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Lilith König/Hans Weiß (Hrsg.)

Anerkennung und Teilhabe für entwicklungsgefährdete Kinder

Leitideen in der Interdisziplinären Frühförderung

Verlag W. Kohlhammer

 

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1. Auflage 2015

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-028590-3

E-Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-028591-0

epub:    ISBN 978-3-17-028592-7

mobi:    ISBN 978-3-17-028593-4

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Inhalt

 

 

 

  1. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers
  2. I Blicke auf Grundorientierungen und institutionelle Weiterentwicklungen
  3. Anerkennung und Teilhabe
  4. Dieter Katzenbach
  5. Anerkennung im Kontext der Frühförderung: Arbeit mit Kind und Familie im Spannungsfeld zwischen Verändernwollen und Respekt vor dem Gegebenen
  6. Hans Weiß
  7. Anerkennung in der Eltern-Kind-Beziehung: Bindungstheoretische Überlegungen zu den affektiven Aspekten von Anerkennung
  8. Lilith König
  9. Wie modern ist die Frühförderung? Perspektiven für ein (nicht) etabliertes Hilfesystem im Spannungsfeld zwischen fachlichen und gesetzlichen Ansprüchen und (konkurrierenden) Nachbarsystemen
  10. Armin Sohns
  11. II Blicke auf Kinder und ihre Lebenswelten
  12. Entwicklung und ihre Förderung als komplexe Prozesse – eine Herausforderung an die Evaluation
  13. Hans von Lüpke
  14. Entwicklungsbedürfnisse von Kindern unter drei Jahren – die Bedeutung der Inklusion in Familie und Krippe
  15. Jürgen Kühl
  16. Soziale Teilhabe von Kindern mit schwerer und mehrfacher Behinderung in Kindertagesstätten
  17. Klaus Sarimski
  18. Anerkennung und Teilhabe als Wirkfaktoren früher Förderung und Hilfe
  19. Karolin Königsfeld
  20. Sprachliche und kommunikative Kompetenz von Kindern – Vielfalt anerkennen
  21. Timm Albers
  22. Jungen – das benachteiligte Geschlecht? Besondere Herausforderungen für pädagogische Fachpersonen in der Arbeit mit Jungen im Vorschulalter und Ansätze professionellen Handelns
  23. Annette Hartung
  24. III Blicke auf Eltern, Familien und ihre Lebenswelten
  25. Anerkennung und Verantwortung? Phänomene in familialen Lebenswelten
  26. Andrea Hellermann
  27. Eltern wollen das Beste für ihr Kind! Fachleute auch. Grundzüge einer prozessorientierten Dialogkultur zwischen Eltern und Fachleuten
  28. Regina Jenni & Christine Schmid-Maibach
  29. Die Harl.e.kin-Nachsorge in Bayern – aus Sicht der Eltern
  30. Renate Berger & Sabine Höck
  31. Entwicklungsbedingungen von Kindern in drogenabhängigen Familiensystemen
  32. Nina Gawehn, Petra Ape & Judith Engelbertz
  33. Die Säuglings-Kleinkind-Eltern-Psychotherapie (SKEPT) – Wozu brauchen wir sie?
  34. Barbara von Kalckreuth
  35. Familienorientierte Frühförderung – Elternzufriedenheit und Erfahrungen aus der Praxis
  36. Klaus Sarimski
  37. Vom Mythos zur Empirie – Wie wirkt familienorientiertes Handeln in der Frühförderung?
  38. Manfred Pretis
  39. IV Blick auf die Fachpersonen und ihre Arbeitswirklichkeiten
  40. Anerkennungskultur in prekären Frühförderverhältnissen und ihre Bedeutung für das Gelingen von inklusiver Teilhabe
  41. Lutwin Matthias Temmes
  42. Die Sichtweise von Fachkräften zu dem Themenfeld Anerkennung in der Interdisziplinären Frühförderung
  43. Nicolai Amann
  44. Niederschwellige Interdisziplinäre Frühförderung im regionalisierten Verbundsystem
  45. Ina Breuninger-Schmid & Jürgen Keil
  46. Rahmenbedingungen und Qualitätsstandards der Frühförderstellen im Freistaat Thüringen
  47. Armin Sohns, Annette Hartung, Jana Urbanek, Friedrich Ederer & Kirsten Lamschus
  48. Vor welchen Herausforderungen steht die Frühförderung durch das Inklusionsgebot der UN-BRK?
  49. Carmen Dorrance
  50. Kompetent für Inklusion? Anforderungen an professionelles Handeln im Kontext von Heterogenität
  51. Timm Albers
  52. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte: Video-Interaktions-Begleitung® zur Reflexion und Erweiterung des professionellen Handelns
  53. Britta Gebhard
  54. Frühe Hilfen im Ortenaukreis – ein (inklusives) Modell der Regelversorgung für Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern in besonderen Belastungssituationen
  55. Ullrich Böttinger
  56. Problempakete und Beziehungskisten – eine kabarettistische Hommage an die neue Vorsitzende der ViFF
  57. Christoph Leyendecker
  58. Autorinnen und Autoren

Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers

 

 

 

Anerkennung und Teilhabe stehen als Leitbegriffe in einem breiten Kontext von philosophisch-ethischen, rechtlichen und sozialpolitischen Grundüberzeugungen. Für den Frankfurter Sozialphilosophen Axel Honneth, Schüler von Jürgen Habermas, ist Anerkennung ein anthropologisches Grundbedürfnis. Sie bildet die Voraussetzung für die Integrität des Menschen. Für Honneth erfolgt Anerkennung auf drei Ebenen:

•  Emotionale Zuwendung: Diese Anerkennungsform – von Honneth auch als »Liebe« und »Fürsorge« bezeichnet – tritt in sog. Primärbeziehungen wie Eltern-Kind-Beziehungen, erotischen Beziehungen und Freundschaften auf. (Frühe) Erfahrungen in dieser Anerkennungsform, insbesondere, aber nicht nur in der Eltern-Kind-Beziehung, bilden die Grundlage für das Vertrauen des einzelnen Menschen zur Welt und zu sich selbst.

•  Rechtliche Anerkennung: Durch diese Anerkennungsform machen Menschen die Erfahrung der Gleichbehandlung und der Zugehörigkeit zu einer Rechtsgemeinschaft.

•  Solidarische Zuwendung: In dieser Anerkennungsform kommt eine solidarische Zustimmung und Wertschätzung zum Tragen, in der »[…] jedes Subjekt ohne kollektive Abstufungen die Chance erhält, sich in seinen eigenen Leistungen und Fähigkeiten als wertvoll für die Gesellschaft zu erfahren« (so Honneth in seinem bekannten Werk »Kampf um Anerkennung«, Frankfurt a. M., 7. Aufl. 2012, 210).

Aus dem Zusammenhang dieser drei Anerkennungsformen ergibt sich, dass Anerkennung nicht nur auf der Ebene sprachlicher Kommunikation und Reflexion erfolgen kann, sondern leiblich-körperliche und emotionale Bedürfnisse einbezieht. Ob Kinder oder Erwachsene – einzeln oder als Gruppen – Anerkennung (oder Missachtung) erfahren, hängt darüber hinaus davon ab, unter welchen Bedingungen, in welchen Verhältnissen und Strukturen sie leben. Es wäre letztlich nur eine Scheinanerkennung, benachteiligten und diskriminierten Menschen Respekt zu erweisen, wenn die strukturellen Bedingungen ihrer Benachteiligung und Diskriminierung jedoch fortbestehen würden. Anerkennung im Vollsinn des Wortes bezieht sich also nicht nur auf die Ebene der Beziehungen, des Zusammenlebens, der Interaktion und Kommunikation, sondern auch auf die Ebene der Strukturen, der Verhältnisse. Dies drückt der Begriff Verhältnisanerkennung aus. Im Ausfindigmachen missachtender und erniedrigender (struktureller) Bedingungen liegt eine wesentliche Funktion der Anerkennungstheorie.

Teilhabe meint ein aktives Beteiligtsein vor allem im gesellschaftlichen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Bereich. Teilhabe als Partizipation bezieht sich auf die Zugehörigkeit an der durch das Grundgesetz bestimmten Rechtsgemeinschaft. Sie umfasst aktive Bürgerbeteiligung (Ausübung des Wahlrechtes, Mitbeteiligung bei Entscheidungsprozessen im Zusammenhang mit (Groß-)Projekten), Mitbestimmung im Betrieb, Inanspruchnahme von allgemeinen kulturellen Gütern und dergleichen mehr. Bezogen auf Menschen mit Behinderung äußert sich soziale und kulturelle Teilhabe auch in der Möglichkeit, eine allgemeine Kindertagesstätte oder Schule (Inklusion) zu besuchen.

Deutlich wird an den aufgezählten Beispielen, dass die Bedingung der Möglichkeit von Teilhabe in den erwähnten Bereichen (gesellschaftlich, sozial …) rechtlich gesichert sein muss. Dies schließt auch erleichternde Bedingungen wie Barrierefreiheit, inklusive Strukturen des Bildungssystems usw. ein (siehe insbesondere das SGB IX, das sich »Gesetz zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen« nennt). Die grundlegende rechtliche Dimension von Teilhabe liegt somit auf der Ebene der zweiten Anerkennungsform, der rechtlichen Anerkennung.

Das rechtliche Fundament der Teilhabe bedarf jedoch der Ergänzung und Vertiefung durch die dritte Ebene der Anerkennung: die Ebene der solidarischen Zuwendung und Wertschätzung. Erfahren z. B. Kinder mit Behinderungen in allgemeinen Bildungseinrichtungen (Kindertagesstätten, Schulen) nicht das hinreichende Maß an Wertschätzung und Achtung, besteht die Gefahr, dass sie trotz formaler Teilhabe in einer Kindergartengruppe oder Klasse isoliert sind und sich innerlich fremd fühlen. Rechtlich gesicherte Teilhabe und solidarische Zuwendung sind aufeinander angewiesen und machen erst Partizipation und Inklusion im Vollsinn des Wortes aus. Teilhabe ohne solidarische Zuwendung kann zu einer Entwertung der spezifischen Lebensweise und -form von Menschen mit Behinderungen und Benachteiligungen führen – nach Honneth eine Form der Missachtung.

Die Theorie und Ethik der Anerkennung beinhaltet durchaus unterschiedliche Positionen. Ungeachtet dessen kann sie die bisherigen Diskurse um Teilhabe (und Inklusion) bereichern und vertiefen. Im Blick auf die Kinder, ihre Familien und die Arbeitswirklichkeit der Fachpersonen in der Interdisziplinären Frühförderung ergeben sich vor allem folgende Fragen:

•  Kinder: Wo, in welchen Situationen und unter welchen Missachtungsformen wird kleinen Kindern, besonders jenen mit Behinderung und in benachteiligten Lebenslagen, Anerkennung verwehrt? Was brauchen sie an Anerkennung, um Vertrauen zur Welt und zu sich zu entwickeln, sich in ihren Leistungen und Fähigkeiten als wertvoll in sozialen Zusammenhängen zu erfahren? Wie müsste beispielsweise eine Diagnostik und Förderung vor diesem Hintergrund aussehen? Wie kann man gerade im professionellen Kontext Kinder auch mit ihren Problemen wahrnehmen – in einer Haltung der Anerkennung und Wertschätzung (jenseits der problematischen Dichotomie: defizitorientiert – kompetenzorientiert)? Wie können Kinder mit schwer(st)er Behinderung in Förderprozessen aktives Beteiligtsein, Selbstwirksamkeit und (damit verbundene) Anerkennung erfahren?

•   Eltern und Familien: Wo können die Interdisziplinären Frühförderstellen in ihrem Sozialraum dabei mitwirken, dass Eltern und Familien mit Kindern, die in wesentlichen gesellschaftlichen Kontexten »nicht erwünscht« sind, Anerkennung in den drei genannten Grundformen erhalten und Erfahrungen der solidarischen Zuwendung und Wertschätzung machen? Wo kann Frühförderung dazu beitragen, dass soziale Ausschließungstendenzen für wie auch immer benachteiligte Familien reduziert werden, die Entwertung ihrer Lebensformenmit Prozessen des Beschämtwerdens vermindert wird? Wie kann die Interdisziplinäre Frühförderung auf solche Ausschlusstendenzen aufmerksam machen?

•  Interdisziplinäre Frühförderung und die darin tätigen Fachpersonen: Wie müssen deren Rahmenbedingungen aussehen, damit sie im Sinne der genannten Fragen überhaupt wirksam werden können? Was brauchen die Mitarbeiter/innen an Anerkennung, um an Kinder, Eltern und Familien Anerkennung, Achtung und Wertschätzung weiterzugeben? Wo gibt es Tendenzen der Missachtung ihrer Arbeit – auch in der Form, dass wichtige Essentials der Interdisziplinären Frühförderung wie mobil aufsuchende Arbeitsweise, Teamarbeit und Supervision tendenziell zurückgefahren werden? Wie wirken sich solche Entwicklungen auf den Zusammenhang von Selbstachtung und Fremdachtung (Weitergabe von Achtung) aus?

Was kann – vor dem Hintergrund des oben skizzierten Zusammenhangs von Teilhabe und Anerkennung – die Theorie der Anerkennung für die Inklusions- und Teilhabediskussion beitragen?

Das XVII. Symposion Frühförderung bot mit 34 Vorträgen und 38 Workshops für die ca. 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Gelegenheit, sich mit solchen Fragen auseinanderzusetzen. Es wurde von der Vereinigung für Interdisziplinäre Frühförderung in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, Fakultät für Sonderpädagogik in Reutlingen ausgerichtet. Eine Reihe der angesprochenen Fragen tauchen in den Beiträgen des Buches auf, unabhängig davon, ob dabei die Leitbegriffe Anerkennung und Teilhabe explizit angesprochen werden oder nicht. Die Beiträge gruppieren sich entlang der drei zentralen Größen der Interdisziplinären Frühförderung: Lebenswelt des Kindes, Lebenswelt der Familie und Arbeitswirklichkeit der Fachperson.

Wir danken allen sehr herzlich, die ihren Vortrag oder Workshop als Beitrag für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt haben. Wir danken darüber hinaus Herrn Prof. Dr. Timm Albers für seine Mitarbeit an der Herausgabe dieses Buches.

Es enthält nicht nur theoretische Überlegungen, sondern thematisiert konkrete Antworten für die praktische Förderarbeit: als exklusive besondere Praxis für behinderte und benachteiligte Kinder und ihre Familien, als praktizierte Kooperation mit anderen Einrichtungen insbesondere im Bereich Früher Bildung und Früher Hilfen sowie orientiert an einer Position, die Frühförderung in der gebotenen Aufgabe inklusiver gesellschaftlicher Arbeit vor dem Hintergrund einer Ethik der Anerkennung einnimmt.

Berlin und Abensberg, im Frühjahr 2015

Lilith König
Hans Weiß

 

 

 

 

I           Blicke auf Grundorientierungen und institutionelle Weiterentwicklungen

Anerkennung und Teilhabe

Dieter Katzenbach

 

 

Der Begriff der Anerkennung hat in der pädagogischen Fachliteratur der letzten Jahre eine zunehmende Resonanz gefunden (Stojanov 2006; Dederich & Jantzen 2009; Prengel 2013). Es ist ja auch unmittelbar einsichtig, dass pädagogische Beziehungen auf wechselseitiger Anerkennung und Wertschätzung aufbauen sollten. Der pädagogische Diskurs über Anerkennung greift aktuelle sozialphilosophische Überlegungen auf und geht insofern über das Alltagsverständnis des Begriffs hinaus. Ich sehe den Gewinn, den die Pädagogik, insbesondere die Behindertenpädagogik, aus der Bezugnahme auf die Anerkennungstheorie ziehen kann, vor allem in drei Punkten:

•  Zunächst ist im Begriff der Anerkennung das die Pädagogik stets beschäftigende Verhältnis zwischen Individualität und Sozialität anthropologisch tief verankert: Es ist der Einzelne, der nach Anerkennung verlangt, die ihm nur die Anderen gewähren können.

•  Zudem dürfte der Begriff der Anerkennung geeignet sein, um die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung zu analysieren, die häufig durch ihr Gegenteil, das Vorenthalten von Anerkennung beziehungsweise durch die Erfahrung von Missachtung gekennzeichnet sein dürfte.

•  Und schließlich scheint mir der Begriff der Anerkennung gut geeignet zu sein, um das Verhältnis zweier für die Behindertenpädagogik zentraler Leitvorstellungen, nämlich die Orientierung an Selbstbestimmung einerseits und sozialer Teilhabe andererseits, präziser zu bestimmen, wie ich an anderer Stelle zu zeigen versucht habe (vgl. Katzenbach 2004).

1          Teilhabe, soziale Integrität und Anerkennungsverhältnisse: die sozialphilosophischen Hintergründe

Der aktuelle Diskurs um den Begriff der Anerkennung geht unter anderem auf Beiträge des kanadischen Sozialphilosophen Charles Taylor (1992) zurück, der die Bedeutung von Anerkennung zunächst im Kontext des Multikulturalismus formulierte. Anerkennung ist für ihn mehr als nur ein Ausdruck von Höflichkeit, Anerkennung beantworte vielmehr »ein menschliches Grundbedürfnis« (Taylor 1992, 15), wohingegen Nicht-Anerkennung oder Verkennung eine Form der Unterdrückung darstelle und in ein falsches, deformiertes Dasein führe (ebd.).

Der Frankfurter Sozialphilosoph Axel Honneth greift diese Überlegung auf und spricht sogar von einem »Kampf um Anerkennung« (1992). Er will damit zum Ausdruck bringen, wie tief dieses Bedürfnis nach Anerkennung im Menschen verwurzelt ist. Konflikte zwischen Individuen, sozialen Gruppen oder auch zwischen Staaten seien nicht allein aus der Konkurrenz um knappe Güter wie Geld, Macht, Land etc. zu verstehen. Honneth hält dem die historische Beobachtung entgegen:

»Ohne die zusätzliche Empfindung verletzter Würde wäre die bloße Erfahrung wirtschaftlicher Not und politischer Abhängigkeit historisch nie zu einer Antriebskraft von praktischen Umsturzbewegungen geworden: der ökonomischen Entbehrung oder der sozialen Unterdrückung hatte stets das Gefühl hinzuzutreten, in dem Anspruch auf die Integrität der eigenen Person missachtet zu werden, bevor sie zum motivationalen Anlass von revolutionären Erhebungen werden konnten.« (Honneth 1990, 1052)

Honneth spricht von einer »neuen Grammatik sozialer Konflikte« (ebd.) und erklärt diese nicht über Fragen der Verteilungsgerechtigkeit, sondern sieht den Kampf um Anerkennung als grundlegender an (vgl. hierzu die aufschlussreiche Kontroverse in Fraser & Honneth 2003).

2          Drei Formen der Anerkennung: Liebe, Recht und Solidarität

Für die Pädagogik besonders aufschlussreich ist es, dass Honneth den Begriff der Anerkennung noch einmal in drei elementare Formen differenziert, nämlich in 1. Liebe, 2. Recht und 3. Solidarität/Leistung.

•  In der Anerkennungsform der Liebe geht es primär um emotionale Zuwendung oder, abstrakt gesprochen: um die gegenseitige Bestätigung und Anerkennung unserer Bedürfnisnatur und unserer wechselseitigen Abhängigkeit. Wichtig dabei ist, dass diese Form der Anerkennung an konkrete Personen in ihrer Einzigartigkeit gebunden ist, sich also auf Primärbeziehungen, wie Eltern-Kind-Verhältnisse, auf Freundschaften oder erotische Partnerschaften bezieht. Anders als etwa das Gebot der christlichen Nächstenliebe ist diese Anerkennungsform auf bestimmte Personen bezogen und kann nicht auf alle Menschen verallgemeinert werden. Geliebt werden wollen wir um unserer selbst willen, vorbehaltlos und auch nicht aufgrund besonderer Fähigkeiten oder Fertigkeiten.

•  Im Gegensatz dazu geht es bei der zweiten Anerkennungsform, dem Recht, um kognitive Achtung, in Honneths Worten: um die gleichberechtigte Teilnahme am Prozess diskursiver Willensbildung. Zentral ist hier, sich als Gleicher unter Gleichen zu erleben; das heißt, mit den gleichen Rechten und Pflichten ausgestattet zu sein, wie alle anderen Gesellschaftsmitglieder auch. Dies ist, anders als die Liebe, ein universelles Prinzip, das auf alle Personen Anwendung zu finden hat, egal, ob man mit ihnen bekannt ist oder nicht.

•  Als dritte Anerkennungsform nennt Honneth die Solidarität beziehungsweise die Leistung. Hier geht es um soziale Wertschätzung, um eine wechselseitige Anteilnahme an den je unterschiedlichen Lebenswegen, die mehr ist als ein schlichtes »leben und leben lassen«. Vielmehr geht es um die Würdigung des eigenen Beitrags zum Wohle der Gesellschaft auf der Basis eines geteilten Wertesystems und hier, im Unterschied zur Anerkennungsform der Liebe, um die Wertschätzung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Diesen drei Formen der Anerkennung entsprechen drei Formen der Missachtung: Der Liebe stellt Honneth die physische Demütigung als fundamentalste Art und Weise der Entwürdigung gegenüber; also Akte wie Folter, Vergewaltigung, Misshandlung oder Missbrauch. Dem Recht korrespondiert die Missachtungsform der Entrechtung und des sozialen Ausschlusses, also die Situation, nicht Gleicher unter Gleichen zu sein. Die der Solidarität korrespondierende Missachtungsform besteht in der individuellen oder kollektiven Entwertung der Lebensform. Honneth meint damit, dass die betroffenen Subjekte für ihre lebensgeschichtlich erworbenen Fähigkeiten keine soziale Wertschätzung erfahren. Die Anerkennungsform der Solidarität setzt ein gemeinsames Wertesystem voraus, um dessen Durchsetzung die gesellschaftlichen Gruppen permanent ringen – was nur als Dauerkonflikt denkbar ist; eben als Kampf um Anerkennung.

Die Möglichkeiten, Anerkennung zu erfahren und Missachtung zu entgehen, sind gesellschaftlich ungleich verteilt, sonst würde ja die Rede vom Kampf um Anerkennung gar keinen Sinn ergeben. Und es ist fast banal, zu konstatieren, dass die gegenwärtige Lebenssituation von Menschen mit Behinderung durch massiv reduzierte Anerkennungschancen und durch gehäufte Erfahrungen latenter oder auch offen geäußerter Missachtung gekennzeichnet ist. So kann etwa der massive Ausbau der pränataldiagnostischen Techniken zur Identifizierung und Auslöschung behinderten Lebens nur als Angriff auf die leibliche Integrität eines Menschen mit Behinderung gesehen werden. Es ist kein Leichtes, sich um seiner selbst willen geliebt zu fühlen, wenn es so einen Menschen wie mich eigentlich gar nicht geben sollte. Ebenso evident ist – bezogen auf die Anerkennungsform des Rechts –, dass die Lebenslage von Menschen mit Behinderung durch eingeschränkte Rechte und reduzierte soziale Teilhabechancen zu beschreiben ist; dies macht ja den Kern der Inklusionsdebatte aus. Schließlich erfahren Menschen mit Behinderung für ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten und ihren Beitrag zum Wohl der Gesellschaft häufig nur geringe Wertschätzung.

Und selbstverständlich ist auch das Aufwachsen unter den Bedingungen sozialer Benachteiligung von reduzierten Anerkennungschancen begleitet. Mehr noch: Die im Kontext sozialer Randständigkeit vorliegenden psychosozialen Risiken und damit häufig einhergehenden Entwicklungsverzögerungen lassen sich durchaus auch als Folge fehlender oder zumindest eingeschränkter Anerkennung verstehen. Wenn die primären Bezugspersonen aufgrund ihrer psychischen und sozialen Belastung und ihrer eigenen Bedürftigkeit nicht in der Lage sind, ihren Kindern ein Mindestmaß an konsistenter emotionaler Zuwendung zu geben, wächst sich dies zu einer Entwicklungserschwernis in der Anerkennungsdimension der Liebe aus. Auch wird es unter der Bedingung sozialer Randständigkeit äußerst schwierig sein, an die eigenen Kinder das für die Anerkennungsform des Rechts konstitutive Gefühl, Gleicher unter Gleichen zu sein, weiterzugeben, wenn man sich selbst als ausgeschlossen und entrechtet erlebt. Und schließlich bedarf einer großen Anstrengung, wertschätzend mit den Fähigkeiten und Fertigkeiten des Kindes umzugehen, wenn man für seine eigenen Leistungen und seine Lebensform vorrangig Missachtung und Entwertung erfährt.

3          Inklusion und Individualisierung als »Grundfunktionen der Anerkennung« und die Gegenwartsdiagnose der »Verwilderung« des sozialen Konflikts

Bezogen auf die gegenwärtig intensiv geführte Inklusionsdebatte lässt sich mit der Anerkennungstheorie zeigen, dass das Programm der Inklusion auf die Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse zielt, die von der Pädagogik zwar nicht alleine erzielt werden kann, ohne Pädagogik allerdings gar nicht erreicht werden kann. Denn ohne Bildung und Erziehung im Medium der Liebe wird kein Mensch, gleich ob mit oder ohne Behinderung, ein positives Selbstverhältnis entwickeln können. Ohne Bildung und Erziehung wird kein Mensch die Kompetenzen entwickeln, um sich als Gleicher unter Gleichen am Prozess gesellschaftlicher Willensbildung zu beteiligen. Und ohne Bildung und Erziehung wird kein Mensch die Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln, um Wertschätzung für seinen Beitrag zum Gemeinwohl zu erfahren. Die Verbesserung der »Anerkennungsbilanzen« von Menschen mit Behinderung stellt mithin sowohl einen Maßstab des gesellschaftlichen Fortschritts dar als auch einen pädagogischen Auftrag. So bezeichnet Honneth Inklusion und Individualisierung als die »beiden Grundfunktionen der Anerkennung« und fährt fort:

»Gerecht wäre eine Veränderung von Anerkennungsverhältnissen also dann, wenn sie mehr Personen als zuvor einschließt und wenn sich diese Personen in diesen Institutionen [Familie, Wirtschaft, Recht; D. K.] Werte aneignen können, die ihnen dazu dienen können, eigene, gehaltvolle moralische Identitäten und Lebensziele auszubilden […].« (Honneth & Stahl 2013, 294)

Die gegenwärtig so intensiv diskutierte Programmatik der Inklusion wäre in diesem Sinne zweifellos als »gerecht«, mithin als gesamtgesellschaftlicher Fortschritt zu werten, allerdings nur, wenn es gelingt, ihr Versprechen einer Verbesserung der Anerkennungsbilanzen von Menschen mit Behinderung einzulösen. Jedoch fällt die Inklusionsdebatte in eine Epoche, in der die gesamtgesellschaftliche Entwicklung eher in die gegensätzliche Richtung zu verlaufen scheint. Honneth meint im Beginn des 21. Jahrhunderts gar »Verwilderungen des sozialen Konflikts« (Honneth, Lindemann & Voswinkel 2013) auszumachen. Im 20. Jahrhundert vollzog sich der Kampf um Anerkennung, so Honneth (2013, 34), in der Regel um die Durchsetzung eines historisch noch nicht eingelösten Anerkennungsversprechens – Honneth hat hier offensichtlich Veränderungen im Sinn, die durch die Frauenbewegung, die Arbeiterbewegung oder das Civil Rights Movement angestoßen wurden. Wichtig ist ihm, dass bei diesen Kämpfen die Forderungen nicht beliebig waren, sondern auf der Basis intersubjektiv geteilter und begründungsfähiger Überzeugungen und Normen erhoben wurden. Heute seien wir hingegen in eine Situation geraten, in der es den Gewinnern des neoliberalen Strukturwandels gelungen sei, die zentralen Prinzipien der Anerkennungsformen des Rechts und der Solidarität grundlegend in ihrem Sinne umzudeuten: »[…] über Rechte zu verfügen«, so Honneth (2013, 37), »bedeutet immer weniger, sich einer wechselseitig eingeräumten Ermächtigung zur individuellen Freiheit zu erfreuen, sondern beinhaltet zunächst und vor allem, die Begehrlichkeiten anderer Personen mit legitimen Mitteln zurückweisen zu können […]«. Und auch das der Anerkennungsform der Solidarität letztlich zugrunde liegende Leistungsprinzip sei erfolgreich so uminterpretiert worden, »dass es nicht mehr Fähigkeiten und tatsächlichen Aufwand, sondern nur noch den monetären Berufserfolg und die faktische Einkommenshöhe zu honorieren scheint […]« (ebd.). Der soziale Konflikt sei deshalb als verwildert zu bezeichnen, weil er seiner moralischen Grundlagen verlustig gegangen ist und sich zu einem »Schauplatz unkontrolliert wuchernder Selbstbehauptung« verwandelt habe (ebd., 38).

Auch wenn man dieser düsteren Zeitdiagnose nicht vollständig zustimmen mag, so scheint sie mir doch bedenkenswert, um die behindertenpädagogische Diskussion um Inklusion und Teilhabe in ihrem gesamtgesellschaftlichen Rahmen besser zu verstehen. Damit soll die mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention entstandene Aufbruchsstimmung keineswegs gedämpft werden, aber wir können unser Verständnis dafür schärfen, wie groß die mit der Umsetzung der Konvention verbundene Aufgabe ist und mit welchen tiefgreifenden Widerständen zu rechnen ist.

4          Anerkennung als Reflexionsfolie pädagogischen Handelns

Mit den Begriffen der Anerkennungstheorie lässt sich leicht klarmachen, dass das in der Behindertenpädagogik – zu Recht – hoch gehandelte Ziel der Teilhabe kein Wert an sich darstellt. Verbesserte Teilhabe bedeutet für die betroffenen Subjekte nur dann einen Gewinn an Lebensqualität, wenn diese Teilhabe in wertschätzenden, Anerkennung ermöglichenden Sozialbeziehungen stattfindet. Insofern stellt die Anerkennungstheorie nicht nur ein Raster zur Bewertung gesamtgesellschaftlicher Prozesse dar. Auch pädagogische Programme und konkrete pädagogische Handlungen müssen sich daran messen lassen, inwiefern sie zur Verbesserung der Anerkennungschancen ihrer Klientel beitragen. Wie dieses pädagogische Handeln dann auszusehen hat, dazu kann die Anerkennungstheorie als philosophisches Konstrukt nichts sagen. Sie kann aber helfen, ein besseres Verständnis für die Komplexität des alltäglichen pädagogischen Handelns zu entwickeln, wie ich im Folgenden zeigen möchte.

So hat Honneth darauf hingewiesen, dass jeder Anerkennungsform auch eine bestimmte moralische Intuition entspricht: Der Liebe korrespondiert das moralische Prinzip der Fürsorge, dem Recht das Prinzip der Gleichbehandlung und der Solidarität das Prinzip der Gemeinwohlorientierung. Moralische Konflikte bestehen, so Honneth, daher nicht nur zwischen Neigung und Pflicht, sondern auch als Spannung zwischen widersprüchlichen moralischen Verpflichtungen. Keine dieser moralischen Intuitionen gebührt eine Vorrangstellung, geraten sie in einer konkreten Situation miteinander in Konflikt, dann obliegt es der Verantwortung des Einzelnen, welchem moralischen Prinzip er folgt (Honneth 1997).

Für die Behindertenpädagogik ist dies insofern relevant, als es naheliegt, bestimmte pädagogische Leitkonzepte diesen moralischen Intuitionen zuzuordnen. So ist das Prinzip der Fürsorge eine traditionelle Begründungsfigur der Heilpädagogik, es beruft sich mittelbar auf die Anerkennungsform der Liebe. Der damit einhergehende Paternalismus geriet spätestens seit den 1990er Jahren unter heftige Kritik und führte zur Entwicklung des Leitkonzepts der Selbstbestimmung. Der Kern der Idee der Selbstbestimmung liegt im Prinzip der Gleichbehandlung (also Gleicher unter Gleichen zu sein) und bezieht sich somit auf das Anerkennungsprinzip des Rechts. Schließlich geht das seit Beginn der 2000er Jahre an Popularität gewinnende Empowermentkonzept über den Selbstbestimmungsansatz insofern hinaus, als hier gegenüber dem Individualismus der Selbstbestimmung eine starke Gemeinwesen- und Gemeinwohlorientierung mitgedacht ist. Daher lässt sich die Kernidee des Empowermentkonzepts der Anerkennungsform der Solidarität zuordnen.

Die Pointe dieser Überlegung liegt nun darin: Jeder dieser heilpädagogischen Ansätze scheint sich zentral auf eine der drei Anerkennungsformen berufen zu können, und jede dieser Anerkennungsformen korrespondiert wieder mit einem moralischen Prinzip. Diese moralischen Prinzipien wiederum stehen gleichberechtigt nebeneinander, keinem kommt eine prinzipielle Vorrangstellung zu. Daraus lässt sich aber logisch schließen, dass auch keiner der genannten heilpädagogischen Ansätze eine Vorrangstellung einnimmt. Oftmals ist ja die Rede davon, dass der Selbstbestimmungsansatz die traditionelle Heilpädagogik abgelöst habe und dass der Empowermentansatz seinerseits wiederum an die Stelle der Selbstbestimmung gerückt sei. Man muss hier keine Wortklaubereien betreiben. Ich möchte nur an dieser Stelle unter Bezug auf die Anerkennungstheorie darauf hinweisen, dass – entgegen dieser Fortschrittsrhetorik – das Moment der Fürsorge in pädagogischen Beziehungen ihren legitimen Platz hat. Sie ist aber in ein immerwährendes Spannungsverhältnis gerückt mit den beiden anderen Intuitionen, an denen sich – pädagogisches – Handeln zu orientieren hat: nämlich dem Prinzip der Gleichbehandlung und dem der Gemeinwohlorientierung. Pädagogisches Handeln, in der Frühförderung zumal, bewegt sich immer im Spannungsfeld widersprüchlicher Anforderungen und Erwartungen. Die Anerkennungstheorie kann dazu beitragen, diesen Widersprüchen, die wir oftmals nur intuitiv erfassen, Begriffe zu verleihen und damit der Reflexion zugänglich zu machen (vgl. hierzu ausführlicher Katzenbach 2004).

5          Der Vorrang des emotionalen Anerkennens vor dem rationalen Erkennen – Liebe als Bildungsprozess?

Abschließend möchte ich noch auf einen Aspekt der Anerkennungstheorie eingehen, der mir insbesondere für die Frühförderung von besonderer Bedeutung zu sein scheint. Auch wenn Honneth die Angewiesenheit auf intersubjektive Anerkennung als anthropologische Grundkonstante bezeichnet, so weist er doch auch darauf hin, dass die Unterscheidung der drei Sphären der Anerkennung – Liebe, Recht und Solidarität – das Ergebnis eines historischen Differenzierungsprozesses darstellt und typisch für die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaftsordnung sei. Allerdings komme der Anerkennungsform der Liebe in der menschlichen Entwicklung, so Honneth, eine herausragende Bedeutung zu: Das – emotionale – Anerkennen gehe dem – kognitiven – Erkennen voraus (Honneth 2005, 53). Er bezieht sich unter anderem auf die bei Dornes (vgl. 2006) zusammengetragenen entwicklungspsychologischen Befunde und schreibt:

»[…] wenn nämlich die genannten Untersuchungen Recht haben, verhält es sich beim individuellen Bildungsprozess so, dass das Kleinkind sich zunächst mit seinen Bezugspersonen identifiziert, sie emotional anerkannt haben muss, bevor es mittels deren Perspektiven zu einer Erkenntnis der objektiven Wirklichkeit kommt.« (Honneth 2005, 53)

Nochmals: Der individuelle Bildungsprozess des Kleinkindes basiert auf der emotionalen Identifikation mit seinen erwachsenen Bezugspersonen. Dies setzt aber voraus, dass das Kind auf liebevolle Erwachsene trifft, die diesem emotionalen Begehren angemessen entsprechen können. Dies verweist, etwas salopp gesprochen, auf die Fähigkeit, »richtig« lieben zu können, was zumindest ein traditionsreiches Thema pädagogischer Literatur darstellt. Erinnert sei hier nur an Korczaks Klassiker: »Wie man ein Kind lieben soll« (1919) oder Bettelheims »Liebe allein genügt nicht« (1950). Heute fasst man dies nüchterner mit dem Begriff der intuitiven elterlichen Kompetenzen (vgl. Papoušek 2011), deren Stärkung – oder Rückgewinnung – wohl eine der zentralen Aufgaben der Frühförderung darstellt.

Die Fähigkeit zur Mentalisierung dürfte ein Kernelement dieser intuitiven elterlichen Kompetenz darstellen. Mit Mentalisierung ist die »Interpretation menschlichen Verhaltens als Funktion intentionaler Zustände (zum Beispiel Bedürfnisse, Wünsche, Gefühle, Überzeugungen, Ziele, Absichten und Beweggründe)« (Fonagy 2006, 90), eine Fähigkeit, die uns üblicherweise intuitiv zur Verfügung steht, die aber in Krisensituationen mehr oder weniger stark beeinträchtigt sein kann.

Einen Menschen hingegen nicht als fühlendes, denkendes und mit Absichten begabtes Wesen zu betrachten, wird in der philosophischen Literatur als Verdinglichung bezeichnet. Psychologisch lässt es sich als krisen- oder persönlichkeitsbedingte Einschränkungen oder Blockaden der Mentalisierungsfähigkeit beschreiben. Gegen diese Einschränkungen sind weder die Eltern behinderter Kinder noch wir als Pädagoginnen und Pädagogen grundsätzlich gefeit. Ich will diesen Beitrag daher abschließen mit Martha Nussbaums Aufzählung von »sieben Möglichkeiten, eine Person als Ding zu behandeln«:

1.    Instrumentalisierung: Jemanden so behandeln, dass er als Werkzeug der eigenen Zwecke dient.

2.    Leugnung der Autonomie: Jemanden so behandeln, als fehle ihm jegliche Form der Selbstbestimmung.

3.    Trägheit: Jemanden so behandeln, als fehle ihm die Handlungsfähigkeit.

4.    Austauschbarkeit: Jemanden so behandeln, als sei er durch jemand anderen gleichen Typs beliebig ersetzbar.

5.    Verletzbarkeit1: Jemanden so behandeln, als müssten seine Grenzen nicht respektiert werden.

6.    Besitzverhältnis: Jemanden so behandeln wie eine Ware, die gekauft oder verkauft werden könne.

7.    Leugnung der Subjektivität: Jemanden so behandeln, als müsse dessen Fühlen und Erleben nicht berücksichtigt werden. (vgl. Nussbaum 2002, 101 f.)

Es könnte eine wichtige Reflexionsfolie sein, inwieweit nicht auch wohlmeinende pädagogische Interventionen doch unter der Hand einen solchen verdinglichenden Charakter einnehmen: »Verdinglichung als Anerkennungsvergessenheit« (vgl. Honneth 2005, 62 ff.).

6          Fazit

Die Anerkennungstheorie scheint mir schon aufgrund ihres hohen Abstraktionsgrades zur Planung pädagogischer Interventionen wenig geeignet. Ich hoffe aber gezeigt zu haben, dass sie ein wichtiges begriffliches Instrumentarium zu Reflexion des pädagogischen Handelns bereithält. Für Klatetzki besteht pädagogische Professionalität unter anderem darin, zu »[w]issen, was man tut« (1993). Dabei könnte die Anerkennungstheorie helfen.

 

Literatur

Bettelheim, B. (1950/1991): Liebe allein genügt nicht. Die Erziehung emotional gestörter Kinder. Stuttgart

Dederich, M. & Jantzen, W. (Hrsg.) (2009): Behinderung und Anerkennung. Stuttgart

Dornes, M. (2006): Die Seele des Kindes. Entstehung und Entwicklung. Frankfurt a. M.

Fraser, N. & Honneth, A. (2003): Umverteilung oder Anerkennung? Eine politisch-philosophische Kontroverse. Frankfurt a. M.

Fonagy, P. (2006): Soziale Entwicklung unter dem Blickwinkel der Mentalisierung. In: Allen, J. & Fonagy, P. (Hrsg.): Mentalisierungsgestützte Therapie. Stuttgart, 89–152

Honneth, A. (1990): Integrität und Mißachtung. Grundmotive einer Moral der Anerkennung. In: Merkur, 501, 1043–1054

Honneth, A. (1992): Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte. Frankfurt a. M.

Honneth, A. (1997): Anerkennung und moralische Verpflichtung. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 51, 1, 25–41

Honneth, A. (2005): Verdinglichung. Eine anerkennungstheoretische Studie. Frankfurt a. M.

Honneth, A. (2013): Verwilderungen des sozialen Konflikts. Anerkennungskämpfe zu Beginn des 21. Jahrhunderts. In: Honneth, A.; Lindemann, O. & Voswinkel, S. (Hrsg.): Strukturwandel der Anerkennung. Paradoxien sozialer Integration in der Gegenwart. Frankfurt a. M., 17–39

Honneth, A.; Lindemann, O. & Voswinkel, S. (Hrsg.) (2013): Strukturwandel der Anerkennung. Paradoxien sozialer Integration in der Gegenwart. Frankfurt a. M.

Honneth, A. & Stahl, T. (2013): Wandel der Anerkennung. überlegungen aus gerechtigkeitstheoretischer Perspektive. In: Honneth, A.; Lindemann, O. & Voswinkel, S. (Hrsg.): Strukturwandel der Anerkennung. Paradoxien sozialer Integration in der Gegenwart. Frankfurt a. M., 275–300

Katzenbach, D. (2004): Anerkennung, Missachtung und geistige Behinderung. Sozialphilosophische und psychodynamische Perspektiven auf den sogenannten Paradigmenwechsel in der Behindertenpädagogik. In: Ahrbeck, B. & Rauh, B. (Hrsg.): Behinderung zwischen Autonomie und Angewiesensein. Stuttgart, 127–144

Klatetzki, T. (1993): Wissen, was man tut. Professionalität als organisationskulturelles System; eine ethnographische Interpretation. Bielefeld

Korczak, J. (1919): Wie man ein Kind lieben soll. Göttingen

Nussbaum, M. (2002): Konstruktion der Liebe, des Begehrens und der Fürsorge. Drei philosophische Aufsätze. Stuttgart

Papoušek, M. (2011): Verwundbar, aber unbesiegbar – Ressourcen der frühen Kommunikation in Eltern-Säuglings-Beratung und -Psychotherapie. In Hellbrügge, T. & Schneeweiß, B. (Hrsg.): Frühe Störungen behandeln – Elternkompetenz stärken. Stuttgart, 69–92

Prengel, A. (2013): Pädagogische Beziehungen zwischen Anerkennung, Verletzung und Ambivalenz. Opladen

Stojanov, K. (2006): Bildung und Anerkennung. Soziale Voraussetzungen von Selbst-Entwicklung und Welt-Erschließung. Wiesbaden

Taylor, C. (1992): Multikulturalismus und die Politik der Anerkennung. Frankfurt a. M.

1     Ich danke Hans Weiß für den Hinweis, dass das deutsche Wort »Verletzbarkeit« in diesem Kontext missverständlich ist. Der im englischen Original verwendete Begriff der »violability« besitzt eine etwas andere Konnotation. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird »Verletzbarkeit« eher im Sinne des englischen »vulnerability« bzw. der eingedeutschten Form der Vulnerabilität im Sinne einer unbedingt zu schützenden Eigenschaft des Menschen verstanden. Hier ist jedoch im Gegenteil mit »Verletzbarkeit« gemeint, diese gerade nicht zu respektieren, also dass man sich das Recht herausnimmt, einen Menschen wie ein Ding nach Belieben »zerbrechen, zerschlagen oder aufbrechen zu dürfen« (Nussbaum 2002, 102).

Anerkennung im Kontext der Frühförderung: Arbeit mit Kind und Familie im Spannungsfeld zwischen Verändernwollen und Respekt vor dem Gegebenen

Hans Weiß

Die Überschrift markiert ein grundlegendes Spannungsfeld. Nun ist die Arbeit in der Frühförderung wie die Arbeit mit Menschen generell von mancherlei Spannungsfeldern, ja auch Widersprüchen gekennzeichnet. Nur einige möchte ich stichwortartig nennen:

•  Kindorientierung versus Familienorientierung

•  »Ganzheitlichkeit und Methoden in der Frühförderung« (so der Titel des 2. Symposiums Frühförderung in München 1983)

•  Orientierung an allgemeinen Entwicklungsnormen versus Orientierung an der individuellen »Norm« des Kindes

•  Frühförderung als Beitrag, die Eltern darin zu unterstützen, ihr Kind anzunehmen, versus Annahmepostulat und Liebespflicht

•  Hilfe versus Kontrolle – und damit zusammenhängend:

•  Verändernwollen versus Respekt vor dem Gegebenen

Dieses letztgenannte Spannungsfeld spitzt sich dann zu, wenn Kinder z. B. Mangelsituationen hinsichtlich ihrer grundlegenden Bedürfnisse wie Pflege, Zuwendung usw. erleiden, sie also vernachlässigt werden, oder wenn ihnen seelische oder körperliche Gewalt angetan wird. Dann wird aus dem Verändernwollen der Fachperson unter Umständen sehr schnell ein Verändernmüssen, etwa unter Einschaltung des Jugendamtes im Rahmen des § 8b SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz).

Kann man in Situationen, in denen die notvolle Lebens- und Erziehungssituation eines Kindes dringlich verbessert werden müsste, wo Eltern in ihrem Sozialisations- und Erziehungsverhalten Grundlegendes verändern müssten, diesen Eltern mit Respekt, mit Achtung gegenübertreten? Inwieweit kann eine Fachperson ihnen wirklich Anerkennung geben, also authentisch und ohne sich verbiegen zu müssen? Ist Anerkennung immer möglich und notwendig? Was ist überhaupt Anerkennung insbesondere im Kontext der Frühförderung? Aber es ist auch – aus der Perspektive in der Frühförderung tätiger Fachleute – zu fragen: Wo erhalte ich Anerkennung in meiner Arbeit, gerade da, wo ich wenig bewirken kann, wo Erfolg klein, manchmal sehr klein zu schreiben ist, wo bedrängende Fragen über den Sinn und die Grenzen der eigenen Arbeit bei einem konkreten Kind und seiner Familie auftauchen?

1          Zur Bedeutung und Notwendigkeit von Anerkennung

Es ist hier nicht der Ort, den Anerkennungsbegriff zu entfalten; daher verweise ich auf Dieter Katzenbach (in diesem Band), der die Anerkennungstheorie von Axel Honneth in ihren Grundzügen dargestellt und in (heil-)pädagogische Zusammenhänge eingeordnet hat. Nur einige Aspekte im Blick auf die Eltern-Kind-Beziehung und die Zusammenarbeit zwischen Fachleuten und Eltern seien hier genauer dargestellt. Dabei erscheint es notwendig, einige ethische Fundierungslinien wenigstens anzudeuten, die über die Anerkennungsethik von Honneth hinausgehen (vgl. dazu genauer z. B. Dederich 2013, 211–232; Dederich & Schnell 2011).

Anerkennung als Bedingung der Konstitution des Selbst und der sozialen Existenz eines Menschen

Anerkennung ereignet sich vor allem in Beziehungen, z. B. Partnerschafts- oder Arbeitsbeziehungen, von Bedorf (2010, 126) auch als Anerkennungsbeziehungen bezeichnet. Eine ganz grundlegende Anerkennungsbeziehung ist die zwischen Mutter oder Vater und ihrem Säugling. Wie entwickelt und zeigt sie sich? Babys schauen – bei vorhandenem Gesichtssinn – seit ihrer Geburt und nehmen dadurch ihre Mit- und Umwelt wahr. Aber etwa im Alter zwischen zwei und fünf Monaten macht das Kind etwas Neues: Es beginnt den Blick der Anderen, seiner Mutter oder einer anderen engen Bezugsperson, zu suchen und auf sich zu ziehen, denn es möchte angeschaut werden. Tzvetan Todorov hat dies in seinem Buch »Abenteuer des Zusammenlebens« (1998) folgendermaßen beschrieben: Dass der Säugling mit seinen wenigen Monaten angeschaut werden möchte,

»[…] ist ein wesentlicher Unterschied, der erste große Trennungsschritt des Menschen von den anderen Primaten. Diese kennen […] den direkten Blickkontakt, doch er kommt relativ selten und spät vor und fehlt ganz in der frühen Kindheit. Der kleine Affe verspürt wie der menschliche Säugling das Bedürfnis, umsorgt und getröstet zu werden; wenn er allein oder mit seinesgleichen spielt, bleibt er immer in der Nähe seiner Mutter: er will sie sehen können. Aber er sucht nicht ihren Blick, er tut nichts, damit sie ihn ihrerseits anschaut. Das Menschenkind dagegen will gesehen werden und nicht nur selbst sehen […].« (Todorov 1998, 84; Hervorh. im Original)

Was passiert in diesen Momenten, in denen das Kind den Blick auf die Mutter richtet und diese vom Blick ihres Kindes »erfasst« wird und dessen Blick erwidert? Das Kind erlebt sich von der Mutter angeschaut, wahrgenommen, in seinem Dasein erkannt und anerkannt. Es ist ein basaler Akt der Anerkennung des Anderen: Die Mutter erkennt den kleinen Säugling – als ihr Kind – an, das sie umsorgt, pflegt, mit dem sie in liebevollen, zärtlichen Austausch tritt. Und der Säugling erlebt sich als der Wahrgenommene, als der Beachtete, als der in seinem Dasein Anerkannte. Todorov formuliert dies prägnant:

»[…] das Kind erheischt den Blick seiner Mutter, nicht nur, damit sie es stillt oder tröstet, sondern weil dieser Blick als solcher ihm die unabdingbare Ergänzung bringt: er bestätigt es in seiner Existenz. Anders ausgedrückt ›verlangt‹ das Kind nunmehr die Anerkennung der Mutter (oder des Erwachsenen, der diese Rolle wahrnimmt, das kann auch der Vater oder eine dritte Person sein). Die Mutter sucht dem Kind die Anerkennung zu geben, es seiner Existenz zu versichern.« (1998, 38)

Das Kind erheischt den Blick seiner Mutter zur Bestätigung seiner Existenz; denn: »Der Blick der Eltern ist der erste Spiegel, in dem das Kind sich sieht« (ebd., 84).

Nicht nur der wechselseitige Blick, sondern auch der sonstige Austausch zwischen der signifikanten Bezugsperson und dem Kind, aber besonders dieser Blick ermöglicht es dem Säugling, sich seiner bewusst zu werden:

»In diesem entscheidendem Augenblick wird im Kind gleichzeitig sein Bewußtsein des Anderen (derjenige, der ihn anschauen soll) und sein Bewußtsein seiner selbst (derjenige, den der Andere anschaut) geboren – und damit das Bewußtsein selbst.« (Todorov 1998, 84)

Todorov verdeutlicht eine zentrale Bedingung menschlicher Existenz, die gerade in einer Zeit, in der das »autonome Subjekt« besonders hervorgehoben wird, in ihrer Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann: Das Kind konstituiert sein Selbst, das Erleben und das Bewusstsein seiner selbst nicht aus sich heraus, sondern über bedeutungsvolle Andere, die mit ihm, insbesondere auch über den Blick, in eine anerkennende Beziehung treten. Insofern ist »das Selbst nicht als gegeben und dann auf andere bezogen zu denken, sondern von Anfang an als sozial – d. h. durch konstitutive Andere – konstituiert zu verstehen […]« (Ricken o. J.). Todorov spricht von zwei Geburten des Menschen: »Jeder von uns wird zweimal geboren: in der Natur und in der Gesellschaft, zum Leben und zum Dasein; beide sind zerbrechlich […]« (1998, 71).

Die von Axel Honneth als »emotionale Zuwendung« bzw. »Liebe« und »Fürsorge« bezeichnete Anerkennungsform (vgl. Katzenbach in diesem Band) in der Eltern-Kind-Beziehung ist also die Bedingung für die Konstitution des Selbst. Dabei ist es das Kind selbst, das »die Beziehung – Liebe, Trost, Anerkennung – […]« begehrt (ebd., 72), den Blick insbesondere seiner Mutter zu »erheischen« sucht. Dem anerkennenden Blick der Mutter (des Vaters) ist also jeweils schon ein passives In-den-Blick-genommen-Werden durch das Kind vorausgegangen.

Auch wenn die signifikante Bezugsperson, primär z. B. die Mutter, eine Spiegelfunktion (»der erste Spiegel« nach Todorov 1998, 84) hat, die das Kind sucht, handelt es sich keineswegs um schlichte Spiegelungen des Kindes in der Mutter oder in einer anderen primären Bezugsperson. Darauf hat, aus einer intersubjektiven Perspektive, Jessica Benjamin (1990) hingewiesen. Danach würde Anerkennung »viel zu kurz verstanden« werden, »wenn sie bloß als ›positive Bestätigung und Wertschätzung‹ in den Blick kommt; damit Anerkennung überhaupt anerkennend sein kann, ist sie notwendigerweise auch Versagung und Entzug und insofern auf vermeintlich eindeutige Positivität nicht festlegbar« (Ricken o. J., unter Bezug auf Benjamin 1990). Beziehungen, ob zwischen Kindern und Erwachsenen oder Gleichaltrigen, wären auf Dauer wenig lebendig und entwicklungsfördernd, wenn der Andere gleichsam eine Dublette des eigenen Selbst wäre; denn:

»Es geht dem Selbst nicht darum, bloß anerkannt zu werden, sondern auch von jemandem anerkannt zu werden, der sich als unabhängig, als eigen erweist; wenn das Kind aber immer alles bekommt, was es will, und die anderen zentrisch nur als auf sich bezogen erlebt, dann kann es projizierte und realistische Andere nicht unterscheiden – und muss die Situation als Verlassensein interpretieren.« (Ricken o. J.)

Daher ist »[…] die reale Mutter nicht nur Objekt für die Bedürfnisse ihres Kindes. Sie ist ein anderes Subjekt, und sie braucht einen unabhängigen Mittelpunkt ihres Lebens, wenn sie ihrem Kind die Anerkennung geben will, die es braucht« (Benjamin 1990, 26).

Für die Zusammenarbeit mit Müttern und Vätern in der Frühförderung ergeben sich daraus wichtige Fragen: Wie können beispielsweise Frühförder-Fachpersonen dazu beitragen, dass Mütter eines Kindes mit manifester Behinderung von einem gesellschaftlich geprägten Annahmepostulat