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Eine kleine Olchi-Kunde

Hattest du in deiner Schule schon einmal Olchi-Kunde? Nein? Das macht gar nichts! Hier sind die zehn wichtigsten Dinge, die du über die Olchis wissen musst:

1.  Die Olchis sind grün wie Rahmspinat. Sie haben lange Knubbelnasen im Gesicht und auf ihrem Kopf sitzen drei olchige Hörhörner. Damit hören sie die Ameisen husten, die Regenwürmer rülpsen und die Gänseblümchen wachsen. Mit ihrem mittleren Hörhorn können sie alle Sprachen der Welt verstehen.

2.  Die Olchis haben sehr starke Zähne. Damit knacken sie Plastik, Holz, Glas und sogar Metall. Auf ihrer Schmuddelfinger Müllkippe finden sie herrliche Leckereien und meistens haben sie einen gewaltigen Appetit. Die Olchis sind richtige Feinschmecker, am liebsten mögen sie faulige und schön vergammelte Sachen. Sie vertilgen alte Schuhsohlen wie Wiener Schnitzel, schlürfen Schuhbänder wie Spaghetti und kauen rostige Nägel, genau so wie die Menschen Gummibärchen kauen. Wenn die Olchi-Mama Schmuddeltopf mit Gräten und Schlammknödeln kocht oder leckere Topfdeckel- und Radkappen-Pizza backt, dann freut sich die Olchi-Familie ganz besonders.

Und wenn sie Durst haben, dann trinken sie braune Schmuddelbrühe und auch gern mal ein Schlückchen Fahrradöl. Das mag der Olchi-Opa am allerliebsten.

3.  Die Olchis bekommen niemals Bauchweh, obwohl sie so merkwürdige Sachen verspeisen. Aber wehe, wenn sie etwas Frisches erwischen! Dann geht es ihnen gar nicht gut und sie bekommen am ganzen Körper bunte Flecken.

4.  Die Olchis feiern ihren Geburtstag, wann sie wollen und so oft sie wollen. Und sie rülpsen und pupsen, wann immer ihnen danach zumute ist.

5.  Die Olchis waschen sich nie und verströmen einen sehr olchigen Geruch. Deshalb sind sie oft von Fliegen umgeben, denn nur die Fliegen haben diesen Geruch gern. Aber wenn die Olchis gähnen und ihren Olchi-Mund weit aufreißen, wird es sogar den Fliegen zu viel. Sie stürzen ab und fallen tot auf den Fußboden.

6.  Die Olchi-Haare sind so hart wie Draht. Man kann sie nicht mit einer Schere schneiden und bräuchte schon eine Kneifzange dazu. Aber wieso sollten sich die Olchis auch die Haare schneiden?

7.  Die Olchis sind zwar klein, aber sehr stark. Sie haben Muskeln wie aus Eisen, und alle zusammen können sie sogar einen dicken Elefanten in die Luft stemmen.

8. Die Olchis freuen sich immer, wenn es regnet. Dann hüpfen die Olchi-Kinder in den schlammigen Pfützen herum und schleudern sich fette Matschknödel an ihre Knubbelnasen.

9.  Die Olchis haben es gern gemütlich und muffeln am liebsten den ganzen Tag vor sich hin. Sie nehmen gern ein schönes Müllbad und warten darauf, dass der Regen fällt. Die kleinen Kröten, Ratten und Schneckeriche auf der Schmuddelfinger Müllkippe leisten ihnen dabei gern Gesellschaft.

10.  Wenn die Olchis besonders gute Laune haben, singen sie ihr Olchi-Lied. Und wenn sie schlechter Laune sind? Dann können sie die allergrässlichsten Olchi-Flüche ausstoßen. Muffelfurzteufel! Käsiger Gichtgräten-Furz! Krötiger Schlamm-Hühnerich!

Geburtstag! Geburtstag!

Die Schmuddelfinger Müllkippe war ein echtes Olchi-Paradies. Mäuse und Ratten spielten unter den rostigen Bettgestellen Verstecken und auf den alten Autoreifen quakten grüne Kröten. An rostigen Ölfässern klebten fette faule Schnecken und Tausende fleißiger Ameisen trippelten in langen Prozessionen geschäftig über den Fußboden.

Die Olchis genossen das sumpfig-faulige Lüftchen, das immer über ihrer Müllkippe wehte. Sie kratzten sich gemütlich die Bäuche, blinzelten in die Sonne und warteten auf Regenwetter. Das Leben konnte nicht schöner sein! Aber auch im krötigsten Paradies braucht man hin und wieder ein bisschen Abwechslung.

»Gefurztag! Wir haben heute Gefurztag!«, riefen die Olchi-Kinder. Sie trommelten mit langen Stöcken auf einem alten Ölfass herum und machten dabei einen Höllenlärm.

Olchi-Papa versuchte gerade in seiner Müllbadewanne ein kleines Nickerchen zu machen. Aber bei dem Krach, den die Olchi-Kinder veranstalteten, war an Schlaf nicht zu denken.

Olchi-Papa hielt sich die Hörhörner zu und grummelte: »Ihr hattet doch erst letzte Woche Geburtstag! Muss das denn schon wieder sein?«

»Ein Olchi feiert Gefurztag, wann er will und wo er will und so lange er will!«, riefen die Olchi-Kinder und trommelten jetzt auch an Olchi-Papas Badewanne herum.

»Pampige Rostbeule, den Spruch kenn ich inzwischen«, knurrte Olchi-Papa. »Aber trotzdem! Diese ewigen Geburtstage gehen mir langsam furchtbar auf die Nerven.«

»Wir möchten heute gar keine Geschenke«, sagte das eine Olchi-Kind.

»Wir wünschen uns nur einen Ausflug in den Zoo nach Gammelsberg«, erklärte das andere Olchi-Kind.

»Gute Idee!«, hörten sie Olchi-Mama aus der Olchi-Höhle rufen. »Olchi-Papa könnte ruhig mal wieder was mit den Kindern unternehmen, der alte Stinkstiefel!« Sie war gerade dabei, das Wohnzimmer mit Staub zu verdrecken. Auch ein paar faule Eier hatte sie aufgeschlagen, denn das gab immer so ein herrlich olchiges Düftchen.

»Aber ich nehme gerade mein Müllbad!«, schimpfte Olchi-Papa. Dass die Olchi-Kinder gerade jetzt ihren Geburtstag feiern wollten, kam ihm doch sehr ungelegen.

»Wir möchten so gern die giftigen Schlangen und die stinkigen Tiere sehen!«, rief das eine Olchi-Kind.

»In den Zoo! In den Zoo!«, quengelte das andere Olchi-Kind.

Olchi-Papa seufzte. »Kann das nicht Opa machen?« Er schaute sich hoffnungsvoll nach Olchi-Opa um.

Doch der war gerade beschäftigt. Er hockte neben der Höhle auf einem Autoreifen und dressierte seine Flöhe. Olchi-Opa war nämlich seit Kurzem Zirkusdirektor. Er hatte einen kleinen Flohzirkus gegründet und hütete seine Flöhe wie einen Schatz. Sie konnten winzige selbst gebastelte Wägelchen ziehen, über Hürden hüpfen oder mit Minischirmchen über aufgespannte Fäden balancieren.

Olchi-Opa hatte gerade also wirklich keine Zeit.

Vielleicht konnte ja die Olchi-Oma mit den Kindern Geburtstag feiern?

Nein, auch sie hatte keine Zeit. Olchi-Oma versuchte gerade, das plärrende Olchi-Baby zu beruhigen. Das arme Olchi-Baby hatte wieder mal irgendetwas Frisches geknabbert, und da die Olchis frische Sachen überhaupt nicht vertragen, hatte es überall bunte Flecken bekommen. Die Olchi-Oma hatte ihm deshalb einen schönen Stinkersocken-Wickel gemacht und eine alte Fischgräte zum Nuckeln gegeben. Jetzt wiegte sie das Olchi-Baby liebevoll im Arm und summte ihm ein olchiges Schlaflied ins Ohr.

Olchi-Papa kletterte aus seiner Müllwanne und brummte: »Na gut, beim krötigen Hühnerfurz! Dann geh ich eben mit euch, wenn es unbedingt sein muss.«

Die Olchi-Kinder freuten sich. Sie durften gleich den verschlafenen Drachen Feuerstuhl aus seiner Garage holen und auftanken.

Feuerstuhl soff einen ganzen Eimer voll Schuppenwurz-Brühe, die für ihn wie Benzin war, dann konnte es losgehen.

Die Olchi-Kinder kletterten mit Olchi-Papa auf seinen schuppigen Rücken. Feuerstuhl gähnte – und ein paar Fliegen, die sich auf seiner Nase niedergelassen hatten, stürzten ab und fielen tot auf den Fußboden.

Der Drache ließ noch eine gelbliche Stinkerwolke aus der Nase fahren, dann knatterten sie los in Richtung Gammelsberg, wo es den schönsten Zoo der ganzen Welt gab.

Kaum hatten sie die Müllkippe hinter sich gelassen, da waren sie auch schon über den Dächern von Schmuddelfing. Sie folgten der langen Landstraße hinüber nach Gammelsberg, ohne zu ahnen, dass sie auf dem Weg in ein großes Abenteuer waren.

Olchige Düftchen, krötige Lüftchen

Ganz in der Nähe des Zoos parkten sie den Drachen am Waldrand. Feuerstuhl legte sich sofort ins Gras und machte seine Glupschaugen zu. Er nutzte in letzter Zeit jede Gelegenheit für ein kleines Schläfchen. Mit seinen zweitausend Jahren war er nicht mehr der Jüngste und die Fliegerei war für ihn ziemlich anstrengend geworden.

Olchi-Papa lief mit den Kindern hinüber zum Tierpark, wo sie gleich am Gehege bei den Bisons über den Zaun kletterten.

Heute war es kühl und windig und so waren die drei Olchis fast die einzigen Besucher.

Als Erstes besichtigten sie das Aquarium mit den Tintenfischen, die lustigen Fledermäuse und die gruseligen Giftschlangen. Dann gingen sie zu den Krokodilen, die faul und träge in ihren Terrarien herumlagen. Nur hin und wieder rissen sie ihr Maul auf und zeigten die vielen spitzen Zähne. Auch die starken Elefanten mit ihrer langen Rüsselnase gefielen den Olchi-Kindern ganz ausgezeichnet.

Als sie Hunger bekamen, fischten sie sich ein paar leckere Coladosen, Pizzaschachteln und Popcorntüten aus den Abfalleimern.

»So ein krötiger Gefurztag!«, freuten sich die Olchi-Kinder, und Olchi-Papa war froh, dass es den Kindern hier so gut gefiel.

Nach dem Essen gingen sie noch zu den müffelnden Stinktieren hinüber, denn die fanden die Olchi-Kinder am tollsten.

Liebend gern hätten sie so einen kleinen Stinkerling mit nach Hause genommen, aber Olchi-Papa wollte das nicht. »Wir können das Stinktierchen doch nicht einfach seiner Familie wegnehmen«, erklärte er.

Nachdem sie alle Tiere besichtigt hatten, schlug Olchi-Papa vor, noch ein bisschen in Gammelsberg herumzuspazieren. Wo sie schon mal hier waren, wollte er sich unbedingt noch die Autos ansehen. Hier in der großen Stadt gab es nämlich viel mehr Autos als in Schmuddelfing und Olchi-Papa mochte den Geruch ihrer Auspuffwolken so gern.

»Was für ein krötiges Lüftchen!«, rief er glücklich, als sie an einer befahrenen Kreuzung standen. Er reckte seine Knubbelnase in die Höhe und atmete tief ein. Genau wie es die Menschen machen, wenn sie beim Wandern auf einer Bergwiese stehen bleiben.

Dann liefen sie über den Marktplatz. Die vielen Stände mit dem frischen Obst und dem Gemüse kamen ihnen ziemlich eklig vor. Drüben beim Bäcker mussten sie sich sogar die Nase zuhalten, so sehr roch es hier nach frisch gebackenem Kuchen und Brot.

Doch dann kamen sie am Gammelsberger Stadtmuseum vorbei.

Olchi-Papa deutete auf ein Plakat, das am Eingang hing, und sagte zu den Olchi-Kindern: »Seht euch das an! Sieht das nicht krötig aus?«

Auch die Olchi-Kinder waren neugierig geworden. Auf dem Plakat war eine ziemlich gruselige, vertrocknete Mumie abgebildet. Im Museum zeigten sie nämlich gerade eine Ausstellung mit Fundstücken aus dem alten Ägypten und das Foto der Mumie sollte die Besucher anlocken.

»Schleime-Schlamm-und-Käsefuß, das müssen wir uns genauer ansehen!«, riefen die Olchi-Kinder.

Heute war der letzte Tag der Ausstellung. Es war schon zehn Minuten vor sechs und um sechs Uhr wurde das Museum geschlossen. Aber das interessierte die Olchis nicht.

Neugierig wuselten sie in das Museum hinein, und da sie so klein waren, konnten sie unbemerkt am Kassenhäuschen vorbeischlüpfen.

Auch der Museumswärter, der vor den Ausstellungsräumen die Eintrittskarten kontrollierte, bemerkte die Olchis nicht. Er war gerade zur Toilette gegangen, denn so kurz vor Schluss erwartete er keine Besucher mehr.

Die Olchis standen in einem großen dunklen Raum zwischen beleuchteten Vitrinen. Darin lagen goldene Schmuckstücke, uralte Tontafeln mit geheimnisvollen Schriftzeichen, Münzen und Vasen, und in einer Ecke des Raums stand eine große Statue.

»Schrottiger Käserich«, brummte das eine Olchi-Kind enttäuscht und sie liefen hinüber zum nächsten Raum.

Hier war es schon interessanter. Sie blieben vor einem großen Sarkophag stehen, denn dieser steinerne Kasten müffelte geheimnisvoll und sehr vielversprechend. In solchen Sarkophagen hatten die alten Ägypter vor viertausend Jahren ihre Toten bestattet. Aber das wussten die Olchis natürlich nicht.

Olchi-Papa hob den schweren Deckel mit einer Hand ein Stückchen hoch. Da die Olchis sehr stark waren und Muskeln wie aus Eisen hatten, war das für ihn gar kein Problem. Er steckte die Knubbelnase hinein. »Es riecht nach uralten Fischgräten!«, freute er sich und schnüffelte noch einmal genießerisch.

»Und nach Krötenfurz!«, meinte das eine Olchi-Kind.

Sie schoben den Deckel ganz zur Seite – der Sarkophag war leer.

Aber was war das für ein himmlisches Lüftchen!

»Da drinnen könnten wir doch ein kleines Nickerchen machen, was meint ihr?«, schlug Olchi-Papa vor und musste auch schon gähnen. Der Kindergeburtstag war für ihn doch ziemlich anstrengend gewesen.

Alle drei kletterten in den Sarkophag hinein, streckten sich gemütlich aus und Olchi-Papa schob den Deckel zu.

Mit einem Mal war es stockdunkel und totenstill.

Welch wunderbare Ruhe!, dachte Olchi-Papa und pupste ein bisschen vor sich hin. Es dauerte nicht lange, da fielen ihm auch schon die Augen zu.

Die beiden Olchi-Kinder kicherten eine Weile herum, aber dann wurden auch sie schläfrig, und schon schnarchten sie alle drei wie die Weltmeister. Die Wände des Sarkophags waren sehr dick und kein Laut drang nach draußen.

Kurz nach sechs Uhr kam der Museumswärter in den Raum. Er wollte kontrollieren, ob kein Besucher mehr da war. Das Schnarchen der Olchis konnte er nicht hören.

Er löschte das Licht, ging hinaus und sperrte die Tür zu.