwort

Man kann das Leben erleiden oder es nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten.

Dieses Zitat fand ich vor vielen Jahren auf einer Zuckertüte. Es fasst in einem Satz die Erfahrungen zusammen, die ich bei der Beobachtung und Beratung von Hunderten von erfolgreichen und erfolglosen Managern, Verkäufern und Menschen anderer Berufe gewonnen habe. Aber wie gestaltet man sei Leben nach seinen eigenen Vorstellungen? Das ist eine Kunst – und wie ich erfahren konnte: eine Wissenschaft zugleich. Es ist das Thema dieses Buches, denn wir können nur dann unser Leben nach den eigenen Vorstellungen gestalten, wenn wir in der Lage sind, uns für diese Vorstellungen ausreichend zu motivieren.

Dann – und nur dann – gewinnen wir die Kraft, auch mit Schwierigkeiten fertigzuwerden, die sich unseren Zielen unweigerlich und mit großer Sicherheit in den Weg stellen.

Sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten ist also ein Kunst und eine Wissenschaft. Was die Kunst betrifft, so habe ich übernommen und mit meinen eigenen Erfahrungen und meiner Intuition verglichen und ergänzt, was mir berühmte und weniger berühmte Menschen gezeigt haben. Es waren Menschen, denen ich persönlich begegnet bin, oder von denen und über die ich gelesen habe. Was die Wissenschaft betrifft, so habe ich in meinem Studium, aber auch während meines Lehrauftrages, von den Studentinnen und Studenten viel über das Phänomen der Gestaltung des eigenen Lebens gelernt. Besonders viel aber hat mir die Auseinandersetzung mit dem Psychologen Julius Kuhl gebracht, mit dem ich zusammen ein Buch über dieses Thema schreiben konnte: Die Kunst der Selbstmotivierung. Neue Erkenntnisse der Motivationsforschung praktisch nutzen.

Es ist eine sehr intensive Form des Lernens, gemeinsam mit einem der besten Wissenschaftler auf dem Gebiet, in dem man selbst arbeitet, ein Buch zu schreiben.

Das vorliegende Buch unterscheidet sich von Die Kunst der Selbstmotivierung darin, dass zwar die Wissenschaft den Hintergrund bildet, jedoch die konkrete Praxis, der Umgang mit den Tücken des Alltags, im Vordergrund steht. In dem vorliegenden Buch werden praktische Handlungsanweisungen gegeben, die ich in zwanzig, ganz konkreten „Regeln“ zusammengefasst habe. Es sind Einsichten, die sich vielfältig bewährt haben, aber freilich sind es nur Gedanken. Was Sie, liebe Leserin und lieber Leser, daraus machen, liegt in Ihrer Hand. Denn, wie Gottfried Keller einmal in Abwandlung eines Zitats aus dem Talmud sagte:

„Wer heute einen Gedanken sät, erntet morgen die Tat, übermorgen die Gewohnheit,
danach den Charakter und endlich sein Schicksal.“

Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass Sie Ihre Ziele erreichen, denn ich weiß nicht, ob sie für Sie erreichbar sind, aber ich kann Ihnen versprechen, dass Sie das, was Sie sich vorgenommen haben, tatsächlich tun, wenn Sie sich an die Empfehlungen dieses Buches halten. Sie werden mit den hier dargestellten Regeln den berühmten „inneren Schweinehund“ nicht nur besiegen, sie werden ihn zähmen, ja er wird Ihnen aus der Hand fressen.

Natürlich ist das oft nicht einfach und nicht ohne Mühe zu erreichen. Ob es sich lohnt, diese Mühe auf sich zu nehmen, hängt davon ab, welchen Wert für Sie das Ziel hat, das Sie sich gestellt haben. Wollen Sie gesünder leben, wollen Sie Ihren Körper in eine bessere Form bringen, wollen Sie sich auf ein Prüfung vorbereiten, wollen sie sich beruflich weiterentwickeln, wollen Sie ein sportliches Ziel erreichen, wollen Sie glücklich werden oder wollen Sie sich einfach nur beweisen, dass Sie Herr in Ihrem eigenen Haus sind, das man gemeinhin „Ihr Leben“ nennt?

München, Juli 2011
Jens-Uwe Martens
Post@Jens-Uwe-Martens.de

Einleitung

Eine der stärksten Charakteristika eines Genies besteht in der Kraft, sein eigenes Feuer anzuzünden.
JOHN FOSTER

Selbstmotivation in unserer Zeit

„Motivation ist das halbe Leben“, so höre ich meine Psychologenkollegen immer wieder sagen. Was können wir alles leisten, wenn wir nur richtig motiviert sind und wie schwer fällt uns alles, wenn wir keine Lust haben, wenn wir nur noch aus Pflichtgefühl arbeiten, oder einfach, um unangenehme Erfahrungen zu vermeiden. Aber woher kommt die Motivation? Wer motiviert uns?

Ein nicht gerade angenehmes Erlebnis veranlasste mich, intensiver darüber nachzudenken:

„Und wer motiviert mich?“

Vor vielen Jahren kam ich an einem Freitag, am späten Nachmittag, von einem Seminar in mein Büro zurück. Damals gab es noch häufiger Seminare, die eine ganze Woche dauerten. Ich hatte das Seminar allein geleitet und obwohl es mir wie immer viel Spaß gemacht hatte, merkte ich auf dem Nachhauseweg, dass es doch sehr anstrengend gewesen war. „Wie lange willst du das eigentlich noch durchhalten?“, fragte ich mich, während ich das Büro meiner Sekretärin betrat. Außer meiner Sekretärin war niemand mehr da, alle anderen Mitarbeiter hatten ihren Arbeitsplatz schon für den wohlverdienten Feierabend verlassen. So musste ich die vielen Geräte und all meine Mappen, die ich zum Seminar mitgenommen hatte, selbst ins Büro schleppen. Auf die Idee, dass mir meine Sekretärin helfen könnte, kam ich nicht. Ich bin noch so erzogen, dass man einer Dame keine schwere körperliche Arbeit aufbürdet.

Nachdem ich mich meines vielen Gepäcks entledigt hatte, begrüßte sie mich – wie ich empfand – mit einem rüden Vorwurf: „Sie machen Fehler über Fehler!“

Ich war einigermaßen verdutzt. Ich weiß, ich bin nicht unfehlbar, aber mein Seminar lief eigentlich sehr gut. Ich hatte erwartet, dass sie mich fragte, wie es gelaufen war, oder mir sogar ein paar Worte der Anerkennung gönnte, denn schließlich verdiente ich mit meinen Anstrengungen auch ihr Gehalt. Ich ließ mich also erst einmal auf einen Stuhl fallen und fragte sie dann verwundert: „Wie kommen Sie denn darauf?“

„Ich schreibe da gerade den Aufsatz ‚Motivation und Führung‘, den sie mir gegeben haben.“ (Damals – ohne Computer – diktierte ich meine Aufsätze noch.) „In dem Aufsatz schreiben Sie über die Bedeutung der Motivation und ich habe festgestellt, dass Sie mich schon lange nicht mehr motiviert haben“, erläuterte sie mir ihren Vorwurf näher.

Ich war müde und hatte keine Lust auf eine Diskussion, oder darauf, meine Position als Chef zu dokumentieren. Ich hatte während des Seminars genug Gelegenheit zu Diskussionen. Ich tat etwas, was meine Sekretärin eigentlich nicht von mir gewohnt war. Ich sagte einfach: „Und wer motiviert mich?“ und verließ ihr Zimmer.

Und wer motiviert Sie?

Wenn Sie darauf angewiesen sind, dass Ihr Chef – oder Ihre Mitarbeiter, oder Ihr Partner/Ihre Partnerin – Sie immer wieder motivieren, werden Sie häufig erleben, dass Ihnen Ihre Arbeit schwerfällt, dass Sie sich zwingen müssen, die Ihnen gestellten Aufgaben zu erledigen. In einer solchen Situation – so haben Untersuchungen immer wieder gezeigt – leisten wir deutlich weniger, haben kaum noch kreative Ideen bezüglich unserer Arbeit, und wir erleben den negativen Stress mit all seinen gefährlichen Nebenwirkungen.

In den letzten Jahren wird immer deutlicher, dass auf Motivation nicht viel Wert gelegt wird. Einen Manager eines großen Versicherungskonzerns hörte ich vor wenigen Wochen einmal sagen: „Die Mitarbeiter bekommen doch ihr Gehalt, wozu muss ich mir da auch noch Gedanken machen, wie man sie motiviert?“ Wenn wir die Fähigkeit entwickelt haben, uns selbst zu motivieren, auch in Arbeits- oder Lebenssituationen, in denen es uns nicht leicht gemacht wird, dann sind wir gleichsam autark, wir machen unsere Arbeit oder das, was wir uns vorgenommen haben, mit Freude und stecken dabei vielleicht sogar noch unsere Kollegen an.

Selbstmotivierung als Voraussetzung für eine gelungene Weiterbildung

Unsere Ausbildungssysteme vergessen die Motivation zum Weiterlernen.
PAUL F. RÖTTIG

Die Veränderungen in der Arbeitswelt führen dazu, dass man heute nicht mehr sein Leben lang in dem einmal gewählten Wunschberuf und in dem vertrauten Unternehmen arbeitet. In dieser vertrauten Arbeitsumgebung motivieren sich die Kolleginnen und Kollegen (häufig ohne es bewusst zu wollen) gegenseitig, sie bilden ein Team, das man jeden Tag gern sieht. Die immer schneller auftauchenden und gravierenden Veränderungen in der Arbeitswelt führen dazu, dass man sich auf häufige Veränderungen einstellen muss. Immer wieder muss man mit neuen Kollegen zusammenarbeiten, die aus rein funktionalen Gesichtspunkten zusammengestellt wurden.

Flexibilität und Veränderungsbereitschaft sind heute wichtige Eigenschaften, die immer wieder in Stellengesuchen beschrieben werden. Wir müssen ein Leben lang für neue Entwicklungen offen bleiben und uns immer wieder neuen Lernaufgaben stellen. Sich selbst für diese Veränderungen und für die Lernaufgaben zu motivieren, die sich daraus ergeben, gehört heute zu den Basiskompetenzen, ohne die man sich ein erfülltes und erfolgreiches Berufsleben kaum vorstellen kann. Von anderen – sei es der Chef, der Mitarbeiter oder die Kollegen – motiviert zu werden, gehört zu den Glücksfällen, aber eben auch zu den eher seltenen Ausnahmen. Wir müssen die Fähigkeit besitzen, uns selbst zu motivieren.

Wenn Sie sich selbst motivieren können, dann ist auch die heute geforderte lebenslange (oder besser: lebensbegleitende) Weiterbildung keine lästige Pflicht mehr, sondern sie wird zu Recht als ein selbstgesteuerter, kontinuierlicher Lern- und Entwicklungsprozess verstanden, der das Leben interessanter macht.

Dieser Prozess wird nicht von irgendeiner Institution – sei es der Arbeitgeber, das Arbeitsamt oder eine andere öffentliche Stelle – gefordert und gesteuert, sondern muss als willkommene Herausforderung begriffen werden. Die Fähigkeit zur Selbstmotivierung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, einen als richtig erkannten Lebensweg konsequent und eigeninitiativ zu gehen und dabei seine Fähigkeiten optimal einzusetzen.

Heute kommt niemand, der eine optimale berufliche Entwicklung nehmen will, um eine kontinuierliche Weiterbildung herum, bei der Eigenverantwortung beim Lernen und bei der beruflichen Kompetenzentwicklung im Mittelpunkt steht. Die vielen technischen und organisatorischen Veränderungen zwingen uns, immer neue Fähigkeiten zu erwerben. Wenn wir das aus einem gefühlten Zwang heraus absolvieren, dann wird der Erfolg deutlich geringer sein, als wenn wir das mit der Einstellung tun, dass wir uns gern den neuen Herausforderungen stellen. Nur so können wir ein selbstbestimmtes, proaktives und erfolgreiches Weiterbildungsverhalten entwickeln.

Motivation und damit Selbstmotivierung hat auch einen sehr großen Einfluss auf den Lernerfolg. Vor allem der Lerntransfer, also die Übertragung des gelernten Wissens in die Praxis, ist deutlich größer, wenn man motiviert lernt. In Untersuchungen wurde immer wieder bestätigt, dass der Einfluss der Motivation auf die Anwendbarkeit des neu erworbenen Wissens besonders groß ist, größer als die kognitiven Fähigkeiten, die das Lernen erleichtern und den Lernerfolg verbessern.

Selbstmotivation als Bedingung für ein geglücktes Leben?

Unter Selbstmotivierung (oft auch Selbstmotivation) wird die Fähigkeit verstanden, sich aus eigenem Antrieb und ohne Ermutigung oder gar Zwang von außen, Ziele zu setzen, und diese konsequent, langfristig und mit Freude zu verfolgen.

Selbstmotivierung hat also zwei Zielrichtungen: Zum einen ist sie eine Voraussetzung dafür, dass wir unser Leben und uns selbst gestalten, dass wir Ziele, die wir uns vorgenommen haben, optimal erreichen. Zum anderen ist es eine Fähigkeit, mit der es uns gelingt, von andern gestellte Aufgaben, die wir erfüllen müssen, um übergeordnete Ziele zu erreichen, mit mehr Freude und in der Folge mit größerem Erfolg erfüllen. Wenn wir die Kunst der Selbstmotivierung erlernt haben, werden wir auch leichter mit Rückschlägen und Schwierigkeiten fertig, weil wir in dem Bewusstsein leben, dass wir zwar aufgehalten werden können, aber langfristig unser Ziel erreichen werden.

Das Verfolgen und Erreichen von selbst gesetzten Zielen hat zwei unterscheidbare Auswirkungen auf das Leben: Es führt uns (wenn das Schicksal gnädig ist) zu Ergebnissen, zu Situationen, die wir selbst ausgewählt haben und an denen wir (wenn überhaupt) nur wenig auszusetzen haben. Aber vielleicht ist die zweite Auswirkung noch wichtiger. Einstein hat einmal gesagt: „Wenn du ein glückliches Leben willst, verbinde es mit einem Ziel …!“ Und der Philosoph Ralph Waldo Emerson erkannte: „Die Welt gehört dem, der in ihr mit Heiterkeit und zu hohen Zielen wandert“. Ziele, für die wir uns motiviert haben und zu denen wir daher „mit Heiterkeit“ wandern, stellen sicher eine Grundbedingung für ein erfülltes, gelungenes und glückliches Leben dar.

Natürlich beeinflussen sich die beiden hier unterschiedenen Auswirklungen gegenseitig: Wenn wir unseren Weg mit positiven Gefühlen gehen, werden wir mit größerer Wahrscheinlichkeit Ziele erreichen, die uns zufrieden machen, und wenn wir zufrieden sind, werden wir eher mit positiven Gefühlen unseren Lebensweg gehen.

Können wir uns überhaupt selbst beeinflussen?

Dieses Buch geht von der Grundannahme aus, dass wir uns selbst an die Hand nehmen können, dass wir uns selbst beeinflussen können. Ist das überhaupt möglich? Viele Personen um uns herum erwähnen immer wieder, dass sie nicht dafür verantwortlich sind, wenn es Schwierigkeiten gibt oder ihnen etwas misslungen ist, weil sie „einfach so sind“, und dass sie sich selbst und ihre Umwelt damit abfinden müssen. Es ist sicher unbestritten, dass wir alle mit bestimmten, erblich durch unsere Gene fixierten Eigenschaften, die wir selbst nicht verändern können, auf die Welt gekommen sind. Dazu zählen vor allem unsere Begabungen, die in die eine oder andere Richtung ausgeprägt sind. Sicher gehören dazu auch viele körperliche Merkmale wie Körpergröße, Körperbau etc.

Auf der anderen Seite wird der Lauf unseres Lebens weniger von diesen angeborenen Eigenschaften bestimmt, als vielmehr von den Wertungen, mit denen wir unsere Umwelt wahrnehmen, von den täglichen Hunderten von kleinen Entscheidungen, die uns oft gar nicht bewusst werden: was wir ablehnen, was wir bevorzugen, wofür wir uns interessieren, wofür wir unsere Energie einsetzen, womit wir uns Tag für Tag beschäftigen usw.

Die Skeptiker werden an dieser Stelle einwenden, dass auch das nicht in unserer Hand liegt, dass wir uns z. B. nur damit beschäftigen können, was an uns herangetragen wird. Wer nie klassische Musik gehört hat, der wird sich nicht für klassische Musik interessieren, wer nie in Südafrika war, wird meine Begeisterung für die Natur und die Menschen dieses Landes nicht nachvollziehen können. Andererseits werden wir heute in der Presse und im Fernsehen mit so vielen Themen konfrontiert, dass wir den Eindruck gewinnen können, es gäbe kaum etwas auf dieser Welt, mit dem wir nicht irgendwann in Kontakt gekommen sind – was natürlich eine „optische Täuschung“, ein Irrtum der Wahrnehmung ist.

Das Problem liegt also nicht darin, dass wir zu wenige Eindrücke haben und uns das Leben nicht zeigt, wofür es sich lohnt, sich einzusetzen. Es gibt vieles, mit dem wir konfrontiert werden, was wir auch hoch einschätzen, nach dem wir unser Leben gern ausrichten wollen. Es gelingt uns nur häufig nicht. Wir wollen z. B. gesünder leben, wir wollen mehr für unsere Freunde tun, weil wir erkannt haben, wie wichtig Freunde im Leben sind, wir wollen uns weniger aufregen, wir wollen uns von der Arbeit nicht auffressen lassen usw. In solchen Fällen müssen wir bewusste Entscheidungen treffen und unser Handeln nach diesen Entscheidungen ausrichten. Was aber so einfach klingt, zeigt sich in der Praxis als durchaus schwer durchführbar. Wie oft haben wir uns schon – vor allem am 1. Januar – vorgenommen, etwas in unserem Leben zu ändern, und stellen nach Wochen fest: Es ist alles beim Alten geblieben. Albert Einstein sagte:

„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas (für einen) ändert“.

Können wir uns also nicht ändern? Viele Beispiele zeigen uns das Gegenteil: Es gibt Menschen, die konnten sich oder ihr Leben ändern. Wir gehen in diesem Buch davon aus, dass die Menschen, die das geschafft haben, einfachen Regeln gefolgt sind und daher erfolgreich waren. Diese Regeln sollen hier dargestellt werden.

Ob wir uns selbst beeinflussen können, ob wir also Willensfreiheit besitzen, ist eine philosophische Frage, auf die es bis heute unterschiedliche Antworten gibt. Es ist nicht das Thema dieses Buches, auf die philosophischen Aspekte der Willensfreiheit näher einzugehen. Ich möchte nicht für Sie entscheiden, welche Auffassung die richtige ist. Eines allerdings ist unbestritten: Die Überzeugung, dass wir Willensfreiheit besitzen und uns daher selbst an die Hand nehmen und beeinflussen können, ist die Auffassung, die uns unser Leben leichter und besser ertragen lässt – ob es nun eine Utopie ist, oder nicht.

Wir gehen also davon aus, dass es so etwas wie eine Freiheit des Willens gibt, dass wir uns sogar bis zu einem gewissen Grad selbst beeinflussen, also verändern können. Der ausschlaggebende Punkt ist, dass wir entscheiden können, worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken. So wie wir entscheiden können, ob wir in unser Buch oder zur Nachbarin hinübersehen, können wir auch entscheiden, ob wir den Focus unserer Aufmerksamkeit auf diese oder jene Regung in uns lenken. Bei der Erläuterung der Regeln werden Ihnen häufiger Formulierungen begegnen wie: „Sie könnten sich bewusstmachen …“, oder „Sie sollten die Vorstellung aktivieren …“ und Ähnliches. Jedes Mal ist damit gemeint, dass Sie Ihre Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Aspekt Ihres Bewusstseins richten. Das ist sicher nur eine Kleinigkeit, die aber große Konsequenzen haben kann.

Die Fähigkeit des Menschen zur Reflexion

Wofür wir uns motivieren wollen, wie sehr und wie oft wir uns motivieren, hat wesentlich damit zu tun, welches Leben wir führen und welchem Persönlichkeitstyp wir angehören. Der Mensch hat als einziges Lebewesen auf diesem Planeten die Fähigkeit, sich neben sich selbst zu stellen, sich und sein Leben zu betrachten und damit auch zu beurteilen und darüber zu entscheiden, welches Leben er führen will. Wir Menschen sind prinzipiell in der Lage, Entscheidungen zu treffen, die unser Leben beeinflussen. Wir können uns bis zu einem gewissen Grad dahin führen, wohin wir in diesem Leben gehen wollen. Die Psychologie spricht in diesem Zusammenhang von „Selbstwirksamkeit“. Damit ist die Fähigkeit gemeint, darauf zu vertrauen und davon auszugehen, dass ein bestimmtes Ziel auch durch Überwindung von Hindernissen am Ende tatsächlich von uns erreicht werden kann. Dabei spielt die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren eine entscheidende Rolle, sie ist die Grundlage der Selbstwirksamkeit. Das Ausmaß der Selbstwirksamkeit, das wir in unserem Leben zeigen, ist – nach allem, was wir heute darüber wissen – nicht angeboren. Selbstwirksamkeit wird erworben, und wir selbst können beeinflussen, in welchem Umfang wir uns diese Fähigkeit aneignen.

Die Basis der Selbstmotivierung: Die PSI-Theorie von Kuhl

Die folgenden 20 Regeln, mit deren Hilfe man sich selbst motivieren kann, beruhen auf zwei Quellen: Die eine ist meine erlebte Praxis (die Beobachtungen meines eigenen Lebens und das vieler Menschen, die ich beraten oder die ich geschult habe). Die andere Quelle ist die Theorie von Julius Kuhl , er nennt sie PSI-Theorie (Persönlichkeit-System-Interaktion). Ich fasse im Folgenden einige seiner theoretischen Überlegungen zusammen, weil die PSI-Theorie von Kuhl die wissenschaftliche Basis der folgenden Regeln liefert. Wenn Sie sich dafür nicht interessieren, dann können Sie die folgenden Ausführungen überspringen oder nur überfliegen. Sie werden die Regeln auch ohne die Theorie verstehen. Wenn Sie sich näher für die PSI-Theorie interessieren, empfehle ich Ihnen das schon erwähnte Buch Die Kunst der Selbstmotivierung, das ich gemeinsam mit Kuhl geschrieben habe, oder – wenn Sie gründlich in die Persönlichkeitstheorie von Kuhl einsteigen wollen – das umfangreiche Werk von Julius Kuhl Motivation und Persönlichkeit (2001).

Kuhl unterscheidet aufgrund seiner Experimente und theoretischen Überlegungen vier „Makrosysteme“ unseres Gehirns, deren Zusammenspiel unsere Persönlichkeit, aber auch das Zustandekommen von Handlungen ausmachen.

Diese vier Makrosysteme, die bei der Entstehung einer Handlung eine Rolle spielen, sind nach Kuhl folgende:

  1. Das Intentionsgedächtnis , häufig nennt Kuhl es auch Absichtsgedächtnis, das man braucht, wenn man eine schwierige oder unangenehme Handlung nicht sofort ausführen kann, aber nicht vergessen darf oder nicht vergessen möchte. „Das Intentionsgedächtnis ist mit dem analytischen Denken eng vernetzt und speichert schwierige Absichten, d. h. allgemeine (noch nicht voll spezifizierte) Handlungsvorhaben, in einem expliziten Format. Es ist vom Erleben und von der Steuerung emotionaler Prozesse weitgehend abgekoppelt und wird durch eine Aufmerksamkeitsform unterstützt, die Informationen verstärkt, die möglichst genau zu dem passen, was für das aktuell bewusste Ziel oder den aktuellen Handlungsplan relevant ist“ (Kuhl, 2001, S. 131). In diesem Absichtsgedächtnis werden also die Ziele gespeichert, für die wir uns motivieren wollen.
  2. Das Ausführungssystem, das dem Überlegen und Abwägen ein Ende macht und spontan verfügbare Handlungsprogramme zur Verfügung stellt. Kuhl nennt es auch das „intuitive Verhaltenssteuerungsprogramm“. Es arbeitet ganzheitlich (holistisch). Man braucht es, wenn ein guter Zeitpunkt für die Ausführung gekommen ist und man ein geeignetes Verhaltensprogramm (d. h. eine Handlungsmöglichkeit) gefunden hat. Dieses Ausführungssystem wird auch aktiviert, wenn aufgrund einer Wahrnehmung spontane, nicht bewusst geplante Handlungen erfolgen. Dieses Ausführungssystem hält also die Programme bereit, die wir für die Realisierung unserer Ziele brauchen, für die wir uns motivieren.
  3. Das Extensionsgedächtnis, das den umfassendsten Gedächtnisspeicher darstellt. Kuhl nennt es „Extensions-Gedächtnis“, weil der Speicher, auf den sich dieses Gedächtnis bezieht, sehr ausgedehnt ist (Extension = Ausdehnung). Diesen Speicher braucht man, wenn es darum geht, aus der Gesamtheit aller gespeicherten Lebenserfahrungen eine Lösung auszuwählen und man gleichzeitig darauf achten muss, dass alle – oder möglichst viele – eigene Bedürfnisse und Werte berücksichtigt werden – und nach Möglichkeit auch die Erwartungen und Wünsche anderer nicht unberücksichtigt bleiben. Auch dieses System arbeitet – wie das vorhergehende Ausführungssystem – ganzheitlich und vor allem parallel, d. h. es kann mehrere Aspekte gleichzeitig berücksichtigen. Es liefert einen zusammenfassenden Überblick über die wichtigsten Erfahrungen, die wir gemacht haben, wobei auch unsere Motive und das Bewusstsein von uns selbst, das „integrierte Selbst“ dazu gehören. Dieses Extensionsgedächtnis ist Grundlage unseres „intelligenten Fühlens“, unserer Intuition („ich spüre, hier stimmt etwas nicht“). „Das Fühlen kann durch assoziative Netzwerke impliziten Wissens beschrieben werden, die auch sehr entfernte, selten auftretende Assoziationen enthalten“ (Kuhl & Völker, 1998, S. 215).
    Dieses Extensionsgedächtnis verhilft uns, dass die Ziele, für die wir uns motivieren wollen, tatsächlich unseren eigenen Bedürfnissen und Werten entsprechen, dass es wirklich „unsere eigenen Ziele“ sind, und es unterstützt uns dabei, auf kreative Ideen zu kommen, indem es unsere Ziele mit den bereits gemachten relevanten Erfahrungen in Verbindung bringt.
  4. Das Objekterkennungssystem, das man braucht, „wenn einzelne Risiko- und Gefahrenquellen aus dem Gesamtkontext herausgelöst oder Fehler und Problempunkte erkannt werden müssen“ (Martens & Kuhl, 2011, S. 77). Es arbeitet nicht ganzheitlich, sondern ist sequentiell-analytisch angeordnet. Das Objekterkennungssystem brauchen wir, um beim Erreichen der selbst gesetzten Ziele möglichst frühzeitig Probleme und Fehler zu entdecken, die das Erreichen des Zieles infrage stellen oder verhindern könnten.

Man hat entdeckt, dass unsere beiden Hirnhälften unterschiedlich arbeiten. Mit unserem „linken Hirn“ erledigen wir alle bewusst planerischen Aufgaben, mit ihm „rechnen“ wir uns aus, was sich ereignen wird. Mit unserem „rechten Hirn“ fühlen wir, was passieren sollte und was passieren wird. Hier ist die Intuition beheimatet. Auch Kuhl übernimmt diese Entdeckung und ordnet das Intentionsgedächtnis und das Objekterkennungssystem dem „linken Hirn“ zu, während er das Ausführungssystem und das Extensionsgedächtnis im „rechten Hirn“ beheimatet sieht.

Die Aktivierung dieser Systeme sowie die Interaktion der Systeme untereinander werden durch unsere Affekte, unsere Gefühlszustände und Stimmungen gesteuert. Mit Hilfe von Experimenten und den daraus abgeleiteten Erkenntnissen entdeckte Kuhl, dass wir z. B. nur in einer positiven Stimmung Zugang zu unserem Extensionsgedächtnis haben und damit zu unserem Erfahrungsreservoir, in dem die Erkenntnisse unseres ganzen bisherigen Lebens gespeichert sind. Diese Erkenntnisse brauchen wir gerade dann, wenn wir in Schwierigkeiten geraten und wir durch eben diese Schwierigkeiten in keiner guten Stimmung sind. Darin liegt auch die Begründung, dass wir nur dann auf gute Ideen kommen und erfolgreich sind, wenn wir uns gut fühlen und wir zufrieden und glücklich sind. Denn wie Albert Schweitzer sagt: „Erfolg ist nicht der Schlüssel zum Glücklichsein. Glücklichsein ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn du das, was du tust liebst, wirst du erfolgreich sein“. Wir müssen also lernen, unseren „Gefühlshaushalt“ zu beeinflussen.

Andererseits kommen wir in gute Stimmung, wenn wir das Extensionsgedächtnis und damit unser Selbst aktivieren. Das gelingt uns besonders gut, wenn die gesetzten Ziele tatsächlich Teil unseres Selbst sind, wenn sie „aus unserem tiefen Inneren“ stammen. Man spricht in diesem Zusammenhang von intrinsischen (aus einem selbst kommenden) gegenüber extrinsischen (von anderen auferlegten) Zielen. „Lebensfreude stärkt die Schaffenskraft. Und Schaffenskraft erhöht die Lebensfreude“, sagte Else Pannek. Die Beziehung zwischen den Gefühlen und der Aktivierung der einzelnen Systeme ist also wechselseitig. Viele der im Folgenden dargestellten Regeln haben mit dieser Beziehung zu tun.

Das Rubikon-Modell

Wenn man die einzelnen Phasen untersucht, die einer Handlung zugrunde liegen, dann kann man zwei grundsätzlich unterschiedliche Zeitpunkte beobachten: In einer ersten Phase des Abwägens, bevor man endgültig zu einer Entscheidung kommt, ist man nach allen Seiten offen und sucht nach Informationen, wobei diese ohne Selektion aufgenommen werden. Ist dann eine Entscheidung getroffen, kann man eine Abschirmung gegen Informationen beobachten, die diese Entscheidung infrage stellen könnte. Durch die selektive Nichtbeachtung und Abwertung absichtsgefährdender Informationen wird die einmal getroffene Entscheidung stabilisiert.1

Diese imaginäre Grenze zwischen Informationssuche und Entscheidung hat man als Rubikon bezeichnet und die Theorie, die sich darauf beruft, als Rubikon-Theorie genannt, in Anlehnung an den Angriff Cäsars auf Rom zu Zeiten des Bürgerkrieges: Als er mit seinem Heer den Fluss Rubikon überschritten hatte, gab es kein Zurück mehr, das war allen Soldaten klar: „Alea iacta est“ „Der Würfel ist gefallen.“ Die unterschiedliche Bewusstseinslage vor und nach dem Überschreiten des Rubikon stand im Mittelpunkt des Interesses an diesem Modell.2 Es ließ sich zeigen, dass vor der Entscheidung mehr entscheidungsrelevante Informationen beachtet werden, während nach der Entscheidung mehr umsetzungsrelevante Informationen im Mittelpunkt des Bewusstseins standen.3

Das Rubikon-Modell der Handlungsphasen von Heinz Heckhausen teilt den Handlungsstrom in folgende vier Phasen ein:

  1. Abwägen
  2. Entscheidung (Planen)
  3. Zielverfolgung (Handeln)
  4. Abschluss (Bewerten)

Die folgenden Regeln der Selbstmotivierung werde ich nach diesen vier Phasen gliedern.

Die vier Phasen der Entstehung einer Handlung

Der Weg von der Wahl eines Handlungsziels bis zur Zielrealisation,4 bzw. der Prozess, der zu einer Leistung, bzw. zu einer Veränderung des eigenen Verhaltens führt, wird in vier Phasen aufgeteilt:

  1. Phase des Abwägens:
    Die potentiellen Ziele werden abgewogen, es werden verschiedene Handlungsziele und Ausführungsmöglichkeiten gegenübergestellt und daraus Vorstellungen abgeleitet, was alles erreichbar wäre und mit welchen Konsequenzen man zu rechnen hätte, wenn man sich entschließen sollte, eines dieser möglichen Ziele „ernsthaft zu verfolgen“.
  2. Phase der Entscheidung:
    Es wird die Absicht gebildet, das ausgewählte Ziel tatsächlich zu verfolgen.
    Man bindet sich an das Ziel und verpflichtet sich zur Zielverfolgung.
    Hier entsteht die wichtige Zielbindung („goal commitment“5
    ). Unter Zielbindung versteht man das Ausmaß, in dem eine Person sich einem Ziel verpflichtet fühlt, es unter Aufwendung von Anstrengung tatsächlich auch erreichen will und die Zielverfolgung selbst angesichts von Rückschlägen und Widerständen nicht aufgibt. Heckhausen6 geht davon aus, dass stets mehrere Ziele in uns in Konkurrenz stehen und dass jenes Ziel ausgeführt wird, das in uns die größte Stärke entwickelt: Diese hängt von der Attraktivität des Ziels, dem Vorhandensein einer günstigen Gelegenheit, der Dringlichkeit des Ziels und der Anzahl der bereits missglückten Realisierungsversuche ab.
  3. Phase der Zielverfolgung:
    Abhängig von der Situation und den konkurrierenden Zielen muss irgendwann mit einer zielbezogenen Handlung begonnen werden. (Die Bedeutung des ersten Schrittes! „Auch ein Weg von 1000 Meilen beginnt mit einem Schritt“, sagt ein chinesisches Sprichwort.)
    Wichtig ist jetzt die Aufrechterhaltung der einmal festgelegten persönlichen Ziele. Hier spielt die Ausdauer eine große Rolle: Hält man lang genug durch, um das gesetzte Ziel zu erreichen?
    Hilfreich sind dabei (nach Kuhl, 1996):
  4. Phase des Abschlusses der Handlung:
    War das Zielstreben erfolgreich? Habe ich das erreicht, was ich erreichen wollte? Haben sich Nebeneffekte positiver oder negativer Art ergeben? Was lerne ich für die Zukunft?
    In der Phase des Abschlusses der Handlung geben wir uns selbst Feedback.
    Dieses Feedback ist immer werthaltig, hat immer ein positives oder negatives Vorzeichen – und oft können wir wählen, ob wir dem Feedback ein positives oder negatives Vorzeichen geben, denn fast immer gibt es positive und negative Auswirkungen unserer Entscheidungen und Handlungen. Es gibt Personen, die scheinen auf eine negative Bewertung programmiert zu sein. Sie sind nie zufrieden, mit dem was sie erreicht haben, möglicherweise, weil sie eine überkritische Bezugsperson aus früher Kindheit internalisiert haben oder weil sie einer Kritik von außen zuvorkommen wollen. Denn die ist viel weniger verletzend, wenn man selbst sich bereits vorher deshalb getadelt hat.
    Andererseits ist es nicht folgenlos, wenn wir mit unseren Handlungen oder dem Verhalten, das sich aus einem Entschluss ergeben hat, nicht zufrieden sind. Wir machen uns damit selbst klein, wir machen uns zum Opfer. Das wird die Motivation für weitere Handlungen eher negativ beeinflussen.

Die Regeln zur Selbstmotivierung im Überblick

Das Thema Motivation bezieht sich auf alle vier Phasen. Wir gliedern daher die zwanzig Regeln zur Selbstmotivierung nach den vier Phasen des Rubikon-Modells von Heckhausen:

Zu 1. Phase des Abwägens:
In dieser Phase geht es darum, ein attraktives Ziel zu finden, das man über längere Zeit verfolgt. Solange noch kein Ziel vor Augen steht, ist Motivierung noch kein Thema. Das Thema dieses Buches betrifft in dieser Phase höchstens die Wahl (Wie ist das Ziel beschaffen?) oder die Ausstattung eines schon vorhandenen Zieles (Welche Attribute hat das Ziel?). Bei der Gliederung der dargestellten Regeln beziehe ich mich auf diesen zweiten Aspekt.