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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2594

 

Begegnung der Unsterblichen

 

Perry Rhodan und Sinnafoch – die beiden Todfeinde treffen ein zweites Mal aufeinander

 

Frank Borsch

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit einiger Zeit tobt der Kampf um die Polyport-Höfe, der mehrere Galaxien umspannt.

Die sogenannten Polyport-Höfe sind Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, mit denen sich gigantische Entfernungen überbrücken lassen. Als die Frequenz-Monarchie aus einem jahrtausendelangen Ruheschlaf erwacht, beanspruchen ihre Herren, die Vatrox, sofort die Herrschaft über das Transportsystem und mehrere Galaxien.

Die Terraner und ihre Verbündeten wehren sich erbittert – und sie entdecken die Achillesferse der Vatrox. Rasch gelingen ihnen entscheidende Schläge in der Milchstraße sowie in Andromeda. Allerdings sind damit nicht alle Gefahren beseitigt. Mit den Vatrox hängen zwei rivalisierende Geisteswesen zusammen, die weitaus bedrohlicher für die Menschheit sind.

Gleichzeitig droht eine noch schlimmere Gefahr: der Tod von ES, jener Superintelligenz, mit der Perry Rhodan und die Menschheit auf vielfältige Weise verbunden sind. Nachdem dank Julian Tifflors Hilfe das PARALOX-ARSENAL gefunden werden konnte, kommt es nun zur BEGEGNUNG DER UNSTERBLICHEN …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner wird von einem Gegner angesprochen, der ihm ein gefährliches Bündnis anbietet.

Sinnafoch – Der Frequenzfolger steht vor den Scherben eines uralten Imperiums.

Satwa – Die für den Einsatz in Andromeda herangezüchtete Autochthon-Ordonnanz muss sich in einer fremden Galaxis behaupten.

Philip – Der Okrill hat alles verloren.

Prolog

 

Philip rennt.

Seine kräftigen Hinterbeine schleudern ihn hoch in die Luft. In langen Sätzen springt er von Fels zu Fels. Der Okrill spürt den Wind, der eigentlich ein Sturm ist, genießt, wie er seine Flanken streichelt.

Die Lichter des Raumschiffs, der Zivilisation, die ihm fremd ist, bleiben hinter ihm zurück. Die unberührte Schwärze der Nacht erwartet ihn, lockt ihn.

Die Freiheit ruft ihn.

Und die Stimmen der Gefangenschaft buhlen um ihn. »Philip«, betteln sie, »komm zurück!«

Er hört nicht auf sie.

Weder auf die Stimme, die in seinen Gedanken flüstert und unerträglich süß ist.

Noch auf die Stimme, die in seinen Gedanken brüllt und ihn mit ihrem Gewicht zu erdrücken droht.

Philip gelangt an einen Fluss. Es ist ein reißender Gebirgsstrom. Der Okrill springt in die aufgewühlte Gischt. Das kalte Wasser ist herrlich, und jeder Schlag, mit der ihn die Strömung gegen den Fels wirft, lässt ihn spüren, dass er endlich wieder am Leben ist.

Die Stimmen werden leiser, gehen schließlich in einem Donnergrollen unter.

Ein Wasserfall.

Philip stößt sich ab, will schneller zur Kante, sich hinunterstürzen, die künstlichen Lichter, die mahnenden Stimmen für immer hinter sich lassen.

Ein Wesen stellt sich ihm in den Weg. Es ist dürr, hat zwei dünne Arme und zwei Beine. Philip ist stark, er könnte das Wesen spielend umrennen. Es würde entzweibrechen wie ein morscher Ast.

Doch Philip vermag es nicht. Das Wesen ist Sinnafoch. Sinnafoch, sein Herr.

Der Okrill springt auf den Felsen, auf dem Sinnafoch steht.

»Tu es nicht, Philip!«, bittet Sinnafoch. »Bleib bei mir!«

Philip gehorcht.

Traurig wendet er sich von dem Abgrund ab, der ihm ein neues Leben verheißt.

1.

 

Es war vorbei.

Satwa hegte nicht den geringsten Zweifel.

VATROX-VAMU war gekommen, hatte die geballten Psi-Energien absorbiert, die der Mentor der Vatrox ihm entgegengeschleudert hatte – und hatte VATROX-DAAG schließlich absorbiert.

Vorbei.

Die letzten Hibernationswelten zerstört. ESHDIM-3 vernichtet. Die Flotten der Schlachtlichter in Anthuresta aufgerieben. Drei Dutzend Schiffe waren Sinnafoch geblieben – beschädigt, mitgenommen, überstrapaziert, ihre Besatzungen erschöpft und bar jeder Hoffnung.

Vorbei.

Sinnafoch, der stolze Feldherr, der Statthalter des nahezu allmächtigen VATROX-DAAG, der Unsterbliche, der glaubte, das Universum existiere lediglich dazu, sich seinem Willen zu fügen, war zum Sterblichen degradiert, war zerbrochen. Ein Blatt im Wind, hilflos Kräften ausgeliefert, denen es nichts entgegenzusetzen hatte.

Vorbei.

Satwa war gescheitert. Ihre letzte Intrige hatte sie zur Ordonnanz Sinnafochs gemacht – aber was bedeutete das noch? Sie war auf sich allein gestellt. Ganz auf sich allein. Ihr Symbiont Pü S'Karbunc war verstummt. Die Explosion der Psi-Energien musste zu viel für ihn gewesen sein.

Vorbei …

… und Satwa erkannte eines: Wenn sie nicht schnell handelte, würde es auch mit ihr vorbei sein.

Die Autochthon-Ordonnanz schüttelte ihre Benommenheit ab. Sie riss sich von dem jämmerlichen Anblick los, den Sinnafoch bot, und blickte sich um. Die Zentralebesatzung der VAT-DREDAR tat so, als wäre ihr der Untergang der Frequenz-Monarchie entgangen, als merkte sie nicht, dass ihrem Anführer der Verstand verloren zu gehen drohte.

Satwa bellte eine Reihe von Befehlen, gab der Besatzung des Schlachtlichts etwas zu tun. Sie war nur eine Ordonnanz und hatte keinen militärischen Rang inne. Satwa konnte der Besatzung nichts befehlen. Doch Cherubem, der Darturka, den Sinnafoch aus ihr unerfindlichen Gründen zum Kommandanten der VAT-DREDAR bestimmt hatte, gehorchte. Der Darturka schien froh darüber, dass irgendjemand ihm sagte, was er zu tun hatte.

Satwa eilte zu Sinnafoch, der sich auf den Okrill Philip stützte. Sie erzeugte einen Energieschirm um sich und den Vatrox. Ein unüberwindliches Hindernis für die Augen und Ohren der Besatzung. Was immer sich zwischen ihr und Sinnafoch gleich zutragen würde, es würde der Mannschaft des Schlachtlichts verborgen bleiben.

Die Ordonnanz ging in die Knie, um auf Augenhöhe mit Sinnafoch zu sein.

»Philip!«, flüsterte der Vatrox. »Sprich mit mir, bitte! Sag etwas!«

Sinnafoch war ganz an das Tier herangerutscht, das bis vor Kurzem einem Splitter von VATROX-DAAG als Gefäß gedient hatte.

»Was ist los, Philip?« Sinnafoch streichelte den Okrill zärtlich. »Philip, bleib bei mir, bitte!«

Das Tier lebte. Es hatte die mentale und körperliche Einvernahme durch VATROX-DAAG überstanden. Satwa überraschte es nicht. Der Okrill war stark.

Und abstoßend.

Er stank. Sein Atem war faul und modrig. Seine hintere Partie roch nach Exkrement und Urin. Philip war ein Raubtier. Ein Okrill vom Planeten Oxtorne. Sinnafoch hatte es aus der Galaxis der Terraner mitgebracht. Eine Trophäe für seinen Triumph: Die Terraner hatten den Vatrox gefangen genommen. Und Sinnafoch war das Unmögliche gelungen: Er war, ganz auf sich allein gestellt, aus ihrer Gefangenschaft entkommen.

»Kannst du mich hören, Philip?« Sinnafoch presste sich eng gegen die Flanke des Tiers. Mit einem Fuß setzte er auf einem der acht mächtigen Beine auf, streckte sich und flüsterte dem Tier ins Ohr. »VATROX-DAAG ist fort! Du bist wieder frei. Hörst du? Frei!«

Der Anblick war entwürdigend. Sie musste ihm ein Ende machen. Sie durfte nicht zulassen, dass Sinnafoch endgültig in den Wahnsinn abglitt.

»Sinnafoch!«, sagte Satwa. »Lass es gut sein. Das Tier kann dich nicht …«

Sinnafoch stieß sich ab, sein Kopf flog herum. Seine großen orangefarbenen Augen brannten grell. Es war die Wut. »Philip ist kein Tier!«

Dieses stinkende Etwas ist ein Tier!, wollte Satwa versetzen. Und du bist gerade dabei, den Verstand zu verlieren! Doch sie ließ es sein. Sinnafoch würde die Wahrheit nicht hören wollen.

»Philip kann dich nicht hören«, sagte sie. »Er ist nicht bei Bewusstsein.«

»Wie kannst du das sagen? Siehst du nicht seinen Blick?«

Die Ordonnanz wandte den Kopf, sah dem Tier in die Augen. Sie waren groß. Riesig. Satwa hätte die Finger ihrer Hand strecken müssen, um eines von ihnen zu bedecken. Und sie waren fremd. Der Okrill hatte Facettenaugen, wie sie für gewöhnlich Insekten zu eigen waren. Ein Facettenauge kannte keinen Ausdruck, den man hätte lesen, keinen Blick, den man hätte deuten können. Zumindest kein Mensch oder Vatrox.

Nein, die Augen des Okrills waren Tausende von winzigen Spiegeln. Jede einzelne der Facetten zeigte, was das Tier sah.

Satwa sah sich selbst. Kein schöner Anblick. Tiefe Linien hatten sich in ihr Gesicht gegraben. Ihr kam es vor, als wäre sie in den letzten Wochen um Jahre gealtert. Jedenfalls fühlte es sich so an.

»Philip!«, wandte sich der Vatrox wieder an den Okrill. »Gib mir ein Zeichen! Ja? Irgendein Zeichen …«

»Er schläft, Sinnafoch.« Satwa versuchte Sanftheit in ihre Stimme zu legen. Als wäre sie eine fürsorgliche Mutter, die versuchte, ein untröstliches Kind zu trösten. »Du kannst später mit ihm sprechen. Wenn er aufgewacht ist …«

»Philip? Hörst du mich?«

Sinnafoch hörte sie offenbar gar nicht.

Satwa schloss die Augen, holte tief Luft und tat das Undenkbare: Sie packte den Frequenzfolger an den Schultern und wuchtete ihn herum. Ein stechender Schmerz fuhr in Satwas Rücken, ließ sie um ein Haar aufschreien. Die Wunde, die ihr der weibliche Klon zugefügt hatte, war noch nicht verheilt.

Sinnafochs Augen weiteten sich vor Überraschung, aber er wehrte sich nicht gegen den unerhörten Frevel.

»Wir müssen handeln, Sinnafoch«, sagte Satwa eindringlich, fixierte den Vatrox mit ihrem Blick. »Die Flotte wartet auf deine Befehle.«

»Welche Flotte? Es gibt keine Flotte mehr.«

»Es gibt Schiffe, die dir unterstehen. Wesen, für die du verantwortlich bist.«

»Sie sind nicht von Belang. Die Hibernationswelten sind zerstört. Unser Vamu findet keinen Lotsen mehr, nachdem unsere Herrscher fort sind, nur noch den Feind. Wir sind so gut wie tot.«

Wir, die Vatrox … Die unzähligen Angehörigen anderer Völker, die ihr Leben für die Frequenz-Monarchie geopfert hatten, zählten für Sinnafoch nicht. Weder die Okrivar noch die Darturka noch sie selbst: der Klon einer Tefroderin, erschaffen nur zu dem einzigen Zweck, der Frequenz-Monarchie zu dienen und für sie zu sterben.

Wut flammte in Satwa auf. Sinnafoch hatte kein Recht, sie wie ein Ding zu behandeln!

Der Vatrox stöhnte vor Schmerz auf, als sich ihre Finger tief in seine Schultern gruben.

»Lass den Okrill in Ruhe, Sinnafoch! Wir brauchen dich!«

»Das ist vorbei. Alles ist vorbei. Verschwinde, Ordonnanz!« Sinnafoch hob die Arme, schlug Satwas Hände mit einer Kraft weg, die sie ihm nicht zugetraut hatte. Der Vatrox drehte sich weg. Er drängte sich wieder an den Okrill, flüsterte von Neuem seine elenden Bitten in das Ohr des Tiers.

Es gab kein Durchkommen. Der Wahnsinn hatte Sinnafoch unwiderruflich im Griff.

Es sei denn …

Satwa zog den Strahler aus dem Gürtel, entsicherte ihn und drückte ihn gegen den Hinterkopf des Vatrox, einen Fingerbreit neben dem Stummel des Pigasoshaars.

Sinnafoch erstarrte.

»Du hörst jetzt mir zu, Frequenzfolger. Verstanden?«

Sinnafoch sagte nichts, rührte sich nicht. Er hatte verstanden.

»Nichts ist vorbei«, sagte Satwa. »Nicht, solange wir nicht aufgeben. Und wir geben nicht auf, solange unser Anführer nicht aufgibt. Du bist unserer Anführer, Sinnafoch. Führe uns!«

»Was erwartest du von mir?«, entgegnete der Vatrox, ohne den Kopf zu bewegen. »Ein Wunder? Die Zeit der Wunder ist vorbei. Die Frequenz-Monarchie existiert nicht mehr.«

»Das weißt du nicht mit Sicherheit. Befiehl der Flotte, sich zu sammeln!«

»Und dann? Selbst wenn Zehntausende Schlachtlichter die Gefechte überstanden haben sollten …«

»Dann«, unterbrach sie den Vatrox, »setz den Vorschlag um, den ich dir gemacht habe, bevor du …«, sie suchte nach einer Umschreibung für seinen Wahnsinn, die ihn noch sofort in einen Wutanfall befördern würde, »… bevor du dich um Philip gekümmert hast!«

»Perry Rhodan?« Sinnafochs Stimme zitterte, als er den Namen des Terraners aussprach.

»Ja, Perry Rhodan.« Sie senkte den Strahler, steckte ihn zurück in den Gürtel. »Es gibt keinen anderen Weg. Geh ihn!«

Satwa schaltete den Schirm ab und ging ihren Weg. Es kribbelte in ihrem Rücken, als sie die Zentrale durchquerte. Sie hatte einen Frequenzfolger mit der Waffe bedroht. Für einen Frevel wie diesen gab es nur eine Strafe: den Tod.

Doch der Tod kam nicht.

Noch nicht.

2.

 

Es war, als ginge rings um MIKRU-JON die Welt unter – und das in einem Gewitter von Lichtblitzen, das selbst einen Unsterblichen beeindruckte, der auf über dreitausend Lebensjahre zurückblickte.

Perry Rhodan hielt sich an einer Konsole des Schiffs fest. Es war ein Reflex, der auf seine Jugend zurückging und in der Welt hyperschneller Computer und Andruckabsorber eigentlich überflüssig war, doch in diesem Augenblick schien er durchaus angebracht.

Die hyperenergetischen Stürme warfen das kleine Schiff herum, stießen es hin und her, suchten es mit ihrer Glut zu versengen, mit ihren fünfdimensionalen Brechern fortzureißen.

Mikru hatte Mühe, MIKRU-JON halbwegs in Position zu halten. Mikru hatte die Augen geschlossen, konzentrierte sich ganz auf die Stürme, versuchte, ihre nächsten Böen zu berechnen und zu kontern.

Die Vernunft gebot, diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen.

Sie blieben. Denn was an diesem Ort geschah, war so wichtig, dass es selbst das Risiko lohnte, die unersetzlichen Leben von Unsterblichen zu riskieren.

Im Licht der nahe stehenden Sonnen glitzerte ein Mond. Er erinnerte an einen Edelstein, die Oberfläche zu unzähligen spiegelnden Oberflächen geschliffen. Im Gleißen der hyperenergetischen Entladungen schien der Edelstein in blendendem Licht zu explodieren, nur, um nach wenigen Augenblicken unversehrt aus der Kaskade hervorzugehen.

Das PARALOX-ARSENAL.

Eine unerhörte Konzentration von Psi-Materie, mit einem Durchmesser von über eintausend Kilometern.

Das Werk der Vatrox. Der Fixpunkt ihrer Existenz. Das Ziel ihres Strebens über Jahrmillionen.

Unzählige Lebewesen hatten ihr Leben gegeben, um das ARSENAL zu erschaffen.

Unzähligen Lebewesen hatte es das Leben gekostet.

Unerhörte Verbrechen waren im Namen des hehren Ziels begangen worden.

Das PARALOX-ARSENAL. Keiner der Lebenden hatte es je zuvor gesehen. Doch nun waren die zwanzig Zeitkörner, in die die Psi-Materie fragmentiert gewesen war, zusammengekommen, und das ARSENAL war wieder vollständig.

Eine Hand legte sich an Rhodans Hüfte. Er roch einen Duft, den er niemals verkennen würde. Mondra.

»Unheimlich, nicht?« Sie lehnte sich an ihn.

Rhodan legte seine Hand um ihre Hüfte, zog sie enger an sich. Er nickte, ohne den Blick abzuwenden. »In gewisser Weise ja. Aber es besteht kein Grund zur Beunruhigung. Mikru kennt ihr Schiff. Sie ist das Schiff. Sie wird MIKRU-JON aus diesem Sektor herausbringen, sollte die Lage unhaltbar werden.«

»Ich meine nicht die Hyperstürme.« Mondra schüttelte den Kopf.

Ramoz, das luchsähnliche Fremdwesen, das nur selten von Mondras Seite wich, lugte hinter ihrem rechten Bein hervor, als suche er dahinter Deckung.

»Was dann?«

»Julian.«

Julian. Nicht Tiff, wie sie seit Jahrtausenden den Freund genannt hatten. Tiff hatte sie für kurze Zeit verlassen – und in dieser Zeit die Ewigkeit erlebt.

Julian Tifflor stand einige Schritte entfernt, am gegenüberliegenden Ende der Zentrale. Er wandte ihnen den Rücken zu, war nicht mehr als der dunkle Umriss eines Menschen, der von Zeit zu Zeit von den Entladungen in grelles Licht getaucht wurde. Tifflor trug eine hautenge schwarze Kombination, mit der er seine fremde neue Haut nach seiner Reise durch die Zeit bedeckte.

Nur Hände und Kopf lagen frei, und dort sah man: Tifflor war bedeckt von etwas, das er selbst als »Diamantstaub« bezeichnet hatte: Psi-Materie, die ihn durchdrungen hatte. Der Diamantstaub schien von innen heraus zu leuchten, funkelte mit jeder Entladung des Hyperorkans, als sauge er die entfesselte Energie auf.

Julian Tifflor schwieg, wie er die meiste Zeit schwieg, seit er seinen Bericht beendet hatte.

»Unheimlich?« Rhodan flüsterte es. »Hast du etwa Angst vor ihm?«

»Du weißt, dass ich vor nichts und niemandem Angst habe. Nicht einmal vor dir!« Er spürte das Auf und Ab von Mondras Bauchmuskeln, als sie über ihren eigenen milden Scherz lachte. Die Bewegung endete abrupt. »Nein, keine Angst«, sagte sie ernst. »Es ist nur … dieser Julian ist nicht mehr von dieser Welt. Verstehst du, was ich meine?«

Rhodan nickte.

»Julian ist …« Mondra wollte fortfahren, aber Rhodan drehte sich zu ihr, legte ihr sanft einen Finger auf den Mund.

»Dir ist klar, dass Julian dich hören kann?«

Mondra zuckte die Achseln. »Und wennschon. Ich bezweifle, dass irgendetwas, das du oder ich sagen, einen Mann aus dem Gleichgewicht werfen könnte, der zehn Millionen Jahre durchlebt hat …«

Julian Tifflor hatte ihnen berichtet von der Jahrmillionenwanderung durch die Ährenspindel und die Zeitkörner. Besser: Er hatte versucht, ihnen zu vermitteln, was niemand außer ihm selbst auch nur im Ansatz zu ermessen vermochte.

Mondra hatte recht. Nichts, was er oder Mondra ersinnen mochten, konnte Tifflor erschüttern. Tifflor hatte diese Regungen vor langer Zeit hinter sich gelassen. Und dennoch …

»Er ist immer noch ein Mensch«, sagte Rhodan. »Er ist immer noch Julian Tifflor.«

»Ja. Und wenn du mich fragst: Genau das macht ihn unheimlich.«

Rhodan antwortete nicht, musterte den Menschen, der reglos wie eine Statue in der Zentrale stand.

Mondra hatte es in ihrer forschen Art auf den Punkt gebracht: Was Julian Tifflor unheimlich machte, war genau das: dass er Mensch geblieben war.