Vorwort von Thomas Wörtche

Ed McBain ist eine der zentralen Gestalten der Kriminalliteratur. Insofern auch eine zentrale Gestalt der Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Salvatore Albert Lombino – so sein Geburtsname – ist als Evan Hunter mit der Filmgeschichte unserer Zeit (»Saat der Gewalt«, »Die Vögel«) ebenso eng verbandelt, wie er als Curt Cannon oder Hunt Collins oder als Richard Marsten eine wichtige Figur der hackwriters/pulp/noir-Szene war.

Die Romane um das 87. Polizeirevier allerdings sind in seinem Lebenswerk zentral. Ed McBain hat den Polizeiroman nicht erfunden, aber er hat ihn zu einem wesentlichen Teil der Kriminalliteratur gemacht. Die Sittengeschichte von New York City, das hier nicht New York City heißt, von den 1950er bis zu den 2000er Jahren fixiert in fünfundfünfzig cop novels – das ist ein Projekt vergleichbar mit Balzac, mit Zola. McBain hat die cop novel als das geeignete ästhetische und erkenntnistheoretische Medium (oder Organon?) etabliert, mit dem man eine solche Chronik plausiblerweise in erzählende Literatur fassen kann, die spannend, unterhaltsam, »barrierefrei« (ohne die Schwelle von Hochliteratur), aber auch ohne selbst auferlegte ästhetische Bescheidenheit verfährt.

Dazu sind McBains Texte noch viel mehr: Sie beschreiben Gewalt und Verbrechen nur sehr bedingt als abschließbare »Fälle«, sondern zunehmend als Kontinuum, als basso continuo jeder gesellschaftlichen Entwicklung. Das riesige Personal und die Standardfiguren verhindern, dass eine dominante Zentralperspektive aufkommt, und mit den Jahren entwickelt auch Ed McBain ein Gefühl für die erkenntnistheoretische und erzählerische Wichtigkeit von Komik. Vermutlich reagierte er damit auf seinen Kollegen Joseph Wambaugh, der diesen entscheidenden Aspekt in seinen Romanen aus seiner Megalopolis Los Angeles dem Genre eingeimpft hat. McBain reagiert auf Wambaugh, der auf McBain reagiert.

Denn Ed McBain hat in der Tat deutlich beobachtbare Rezeptionsketten initiiert. Sjöwall/Wahlöö reagieren auf McBain und politisieren (oder ideologisieren?) ihn, und David Simons Grundkonzeption von »Homicide« (und später von »The Wire«) folgt McBains Blaupause. Weitere Beispiele finden Sie in Hülle und Fülle in unserem Buch. Ohne McBain sähe die Kriminalliteratur anders aus. Und weil wir die Realitäten auch durch die Augen von Kunst betrachten, die diese Realitäten zum Thema hat, hat sich auch unser Blick, unsere Wahrnehmung von Ed McBain verändern lassen.

Weil das ganze Unternehmen schließlich Spaß machen und sich nicht in dürren Analysen erschöpfen soll, haben Frank Göhre und Alf Mayer ihre Freude an der Beschäftigung mit McBain und Co. in ein wunderbares, proppenvolles Fanbuch umgesetzt. Natürlich sind die beiden Herren publizistische Top-Profis, was in diesem Fall das Wort »Fan« nur aufwertet. Sie wissen, warum sie – professionelle – Fans von McBain sind und können das sehr überzeugend an die Leser weitergeben. Und sie benutzen die unangestrengte, unterhaltsam-elegant montierte, eher aufs Zeigen als aufs Erklären erpichte Art, sich mit ihrem Gegenstand auseinanderzusetzen, eben auch als Hommage ans intelligente Fandom, das schon immer für viele Bereiche der populären Kultur die Grundlagenarbeiten geleistet hat, bevor die offiziellen Sekundärmaschinen ihr Mahlwerk begonnen haben.

Das Kaleidoskopische, Pointilistische, nicht strikt Diskursive der Methode Göhre/Mayer hat zudem den Vorteil, Abschweifungen, Rhythmus und Wechsel der Perspektive und damit den ganzen komplexen Gegenstandsbereich »Ed McBain« in Bewegung zu halten und daraus helle Erkenntnisfunken zu schlagen. Gleichzeitig ist damit ein ernstzunehmender publizistischer Beitrag zu Ed McBain entstanden, der in seinem Perspektiven- und Nuancenreichtum in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine gewichtige Stimme in vielen Debatten zum Thema haben wird.

Thomas Wörtche

 

 

cover

Über das Buch

Ed McBain wurde 1926 als Salvatore Albert Lombino in New York geboren, 1952 nahm er offiziell den Namen Evan Hunter an. Mit seinem Debütroman »Die Saat der Gewalt« und der Verfilmung wurde er international bekannt, Alfred Hitchcock engagierte ihn als Drehbuchautor für »Die Vögel«. Als Ed McBain veröffentlichte er ab 1956 fünf Jahrzehnte lang insgesamt 55 Romane über das fiktive 87. US-Polizeirevier.

Ed McBain starb am 6. Juli 2005. Aus Anlass seines 10. Todestages haben die Autoren Frank Göhre und Alf Mayer diesen umfangreichen erzählenden Essay geschrieben. Es ist eine Reise durch fünf Jahrzehnte auf den Spuren der Detectives vom 87. Revier. Die Ermittler und ihre Fälle werden vorgestellt, die Veränderung einer Stadt und ihrer Kriminalität aufgezeigt. Polizistenmorde, Bandenkriege und Heckenschützen sind Thema, wie auch die klassischen »7 Todsünden«: Eitelkeit, Habgier, Wollust, Rachsucht, Maßlosigkeit, Eifersucht und Ignoranz.

Der ultimative Reader zum 10. Todestag des Autors Ed McBain, dem unumstrittenen Großmeister des Polizeiromans.

Frank Göhre und Alf Mayer lassen Werk und Leben des Ausnahmeautors Ed McBain lebendig werden, erzählend und dokumentierend, spannend und unterhaltsam. Ein vielschichtiges amerikanisches Sittenbild.

Zum Todestag erscheinen außerdem fünf Romane des 87. Polizeireviers als eBook-Neuauflage, darunter der erste und der letzte bisher übersetzte.

Über die Autoren

Frank Göhre, 1943 geboren in Tschechien, aufgewachsen in Bochum, Buch- und Kunsthändler, Werbetexter, Mitarbeiter in einem Verlagskollektiv.

Seit 1981 freier Schriftsteller und Drehbuchautor. Veröffentlichungen bei CulturBooks »Hot Stuff«, »Du fährst nach Hamburg, ich schwör’s dir«, »Die Härte, der Reichtum und die Weite«. Frank Göhre lebt in Hamburg.

Alf Mayer, Jahrgang 1952, freier Journalist, Bad Soden/a. Ts. Buntscheckiger Lebenslauf, halb frei, halb angestellt, letztlich lieber vogelfrei: Textchef bei Manufactum, Direktor der Filmbewertungsstelle (FBW), Chef vom Dienst bei IG Metall und dem Werberblatt »horizont«, Filmredakteur der legendären Medienzeitschrift »medium«. Seit 1984 Krimikolumne »Blutige Ernte« im Frankfurter »strandgut«, Mitarbeiter bei CULTurMAG/CrimeMag.

 

Frank Göhre & Alf Mayer

 

COPS IN THE CITY

 

Ed McBain und das 87. Polizeirevier

Ein Report

 

CulturBooks Verlag

www.culturbooks.de

 

Impressum

eBook-Ausgabe: © CulturBooks Verlag 2015

Gärtnerstr. 122, 20253 Hamburg

Tel. +4940 31108081, info@culturbooks.de

www.culturbooks.de

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Jan Karsten

Umschlaggestaltung: Magdalena Gadaj

eBook-Herstellung: CulturBooks

Erscheinungsdatum: 15.06.2015

ISBN 978-3-944818-94-8

Anmerkungen und Quellenangaben

Der Polizeiroman

[1] Cop Hater, 1956 (dt. Blutiger Asphalt, Rastatt/Baden, 1959; Polizisten leben gefährlich, Frankfurt/Main, 1964)

[2] The Mugger, 1956 (dt. Clifford dankt Ihnen, Frankfurt/Main, 1961)

[3] The Pusher, 1956 (dt. Die weiße Hand des Todes, München, 1960; Weißer Schnee für Fixer, Frankfurt/Main, 1979; Der Pusher, Frankfurt/Main, 1987)

Ich bin viele

[4] Anita Melnick, 1950 Geburt des Sohns Ted

Saat der Gewalt

[5] Nik Cohn, AwopBopaLooBob, A LopBamBoom. Pop History. Reinbek, 1971

Pro Wort ein halber Cent

[6] 1952 Geburt der Zwillinge Mark und Richard

Ein Blick zurück

[7] Die Hard (Januar 1953, Manhunt, als Evan Hunter), Dead Men Don’t Dream (März 1953, Manhunt, als Evan Hunter), Now Die in It (Mai 1953, Manhunt, als Evan Hunter), Good and Dead (Juli 1953, Manhunt; als Evan Hunter), The Death of Me (September 1953, Manhunt; als Evan Hunter), Deadlier Than the Male (Februar 1954, Manhunt, als Evan Hunter), Return (Juli 1954, Manhunt, als Evan Hunter), The Beatings (October 1954, Manhunt, als Evan Hunter)

[8] I Like ’em Tough (1958, als Curt Cannon)

Die Fälle (1957–1959)

[9] The Con Man, 1957 (dt. Gift der späten Liebe, Hannover, 1958; Späte Mädchen sterben früher, Reinbek, 1965; Frankfurt/Main, 1974)

[10] Killer’s Payoff, 1958 (dt. Ich, der Erpresser, Hannover, 1958)

[11] Lady Killer, 1958 (dt. Der anonyme Brief, München, 1961; Nackt ist die beste Maske, Frankfurt/Main, 1975)

[12] Killer’s Wege, 1959 (dt. Besuch aus der Hölle, Hannover, 1959)

Alfred Hitchcock, die Erste

[13] Siehe das Kapitel: »Alfred Hitchcock, die Zweite«

Spot on

[14] James Ellroy, Ein amerikanischer Alptraum, Berlin, 2001

[15] Der Tonkin-Zwischenfall: ein von US-Seite fingierter Angriff nordvietnamesischer Streitkräfte auf ein amerikanisches Kriegsschiff

[16] Siehe dazu das Kapitel: »Alfred Hitchcock, die Zweite«

Die Fälle (1960)

[17] ’til Death, 1960 (dt. Bis dass der Tod euch scheidet, Frankfurt/Main, 1962; Schwarze Hochzeit, Frankfurt/Main, 1983)

[18] King’s Ransom, 1960 (dt. King’s Lösegeld, Frankfurt/Main, 1961); siehe auch das Kapitel: »Kurosawa. Zwischen Himmel und Hölle«

[19] Give the Boys a Great Big Hand, 1960 (dt. Eine große Hand zum Gruß, Frankfurt/Main, 1963)

[20] The Heckler, 1960 (dt. April, April, Frankfurt/Main, 1964)

[21] See Them Die, 1960 (dt. Heißer Sonntagmorgen, Frankfurt/ Main, 1963)

Alfred Hitchcock, die Zweite

[22] Ax, 1964 (dt. Die Axt, Frankfurt/Main, 1965)

[23] Hitch lud ihn und seine Frau gleich ein, doch über Weihnachten mit nach St. Moritz zu kommen. »Sie können es sich leisten«, meinte er augenzwinkernd. Eine Anspielung darauf, meint Evan Hunter in seinen Erinnerungen, dass ihm klar war, wie fürstlich sein Drehbuchautor entlohnt wurde.

[24] Im September 1962 schlug Rachel Carsons Warnung Der stumme Frühling erste Wellen, ein Eckpfeiler der Ökoliteratur.

[25] Siehe dazu das Kapitel: »Alfred Hitchcock, die Erste«

Die Fälle (1961–1962)

[26] Das verdiente Evan Hunter bei Hitchcock in einer Woche!

[27] Wolf-Eckart Bühler / Felix Hofmann, Polizei, München, 1974

[28] Lady, Lady, I Dit It, 1961 (dt. Ich war’s, ich war’s, Frankfurt/ Main, 1963)

[29] J und Storm, 1962 (dt. Ullstein Kriminalmagazin 25, Frankfurt/Main, 1974)

[30] Like Love, 1962 (dt. Selbstmord kommt vor dem Fall, Reinbek, 195; Frankfurt/Main, 1974

Neun im Fadenkreuz

[31] Ten Plus One, 1963 (dt. Neun im Fadenkreuz, Frankfurt/ Main, 1975)

Todesarten

[32] Jan Cremer, Made in USA, Frankfurt/Main, 1969

[33] Hail, Hail, The Gang’s All There, 1971 (dt. Nackt aus dem Fenster, Frankfurt/Main, 1972)

[34] Let’s Hear it for the Deaf Man, 1973 (dt. Totes Ohr am Telefon, Frankfurt/Main, 1974)

[35] Jenseits von Afrika (Originaltitel: Out of Africa), US-amerikanischer Spielfilm von Sydney Pollack aus dem Jahr 1985 mit Meryl Streep, Robert Redford und Klaus Maria Brandauer in den Hauptrollen. Er basiert auf Episoden aus dem Leben der dänischen Schriftstellerin Karen Blixen.

[36] Poison, 1987 (dt. Reines Gift, Frankfurt/Main, 1988)

»I want the money!«

[37] Siehe Kapitel: »Kurosawa. Zwischen Himmel und Hölle«

Preisvergabe

[38] Ed McBain war 1957 und 1972 für die Beste Kurzgeschichte nominiert, 1964 mit Die Vögel für den Besten Film, mit nur einem einzigen seiner 55 Polizeirevierromane für den Besten Roman, 2002 für Money, Money, Money, aber er erhielt niemals einen Edgar. 1986 erklärten ihn der Mystery Writers of America jedoch zum Grand Master.

Die Fälle (1961–1962)

[39] Ax, 1964 (dt. Die Axt, Frankfurt/Main, 1965

[40] He Who Hesitates, 1965 (dt. Das Unschuldslamm, Frankfurt/Main, 1966)

[41] Doll, 1965 (dt. Puppe, Frankfurt/Main, 1966)

[42] Vgl. dazu: Donald Spoto, Alfred Hitchcock, Hamburg, 1984, Seite 536 ff.

[43] Siehe: Ten Plus One, 1963 (dt. Neun im Fadenkreuz, Frankfurt/Main, 1975)

[44] Eigthy Million Eyes, 1966 (dt. Vor 80 Millionen Augen, Frankfurt/Main, 1967)

[45] The Heckler, 1960 (dt. April, April, Frankfurt/Main, 1964)

[46] Fuzz, 1968 (dt. Die Greifer, Frankfurt/Main, 1968); siehe auch das Kapitel: »Kino«

[47] Shotgun, 1969 (dt. Schrot und Horn, Frankfurt/Main, 1970)

[48] He Who Hesitates, 1965 (dt. Das Unschuldslamm, Frankfurt/Main, 1966)

[49] Jigsaw, 1970 (dt. Schnapp-Schuss, Frankfurt/Main, 1970)

Risiko und Routine

[50] 1973 Scheidung von seiner ersten Frau Anita, Heirat mit Mary Vann Finley, die ihre Tochter Amanda mit in die Ehre bringt

Brutale Stadt

[51] Peter Sartorius, Reportagen aus Amerika, München, 1984

[52] Carl Weissner, Die Eingeschlossenen von der Lower East Side, 1980

Die Fälle (1971–1975)

[53] Hail, Hail, The Gang’s All Here, 1971 (dt. Nackt aus dem Fenster, Frankfurt/Main, 1972)

[54] Sadie When She Died, 1972 (dt. Sadie im letzten Moment, Frankfurt/Main, 1972)

[55] Let’s Hear it for the Deaf Man, 1973 (dt. Totes Ohr am Telefon, Frankfurt/Main, 1974)

[56] Hail to the Chief, 1973 (dt. Fahr langsam übers Massengrab, Frankfurt/Main, 1974)

[57] Chester Himes, Die Geldmacher von Harlem, Zürich, 2009

[58] Bread, 1974 (dt. Alles für Geld, Frankfurt/Main, 1975)

[59] Blood Relatives, 1975 (dt. Blutschwestern, Frankfurt/Main, 1976; Blutsschwester, Bergisch Gladbach, 1995)

Die Fälle (1976–1980)

[60] Blood Relatives, 1975 (dt. Blutschwestern, Frankfurt/Main, 1976; Blutsschwestern, Bergisch Gladbach, 1995)

[61] So Long as You Both Shall Live, 1976 (dt. So lang ihr zwei noch lebt. Frankfurt/Main, 1977; Bergisch Gladbach, 1995)

[62] Long Time No See, 1977 (dt. Lange nicht gesehen, Frank- furt/Main, 1978; Bergisch Gladbach, 1996)

[63] Calypso 1979 (dt. Schüsse im Regen, Frankfurt, 1980; Calypso, Bergisch Gladbach, 1996)

[64] Ghost 1980 (dt. Mordgespenster, Frankfurt, 1981. Bergisch Gladbach, 1996)

Bert Kling stürzt ab

[65] Heat 1981 (dt. Hitze, München, 1984; Bergisch Gladbach, 1997)

Jean-Patrick Manchette

[66] Jean-Patrick Manchette, Chroniques. Essays zum Roman noir, Heilbronn, 2005

Die Fälle (1981–1985)

[67] Heat, 1981 (dt. Hitze, München, 1984; Bergisch Gladbach, 1997)

[68] Wolf-Eckart Bühler und Felix Hofmann, Polizei. Filmkritik, 1974

[69] Ice, 1983 (dt. Kalt bis ans Herz, München, 1985; Eis, Bergisch Gladbach, 1997)

[70] Lightning, 1984 (dt. Der Blitz schlägt zweimal zu, München, 1985; Der letzte Sprint, Bergisch Gladbach, 1997)

[71] Eight Black Horses, 1985 (dt. Acht schwarze Pferde, FFM (1988)

Die Fälle (1986–1991)

[72] Jerome Charyn, Metropolis. Mew York As Myth, 1986

[73] Poison, 1987 (dt. Reines Gift, Frankfurt/Main, 1988)

[74] Gemeint ist Joseph Wambaugh

[75] Tricks, 1987 (dt. Ausgetrickst, Frankfurt/Main, 1988)

[76] Lullaby, 1989 (dt. Stirb, Kindchen, stirb, Frankfurt/Main, 1990)

[77] 1989 hat Ed McBain einen ersten Herzinfarkt, im Juni 1996 einen zweiten und im September einen dritten Infarkt. 1997 trennt er sich von seiner zweiten Frau Mary und heiratet in Venedig Dragica Dimitrijevic. Siehe das Kapitel: »Let’s talk«

[78] Vespers, 1990 (dt. Priester, Tod und Teufel, Frankfurt/ Main, 1993)

[79] Siehe dazu das Kapitel: »Spot on«

[80] Widows, 1991 (dtr. Schwarze Witwen, München, 1992)

Die Fälle (1992–1995)

[81] Kiss, 1992 (dt. Todeskuss, München, 1994)

[82] Siehe das Kapitel: »Ich bin viele«

[83] Mischief, 1993 (dt. Graffiti, Bergisch Gladbach, 1994)

[84] Romance, 1995 (dt. Romanze, Bergisch Gladbach, 1996)

Die Fälle (1997–2000)

[85] Big Bad City, 1999 (dt. Big Bad City, Hamburg, 2000)

[86] Nocturne, 1997, (dt. Long Dark Night, Hamburg, 2000)

[87] The Big Bad City, 1999 (dt. Big Bad City, Hamburg, 2000)

[88] The Last Dance, 2000 (dt. Dead Man’s Song, Hamburg, 2001)

9/11. Das 21. Jahrhundert

[89] Burns/Sanders/Ades, New York, München, 2002

[90] George W. Bush, amerikanischer Präsident 2001–2009

[91] Die Serie Westwing lief von 1999 bis 2006 im amerikanischen Fernsehen.

[92] Money, Money, Money, New York, 2001

Fat Ollie’s Book

[93] Fat Ollies’s Book, New York, 2003

[94] Siehe die Kapitel: »Die Fälle 1960« und: »Zwischen Himmel und Hölle«

The Fruminous Bandersnatch

[95] The Frumious Bandersnatch, New York, 2004

[96] Entnommen aus Lewis Carrolls Alice hinter den Spiegeln, 1872. Die Passage lautet im Original: Beware the Jabberwock, my son!/The jaws that bite, the claws that catch!/ Beware the Jubjub bird, and shun/ The Frumious Bandersnatch! Sie stammt aus dem Gedicht Jabberwocky, das als eines der größten Nonsensetexte der englischen Sprache gilt. Jabber bedeutet als mittelenglisches Verb quasseln. Frumious setzte Lewis Carroll vermutlich aus fuming und furious, aus wütend und rasend zusammen.

Hark!

[97] Hark!, New York, 2004

[98] Siehe das Kapitel: »Pro Wort ein halber Cent«

Fiddlers

[99] Fiddlers, New York, 2005

[100] Siehe das Kapitel: »Let’s talk«

Einfach nur Hass

[101] Transgressions, 2005 (dt. Die hohe Kunst des Mordens, München, 2006)

[102] Sie explodiert in der Szene, als eine japanische Prostituierte, die gern eine weltberühmte Konzertgeigerin werden will, vom Juillard-Konservatorium aufgenommen wird. Ed McBain erlaubt sich hier mal wieder einen seiner regelmäßigen Scherze über Arthousefilme, baut ihn noch aus, indem er ein knutschendes Pärchen mit der Leinwand gegenschneidet, wo Ruriko ihrem Instrument gerade die seelenvollen Klänge von Aram Chatschaturjans Spartakus entlockt, während die Teenager nur an ihrem gleichzeitigen Orgasmus interessiert sind.

[103] Christopher Dickey hat über diese Einheit geschrieben, der Sohn des Schriftstellers James Dickey, den wir als Autor von Beim Sterben ist jeder der Erste (Deliverance) kennen. Securing the City heißt das Buch von Dickey, es beschreibt die wenig bekannte Terrorismusabwehr der Stadt New York, die früh schon eigene Aufklärer und Undercoveragenten im Nahen Osten hatte.

Let’s talk

[104] McBain hatte so etwas bereits einmal versucht, 1973, mit dem Komponisten von Anatevka (Fiddler on the Roof) für ein nie zustande gekommenes Musical namens Caper! Es kommt als dennoch existent vor und als wasserdichtes Alibi für den Kunsthändler Louis Kern – in Ed McBains Heat. Ein weiteres hoffnungsloses Unterfangen sei das gewesen, Musik mit einer Kriminalerzählung zu verschmelzen, heißt es da. In Kerns Kalender steht: Musik toll, Texte furchtbar.

[105] Siehe Kapitel: »Candyland«

[106] Siehe Kapitel: »Money, Money, Money«

Frank Sinatra bindet sich eine Fliege

[107] Hark!, New York, 2004

Hidden Track

[108] Siehe auch Joachim Feldmann: Das Police Procedural als Großstadtroman. Ed McBains See Them Die und Richard Pricees Lush Life. In: Sigrid Thielking/Jochen Vogt (Hg.): Beinahekrimis – Beinahe Krimis. Hannover 2014

[109] Siehe das Kapitel: »Guter Bulle, böser Bulle«

[110] Michael Connelly (Hg): The Blue Religion. New Stories About Cops, Criminals, And the Chase. Aus dem Vorwort. New York, 2008

[111] MacKinlay Kantor schrieb u. a. das Drehbuch für den Film-Noir-Klassiker Gun Crazy (1950), aus einem Roma in Gedichtform entstand der William-Wyler-Film The Best Years of Our Life. 1956 erhielt Kantor den Pulitzer-Preis.

[112] Siehe das Kapitel: »Neun im Fadenkreuz«

Ich bin viele. Eine Selbstaussage

Vor der Cooper Union gibt es einen kleinen Park. Während des Semesters tummeln sich hier eine Menge junger Leute, die Ingenieurwesen studieren oder Künstler werden wollen. Mädchen in mit Farbe beklecksten Kitteln, die hektisch ihre Zigaretten paffen, als wären es ihre letzten Züge, bevor das Exekutionskommando antritt. Es ist nett, den jungen Dingern zuzusehen, denn sie inhalieren viel mehr als den Zigarettenrauch – sie inhalieren das Leben ...

Ed McBain, Die Gosse und das Grab

Ich bin freier Schriftsteller.

Ich schreibe unter mehreren Pseudonymen.

Ich schreibe Mysteries, ich schreibe Mann-auf-der-Flucht- und Frau-in-Gefahr-Geschichten, ich schreibe Detective- und Love-Stories. Ich schreibe alles, was gewünscht wird.

Ich würde sagen, dass ich ein Routinier bin.

Natürlich habe ich einen Agenten. Er verschafft mir Aufträge und handelt das Honorar aus. Ich könnte es auch selbst, ich habe in einer Literarischen Agentur gearbeitet, aber so ist es besser, und es spart Zeit. Nicht nur in dieser Hinsicht bin ich ein typischer New Yorker.

Ich bin am 15. Oktober 1926 in NYC geboren, genauer gesagt in dem Viertel zwischen First und Second Avenue, in der 120. Straße, und zwar auf dem Küchentisch. Meine Tante war Hebamme. Sie half bei meiner Geburt kräftig nach, und für den Rest ihres Lebens nannte sie mich nur »my Baby«.

Getauft wurde ich auf den Namen Salvatore Albert Lombino.

Meine Eltern waren Amerikaner, auch meine Großmutter ist in Amerika geboren. Aber mein Großvater stammte aus Italien.

Bis heute reise ich immer wieder gern dorthin. Ich reise überhaupt sehr gern.

Meine Jugend verbrachte ich auf der Straße. Man nannte die Gegend Italienisch-Harlem, und es gab dort alles, was man auch in einer italienischen Kleinstadt finden konnte, die kleinen Bäckereien und Metzgereien, die Obst- und Gemüsestände, den Schneider, den Friseur – das Geschrei der Händler, die lauten Begrüßungsrufe, das ständige Palavern. Ich habe es geliebt. Ich denke, das hat mich nachhaltig geprägt.

Später wurde es das Viertel der Puerto-Ricaner.

Während meiner Highschoolzeit hatte ich den großen Wunsch, bildender Künstler zu werden. Ich wollte malen, ich wollte bildhauern, ich wollte etwas erschaffen. Etwas Sichtbares.

Ich nahm an einem Wettbewerb teil, der von der Stadt ausgeschrieben war und gewann ein Stipendium für die New Yorker Art Students League.

Dann wurde ich nach einer ziemlich strengen Aufnahmeprüfung von der Cooper Union aufgenommen.

Kurz vor meinem achtzehnten Geburtstag ging ich freiwillig zur Marine, um nicht zur Army zu müssen. Jeder musste in diesen Jahren damit rechnen, mit der Army nach Italien geschickt zu werden, wo einem womöglich der Arsch abgeschossen wurde. Das Risiko war mir zu groß. Ich liebte und liebe mein Leben.

Bei der Navy war ich Radarmann, Offiziersbursche und zuletzt Radarinstrukteur. Wir sind ziemlich weit herumgekommen.

Wir waren in Pearl Harbour und dann auch in Japan. Von Japan habe ich viel zu sehen bekommen. Alles in allem war ich zwei Jahre dabei.

Die ganze Zeit über korrespondierte ich mit einem Mädchen, in das ich mich auf der Highschool verknallt hatte. Sie besuchte die Universität von Wisconsin. Ich wollte auch dort studieren, und ich wollte nach Princeton. Mein Girlfriend hatte einen Abschluss in Englisch und wollte Schriftstellerin werden. Aber bei aller Liebe, sie war unglaublich schlecht. Ihre Briefe waren entsetzlich!

Also dachte ich mir, das kann ich besser, weitaus besser, und schrieb an Bord des Schiffes meine erste Kurzgeschichte.

Im Juli 1946 war ich wieder zu Hause und ging auf das Hunter College. Ich war dort einer der ersten Männer. Auf dem College habe ich dann meine Frau Anita kennengelernt. Wir haben zwei Tage nach meinem 23. Geburtstag geheiratet.[4] Es wurde gelästert, ich sei vom Feiern noch total besoffen gewesen.

Das ist Unsinn. Es war mir ernst.

Ich nahm dann einen Job als Lehrer an. Ich musste Geld verdienen.

Die Fußnoten zu diesem Kapitel finden Sie hier.

Saat der Gewalt. Der Film

One two three o’clock four o’clock rock
five six seven o’clock eight o’clock rock
nine ten elven o’clock twelve o’clock rock
we’re gonna rock around the clock tonight ...

Bill Haley

Der Weltkriegsveteran Richard Dadier nimmt eine Stelle als Englischlehrer an einer Highschool an. An dieser Schule haben die Schüler das Sagen, und die Lehrer haben es aufgegeben, die Schüler unter Kontrolle zu bringen und ihnen den Lernstoff zu vermitteln. Doch der junge Mr Dadier, dessen Frau ein Kind erwartet, ist voller Idealismus. Er will den Schülern etwas beibringen. Anfangs verhalten die sich – wie zu erwarten – respektlos und aggressiv gegenüber dem Neuen. Dadier sieht jedoch in dem jungen Farbigen Miller eine Persönlichkeit, die ihm nicht nur lernwillig erscheint, sondern die auch fähig ist, die Mitschüler zu motivieren. Miller weigert sich anfangs, geht in seinem Widerstand jedoch nicht so weit wie der Bandenführer West, der dem neuen Lehrer das Leben so schwer wie möglich macht und andere Schüler gegen ihn aufhetzt. Das führt sogar dazu, dass Dadier von der Bande zusammengeschlagen wird und seine Frau eine Frühgeburt erleidet, nachdem West ihr gegenüber anonym behauptet, ihr Mann habe eine Affäre.

Trotz einiger Ausrutscher besinnt sich Dadier immer wieder auf seine Ideale und gibt den Versuch nicht auf, aus seiner Klasse eine Gruppe ordentlicher Schüler zu machen und ihnen etwas beizubringen. Durch intensive Gespräche schafft Dadier es, Miller auf seine Seite zu bringen, sodass der ihm in einer Art Showdown, als West versucht, Dadier im Klassenzimmer zu erstechen, beisteht. Dadier überwältigt West, und die anderen Schüler wenden sich von West ab und beschließen, künftig den Unterricht nicht weiter zu boykottieren.

Der Film Blackboard Jungle (»Saat der Gewalt«), 1955, mit Glenn Ford und Sidney Poitier in der Regie Richard Brooks, nach dem Roman von Evan Hunter, beginnt und endet mit dem Song Rock Around The Clock von Bill Haley.

In den vergangenen dreißig Jahren waren die Kinder der Arbeiterklasse, in Amerika wie in England, aus der Schule gekommen mit einem eingepflanzten Gefühl der Unterlegenheit. Sie würden vielleicht irgendeinen Job ohne Zukunft bekommen, man würde sie vielleicht losschicken, einen Krieg zu gewinnen, oder sie würden vielleicht irgendwann um Arbeitslosenunterstützung Schlange stehen müssen. Was auch geschehen mochte, Aussicht auf besonders viel Spaß hatten sie jedenfalls nicht.

Im Vergleich dazu waren die Fünfzigerjahre fette Jahre. Natürlich blieb immer die Möglichkeit, dass die ganze Welt durch die H-Bombe in die Luft flog, aber diese Vorstellung war zu gewaltig, um noch erschreckend zu wirken. Wenigstens gab es jetzt keine Depression mehr, keine Luftangriffe, keine Lebensmittelrationierung. Es war jetzt nicht mehr die Hauptsache, sich irgendwie über Wasser zu halten – nein, die Teenager konnten endlich ihre Ansprüche anmelden.

Der einzige Haken: Als sie losgingen und nach Sachen suchten, für die sie ihr frisch erworbenes Geld ausgeben konnten, fanden sie absolut nichts. Sie hatten keine eigene Musik, keine eigene Mode, keine eigenen Clubs – eben keine Stammesidentität.

Alles mussten sie mit den Erwachsenen teilen.

Mist.

Nach all den Jahren hatten es die Teenager endlich geschafft, sie waren im gelobten Land, aber leider war das Land unfruchtbar.

Das war echt frustrierend. Sie hatten all dieses Geld, konnten nichts mit ihm anfangen, und sie gingen leer aus.

Der Augenblick der höchsten Revolte kommt immer gerade dann, wenn die Zeiten anfangen besser zu werden, wenn die erste Liberalisierung beginnt. Als die Jungen überhaupt nichts hatten, da konnten sie es irgendwie akzeptieren. Jetzt, wo das Leben einfacher war, da machten sie Krawall ... [5]

... we’re gonna rock rock rock till broad daylight
we’re gonna rock gonna rock around the clock tonight ...

Die Fußnoten zu diesem Kapitel finden Sie hier.

Pro Wort ein halber Cent.
Eine Selbstaussage

Er hatte das Gefühl, dass jeder Mensch zumindest das Recht haben sollte, sich seinen eigenen beschissenen Namen auszusuchen.

McBain, Graffiti

Bei der Navy gab es an Bord des Schiffes einen Offizier, der Philosophiedozent war. Er hat mir beim Schreiben meiner ersten Stories sehr geholfen. Ich schickte sie an verschiedene Magazine, aber keine Geschichte wurde gekauft. Sie waren gut, wirklich gut, und eine habe ich später tatsächlich verkaufen können, aber damals kam nichts dabei rum. Inzwischen kenn ich den Grund. Lombino? Ein Italiener? Was hat der uns schon zu erzählen!

Aber ich schrieb weiter.

Die Arbeit als Berufsschullehrer in New York war hart. Sie frustrierte mich durch und durch. Ich hatte das Gefühl, diesen Jugendlichen etwas bieten zu müssen. Ich hatte eine gute Ausbildung. Ich war intelligent, ich war humorvoll, ich liebte die englische Sprache, und ich wollte sie ihnen beibringen.

Die Kids zeigten nicht das geringste Interesse. Ich gab buchstäblich mein Letztes. Vergeblich. Mir war jeden Tag zum Heulen zumute. Ich hielt es nicht mehr aus.

Ich kündigte.

Ich machte Telefonjobs.

Ich verkaufte per Telefon frischen Hummer aus Maine und aus Italien importiertes Olivenöl. Und nach wie vor schrieb ich. Ich schrieb in jeder freien Minute.

Dann meldete ich mich auf eine Anzeige. Die Literarische Agentur von Scott Meredith suchte einen Redakteur.

Ich bewarb mich und wurde genommen.

Jetzt hatte ich mit Zeitschriften und Buchverlagen zu tun. Ich lernte Lektoren und Herausgeber kennen. Das literarische Leben spielte sich ja weitgehend in New York ab. Die Filmleute saßen in Hollywood.

Ich knüpfte Kontakte. Und – ich änderte meinen Namen offiziell in Evan Hunter. Salvatore Lombino existierte nicht mehr. Ich habe mich nie wegen des Namens geschämt. Aber für das Geschäft war es besser, einen guten amerikanischen Namen zu haben. Ich hatte auch schon eine Menge Stories unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlicht. Ich schrieb so viel, dass ich in manchen Ausgaben mehrere Stories hatte. Die Herausgeber hatten keine Ahnung, dass alle von mir waren.

Ich bekam pro Wort einen halben Cent. Um auf fünfhundert Dollar oder mehr zu kommen, musste man schon viel Text abgeliefert haben. Doch ich versuchte, mich als freier Autor zu etablieren. Im Mai 1953 hörte ich bei Meredith auf.

Ich hatte über meine Zeit als Lehrer einen Roman geschrieben, der von Simon & Schuster angenommen worden war und im Oktober ’54 erscheinen sollte: Blackboard Jungle.

Er brachte mir Anerkennung und auch einiges an Geld.

Doch das reichte immer noch nicht, um auf Dauer meine Familie ernähren zu können. Anita hatte Zwillinge zur Welt gebracht.[6]

Wir wohnten draußen auf Long Island in einem kleinen Einfamilienhaus.

Wir lebten sehr bescheiden.

Ich schrieb unermüdlich.

Ich schrieb als Curt Cannon über ein halbes Dutzend Kriminalromane.

Ich schrieb als Hunt Collins Science-Fiction.

Ich schrieb als Richard Marsten Jugendbücher und Krimis.

Und ich schrieb auch als Evan Hunter.

1956 wurde zu einem Wendepunkt.

Mein Agent hatte dem Herausgeber der Pocket Books Herb Alexander einen von mir unter Pseudonym geschriebenen Kriminalroman geschickt. Herb las ihn und irgendwas fiel ihm auf. Er rief meinen Agenten an: »Hey, das liest sich wie ein Evan Hunter. Ist er das?« Mein Agent legte die Karten offen auf den Tisch und Herb sagte, er wolle mit mir essen gehen. Business Lunch in Manhattan.

Also trafen wir uns.

Unsere Unterhaltung drehte sich eigentlich darum, dass Earl Stanley Gardner langsam alt wurde, und Gardner war die Säule des Geschäfts bei Pocket Books. Sie brachten ihn nach wie vor heraus, sogar die alten Titel in neuen Umschlägen, und der Verkauf war gleichbleibend gut.

Aber – aber sie waren auf der Suche nach einem Ersatz.

Herb fragte mich, ob ich einen Einfall für einen neuen Serienhelden hätte. Ich musste darüber nachdenken. Aber dann hatte ich es.

Ich machte ihm einen Vorschlag, der mir grandios erschien.

Polizeiromane waren vorher auch schon geschrieben worden. Doch ich war mir sicher, dass es noch nie einen Polizeiroman gegeben hatte, in dem die Hauptrolle ein Team von Polizisten ist.

Wo eigentlich der gesamte Bereitschaftsraum Held des Romans war.

Herb sagte, großartig, das ziehen wir durch. Er gab mir einen Vertrag über drei Bücher und meinte, wir werden ja sehen, wie es läuft.

Die Fußnoten zu diesem Kapitel finden Sie hier.

Ein Cop, der über Cops schreibt.
Eine Selbstaussage

Als ich den ersten Roman über das 87. Revier beendet hatte, stand ich auf.

Ich hatte damals meinen Schreibtisch im Schlafzimmer unseres kleinen Hauses auf Long Island.

Ich ging zu meiner Frau in die Küche. Sie fütterte gerade unsere Zwillinge.

Wie findest du McBain?, fragte ich sie.

Sie meinte, das klingt gut. Ich sagte, Ed McBain, und sie sagte wieder, gut, das ist wirklich gut!

Das kam ganz aus heiterem Himmel.

Mag sein, dass ich unbewusst Assoziationen zu bane/Verderben, Verbrechen hatte.

Aber für mich hörte es sich an wie der Name eines irischen Cops.

Es war okay.

Ein Cop, der über Cops schreibt.

Ich schrieb also die ersten drei Revierromane – Sommer, Herbst und Winter.

Das Team war geplant, aber die imaginäre Stadt entstand, weil ich so oft mit Cops telefonieren musste, um herauszufinden, wo sich dies und wo sich jenes in New York befand.

Das war lästig, das kostete Zeit.

Und das alles wegen drei Romanen? Und was, wenn es mehr werden sollten?

Also erfand ich im ersten Buch die imaginäre Stadt und bis heute bin ich verdammt froh darüber. Denn es ging weiter.

Für einen Roman um das 87. Revier brauche ich etwa zwei Monate.

Meine Exposés sind oft nicht mehr als etwas ausführliche Überschriften.

Manchmal entwerfe ich aber auch einen groben Abriss für die gesamte Handlung, manchmal nur für fünf Kapitel.

Ich weiß immer, wer der oder die Tote sein wird.

Aber ich weiß nicht immer, warum er oder sie ermordet wurde und wer der Täter ist.

Ich betrete mit den Cops den Tatort. Und meine Arbeit beginnt.

Schritt für Schritt. Kapitel für Kapitel.

Ich arbeite gern auf diese Art.

Sie gibt mir die Freiheit, die ich beim Schreiben brauche.

Außerdem erlebe ich auf diese Weise selbst noch einige Überraschungen.