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Vorbemerkung des Herausgebers

»Diese beiden Erzählungen haben es wirklich in sich, weil sie nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern den Kern berühren. Jedem, der die beiden Texte um Liebe und Verrat, Treue und Untreue, Möglichkeit und Wirklichkeit nicht kennt, sei die Lektüre unbedingt empfohlen.«

(Oliver Pfohlmann, Literaturwissenschaftler und Autor, auf literaturkritik.de)

 

Und doch, so muss man sagen, ist es keine ganz leichte Lektüre. Denn Musil schoss bei dem, was er zeigen wollte, über das hinaus, was das Publikum zu ertragen gewohnt war. Er wollte alles auf einmal, und die Literatur mit seinem zweiten publizierten Werk nach dem Törleß quasi neu erfinden. Der Erzählband war kein großer Publikumserfolg, und ein kleines Trauma für den Autor.

In der Rückschau erkennt Musil: Der Fehler war, »dass es einen Einband hat, Rücken, Paginierung. Man sollte zwischen Glasplatten ein paar Seiten davon ausbreiten und sie von Zeit zu Zeit wechseln. Dann würde man sehen, was es ist.« Der Fehler des Buches war, ein Buch zu sein. Es war wie ein erdrückendes Gemälde, das man nur gelegentlich anzusehen Lust hat.

In seinem Novellenband »Drei Frauen« kommt Musil später auf die Thematik zurück. Und man erkennt deutlich: Robert Musil, der genialische Einsiedler auf dem Planeten der Literatur, war auch ein großer Kenner des subtilen Wechselspiels der Geschlechter. Kaum irgendwo in der Literatur gibt es präzisere und schärfere Analysen der magischen, faszinierenden und nicht selten desaströsen Interaktion zwischen Mann und Frau, als in diesen Novellen.

»Zwei Erzählungen« sind das Vorspiel dazu.

Dieses eBook enthält als dritten Text zusätzlich eine frühere Fassung von ›Die Versuchung der stillen Veronika‹, welche bereits 1908 unter dem Titel ›Das verzauberte Haus‹ in der von Franz Blei und Carl Sternheim herausgegebenen Zeitschrift ›Hyperion‹ erschienen war.

 

Über Robert Musil:

Robert Musil wurde am 6. November 1880 in Klagenfurt geboren. Sein Vater sah für ihn die Militärlaufbahn vor und schickte ihn auf verschiedene Militärakademien. Er brach jedoch die Offizierslaufbahn ab und studierte – nach einem Intermezzo im Maschinenbaustudium – ab 1903 in Berlin Philosophie und Psychologie, und bekam dort ersten Zugang zu Künstlerkreisen. 1910 geht Musil zurück nach Wien, arbeitet als Bibliothekar, freier Schriftsteller und Journalist, 1911 heiratet er Martha Marcovaldi. Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem er teilnahm, festigt er seinen Ruf als Schriftsteller, und wird mit diversen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Kleist-Preis für das Schauspiel »Die Schwärmer«. 1920 lernt er in Berlin seinen künftigen Verleger, Ernst Rowohlt kennen, der ihn in den nächsten 20 Jahren, während Musil am »Mann ohne Eigenschaften« arbeitet, mit Vorschüssen finanziell unterstützen wird. Musil publiziert nun fast nichts anderes mehr, setzt all seine Kraft in sein Monumentalwerk.

Mit dem »Anschluss« Österreichs an den Nationalsozialismus im Jahr 1938 werden Musils Bücher nach Deutschland nun auch in Österreich verboten. Er emigriert mit seiner Frau in die Schweiz, zunächst wohnen sie in Zürich, später bei Genf. – Am 15. April 1942 stirbt Robert Musil an einem Gehirnschlag, am Chemin des Clochettes in Genf. Er hatte seit mehreren Wochen nur noch an einem einzigen Kapitel (›Atemzüge eines Sommertags‹) des »Mannes ohne Eigenschaften« gearbeitet, das man nach seinem Tod geöffnet auf dem Schreibtisch fand. Robert Musils Asche wurde in einem Wald bei Genf verstreut.

Redaktion eClassica