Inhaltsverzeichnis
»Bin im Garten ...« – Vorwort
Im Paradiesgarten
Der große Gärtner – Macht und Güte des Schöpfers
Der Mensch im Einklang mit der Natur – Im Garten Eden
Jenseits von Eden – Der Verlust des Paradieses
Das gestörte Gleichgewicht – Der Weltenbaum wird gestürzt
Im Nutzgarten
Frisches Gemüse auf den Tisch! – »Manna, immer nur Manna …«
Was wächst denn da? – Kundschafter finden die sieben Früchte Israels
Heißhunger auf Linseneintopf – Esau verkauft sein Erstgeburtsrecht
Das tägliche Brot – Rut findet neues Glück bei der Gerstenernte
Der König der Bäume und Sträucher – Jotams Fabel
Der Weinberg – schlechte und gute Jahre – Das ungerechte Volk bekommt eine zweite Chance
Gute Früchte am Weinstock – »Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben«
Immergrüner Olivenbaum – Die Taube mit dem Zweig der Hoffnung
Im Kräuterbeet der schwarze Senf – Das Gleichnis vom kleinsten Samenkorn
Im Blumengarten
Von der Schönheit und Sorglosigkeit der Blumen – »Seht, wie die Blumen auf den Feldern wachsen«
Die Vergänglichkeit der Blumen – Alle Menschen sind wie Gras
Mit Blumen sprechen – Israel soll blühen wie eine Lilie
Frühblüher und erstes Grün – Der Frühling lockt!
In der Gartenapotheke
Feigenpflaster gegen Entzündung – Der Prophet Jesaja heilt den todkranken König Hiskija
Wundversorgung mit Olivenöl und Wein – Die Reiseapotheke des barmherzigen Samariters
Desinfizieren und Reinigen mit Ysop – Vom Umgang mit geheilten Aussätzigen
Die abführende Wirkung der wilden Gurken – Das ungenießbare Gemüse
Die fruchtbarkeitsfördernde Wirkung der Alraune – Zwei Schwestern buhlen um die Liebe eines Mannes
Schöne Haut durch Myrrhenöl – Salbe für Verliebte
Vegetarische Kost – gesunde Ernährung aus dem Garten – Die Daniel-Diät
Im Duftgarten
Räucherwerk und köstliche Öle zur Ehre Gottes – Mose erhält göttliche Rezepturen
Weihrauch, Myrrhe und Aloe für den Friedenskönig – Die Weisen aus dem Morgenland bringen Geschenke
Duftende Salbe – zärtliche Geste – Die verschwenderische Liebe einer Frau
Das Parfüm der jungen Leute – Liebeswerben im Hohelied Salomos
Garten- und Feldarbeit
Aus Erfahrung klug – Von der Weisheit planvollen Handelns
Säen und Pflanzen – Das Gleichnis von der Aussaat
Wachsen lassen und vertrauen – Das Gleichnis von der selbstwachsenden Saat
Wunderbare Verwandlung: vom Samen zur Pflanze – Wie sollen wir uns die Auferstehung vorstellen?
Umgraben und Düngen – Das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum
Schädlinge und Ungeziefer – Die Heuschreckenplage als Gottes Gericht
Unkrautbekämpfung – Das Gleichnis vom Unkraut im Weizen
Zweige aufpfropfen – Judenchristen und Heidenchristen mit gleichem Stammbaum
Bewässerung – Gott schickt Regen zur rechten Zeit
Ernte und Vorratswirtschaft – Das Gleichnis vom reichen Kornbauern
Nur nicht nachlassen! – Das Feld des Faulpelzes wird von Unkraut überwuchert
Im Lustgarten
Geselligkeit und Feste – Prunkvolle Feier im Schlosspark des Perserkönigs
Erntedankfest unter Laubhütten – Das Volk feiert das Ende von Weinlese und Feldernte
Das Bad im Garten – Susanna kommt in Bedrängnis
Liebe im Garten – Erotische Pflanzenlyrik aus Israel
Im Garten der Besinnung
Endlich Ruhe! Gebet und Meditation im Garten – Jesus im Garten Getsemani
Begräbnis und Totengedenken – Maria Magdalena begegnet dem Gärtner ihrer Seele
Die menschliche Seele – ein bewässerter Garten – Was ist ein wahrhaftiger Gottesdienst?
Gartenträume
Schwerter zu Pflugscharen – Der Frieden für die Völker geht vom Berg Zion aus
Ein Baumstumpf treibt wieder aus – Das zukünftige Friedensreich
Wasser des Lebens und Blätter der Heilung – Der Strom, der vom Tempel ausgeht
Das wiedergewonnene Paradies – Hoffnung für Israel nach der Katastrophe
Alles wird gut – Das himmlische Jerusalem
Nachwort
Reihe Biblische Taschenbücher
Impressum

»Bin im Garten ...«
Vorwort

»Bin im Garten ...« – ein solcher Hinweis an der Haustür weckt viele Assoziationen: im Garten also? Vielleicht gemütlich auf der Bank mit einer Tasse Tee? Beim Unkrautjäten oder Umgraben? Bei der Apfelernte vielleicht oder beim Rosenschneiden? … Die Fülle der Möglichkeiten macht neugierig. Wir gehen in den Garten und schauen nach. Vielleicht können wir uns ein wenig dazusetzen, den Duft der Blumen genießen, einen Apfel probieren, ein gutes Gespräch führen.

»Bin im Garten ...« – dieser Hinweis hilft nicht nur Menschen weiter, die eine Gartenfreundin besuchen wollen. Er hilft auch Gott-Suchern. Denn wenn sie die Geschichten der Bibel lesen, können sie entdecken, dass Gott oft im Garten zu finden ist: Im Garten Eden geht er umher und ruft: »Adam, wo bist du?« Im Gelobten Land pflanzt Gott sein Volk wie einen Weinberg und lässt es erblühen wie eine Lilie. Den Garten der Liebe erfüllt Gott mit wunderbaren Düften und zeigt den Verliebten die Schönheit seiner Schöpfung. Im Garten Getsemani kämpft Gott um seine Liebe zu den Menschen. Im Friedhofsgarten begegnet er Maria Magdalena als Gärtner ihrer Seele. Im Garten des himmlischen Jerusalems am Strom des Lebens wohnt Gott bei den Menschen und wischt alle Tränen von ihren Augen. Gott ist im Garten – als Gärtner – und in jedem Samenkorn, das aufbricht, sich verwandelt und heranwächst zu einem neuen Leben. »Bin im Garten ... im Keimen, Wachsen und Blühen, im Vergehen und wieder Auferstehen!«

Wer sich auf die Spur der biblischen Gartengeschichten begibt, wird staunen, wie viel Erdverbundenheit man in der Heiligen Schrift finden kann, wie viele handfeste Erfahrungen von Gärtnerinnen, Weinbauern, Landwirten und Heilkundigen in einem Buch gesammelt wurden, das uns doch eher am »Überirdischen« interessiert zu sein scheint. Das hat seinen Grund vielleicht auch darin, dass der Garten in der Bibel ein Gleichnis für das Leben der Menschen in der Gegenwart Gottes ist. Zu guter Letzt – oder zuerst – ist der Garten in der Bibel auch ein Traum von einer Welt, wie sie sein könnte: ein Ort der Schönheit und des Friedens, der Fruchtbarkeit und des Heils und der innigen Verbundenheit alles Lebendigen.

Im Paradiesgarten

Die Tourismusbranche spricht von den »letzten Paradiesen« und lockt müde und abgehetzte Menschen auf Südseeinseln und in Bioreservate. Internetseiten versprechen unberührte Landschaften und eine artenreiche Tierwelt, saubere Flüsse und Seen, traumhafte Gärten, freundliche Menschen, Ruhe und Erholung. Einen Zipfel vom Paradies zu erhaschen, wenigstens im Urlaub – davon träumen viele Menschen. Und wirklich gelingt es manchen, für kurze Zeit im Jahr ihr kleines Paradies zu finden und daraus gestärkt hervorzugehen. Für einige ist es eine Blumenterrasse am Mittelmeer, für andere der liebevoll gehegte Schrebergarten vor der Stadt. Viele Menschen tragen darüber hinaus in sich die unbestimmte Hoffnung auf ein ewiges Leben im Paradies am Ende ihrer Tage. Diese Hoffnung wird gespeist aus ihren zeitlich begrenzten, irdischen Paradieserfahrungen und aus den Glaubensüberzeugungen ihrer Religion.

Den Traum vom Paradies gibt es bei fast allen Völkern der Erde. Als eine Urerfahrung und Ursehnsucht der Menschen scheint sich diese Vorstellung in der Seele der Menschheit festgesetzt zu haben. Dabei wird das Paradies ebenso als urzeitlicher wie als endzeitlicher Glückszustand gedacht. In vielen Religionen – so auch im jüdisch-christlichen Glauben – erscheint das urzeitliche Paradies am Anfang der Welt als ein vollkommener Garten, in dem der Mensch in der Gegenwart Gottes sorgenfrei und im Einklang mit sich und allen anderen Lebewesen zu Hause ist.

Wasserreichtum, der die Fruchtbarkeit des Gartens gewährleistet, ist ein Grundmotiv der Paradiesvorstellung, ebenso wie der Lebensbaum, dessen Früchte und Blätter Heilung, Verjüngung und Unsterblichkeit schenken. Seine Zweige gewähren Tieren und Menschen Schutz. Wasser und Baum kehren auch in den endzeitlichen Paradiesvorstellungen wieder: Am Ende der Zeit kommen Menschen zurück zum Paradiesstrom und essen an seinen Ufern von den Bäumen des Lebens und der Heilung. Sie leben in Frieden mit der Natur in Gottes fruchtbarem Garten.

Der große Gärtner
Macht und Güte des Schöpfers

»In der Natur bin ich meinem Gott ganz nahe; da habe ich das Bedürfnis, den Schöpfer zu loben für all die Schönheit und die sinnvolle Ordnung, die er geschaffen hat. Ich ahne seine Größe und Güte, wenn ich unter freiem Himmel bin, die Vögel singen höre und sehe, wie alles wächst und gedeiht.« So oder ähnlich empfinden viele Menschen. Sie erleben, dass ihnen die Natur eine unmittelbare Beziehung zu den Geheimnissen der Religion vermittelt. Hier draußen fühlen sie sich von starken und heilsamen Kräften umgeben und feiern ihren ganz persönlichen Gottesdienst. Die Vorstellung von Gott als einem großen Gärtner, der die Schöpfung wie einen riesigen Garten wunderbar angelegt hat und versorgt, kommt ihnen entgegen. Sie staunen über die Weisheit, mit der alles aufeinander bezogen ist und zusammenspielt: die Jahres- und Tageszeiten, Licht und Dunkelheit, Wasser und Land, Tiere und Pflanzen, die Fruchtbarkeit des Feldes und der Bäume und die Menschen, die mitten in diesen Garten gesetzt sind. Und sie beginnen zu vertrauen, dass die Hand eines großen Gärtners über ihnen ist, die das Chaos in seine Schranken weist, für das Wohlergehen der Geschöpfe sorgt und die Natur immer von Neuem erblühen lässt.

Der bekannte norddeutsche Maler Emil Nolde hat 1940 als über Siebzigjähriger ein Ölbild mit dem Titel »Der große Gärtner« gemalt. Dieses Bild kann als Darstellung der Personifikation einer gütigen, die ganze Natur durchwaltenden Schöpfermacht gedeutet werden. Wir sehen darauf einen alten bärtigen Mann, der – am oberen Bildrand angeschnitten – wie aus dem Himmel auf eine weite grüne Landschaft mit Bäumen zu schauen scheint. Mit einer vorsichtigen Handbewegung berührt er eine riesige Blume, die in warmem Gelb über den Baumwipfeln leuchtet. Das Bild wirkt wie eine Illustration des großen Schöpfungspsalms, den Menschen in alttestamentlicher Zeit gedichtet haben und der vielen noch heute aus dem Herzen spricht. (Psalm 104,1-24. 27-31)

Auf, mein Herz, preise den HERRN!
HERR, mein Gott, wie groß du bist!
In Hoheit und Pracht bist du gekleidet,
in Licht gehüllt wie in einen Mantel.
Den Himmel spannst du aus wie ein Zeltdach.
Droben über dem Himmelsozean
hast du deine Wohnung gebaut.
Du nimmst die Wolken als Wagen
oder fliegst auf den Flügeln des Windes.
Stürme sind deine Boten
und das Feuer ist dein Gehilfe.
Du hast die Erde auf Pfeilern erbaut,
nun steht sie fest und stürzt nicht zusammen.
Die Fluten hatten das Land bedeckt,
das Wasser stand über den Bergen.
Vor deiner Stimme bekam es Angst;
es floh vor dem Grollen deines Donners.
Von den Bergen floss es ab in die Täler,
an den Ort, den du ihm zugewiesen hast.
Dann hast du dem Wasser Grenzen gesetzt,
nie wieder darf es die Erde überfluten.

Du lässt Quellen entspringen und zu Bächen werden;
zwischen den Bergen suchen sie ihren Weg.
Sie dienen den wilden Tieren als Tränke,
Wildesel löschen dort ihren Durst.
An den Ufern bauen die Vögel ihre Nester,
aus dichtem Laub ertönt ihr Gesang.
Vom Himmel schickst du den Regen auf die Berge
und gibst der Erde reichlich zu trinken.
Du lässt das Gras sprießen für das Vieh
und lässt die Pflanzen wachsen,
die der Mensch für sich anbaut,
damit die Erde ihm Nahrung gibt:
Der Wein macht ihn froh,
das Öl macht ihn schön,
das Brot macht ihn stark.

Auch die großen Bäume trinken sich satt,
die Libanonzedern, die du gepflanzt hast.
In ihren Zweigen nisten die Vögel,
hoch in den Wipfeln hausen die Störche.
Den Steinböcken gehören die hohen Berge,
in den Felsen finden die Klippdachse Zuflucht.

Du hast den Mond gemacht,
um die Zeit zu teilen;
die Sonne weiß, wann sie untergehen muss.
Schickst du die Dunkelheit, so wird es Nacht
und die Tiere im Dickicht regen sich.
Die jungen Löwen brüllen nach Beute;
sie erwarten von dir, Gott,
dass du sie satt machst.
Geht dann die Sonne auf,
so ziehen sie sich zurück
und ruhen in ihren Verstecken aus.
Nun erwacht der Mensch;
er geht an seine Arbeit und müht sich,
bis es wieder Abend wird.

HERR, was für Wunder hast du vollbracht!
Alles hast du weise geordnet;
die Erde ist voll von deinen Geschöpfen.

Alle deine Geschöpfe warten darauf,
dass du ihnen Nahrung gibst zur rechten Zeit.
Sie nehmen, was du ihnen ausstreust;
du öffnest deine Hand
und sie alle werden satt.
Doch wenn du dich abwendest, sind sie verstört.
Wenn du den Lebenshauch zurücknimmst,
kommen sie um und werden zu Staub.
Schickst du aufs Neue deinen Atem,
so entsteht wieder Leben.
Du erneuerst das Gesicht der Erde.

Die Herrlichkeit des HERRN
bleibe für immer bestehen;
der HERR freue sich an allem,
was er geschaffen hat!

Der Mensch im Einklang mit der Natur
Im Garten Eden

Wenn wir etwas verloren haben, begreifen wir oft erst, wie kostbar es für uns ist. So geht es uns auch mit dem Garten Eden, dem Paradies. Wir erleben heute so viel Entfremdung von der Natur, so viel durch Menschen angerichtete Umweltzerstörung, dass uns ein Leben im Einklang mit der Schöpfung wie ein leuchtendes Sehnsuchtsbild vor Augen steht. Die Werbung hat unsere Sehnsucht erkannt und lockt mit »Urlaubsparadiesen« und ähnlichen Angeboten. Wir träumen von sauberen Stränden und reiner Luft, gesunden Wäldern und glücklichen Kühen. Vor allem aber träumen wir von Menschen, die ein geschwisterliches Zusammengehörigkeitsgefühl auch mit den Pflanzen und Tieren empfinden und darum achtsam mit allen Lebewesen umgehen. Wie schön könnte es auf der Erde sein, wenn alle Menschen ihr Leben als Gottesgeschenk begriffen – verbunden mit dem Auftrag, diesen Planeten wie einen kostbaren Garten zu pflegen und zu bewahren!

Ein chinesisches Sprichwort sagt, dass das Leben mit dem Tag beginnt, an dem man einen Garten anlegt. Genauso sieht es die Schöpfungsgeschichte der Bibel: Gott, der große Gärtner, legt in der Landschaft Eden (Hebräisch eden = Wonne, Griechisch paradeisos = Park, Garten) einen Garten an. Der Strom des Lebens entspringt in Eden und teilt sich in vier Flüsse, um das Land in allen Himmelsrichtungen zu bewässern. Die Menschen, aus Erde gemacht wie alle vergänglichen Wesen (Hebräisch adam = Mensch, adama = Erde), bekommen von Gott Lebenskraft und zugleich Mitverantwortung für das Gedeihen des Gartens. Das biblische Paradies ist also kein Schlaraffenland. Es ist eine Aufgabe für Gärtnerinnen und Gärtner, die das ihnen anvertraute Leben lieben und darin Gottes Partnerinnen und Partner sein wollen. (1Mose/ Genesis 2,4b-17)

Als Gott, der HERR, Erde und Himmel machte, gab es zunächst noch kein Gras und keinen Busch in der Steppe; denn Gott hatte es noch nicht regnen lassen. Es war auch noch niemand da, der das Land bearbeiten konnte. Nur aus der Erde stieg Wasser auf und tränkte den Boden.

Da nahm Gott, der HERR, Staub von der Erde, formte daraus den Menschen und blies ihm den Lebensatem in die Nase. So wurde der Mensch ein lebendes Wesen.

Dann legte Gott im Osten, in der Landschaft Eden, einen Garten an. Er ließ aus der Erde alle Arten von Bäumen wachsen. Es waren prächtige Bäume und ihre Früchte schmeckten gut. Dorthin brachte Gott den Menschen, den er gemacht hatte.

In der Mitte des Gartens wuchsen zwei besondere Bäume: der Baum des Lebens, dessen Früchte Unsterblichkeit schenken, und der Baum der Erkenntnis, dessen Früchte das Wissen verleihen, was für den Menschen gut und was für ihn schlecht ist.

In Eden entspringt ein Strom. Er bewässert den Garten und teilt sich dann in vier Ströme. Der erste heißt Pischon; er fließt rund um das Land Hawila, wo es Gold gibt. Das Gold dieses Landes ist ganz rein, außerdem gibt es dort kostbares Harz und den Edelstein Karneol. Der zweite Strom heißt Gihon; er fließt rund um das Land Kusch. Der dritte Strom, der Tigris, fließt östlich von Assur. Der vierte Strom ist der Eufrat.

Gott, der HERR, brachte also den Menschen in den Garten Eden. Er übertrug ihm die Aufgabe, den Garten zu pflegen und zu schützen. Weiter sagte er zu ihm: »Du darfst von allen Bäumen des Gartens essen, nur nicht vom Baum der Erkenntnis. Sonst musst du sterben.«

Jenseits von Eden
Der Verlust des Paradieses

Viele Menschen erinnern sich noch heute an den 1955 jung verstorbenen Schauspieler James Dean, der in dem Film »Jenseits von Eden« die Rolle des unglücklichen Sohnes spielte. In einem aussichtslosen Kampf um die Liebe seines Vaters wird er schließlich zum Außenseiter und lebt »jenseits von Eden«.

Die Bibel erzählt von Adam und Eva, die herausfallen aus ihrem glücklichen Leben im Paradiesgarten. Jenseits von Eden verwandelt sich ihre bis dahin befriedigende Gartenarbeit in mühsame Plackerei. Die Natur, mit der sie vorher in friedlichem Einklang gelebt haben, wird zum Feind, und es wird schwer, ihr das tägliche Brot abzuringen. Die Partnerschaft der beiden Menschen gerät aus dem Gleichgewicht. Schmerzen begleiten fortan Schwangerschaft und Kindsgeburt. Das Leben wird zum Kampf und der Abstand zu Gott scheint unüberwindlich.

Wie ist es zum Verlust des Paradieses gekommen? Was hat es auf sich mit der verbotenen Frucht, aus der im Laufe der Religionsgeschichte ein Granatapfel, in unseren Breiten ein Paradiesapfel geworden ist? Gott verbietet Adam und Eva, Früchte vom Baum der Erkenntnis zu essen. Alles zu wissen über Gut und Böse ist allein ihm vorbehalten, dem Menschen wird hier eine Grenze gesetzt. Adam und Eva sind frei, Gott zu vertrauen und diese von ihm gesetzte Grenze einzuhalten oder aber sie zu überschreiten. Sie aber wollen sein wie Gott. Darin überschätzen sie ihre eigenen Möglichkeiten und setzen die vertrauensvolle Beziehung zu ihrem Schöpfer aufs Spiel. Nachdem sie die verbotene Frucht gegessen haben, verlieren sie den Garten, in dem sie bis dahin zu Hause waren. Zeit ihres Lebens werden sie sich nach ihm sehnen. (1Mose/Genesis 3)

Die Schlange war das klügste von allen Tieren des Feldes, die Gott, der HERR, gemacht hatte. Sie fragte die Frau: »Hat Gott wirklich gesagt: ›Ihr dürft die Früchte von den Bäumen im Garten nicht essen‹?« »Natürlich dürfen wir sie essen«, erwiderte die Frau, »nur nicht die Früchte von dem Baum in der Mitte des Gartens. Gott hat gesagt: ›Esst nicht davon, berührt sie nicht, sonst müsst ihr sterben!‹«

»Nein, nein«, sagte die Schlange, »ihr werdet bestimmt nicht sterben! Aber Gott weiß: Sobald ihr davon esst, werden euch die Augen aufgehen; ihr werdet wie Gott sein und wissen, was gut und was schlecht ist. Dann werdet ihr euer Leben selbst in die Hand nehmen können.«

Die Frau sah den Baum an: Seine Früchte mussten köstlich schmecken, sie anzusehen war eine Augenweide und es war verlockend, dass man davon klug werden sollte! Sie nahm von den Früchten und aß. Dann gab sie auch ihrem Mann davon und er aß ebenso. Da gingen den beiden die Augen auf und sie merkten, dass sie nackt waren. Deshalb flochten sie Feigenblätter zusammen und machten sich Lendenschurze.

Am Abend, als es kühler wurde, hörten sie, wie Gott, der HERR, durch den Garten ging. Da versteckten sich der Mensch und seine Frau vor Gott zwischen den Bäumen. Aber Gott rief nach dem Menschen: »Wo bist du?« Der antwortete: »Ich hörte dich kommen und bekam Angst, weil ich nackt bin. Da habe ich mich versteckt!«

»Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist?«, fragte Gott. »Hast du etwa von den verbotenen Früchten gegessen?« Der Mensch erwiderte: »Die Frau, die du mir an die Seite gestellt hast, gab mir davon; da habe ich gegessen.« Gott, der HERR, sagte zur Frau: »Was hast du da getan?« Sie antwortete: »Die Schlange ist schuld, sie hat mich zum Essen verführt!« Da sagte Gott, der HERR, zu der Schlange:

»Verflucht sollst du sein wegen dieser Tat! Auf dem Bauch wirst du kriechen und Staub fressen dein Leben lang – du allein von allen Tieren. Und Feindschaft soll herrschen zwischen dir und der Frau, zwischen deinen Nachkommen und den ihren. Sie werden euch den Kopf zertreten, und ihr werdet sie in die Ferse beißen.«

Zur Frau aber sagte Gott: »Ich verhänge über dich, dass du Mühsal und Beschwerden hast, jedes Mal wenn du schwanger bist; und unter Schmerzen bringst du Kinder zur Welt. Es wird dich zu deinem Mann hinziehen, aber er wird über dich herrschen.«

Und zum Mann sagte Gott: »Weil du auf deine Frau gehört und mein Verbot übertreten hast, gilt von nun an: Deinetwegen ist der Acker verflucht. Mit Mühsal wirst du dich davon ernähren, dein Leben lang. Dornen und Disteln werden dort wachsen, und du wirst die Pflanzen des Feldes essen. Viel Schweiß musst du vergießen, um dein tägliches Brot zu bekommen, bis du zurückkehrst zur Erde, von der du genommen bist. Ja, Staub bist du, und zu Staub musst du wieder werden!«

Der Mensch nannte seine Frau Eva, denn sie sollte die Mutter aller Menschen werden.

Und Gott, der HERR, machte für den Menschen und seine Frau Kleider aus Fellen.

Dann sagte Gott: »Nun ist der Mensch wie einer von uns geworden und weiß«