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Inhalt

 

Vorwort

Arbeitsplatz

Ball

»Behinderte«

Bildung

Essen

Familie

Familienfeste

Gottesdienst

Grüßen

Internet

Kleidung

Korrespondenz

Körperpflege

Öffentliche Verkehrsmittel

Pünktlichkeit

Rauchen

Rendezvous

Schmuck

Schule

Siezen und Duzen

Sport

Straße

Straßenverkehr

Taufe

Toilette

Trauerfälle

Universität

Unterhaltung

Urlaub

Vom Umgang der Geschlechter

Vorstellen

Anhang: Referenzen

Autoren

Bildnachweise

GNU Free Documentation License

Impressum & Copyright-Hinweise

 


Vorwort

Manchen Lesern mögen einige Hinweise in diesem Buch spießig erscheinen – vielleicht sogar alle. Bedenken Sie dabei: Dieses Buch ist nicht für eloquente, beruflich erfolgreiche und charmante Mitt-Dreißiger oder Mitt-Vierziger gemacht, die längst ihr eigenes Wertesystem entwickelt haben – auch in Sachen Umgangsformen und Etikette. Sondern für junge Leute, etwa Schüler und Schulabgänger, denen es ein wenig an Orientierung fehlt. Und hier gilt das Motto: Lieber ein wenig zu viel gute Umgangsformen, als zu wenig.

Dennoch werden auch erwachsene Leser eine große Zahl wertvoller Hinweise in diesem Buch finden können. Ziehen Sie das für sich heraus, was Sie gebrauchen können, übergehen Sie anderes mit einem Schmunzeln.

 

Nehmen Sie es nicht persönlich, wenn Sie mit dem einen oder anderen Tipp nicht übereinstimmen. Dieses Buch vertritt keine Dogmen, sondern versucht lediglich, das allgemeine Höflichkeitsniveau in der Gesellschaft etwas zu heben.

 

Auch in Etikettefragen gilt, wie in vielen Geschmacksfragen: »De gustibus disputandum non est« – Über Geschmack lässt sich nicht (oder sehr trefflich) streiten.

 

Wozu überhaupt Umgangsformen ?

Umgangsformen haben die Aufgabe, den Umgang mit anderen Menschen angenehmer zu machen. Sie sind aber auch eine Form der Kommunikation. Über unsere Umgangsformen teilen wir anderen Menschen viel über unseren eigenen Charakter und unseren sozialen Status mit. Gleichzeitig zeigen wir anderen unseren Respekt.

Es ist völlig unverständlich, dass viele Menschen sich mit so genannten Statussymbolen schmücken, aber ihre Umgangsformen völlig vernachlässigen.

 

Gute Umgangsformen sind auch für das Finden einer Arbeitsstelle unerlässlich. Das gilt natürlich vor allem für alle Arbeitsplätze mit Kundenkontakt.

Frei nach dem Motto: »Sei freundlich und rücksichtsvoll – und es besteht die gute Chance, dass man auch freundlich und rücksichtsvoll Dir gegenüber ist.«

 

Es beginnt:


Arbeitsplatz

Höflichkeit ist am Arbeitsplatz von größter Bedeutung. Es macht nicht nur den Arbeitsalltag angenehmer, sondern auch sicherer, denn viele Kündigungsstreitigkeiten vor den Arbeitsgerichten, vor allem bei jungen Leuten, die sich in der Ausbildung oder den ersten Berufsjahren befinden, lassen sich auf unzureichende Umgangsformen zurückführen. Wenn ein Auszubildender, weil sein jugendliches Umfeld solche Ausdrücke ohne nachzudenken verwendet, seinen Arbeitgeber als »Hurensohn« bezeichnet, ist das ein Grund für eine Kündigung, und zwar eine fristlose, d.h. mit sofortiger Wirkung. Das Arbeitszeugnis hat ein ungerades Beendigungsdatum, und es ist für den Betroffenen praktisch unmöglich, eine neue Stelle zu finden.

Eines der größten Armutszeugnisse ist der Satz »Dafür bin ich nicht zuständig!« Es mag zwar durchaus sein, dass Sie vielleicht tatsächlich für das aktuelle Problem des Kunden nicht zuständig sind oder dem Kunden nicht helfen können. Allerdings hat der Kunde ein Anrecht darauf, entweder von ihnen den dann zuständigen Ansprechpartner genannt zu erhalten oder ein »Es tut mir leid, wir können Ihnen hier nicht weiterhelfen, weil...« zu hören. Falls Sie den Zuständigen oder das Problem noch im eigenen Haus klären müssen, kann das dann auch gerne später erfolgen, indem Sie den Kunden um Rückruf bitten oder selbst zurückrufen.

 

Kleidung

Passen Sie sich den gängigen (oft ungeschriebenen) Vorschriften an. Oft haben Sie schon vom Vorstellungsgespräch einen Eindruck, welche Kleidung angemessen ist. Sollten Sie befürchten, beim Vorstellungsgespräch selbst die falsche Kleidung zu wählen, oder entfällt ein persönliches Gespräch vorab, fragen Sie vorweg (z.B. in einer Mail), ob es einen Dresscode gibt. Achten Sie stets darauf, dass – egal was Sie anhaben die Kleidung sauber und gepflegt ist.

Nicht nacheifern sollte man Leuten, die die Kleidungsvorschriften am Arbeitsplatz zwar formal einhalten, aber in der Sache trotzdem danebenliegen. Wenn in der Bank eine Krawatte verlangt wird, dann ist damit ganz bestimmt keine Comic-Krawatte gemeint. Auch Jacketts in Feuerrot, Kobaltblau oder Grasgrün sind nicht in Ordnung, und Jeans, egal in welcher Farbe, kommen überhaupt nicht in Frage. Auch Kleinigkeiten können ausschlaggebend sein, z.B. dass die Kragenknöpfe geschlossen und die Manschettenknöpfe (wenn vorhanden) richtig herum sitzen. Geputzte Schuhe sind bei beiden Geschlechtern wichtig. Auch Frauen sollten sich gepflegt kleiden, wobei z.B. wichtig ist, zu einem Rock immer (!) Strümpfe bzw. eine Strumpfhose zu tragen. Auch sind, je nach Arbeitsplatz, offene Schuhe evtl. unangebracht. Nagellack und Schminke sollten nicht zu grell sein, aber auch nicht zu pastellfarben/feminin, da das einen falschen ersten Eindruck von Schwäche oder Unterordnung vermitteln kann.

Ein seriöser Haarschnitt ist anzuraten, wobei nicht gleich die Fönwelle der Großmutter nachgemacht werden muss. Hauptsächlich bei Vorstellungsgesprächen sollten aber weder herausgewachsene Tönung noch unsauber geschnittene Kanten auffallen. Lassen Sie sich – falls Sie zum Start im neuen Job eine neue Frisur möchten bezüglich einer Tönung oder Färbung so beraten, dass die Haarfarbe nicht offensichtlich unnatürlich aussieht (von dunkelbraun auf blond, von blond auf schwarz etc.). Auch saubere Fingernägel sind sehr wichtig, die Kanten dürfen keinesfalls abgekaut sein, das signalisiert ein schwaches Selbstbewusstsein. Aber auch überlange Plastikkrallen (zum Verdecken) können unangebracht wirken. Sollten Sie an den Nägeln kauen, achten Sie mindestens eine Woche vor dem Gespräch darauf, sich möglichst zurückzuhalten, damit die Kanten herauswachsen können. Im Notfall tragen Sie an den betroffenen Fingern während dieser Woche Fingerkuppenpflaster, um die Nägel zu schonen.

Sollten Sie bei Nervosität stärker schwitzen, tragen Sie als Dame ein schwarzes Oberteil, das Sie mit grau, weiß oder anderen Farben kombinieren, um nicht bei hellem Teint zu blass, wie eine Krähe oder depressiv auszusehen. Der Vorteil: schwarz lässt sich mit allem kombinieren und zeigt keine Schweißflecken. Als Herr ist es anzuraten, ohnehin beim Vorstellungsgespräch im Anzug zu erscheinen und das Jackett nicht abzulegen. Ein Deodorant (im Notfall in der Tasche, wenn man es eilig hat) kann verhindern, dass Sie zusätzlich zur normalen Nervosität unter Druck geraten.

 

Grüßen

Wenn man einen Menschen grüßt, sollte man ihm auch die Hand geben, zumindest, wenn man ihm nicht »auf dem Gang« begegnet, und dabei unbedingt Augenkontakt halten. Das ruft bereits einen ersten Eindruck hervor, der eine offene Kommunikation viel leichter macht. Beim Händeschütteln sollte man, auch wenn man zuvor gesessen hat, kurz aufstehen, und kann sich dann gleich wieder hinsetzen.

Wenn Sie in einem Großraumbüro arbeiten, grüßt der morgens Hereinkommende ebenso wie der abends Feierabend machende und gehende Mitarbeiter die bereits oder noch Anwesenden. Hat man jemanden bereits begrüßt, reicht das für den aktuellen Tag. Man sollte auch, wenn man ein fremdes Großraumbüro einer anderen Abteilung betritt, die Anwesenden grüßen, sei es nur durch ein Kopfnicken, zumindest spätestens dann, sobald man von jemandem angesehen wird.

Auch den Hausmeister, Praktikanten, Sekretariatsmitarbeiter/innen und die Reinigungskräfte grüßen.

 

Fluchen

Mit Hilfe von lauten Flüchen lässt sich zwar eine Menge des persönlichen Ärgers im Büro halten und Sie nehmenIhren Ärger nicht mit nach Hause. Dafür nehmen aber – wenn Sie in einem Großraumbüro arbeiten – IhreKollegen Ihren Ärger mit nach Hause, denn durch lautes Fluchen lenken Sie Ihre Kollegen natürlich von der Arbeit ab. Also wenn Sie sich schon ärgern müssen, dann bitte leise.

 

Internetnutzung

In den meisten Unternehmen wird es nicht gerne gesehen, wenn Sie während der Arbeitszeit privat ins Internet gehen. So ein Verhalten kann sogar eine Kündigung nach sich ziehen. Es gibt aber auch Unternehmen, wo der jeweilige Vorgesetzte nichts dagegen hat, wenn ein Mitarbeiter sich nach einer stundenlangen, schweren Aufgabe mal zehn oder fünfzehn Minuten Surfen zur Entspannung gönnt. Fragen Sie bei Firmeneintritt unbedingt danach, was in Ihrer Firma üblich oder durch Betriebsvereinbarung geregelt ist. Wenn Sie surfen dürfen, sollten Sie auf jeden Fall sexistische, gewaltverherrlichende oder rassistische Seiten meiden, denn das könnte in irgendeiner Form negativ auf Sie oder Ihre Firma zurückfallen.

 

Sexistische Symbole

In vielen Unternehmen ist es auch heute noch üblich, Kalender mit mehr oder weniger nackten weiblichen Modellen an die Wand zu hängen. Das ist eine große sexistische Unhöflichkeit gegenüber Ihren weiblichen Kolleginnen bzw. Ihren Kundinnen. Schauen Sie Ihre Nacktbilderchen, die sowieso bestenfalls von der Arbeit ablenken, lieber Zuhause. Der Intimbereich gehört ins Private, bestenfalls noch in Ihren Spind (sofern Sie einen haben), nicht aber ins Büro.

 

Religiöse oder sonstige Symbole

Manche Unternehmen schreiben eine feste Arbeitskleidung vor, zum Beispiel Krankenhäuser oder Luftfahrtgesellschaften. Ob Sie jedoch religiöse Symbole, z.B. ein Kopftuch oder politische Symbole, z.B. eine Partei-Krawattennadel, tragen dürfen, sollte im Zweifel letztlich Ihr Arbeitgeber entscheiden, da sich religiöse oder politische Tätigkeit negativ sowohl für das Außenbild als auch für das Betriebsklima erweisen können.

 

Umgangssprache

Wie man sich am Telefon meldet, wird in manchen Unternehmen, z.B. im Kundendienst oder im Call-Center, fest vorgeschrieben. Ansonsten ist es immer angebracht, zuerst die Firma und dann den Nachnamen zu nennen. Wenn Sie viel intern telefonieren, können Sie auch noch die Abteilung hinzufügen oder die Nennung der Firma weglassen. Im Umgang mit den Kollegen ist grundsätzlich die Landessprache Ihrer Niederlassung zu benutzen. Sobald ein Kollege aus einem anderen Land hinzukommt, der der Landessprache nicht mächtig ist, sollte man diesen möglichst am Gespräch beteiligen, indem man entweder auf dessen Sprache oder im Zweifelsfall auf die international allgemein anerkannte Sprache Englisch umsteigt. Sollte sich mehrere Migranten aus dem gleichen Sprachraum in ihrer Muttersprache unterhalten, ist es ein Gebot, auf die jeweilige Landessprache umzusteigen, sobald sich ein einheimischer Kollege oder Kunde an der Unterhaltung beteiligen will. Falls es dem Außenbild des Unternehmens schaden könnte, sollten auch Migrantinnen sich nur in der Landessprache der Niederlassung unterhalten.

 

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Alkohol und Drogen

Meiden Sie strengstens den Gebrauch von Alkohol und Drogen im Betrieb. Das gilt auch für leichte Alkoholika, z.B. Bier oder Wein. Es ist für Ihre Kollegen unzumutbar, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der seine Sinne nicht zusammen hat und erhöht das Unfallrisiko ganz erheblich. In den meisten deutschen Unternehmen gibt es Betriebsvereinbarungen, die den Gebrauch von Alkohol und Drogen strengstens untersagen – auch gegen Sanktionen, die bis zur fristlosen Kündigung reichen können.