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Eine Nacht in der Alhambra

Eine Kurzgeschichte aus dem Buch "Statt Blumen"

www.Elysion-Books.com

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Eine Nacht in der Alhambra aus
"Statt Blumen"

Erotische Kurzgeschichte

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ELYSION-BOOKS

Kelly Stevens: "Eine Nacht in der Alhambra"
Print; 1. Auflage: Januar 2014
eBook; 1. Auflage: Juli 2015

VOLLSTÄNDIGE AUSGABE
ORIGINALAUSGABE
© 2014 BY ELYSION BOOKS GMBH, LEIPZIG
ALL RIGHTS RESERVED

UMSCHLAGGESTALTUNG: © Ulrike Kleinert
www.dreamaddiction.de
FOTO: © Bigstockphoto/ logoff
LAYOUT & WERKSATZ: Hanspeter Ludwig
www.imaginary-world.de

ISBN (vollständiges Ebook): 978-3-96000-014-3
ISBN (gedrucktes Buch): 978-3-945163-20-7

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Eine Nacht in der Alhambra

Kelly Stevens

Es gibt bessere Momente, von seiner Tochter angerufen zu werden, als zehn Sekunden, bevor man einem Star der internationalen Musikszene vorgestellt wird.

Mit schlechtem Gewissen drücke ich den Anruf weg. Flo wird es verstehen, rede ich mir ein, und setze mein freundlichstes Lächeln auf, während Sänger samt Entourage um die Ecke biegen. Mein Chef Ricky, dem das Tonstudio gehört, stellt uns vor, und ich nicke ein paar Männern zu, Manager, Bodyguards, PR-Manager, einem britischen Rockstar jenseits der Fünfzig, der hier seine Comeback-CD aufnehmen will, diversen Jungenfür-alles. Viel zu viele Menschen für unser kleines Studio, aber es hat einen guten Ruf, deshalb fliegen selbst internationale Musiker nach Berlin, um mit und bei uns zu arbeiten.

»Sibel, kommst du?« Ricky scheucht mich mit einer Handbewegung vor sich her. Er ist gleichzeitig Besitzer und Manager des Tonstudios, ich eine seiner vielen freiberuflichen Tontechnikerinnen. Eine Festanstellung ist in dieser Branche selten drin.

Ich folge den Männern ins Aufnahmestudio. Die Wände sind mit Schaumstoff gedämpft, auf dem Boden liegen Teppiche. Der Raum wird von künstlichem Licht und einer großen Glasscheibe dominiert, hinter der später der Produzent, Ricky, ich und wahrscheinlich auch der Manager sitzen werden.

Der Star beachtet mich gar nicht. Kein Wunder, mit gerade mal 1,60 Metern, schlank an der Grenze zu mager, in schwarzen Jeans, schwarzen Boots und schwarzem T-Shirt ist es mein Job, im Hintergrund zu bleiben. Ich muss nur Schaltungen aufbauen, ab und zu Mikros neu einstellen, Sänger und Instrumente verkabeln, später bei der Tonmischung helfen und ähnliches.

Die Musikspuren haben wir in den letzten Tagen schon eingespielt, mit Studiomusikern aus Berlin. Jetzt geht es nur noch darum, den Star gut aussehen – beziehungsweise in diesem Fall, gut klingen – zu lassen.

Was gar nicht so einfach ist, denn Jahrzehnte von Exzessen aller Art haben seine Stimme so rau gemacht, dass wir kaum eine verwendbare Zeile von ihm bekommen.

»Das wird viel Arbeit«, kommentiert der Produzent nach den ersten missglückten Takes.

»Immer schön lächeln und an die Kohle denken«, sagt Ricky.

Das habe ich in den letzten Jahren gelernt: Immer schön lächeln und ans Geld denken, dass Flo und mich über Wasser halten wird. Dass ich mit vielen Größen der Musikbranche zusammenarbeite, interessiert mich schon längst nicht mehr.

In einer Pause rufe ich Flo zurück. Florence, mein Sonnenschein. Inzwischen sollte sie alt und vor allem verständig genug sein, zu wissen, dass sie mich bei der Arbeit nur im Notfall stören darf.

»Ich wollte nur sagen, dass ich nach der Schule noch bei einer Freundin bin«, antwortet sie auf meine Frage, was los ist.

»Weiß Oma Bescheid?« Mit Oma ist meine Großmutter gemeint, nicht Flos, aber sie nennt Mathilde ebenfalls Oma.

»Klar, die habe ich zuerst angerufen.«

»Gut.« Hinter mir wird es geschäftig; die kurze Pause scheint vorbei zu sein. »Vermutlich wird es spät werden. Ich sehe dich spätestens morgen früh. Vergiss deine Hausaufgaben nicht, und hilf Oma mit dem Abendbrot, ja?«

An ihrer Stimme merke ich, dass Flo wahrscheinlich gerade die Augen verdreht. »Ja, Mama. Mach ich doch immer.«

Wenn Flo mich Mama nennt, fühle ich mich manchmal uralt. Dabei bin ich gerade einmal achtundzwanzig. Flo ist elf. Jeder, der hört, dass wir Mutter und Tochter sind, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Und jeder, der rechnen kann, kann sich ausrechnen, dass ich noch keine achtzehn war, als ich sie bekommen habe. Trotzdem habe ich meine Entscheidung, Flo zu behalten, nie bereut.