Gunter Pirntke (Herausgeber)

Alexandre Dumas

Die schwarze Tulpe

Impressum

Covergestaltung: Alexandra Paul

Digitalisierung: Gunter Pirntke


2012 andersseitig.de

ISBN: 9783955011086


andersseitig Verlag

Dresden

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I.

    Den Haag, die Residenz der sieben vereinigten holländischen Provinzen, ist eine von Sauberkeit und Behagen strahlende Stadt und zugleich so schmuck und fröhlich anzusehen, als durchlebte sie nur Sonntage und Feste. Die dunklen Baumkronen der Gärten und Anlagen neigen sich feierlich zu ihren gotischen Häusern, in den Straßen, die sich entlang der Kanäle ausbreiten, tummelt sich das Volle und im hellen Wasserlauf spiegeln sich die fast orientalisch anmutenden Glockentürme und Kuppeln, alles wirkt heiter, blank geputzt und wie frisch lackiert. Eine heitere Stadt, in der es von heiteren, buntgekleideten Menschen wimmelt.

   Aber am 20. August 1672 bot Den Haag ein wesentlich anderes Bild. Die Residenz schien außer Fassung, ihre fröhlichen Bewohner glichen plötzlich einem wütenden tobenden Haufen. Man rannte, schrie und fluchte, man hatte sich mit Musketen, Messern und Beilen oder wenigstens mit einem Stock versehen, und so gerüstet, drängten und stießen sich die Menschen zum Duytenhoff, jenem schrecklichen Gefängnis, hinter dessen vergitterten Fenstern ein hoher Gefangener schmachtete: Corneille de Witt, der Bruder des zurückgetretenen Ratspensionärs Jan de Witt.

   Corneille de Witt, der Ruart de Pulten, das will heißen, Kommandant sämtlicher Deichbefestigungen, war ehedem Bürgermeister seiner Vaterstadt Dordrecht und Deputierter der Landstände gewesen, als die biederen Holländer plötzlich der Republik, wie sie sich sein Bruder Jan, der Ratspensionär, gedacht hatte, überdrüssig wurden und nach der von ihm durch ein Edikt aufgehobenen Statthalterschaft sich glühend zurücksehnten.

   Die Geschichte jener Zeit - und vor allem das Jahr, in dessen Mitte die dramatischen und tragischen Ereignisse unserer Erzählung abrollen, war typisch für die Voreingenommenheit und den Wankelmut eines Volkes, das hinter einem Prinzip einen Mann wittert, der ihm aus purer Herrschsucht irgend etwas vorenthalten will. Die beiden ernsten Brüder de Witt, romanischer Abstammung, und auch deshalb wenig populär, hielten es unter ihrer Würde, der nationalen Eitelkeit zu schmeicheln und verharrten trotz Murren und Unzufriedenheit auf ihrem gutdurchdachten politischen Konzept, obwohl bereits überall im Land die Begeisterung für den jungen Wilhelm von Oranien, der später König von England werden sollte, aufflammte, denn von ihm erhofften sich die Niederländer die Rückkehr zur Statthalterschaft.

   Die Brüder de Witt aber nahmen Rücksicht auf Ludwig XIV., dessen zunehmenden Einfluß auf Europas künftige Gestaltung und militärische Macht Holland im Rheinfeldzug zu spüren bekommen hatte. Doch die Holländer erblickten in Ludwig XIV. nur ihren Erzfeind, die Unzufriedenheit nahm von Tag zu Tag zu, die franzosenfreundliche Politik der Brüder de Witt wurde als Verräterei angeprangert, man verlangte nach einem anderen Führer, der die Nation vor Untergang und Schande bewahren sollte.

   Dieser neue Führer, Wilhelm von Oranien, zuerst von sein Zeitgenossen und später auch von seinen Nachkommen "Taciturne", also der Schweigsame genannt, war durch Henriette Stuart ein Enkelsohn König Karls I. von England und wartete nur darauf in die Arena zu treten, um sich mit Ludwig XIV. zu messen. Jan de Witt wurde der Lehrmeister des ehrgeizigen Prinzen und nahm sich vor, einen guten Republikaner aus ihm zu machen. Aus Vaterlandsliebe, die mächtiger war als seine Liebe zu dem jungen Schüler, hatte er ihm durch das „Ewige Edikt" jede Hoffnung auf die Statthalterschaft entzogen, doch die Stimmung der Holländer und ihre unaufhörliche Furcht vor Ludwig XIV. veranlaßten ihn schließlich, seine Absichten zu ändern und das Edikt wieder außer Kraft zu setzen.

   Der Ratspensionär beugte sich also dem Willen seiner Mitbürger, aber Corneille de Witt war nicht so fügsam. Obwohl ständig durch pöbelhafte Ausschreitungen vom Tode bedroht. weigerte er sich beharrlich die Urkunde zu unterzeichnen, die das Recht auf die Statthalterschaft wieder herstellen sollte Nur die Bitten und Tränen seiner Frau bestimmten schließlich auch ihn zum Nachgeben und so unterschrieb er, allerdings mit Einschränkung, da er hinter seinen Namen die beiden Buchstaben V. C. setzte, was bedeuten sollte: Vi coactus, durch Gewalt gezwungen.

   Es grenzte ans Wunderbare, daß er in diesen kritischen Tagen den verschiedenen Mordanschlägen seiner Feinde entschlüpfte.

   Jan de Witt konnte aus seiner bereitwilligen Erklärung keinen echten Gewinn erzielen, Einige Tage später wurde auch er das Opfer eines Mordversuches, trotz zahlloser Messerstiche starb er aber nicht an seinen Verletzungen, er erholte sich wieder.

   Das kam den Anhängern des Hauses Oranien sehr ungelegen, denn für ihre Absichten bedeuteten die Brüder de Witt ein beständiges Hindernis, das sie um jeden Preis aus dem Weg zu räumen versuchten. War der Mordanschlag auf den älteren mißglückt, so änderte man jetzt die Taktik und versuchte mit Hilfe von Verleumdungen ans Ziel zu kommen.

   Es geschieht selten, daß sich im richtigen Augenblick ein großer Mann findet, der imstande ist, ein großes Unternehmen mit Gottes Hilfe auszuführen, aber der Teufel mengt sich mit Geschick und Vorliebe in menschliche Angelegenheiten, um Existenzen oder Reiche zu ruinieren, und so gab es auch damals einen ruchlosen Burschen, dem man nur ein Wörtchen ins Ohr zu blasen brauchte und schon machte der Kerl sich ans Werk. Ein Chirurg namens Tykelaer erklärte sich bereit vor Gericht auszusagen, CorneiIle de Witt habe ihn aus Haß gegen Wilhelm von Oranien und aus Wut über die Aufhebung des Edikts beauftragt, den Prinzen meuchlings zu ermorden, doch von Gewissensbissen gepeinigt, habe er, Tykelaer, es vorgezogen, die Absicht zu verraten statt den Anschlag auszuführen. Man kann sich gut vorstellen, welchen Entrüstungssturm dieses Bekenntnis unter den Anhängern des Prinzen von Oranien erregte. Am 16. August ließ der Staatsanwalt Corneille de Witt verhaften. In der Folterkammer des Buytenhoff mußte er die ersten Grade der Tortur erleiden, aber vergeblich versuchte man ihn wie einen Schwerverbrecher geständig zu machen, ihm das Mordkomplott gegen den Prinzen von Oranien zu entreißen.

   ComeiIIe war nicht nur ein wahrhaft großer Geist, sondern ein noch viel standhafteres Herz. Er gehörte jenen Märtyrerfamilien an, die dem Glauben an ihre Politik treu bleiben, ihren Vorfahren, ihrer Religion die Treue halten, und die Qualen der Folter lächelnd hinnehmen. Er trug, auf dem Martergerät liegend, mit fester Stimme und richtig skandierend die erste Strophe der Ode "Justum et tenacem" von Horaz vor und ermüdete auf solche Weise nicht nur die Kraft, sondern auch den Fanatismus seiner Henker. Er ließ sich nicht zu dem kleinsten Geständnis bewegen.

   Dennoch nützte ihm sein heldenhaftes Verhalten wenig, Tykelaer wurde von den Richtern frei gesprochen, Corneille aber seiner Ämter und Würden beraubt und überdies noch auf Lebenszeit des Landes verwiesen.

   Damit war immerhin etwas geschehen, um die allgemeine Empörung zu befriedigen, aber noch lange nicht genug, der Pöbel erwartete mehr.

   Die Athener hatten sich seinerzeit mit einem gewissen Maß von Undankbarkeit begnügt, als sie Aristides verbannten. Es blieb den Holländern überlassen, sie in diesem Punkte noch zu übertrumpfen.

   Jan de Witt war beim ersten Gerücht von der Anklage gegen seinen Bruder als Ratspensionär zurückgetreten. Man belohnte ihn ebenso würdig für die Dienste, die er Holland erwiesen hatte, denn er zog sich mit seinen Wunden und Sorgen ins Privatleben zurück, und teilte das Schicksal so vieler Ehrenmänner, nachdem sie redlich gearbeitet und uneigennützig ihrem Land gedient hatten. In diesen Tagen bot Wilhelm von Oranien alles auf, um über die Leichen der beiden Brüder den Weg zur Statthalterschaft zu beschreiten. Er war der Abgott des Volkes und so durfte er unbeugsam, aber ohne Hast, den Ausgang des Dramas erwarten

   Am 20. August 1672 rannte also die ganze Einwohnerschaft nach dem Gefängnis Buytenhoff, um dabei zu sein, wenn Corneille de Witt den Kerker verließ, um in die Verbannung zu gehen, auch war man neugierig, die Spuren zu sehen, welche die Folter an dem Körper dieses Mannes, der seinen Horaz so gut auswendig kannte, hinterlassen hatte. Aber die meisten hofften nicht nur müßige Zuschauer zu bleiben, sondern auch ein wenig die Rolle des Henkers zu spielen. dazu würde sich vom Buytenhoff bis zur Stadt schon irgend eine Gelegenheit bieten.

   So dachten wenigstens die Hetzer des Prinzen von Oranien, die geschickt unter die Menge verteilt waren. Keinesfalls durfte man diesen de Witt, der nicht allein dem Prinzen von Oranien das Anrecht auf die Statthalterschaft abgesprochen hatte, sondern obendrein den Vergötterten noch beiseite räumen wollte, ungestraft in die Verbannung gehen lassen. Alle diese Menschen wollten sich recht tapfer zeigen, ihre Sache besonders gut machen und alle waren einer Meinung: war dieser Corneille de Witt erst einmal außer Landes, dann begab er sich todsicher in französischen Sold und würde dort weiter gegen Holland intrigieren.

   Angefeuert durch solche Worte rannten die Bürger umso schneller, schwenkten die Messer umso wilder, luden die Musketen und blickten grimmig um sich. Inmitten eines Haufens, der es anscheinend am eiligsten hatte, befand sich auch der saubere Chirurg Tykelaer, von den Anhängern Oraniens als Held der Nation und der Christenheit gefeiert. Er wurde trotz Hastens und Schreiens nicht müde, immer von neuem zu erzählen, wie Corneille de Witt ilm für seinen Mordplan gewinnen, ihm für die infernalische Absicht alle Wege ebnen und schließlich ihn auch noch belohnen wollte. Jede seiner Phrasen wurde von enthusiastischen Hochrufen auf den Prinzen Wilhelm und blindwütigem Geheul gegen die Brüder Witt begleitet.

   Einige murmelten dumpf aber unaufhörlich:

   "Er wird uns entwischen! Wir kriegen ihn nicht!"

   Und andere antworteten: "Ein Schiff wartet in Scheveningen auf sein Kommen, ein französisches Schiff. Tykelaer hat es gesehen!"

   "Braver Tykelaer! Wackerer Tykelaer!" So pflanzte sich sein Lob fort, nach allen Seiten.

   "Nicht zu vergessen", rief eine andere Stimme, "daß während Corneilles Flucht Jan, der nicht weniger Verräter ist als sein Bruder, daß dieser schurkische Jan auch das Weite suchen wird."

   "Und die beiden Spitzbuben werden unser Geld in Frankreich verprassen, das Geld unserer Schiffe, unserer Waffen, unserer Werften, die sie an Ludwig XIV. verschachert haben."

   "Wir müssen ihre Flucht verhindern!" rief die Stimme eines Patrioten, der sich an der Spitze des Haufens befand. "Zum Gefängnis! Zum Gefängnis! Vorwärts! Wir müssen eilen!" brüllten sie im Chor.

   Dennoch ereignete sich vorläufig keine Gewalttätigkeit, denn die Reiter, die sämtliche Zugänge zum Buytenhoff besetzt hielten, ließen sich von den blitzenden Messern, geschwungenen Musketen und wildflammenden Augen nicht aus der Ruhe bringen. Gleichgültig und eisern blieben sie auf ihrem Platz, und wirkten durch ihre wortlose Besonnenheit drohender, als die tobende Meute der heranrückenden Spießer. Der scharfe Blick ihres Kommandanten hielt sie alle im Zaum, Graf Tilly stemmte den entblößten Degen in den Steigbügel und sah der aufgeregten Meute kalt entgegen.

   Seine berittene Schar war sozusagen der letzte Wall, der das Gefängnis schützte, aber sie bändigte durch ihre vorbildliche Haltung nicht nur den johlenden Pöbel, sondern auch die Abteilung der Bürgergarde, die dem Buytenhoff gegenüber postiert war und gemeinsam mit den Berittenen für die Aufrechterhaltung der Ordnung sorgen sollte. In Wirklichkeit sympathisierten auch sie mit der Volksmenge und schämten sich nicht, den anrollenden Massen zuzurufen: "Es lebe Oranien! Tod den Verrätern!"

   Und da sie nicht begriffen, daß man Mut haben kann, ohne zu brüllen, so deuteten sie das Schweigen der Reiter als Feigheit und wagten sich näher an das Gefängnis heran. Sogleich folgte der ganze Volkshaufen den Bürgergardisten, alles drängte und wogte durcheinander, eine kreischende, wutschäumende Flut.

   Da aber ritt ihnen Graf Tilly allein entgegen, und während er seinen Degen erhob, fragte er verächtlich: "Warum bleiben die Herren Bürgergardisten nicht auf ihrem Platz? Was begehrt ihr?"

   Die Bürger fuchtelten mit ihren Flinten und schrien: "Es lebe Oranien! Tod den Verrätern!"

   "Es lebe Oranien!" wiederholte Tilly. "Gut, es sei! Obgleich mir freundliche Mienen lieber sind als eure verzerrten Gesichter. Tod den Verrätern! Meinetwegen auch das. Solange ihr es nur durch euer Geschrei fordert. Aber sowie ihr Ernst macht, bin ich da, um zu verhindern, daß ihr tötet. Seid versichert, ich werde es tun."

   Und mit einer raschen Wendung nach seinen Reitern rief er.

   "Ladet Soldaten!"

   Tillys Reiter befolgten diesen Befehl mit so viel Ruhe und Präzision, daß die angriffswütige Bürgerwehr und das Volk zurückwichen.

   Der Kommandant Tilly lächelte.

   "Lala", sagte er mit jenem spöttischen Ton, der nur den Degenträgern eigen ist. "Seht ihr, es geht auch so. Ohne einen einzigen Schuß. Aber macht ja keinen Schritt näher, das würden wir lautstark beantworten."

   "Wissen Sie denn, Herr Offizier, daß wir Musketen besitzen?" rief der Anführer der Bürgerwehr halb wütend, halb prahlerisch.

   "Meiner Treu, das sehe ich wohl", antwortete Tilly. "Ihr fuchtelt ja vor meinen Augen genug herum. Aber ihr scheint zu vergessen, daß wir nicht nur mit Flinten, sondern auch mit Pistolen bewaffnet sind, und diese treffen jeden Angreifer auf fünfzig Schritt, indes ihr nur fünfundzwanzig von uns entfernt steht."

   "Tod den Verrätern!" brüllten die gereizten Gardisten. "Pah", machte Tilly, "ihr verlangt immer dasselbe, das wird allmählich langweilig."

   Und er begab sich wieder an die Spitze seiner Truppe, während das Geschrei und das Gedränge um den Buytenhoff immer heftiger wurden.

   Dennoch ahnte das erhitzte Volk nicht im entferntesten, daß zur selben Zeit eines ihrer ausersehenen Opfer, nach deren Blut es lechzte, kaum einige hundert Schritt hinter den Rücken der Reiter und des Pöbels auf das Gefängnis zustrebte.

 Er hatte bereits dem Kerkermeister, der ihn kannte, freundlichh zugenickt und sagte jetzt: "Guten Tag, Gryphus, ich will meinen Bruder Corneille de Witt abholen und außer Landes bringen. Du weißt wohl, daß er zur Verbannung verurteilt wurde."

   Gryphus, der in allen seinen Bewegungen einem dressierten Bären glich, hatte den Gruß des Exratspensionärs erwidert, und das Gefängnistor hinter ihm wieder sorgfältig verschlossen. Ein paar Schritte weiter begegnete Jan de Witt einem wunderhübschen ungefähr sechzehnjährigen Mädchen in der kleidsamen Tracht der Friesin, das sich anmutig vor ihm verneigte. Er strich ihr freundlich übers Kinn und fragte:

   "Wie geht es meinem Bruder, liebe Rose?"

   "Ach, Herr Jan", antwortete sie, "es ist nicht der Schmerz, den man ihm zugefügt hat, der mir augenblicklich Kummer macht, meine Sorge um ihn geht in anderer Richtung."

   "Was fürchtest du, mein schönes Kind?"

   "Ich fürchte das Böse, das man gegen ihn im Schilde führt, Herr Jan."

   "Ach ja", sagte de Witt, "du meinst das Volk, nicht wahr?"

   „Hören Sie, wie es lärmt?"

   "Du hast recht, es ist augenblicklich furchtbar erregt, aber da wir ihm immer nur gutes erwiesen haben, wird es sich bei unserem Anblick hoffentlich beruhigen."

   "Oh, lieber Herr, das ist unglücklicherweise für dieses Volk kein Grund ... ", sie verstummte, denn ihr Vater Gryphus gab ihr durch eine befehlende Geste zu verstehen, daß sie das Gespräch mit Jan de Witt zu beendigen habe.

   Sie entfernte sich zögernd, aber sie gehorchte. "Wahrhaftig, mein Kind, ich muß dir recht geben."

   Jan de Witt nickte wehmütig und sein Herz war voll dunkler Ahnungen, seine Füße wurden ihm plötzlich schwer.

   Im Weitergehen dachte er: "Ja, sie sagt die Wahrheit, dieses einfache Mädchen, das vermutlich weder lesen noch schreiben kann, erkennt mit untrüglichem Instinkt das Unabwendbare unseres Schicksals."

   Immer noch ruhig, nur ein wenig melancholischer als vorher, machte er sich auf den Weg zum Zimmer seines Bruders.

II.

Während Jan de Witt mit der schönen Rose gesprochen hatte und jetzt mit bangem Vorgefühl die Steintreppe des Buytenhoff emporstieg. tat der aufgeregte Haufen vor dem Gefängnis sein mögliches, um Tillys Reiter beiseite zu drängen, weil sie den gefaßten Absichten im Wege waren.

Die Bürgerwehr unterstützte den Pöbel bei seinem rabiaten Vorgehen und erhielt begeisterte Zurufe:

"Es lebe die Bürgerwehr!"

Die Situation war für Graf Tilly heikel, die Atmosphäre gefährlich gespannt.

Er versuchte mit der Bürgergarde vorsichtig zu verhandeln, indem er ihr klar machte, daß er von den Ständen ausdrücklich Befehl erhalten habe, den Platz vor dem Gefängnis und seine nächste Umgebung von Menschenansammlungen frei zu halten.

Aber diese rabiaten Kerle gaben sich mit dieser sachlichen Auskunft nicht zufrieden und riefen:

"Sie haben diese Befehle übernommen, damit die Verräter ungehindert die Stadt verlassen können. Die Stände, die solche Befehle ausgeben, verraten das Volk, und auch Sie, Herr Offizier, sind ein Verräter."

"Ich?" fragte Tilly mit Humor.

,,Ja, Sie! Wozu diesen schändlichen Befehl? Warum führen Sie ihn aus und bewachen dieses Gefängnis?"

,,Ah", meinte Tilly, "da Sie mich vernünftig fragen, wollen wir uns in Ruhe darüber unterhalten. Wen sollte ich denn verraten? Man hat mir gesagt: Halten Sie Ordnung vor dem Gefängnis, und ich halte sie. Ihr, meine Herren von der Bürgerwehr, wißt recht gut, was ein militärischer Befehl bedeutet. Man empfängt ihn und hat nicht darüber zu diskutieren."

„Von wem stammt eigentlich dieser Befehl?"

"Von den Ständen."

"Dann sind die Stände ebenso Verräter wie Sie, Herr Offizier!"

"Ich? Aber meine Herren von der Bürgerwehr, ich kann hier überhaupt niemand verraten, denn ich bin nicht Holländer, ich stehe im Sold der Stände und vollziehe als Soldat pünktlich die Befehle."

Nach dieser mit spöttischem Humor vorgebrachten Antwort nahm die Erregung unter der Menge wieder zu, vor allem deshalb, weil sie fühlten, daß der Kommandant der Reitertruppe recht hatte. Niemand konnte ihm seine Antwort widerlegen, doch wieder hörte Tilly wilde Drohungen und erkannte, daß der Pöbel zum äußersten entschlossen war. Von neuem versuchte er, die ganze Angelegenheit ins lächerliche zu ziehen.

"Aber meine Herren von der Bürgerwehr", fragte er freundlich spöttisch, "laßt die Hähne eurer Flinten endlich in Ruhe, sonst geht am Ende doch noch ein Schuß los und wenn der einen meiner Leute träfe, so wäre ich gezwungen, euch mit meinen Männern einfach niederzureiten, was uns natürlich sehr leid täte, aber euch vielleicht noch viel mehr."

"Oh", und jetzt brüllte die Meute auf, "wenn Sie das versuchen, werden auch wir auf Sie schießen."

"Dann macht doch den Versuch. Aber wenn ihr uns auch bis, auf den letzten Mann niederknallt, so werden die von uns Getöteten doch nicht mehr lebendig", erwiderte Tilly.

Nochmals versuchten die Gardisten Tillys Truppe zum Abzug zu bewegen, und machten ihm den Vorschlag: "Räumen Sie also freiwillig den Platz und erweisen Sie sich uns gegenüber als wackerer Bürger!"

Kalt und unbewegt erklärte Tilly: "Erstens bin ich kein Bürger, ich bin Offizier, zweitens bin ich, wie schon vorhin erklärte, nicht Holländer, sondern Franzose, und das bedeutet daher einen noch weitaus größeren Unterschied. Ich habe nur mit den Ständen zu tun, in deren Sold ich stehe. Verschafft mir den Befehl von ihnen, daß ich den Platz räumen soll, und ich mache sofort kehrt mit meinen Leuten. Die ganze Angelegenheit hier beginnt mich grenzenlos zu langweilen."

Auf Tillys Vorschlag erfolgte ein begeisterter Schrei, und Hunderte von Stimmen erhoben sich und äußerten ihren Willen. ins Ständehaus zu gehen. "Ja, er hat recht, laßt uns mit den Abgeordneten sprechen!"

Als sich die lautesten Schreier entfernten, sagte Tilly verächtlich:

"So ist es recht! Zieht nur zum Rathaus, zieht!" Und als er sich von dem lärmenden Haufen befreit sah, murmelte er für sich: "Geht nur, und verlangt von den Ständen eine erbärmliche Feigheit, ihr werdet ja sehen, ob man sie euch gewährt. Geht nur, meine Freunde, geht!"

Der wackere Offizier vertraute auf die Ehre des Magistrats, der selbst auf die Ehre seiner Söldner baute.

Da neigte sich sein Leutnant, der neben ihm zu Pferde saß, zu seinem Ohr: "Hören Sie, Kapitän, vorausgesetzt, daß die Deputierten diesen verrückt gewordenen Leuten ihr Begehren abschlagen, so wäre es dennoch zu wünschen, wenn sie uns ein wenig Verstärkung schickten, meinen Sie nicht auch?"

Graf Tilly hob die Achseln und schwieg.

Während sich dieses häßliche Feilschen um einen Standpunkt, um Recht oder Unrecht vor dem Gefängnis abspielte, hatte Jan de Witt nach seinem Gespräch mit dem Kerkermeister und dessen schöner Tochter Rose die Tür zum Zimmer seines Bruders erreicht, in dem der arme Corneille auf einer Matratze lag, um sich geduldig und gottergeben von seinen Folterqualen zu erholen.

Drei schreckliche Tage lagen hinter ihm, dann aber atmete er auf als man ihm sagte, daß man ihn zur Verbannung verurteilt hatte, und die Anwendung verstärkter Folter nicht mehr zu erwarten war.

So war er nach allem Erlittenen langsam wieder zu Kräften gekommen, auch seine Energie erwachte wieder, die Seele hatte ihre unbeugsame Standhaftigkeit bewahrt. Nun erging er sich in der Berechnung, wie lange er noch durch die gerichtlichen Formalitäten hinter Gittern zurückbehalten werden konnte.

Just als er diesen belebenden Gedanken nachhing, erhob sich draußen das Geschrei des Pöbels und dessen wütende Angriffe gegen Graf Tilly, der mit seinen Reitern immer noch wie ein schützender Wall die Eingänge zum Gefängnis umgab. Obwohl der Tumult da draußen mitunter bedrohliche Ausmaße annahm, verspürte Corneille nicht die geringste Lust, aufzustehen und sich das schmale vergitterte Fenster nach der Ursache dieser auf- und abebbenden Erregung zu sehen. Er war durch die Kontinuität seiner Leiden so abgestumpft, denn die zerbrochenen Finger und Handgelenke schmerzten bei der kleinsten Bewegung, daß ihm Schmerzen und Freiheitsbeschränkung fast schon zur Gewohnheit geworden waren. Sein Geist beschäftigte sich nur noch mit der Erwartung seiner Befreiung und mit der Ankunft seines Bruders, dessen Nahen er fühlte. Manchmal erlebte er den wonnetrunkenen Zustand, daß sich seine Seele und sein Geist auf wunderbare Weise über seine körperlichen Martern erhoben, ihm schien, als hätten sich beide bereits der Materie entzogen, schwebten über ihr wie über einem halb erloschenen Herd noch die Flamme dahinzieht, ehe sie ihn verläßt, um in den Himmel aufzusteigen. Und in solchem Schweben und Erlöschen blieb der Gedanke an den Bruder das lebenserhaltende Element. Ohne Zweifel, Jan war ihm nahe, näherte sich ihm zusehends, war nur noch wenige Schritte entfernt von ihm, war bereits so gegenwärtig, daß er unwillkürlich seinen Namen murmelte, als die Tür sich langsam öffnete und Jan eintrat. Mit einem einzigen mächtigen Schritt war er beim Bett des Gefangenen, der ihm die gemarterten Arme und die von Leinenbinden umwickelten Hände entgegenstreckte. Da war er endlich, der ruhmvolle, stolze Bruder, der niemals so hoch gestiegen war in der Anerkennung seiner Verdienste um das Land, wie im Grad des Hasses, den ihm die Holländer entgegenbrachten.

Jan küßte Corneille zärtlich auf die Stirn und legte seine wunden Hände behutsam auf das Bett zurück.

"Mein armer Bruder, du hast unsägliches ertragen. Leidest du sehr?"

"Das ist vorbei, mein Lieber, da ich dich sehe, leide ich nicht mehr", erwiderte mit sanfter Stimme der Gefangene. "Als sie mich folterten, habe ich mehr an dich gedacht als an mich selbst und nur ein einziges Mal geklagt, um auszurufen: Armer Bruder Jan! ... Aber lassen wir das jetzt ... "

"Mein armer teurer Corneille, nun bin ich es, der zu leiden beginnt, da ich dich so elend zugerichtet vor mir sehe."

"Sprechen wir nicht mehr darüber, Jan, nun bist du hier, und alles ist gut. Du willst mich abholen, nicht wahr?"

"Ja."

"Dann hilf mir aufstehen, ich bin gesund, mein Bruder, du wirst sehen, daß ich wieder gehen kann."

"Du hast keinen weiten Weg vor dir, denn mein Wagen hält am Fischteich, hinter Tillys Reitern."

"Hinter Tillys Reitern? Warum stehen sie am Fischteich?" Jan lächelte melancholisch. "Du weißt doch, daß wir beim Volk nicht gerade beliebt sind, Corneille, und deshalb bin ich durch weniger belebte Straßen gefahren, um dich zu holen. Man fürchtet Tumulte, wenn uns die Leute zusammen fortfahren sehen."

"Tumulte?" wiederholte Corneille und starrte seinen Bruder an, "wirklich Tumulte?"

"Ja.“

"Das war also der Lärm, den ich vorhin zu hören glaubte", sagte der Gefangene mehr zu sich selbst als zu seinem Bruder. Doch dann wandte er sich wieder an ihn.

"Also Menschenansammlungen vor dem Buytenhoff? Zusammenrottungen, die Ausschreitungen befürchten lassen?"

"Ja.“

"Du mußt dich also vor den Leuten verstecken, Jan?"

"Ein wenig. Ich wollte ohne Säumen zu dir gelangen, und tat also das, was man in der Politik und auf dem Meer tut, wenn man Gegenwind bekommt, ich lavierte."

In diesem Augenblick stieg .der wütende Lärm vor dem Gefängnis wie eine unheimliche Brandung bis zu den beiden Brüdern empor. Tilly verhandelte noch mit der Bürgerwehr.

"Oh!" rief Corneille zuversichtlich, "du warst immer ein großartiger Steuermann, Jan! Dennoch bin ich heute nicht sicher, ob du deinen Bruder durch die Brandung und den hohen Wellengang der augenblicklichen Volksstimmung so geschickt durchschleusen kannst, wie du einst die Flotte von Tromp nach Antwerpen durch die Untiefen der ScheIde manövriert hast."

"Dennoch wollen wir es mit Gottes Hilfe versuchen", sagte Jan mit trauriger Entschlossenheit. "Doch zuvor noch etwas anderes, sehr wichtiges, Corneille."

"Sprich."

Das Geschrei unten auf dem Platz nahm erschreckend zu. „Oh, oh", murmelte Corneille, "wie aufgeregt diese Menschen sind, wie zornig! Gilt das dir? Oder gilt es mir?"

"Ich glaube, es gilt uns beiden, Corneille, ich habe dir ja gesagt, was diese Leute uns vorwerfen, und sie hören nicht auf, uns in der dümmsten, niederträchtigsten Weise zu verleumden. Sie schieben mir vaterlandsfeindliche Unterhandlungen mit Frankreich in die Schuhe."

"Das heißt, sie werfen sie uns vor."

"Leugne sie! Was nützt das?"

"Aber wenn diese Verhandlungen geglückt wären, hätten sie doch nur davon profitiert, es hätte ihnen die Niederlagen von d' Rees, d'Orsay, de Veel und Rheinberg erspart, der Rheinübergang wäre vermeidbar gewesen und Holland hätte sich inmitten seiner Moore und Kanäle für unbesiegbar gehalten."

"Das alles mag stimmen, mein Bruder, aber noch viel unleugbarer ist, daß unser Briefwechsel mit Frankreich, falls unsere Feinde ihn fänden, die Ausreise der Brüder Witt aus Holland aufs äußerste gefährden würde. Es ist ein gebrechliches Schifflein, das uns von hier ins Ausland tragen soll. Wenn auch unsere Korrespondenz mit Frankreich redlich denkenden Menschen als Beweis für meine Vaterlandsliebe gelten könnte, so werden anders Gesinnte niemals daraus lesen, welch ungeheure Opfer ich persönlich für die Freiheit unseres Volkes und die Größe seines Ruhmes zu bringen gewillt war. Bei den Oraniern würde uns diese Korrespondenz nur zum Verderben gereichen. Hoffentlich hast du meinen Rat befolgt und die Briefe verbrannt, ehe du zu mir von Dordrecht nach Den Haag gekommen bist?"

"Jan, mein Lieber, dein Briefwechsel mit Monsieur de Louvois beweist, daß du der edelste, der treueste und verantwortungsvollste Bürger der sieben vereinigten Provinzen bist. Ich liebe den Ruhm meines Landes, aber noch viel mehr liebe ich deine Größe, deinen Ruhm, und deshalb habe ich mich wohl gehütet, diese Briefe zu verbrennen."

"Nun, dann sind wir eben für dieses irdische Leben verloren", sagte der Exratspensionär gefaßt und begab sich zum Fenster.

"Im Gegenteil, Jan, wir retten ja mit diesen so ungeheuer wichtigen Dokumenten unser Leben, und die Gunst des Volkes werden wir aufs neue lächeln sehen."

"Was hast du denn eigentlich mit diesen Briefen gemacht?"

"Ich habe sie einem verläßlichen Menschen anvertraut. Du kennst doch mein Patenkind, den jungen Cornelius van Baerle in Dordrecht?"

"Armer Cornelius van Baerle!" Jan lachte wehmütig. "Der Junge ist sehr lieb, aber von seltener Naivität. Er ist Gelehrter und soviel ich weiß, denkt er in der Hauptsache nur an seine Blumen. Und diesem großen Kind hast du also dies gefährliche Gut anvertraut? Weißt du denn nicht, daß der liebe Cornelius jetzt auch verloren ist?"

"Verloren? Warum?"

"Das liegt doch auf der Hand. Ist er stark, so wird er stolz auf uns sein und sich unserer Freundschaft rühmen, ist er aber schwach, so wird er von nun an unsere Beziehung zu ihm fürchten. Wenn er auch abgeschlossen und sehr zurückgezogen in Dordrecht lebt, so wird er doch eines Tages von unsrem Schicksal erfahren. Ist er stark, so wird er vielleicht mit unserem Geheimnis prahlen, ist er schwach, so wird er es sich früher oder später einmal entreißen lassen. In einem wie in dem anderen Fall ist er verloren und wir mit ihm. Laß uns daher rasch fliehen, Corneille, wenn überhaupt noch Zeit dazu ist."

Corneille richtete sich in seinem Bett auf, faßte nach der Hand seines Bruders, die bei der Berührung des Verbandes erzitterte.

"Meinst du, ich kenne meinen Patensohn nicht?" fragte er sanft. "Du fragst dich und mich ob van Baerle stark oder schwach ist? Er ist weder das eine noch das andere, aber was bedeutet das noch? Ich hin sicher, daß er auf alle Fälle das Geheimnis hüten wird, denn er kennt ja den Inhalt der Briefe gar nicht."

Da wandte sich Jan überrascht um.

"Ja, ja", fuhr Corneille mit seinem sanften Lächeln fort, "ich bin nicht umsonst in die politische Schule bei meinem Bruder Jan gegangen. Van Baerle kennt weder den Inhalt noch die gefährliche Tragweite der ihm anvertrauten Schriftstücke."

"Dann aber schnell!" rief Jan nach einem befreienden Atemzug, "wir müssen trachten, die Papiere zu verbrennen, wir müssen van Baerle eine Nachricht zukommen lassen."

"Und wer soll ihn diesen Befehl überbringen?"

"Mein Diener Kraeke, der uns zu Pferd begleiten soll."

"Überlege es gut, Jan, ehe du diese ruhmvollen Dokumente vernichten läßt."

"Mein braver Corneille, vor allem bedenke ich, daß wir unser Leben retten müssen, um den Ruf der Brüder de Witt zu retten. Wer wird uns verteidigen, wenn wir einmal tot sind, Corneille? Wir von allen diesen Leuten hat uns je verstanden?"

Corneille zögerte noch immer. "Glaubst du wirklich, daß sie uns ermorden würden, wenn sie diese Papiere fänden?"

Statt aller Antwort wies Jan mit der Hand nach dem Platz vor dem Buytenhoff, wo das zügellos gewordene Volk tobte lind heulte. Der Exratspensionär öffnete vorsichtig das Fenster.

"Tod den Verrätern!" brüllte der Pöbel. "Hörst du das, Corneille?"

"Ja, ich höre es", sagte der Gefangene mit einem Blick nach oben, "wir sind also Verräter."

"So ist es", bestätigte Jan de Witt.

"Wo ist dein Diener Kraeke jetzt?"

"Ich hoffe, er ist mir gefolgt und steht längst vor der Tür deines Zimmers."

"Laß ihn eintreten."

Jan öffnete die Tür und der treue Kraeke trat über die Schwelle.

"Komm näher, Kraeke, und merke dir genau, was mein Bruder dir sagen wird."

"Oh nein, es genügt nicht, daß ich van Baerle ein paar Worte ausrichten lasse, Jan, denn ohne schriftlichen Befehl wird er weder die Korrespondenz jemand ausfolgen, noch wird er sie vernichten. Ich muß ihm also schreiben."

"Kannst du es denn, mit deinen armen, zerquetschten Händen?"

"Verschaffe mir Tinte und Feder, und dann wirst du es sehen. Aber beides steht uns nicht zur Verfügung, doch laß mich aus meiner Bibel das erste Blatt herausreißen und leihe mir deinen Bleistift."

Jan erfüllte seinen Wunsch. Und tatsächlich, Corneille faßte mit den zerbrochenen Fingern danach, und begann zu schreiben. Aber nur zu bald quollen Blutstropfen durch das Leinen der Verbände, aus den noch nicht vernarbten Wunden sickerten sie unaufhaltsam hervor.

Corneille murmelte: "Haben sie den Zangen des Henkers widerstanden, so werden sie mir doch jetzt den Dienst nicht versagen ... " Und mit einer schier unglaublichen Willensanstrengung umschlossen die zerquetschten Finger noch fester den Bleistift. Von den Schläfen Jans rieselte der Angstschweiß, als er dem Gefangenen zusah, er hielt es nicht für möglich, daß der arme Bruder die wichtige Botschaft werde zu Ende bringen können, aber Corneille schrieb:

"Lieber Patensohn, verbrenne auf der Stelle die Papiere, die ich Dir zur Aufbewahrung übergab, verbrenne sie, ohne das Paket zu öffnen, ohne ihren Inhalt zu lesen. Es ist unbedingt notwendig, daß diese Korrespondenz für Dich unbekannt bleibt. Geheimnisse solcher Art sind tödlich. Verbrenne sie, damit rettest Du Jan und mich.

Adieu! In Liebe Corneille de Wirt."

Ein Tropfen Blut war auf das Papier gefallen, mit Tränen in den Augen wischte Jan diese schmerzliche Spur fort. Dann übergab er Kraeke mit einem letzten Befehl die ungeheuer wichtige Botschaft und kehrte zu Corneille zurück, der durch die ausgestandenen Schmerzen leichenblaß geworden und einer Ohnmacht nahe war.

"Jetzt heißt es warten, bis der wackere Kraeke den verabredeten Seemannstriller hören läßt, das bedeutet dann soviel, daß er sich außerhalb der wütenden Menschenhaufen jenseits des Fischteichs befindet. Dann wollen auch wir aufbrechen."

Es waren noch kaum fünf Minuten vergangen, da rollte der kräftige Seemannstriller durch den dunklen Dom der Ulmen und erhob sich triumphierend über das Geschrei der Meute vor dem Buytenhoff.

Jan dankte dem Himmel mit aufgehobenen Händen. "Komm, Corneille, jetzt wollen wir gehen", sagte er.

III.

Während zu den beiden Brüdern das Geheul der rabiaten Menschenmenge immer stärker und drohender emporbrandete, und Jan de Witt den Gefangenen zum Aufbruch mahnte, war eine Abordnung der meuternden Bürger ins Rathaus gezogen, um die Abberufung der Reitertruppe unter dem Kommando Tillys zu fordern.

Sie hatten vom Buytenhoff nicht weit zu gehen. Unterwegs schloß sich ihnen ein Fremder an, der die dramatischen Szenen vor dem Gefängnis mit Aufmerksamkeit verfolgt hatte. Er schien die Absicht zu haben, mit den Abgesandten bis zum Rathaus zu marschieren, um früh genug das Ergebnis der Verhandlung mit der Magistratsverwaltung zu erfahren.

Er war ein junger Mensch von etwa zweiundzwanzig Jahren, nicht besonders kräftig, und anscheinend wollte er in der Menge unerkannt bleiben, denn er wischte sich beständig mit einem Taschentuch den Schweiß von der blassen Stirn und den brennenden Lippen. Sein Blick hatte etwas raubvogelartiges, dazu paßte die geschwungene Adlernase, unter der ein gerader schmaler Mund wie eine Wunde klaffte.

Sein unruhiger Gang, das fahle Gesicht und die geduckte Haltung des mageren Körpers ließen in ihm einen äußerst mißtrauischen Menschen oder einen ruhelosen Räuber vermuten, ein Mittelding zwischen Adler und Geier. Er verfolgte und schien zugleich selbst ein Verfolgter zu sein. Jedenfalls war er eine beunruhigende undurchsichtige Erscheinung.

Er machte den Eindruck, als sei er jederzeit bereit sich irgendwo zu verstecken.

Dieser junge Mensch, der dem Pöbel vom Buytenhoff bis zur Hoogstraat folgte, war überaus einfach gekleidet und unbewaffnet. Sein hagerer aber doch sehniger Arm und seine aristokratische Hand stützten sich nicht etwa auf den Arm, sondern auf die Schulter eines Offiziers, der, die Hand am Degen, den Aufstand der Massen vor dem Buytenhoff mit gespanntem Interesse beobachtet hatte.

Sobald die Hoogstraat erreicht war, hastete der blasse Jüngling mit dem Offizier in den Schutz einer offenen Vorhalle und heftete dann seinen Blick starr und regungslos auf den Balkon des Rathauses.

Bei dem wilden Gebrüll des Volkes öffnete sich oben ein Fenster und ein Mann zeigte sich, um mit den Leuten zu verhandeln. Dann kam er durch die Glastür auf den Balkon.

"Wer ist das, dort oben auf dem Balkon?" fragte der junge Mann den Offizier und deutete nach dem Sprecher, der ganz außer Fassung schien und sich wie in einer Schwächeanwandlung an das Balkongeländer klammerte.

"Wer ist dieser Mann da oben?" fragte der Jüngling abermals seinen Begleiter.

"Es ist der Deputierte Bowelt."

"Ich will wissen, was für ein Mensch er ist. Kennen Sie ihn?"

„Oh, er ist ein wackerer Mann, man sagt es wenigstens, Monseigneur ."

"Ein wackerer Mann", wiederholte der junge Mensch, den man als Monseigneur anredete.“

"Ein wackerer Mann oder das, was man einen mutigen Mann nennt?"

"Oh, Monseigneur, das wage ich nicht zu entscheiden, ich kenne ihn nur vom sehen. Es tut mir leid, Hoheit, daß ich Ihnen keine bessere Auskunft geben kann. Ich bin untröstlich, daß ich diesen Mann nicht näher beschreiben kann."

"Schön", murmelte der junge Mann, "also warten wir ab, wir werden ja bald sehen .. "

Der Offizier verneigte sich und schwieg.

Aber derjenige, den man soeben mit Hoheit angeredet hatte, murmelte sichtlich enttäuscht: "Wenn dieser Bowelt wirklich ein wackerer Mann ist - dann wird er vermutlich die Forderung dieser Verrückten nicht besonders ernst nehmen" - seine nervöse Hand trommelte auf der Schulter seines Begleiters, brennende Ungeduld schien an ihm zu nagen, die er nur mühsam unter dem eisig düsteren Ausdruck seines Gesichtes verbarg.

Jetzt hörte man den Anführer der Deputation den Deputierten fragen, wo sich denn die anderen seiner Kollegen befänden.

"Meine Herren", wiederholte jetzt Bowelt schon zum zweiten Male, "ich habe Ihnen ja bereits gesagt, daß ich mit Herrn von Asperen allein im Hause und daher nicht befugt bin, selbst eine Entscheidung zu treffen."

"Der Befehl soll zurückgezogen werden!" schrie der Menschenhaufen.

Bowelt versuchte zu sprechen, aber seine Worte gingen unter in dem allgemeinen Geschrei und man sah nur, wie er seine Arme verzweifelt bewegte und vergebens versuchte, sich Gehör zu verschaffen. Da er einsehen mußte, daß sich niemand darum kümmerte, was er sprach, zog er sich gegen die offene Balkontür zurück und rief nach Herrn von Asperen.

Dann erschien Asperen ebenfalls auf dem Balkon, und wurde von einem noch wütenderen Gejohle empfangen, überhaupt nicht vergleichbar mit dem Geschrei, das man Herrn Bowelt entgegengeschleudert hatte. Dennoch versuchte auch er zu dieser zügellosen Volksmenge zu sprechen. Auch auf seine Worte achtete der Pöbel nicht, er durchbrach vielmehr die Wache der Rathauspolizei, die dem die Lage beherrschenden Volk nicht den geringsten Widerstand entgegensetzen konnte.

"Gehen wir, Oberst", sagte der junge Mann eisig, als er die Aufständischen in das Rathaus eindringen sah. "Anscheinend wird die Beratung da drinnen stattfinden. Wir wollen uns die Geschichte anhören."

"Ach, Hoheit, ich bitte Sie, seien Sie vorsichtig!" warnte der Oberst. "Unter den Abgeordneten der Bürger befinden sich vieleicht viele, die mit Ihnen, gnädiger Herr, in Verbindung standen. Wenn jetzt nur ein einziger Eure Hoheit erkennt, so genügt das ... "

,,Ich verstehe, es genügt, daß man mich als Urheber dieses Tumultes beschuldigen kann. Sie haben recht", fuhr der Jüngling nach einem kurzen Nachdenken fort, und seine fahlen Wangen röteten sich, weil er fühlte, daß er zuviel von seinen Wünschen verraten hatte. "Sie haben vollkommen recht, es ist klüger, wenn wir nicht mit hineingehen, wir wollen heraußen hleiben. Dennoch werden wir erkennen, ob sie mit oder ohne Vollmacht von da drinnen zurückkommen, und daraus läßt sich dann schließen, ob Herr Bowelt ein wackerer oder sogar ein mutiger Mann ist, denn das zu wissen, interessiert mich brennend."

Der Oberst blickte den jungen Mann erstaunt an.

"Ich glaube, Eure Hoheit zweifelt keinen Augenblick an der Entschlossenheit der Abgeordneten, die Reiter Tillys auf ihrem Platz zu belassen."

"Warum?" fragte der junge Mann kalt.

"Mein Gott, wenn man diesem wild gewordenen Pöbel den Willen tut, bedeutet das einfach die Unterzeichnung der Todesurteile der Herren Jan und Corneille de Witt."

"Man wird ja sehen", antwortete die junge Hoheit frostig.

"Gott allein weiß, was in den Herzen der Menschen vorgeht."

Da sah der Offizier verstohlen in das gefühllose starre Gesicht seines Begleiters und erblaßte.

Dort wo sie Posten gefaßt hatten, konnten sie deutlich das Geschrei und das Stampfen der Volksmeute auf den Treppen des Rathauses hören, denn es pflanzte sich durch das ganze Gebäude bis in den Saal und bis auf den Balkon fort. Die beiden Volksvertreter, Herr Bowelt und Herr Asperen verließen den Balkon und begaben sich schleunigst in den Saal zurück, vielleicht fürchteten sie, von der rasenden Plebs über das Geländer auf die Straße gestürzt zu werden.

Hinter den Fenstern huschten aufgeregte Schatten vorüber.

Der Sitzungssaal füllte sich mit Menschen.

Plötzlich erstarrte der Lärm und die Unruhe, dann aber brach mit geradezu elementarer Sturmesgewalt der Tumult von neuem los, und es hörte sich ganz so an, als sollten die alten Mauern des Gebäudes bersten. Jedenfalls erzitterte es bis in seine Tiefen.

Und dann begann sich die entfesselte Flut durch die gewölbten Gänge über die Stiegen hinab zum Tor zu wälzen, aus dem sie sich wie ein Strom auf die Straße ergoß. Und an der Spitze dieses unheimlichen Menschenknäuels tanzte und hüpfte ein Mann, dessen Gesicht vor Freude und Genugtuung, vor Haß und Bosheit, zur Fratze entstellt war.

Es war der abscheuliche, ruchlose Bösewicht Tykelaer.

"Wir haben ihn! Wir haben ihn!" kreischte er und schwenkte ein Papier hoch über seinem Kopf.

"Sie haben es erreicht ... " murmelte der Offizier vernichtet.

"Nun gut! Jetzt wissen wir, woran wir sind", sagte die Hoheit beruhigt. "Sie konnten mir nicht sagen, mein lieber Oberst, ob Herr Bowelt ein wackerer und ein beherzter Mann ist. Er ist weder das eine noch das andere."

Dabei hörte er nicht auf, die vorüberrollende Flut zu beobachten. Ohne eine Miene zu verziehen sagte er plötzlich:

"Und jetzt kommen Sie mit mir nach dem Buytenhoff, Herr Oberst. Ich glaube, wir werden ein ungewöhnliches Schauspiel erleben."

Der Offizier verneigte sich vor seinem Herrn und folgte ihm wortlos. Auf dem Platz vor dem Buytenhoff und vor allem nahe dem Zugang zum Gefängnis, wogte eine ungeheure Menschenmenge, aber Tillys Reiter hielten entschlossen und unerschütterlich dem Pöbel stand.

Doch nur zu bald nahm ihr Kommandant den dumpfen Lärm, der zurückkehrenden Menschenflut wahr, deren erste Brandung wie ein stürzender Wasserfall heranbrauste. Zugleich erblickte er wie das Papier, das von einer geballten Faust bewegt, zwischen den blitzenden Musketen und Beilen hin- und herflatterte. Da richtete sich Tilly in den Steigbügeln auf und stieß seinen Leutnant mit dem Degenknauf an.

"Verflucht, mir scheint, das Gesindel bringt mir wirklich den Räumungsbefehl!"

"Feige Schurkerei", schrie der Leutnant.

Natürlich brachten sie den Befehl zum Rückzug, den die Bürgerwehr mit Jubelgeschrei begrüßte. Und sogleich setzten sie sich an der Spitze der tobenden Massen mit Gejohle und Gepfeife in Bewegung, aber Tilly war nicht der Mann, der sich den Pöbel auf den Leib rücken ließ.

"Halt!" kommandierte seine mächtige Stimme. "Halt, gebt Platz für meine Reiter, oder ich lasse auf der Stelle einhauen!" Hundert freche Stimmen schrien ihm entgegen: "Hier ist der Befehl!"

Er nahm das Papier entgegen, warf nur einen einzigen bestürzten Blick darauf und sagte dann in das plötzlich eintretene Schweigen laut und deutlich: "Die wahren Henker des Herrn Corneille de Witt sind die Unterzeichner dieses Schreibens. Ich möchte nicht um meine beiden Hände einen einzigen Buchstaben dieses infamen Befehls geschrieben haben."

Und den Mann, der ihm das Papier wieder entreißen wollte, mit dem Degenknauf zurückstoßend, befahl er: "Zurück, gedulde dich! Einen Befehl wie diesen, muß man gut aufheben." Er faltete das Papier ruhig zusammen und ließ es in der Brusttasche seines Wamses verschwinden. Dann, mit einer unbeschreiblichen Verachtung sich abwendend, kommandierte er seinen Leuten: "Tillys Reiter, in Reihen gesetzt, rechtsum!"

Zuletzt mit etwas leiserer Stimmer aber doch noch so deutIich, daß seine Worte nicht für alle verloren gingen, sagte er: „Jetzt, ihr Halsabschneider, vollendet euer Werk!" Ein tausendfacher, wütender Schrei begleitete seinen Abzug. Ruhig und stolz trabten die Reiter davon, doch Graf Tilly blieb immer ein wenig zurück und bot dem blutrünstigen Haufen mutig die Stirn, bis sein Pferd Schritt für Schritt den nachdrängenden Volksmassen weichen mußte.

Und dann war die Hölle los.

Wahrlich, Jan de Witt hatte das Anwachsen der Gefahr nicht übertrieben, als er seinen Bruder zum Aufbruch mahnte und ihm beim Ankleiden half, Gestützt auf seinen Arm stieg Corneille die Treppe hinab. Auf dem untersten Absatz stand Rose, die Tochter des Kerkermeisters, und das schöne Kind zitterte am ganzen Körper.

"Mein Gott, Herr Jan", murmelte sie, "welch schreckliches Unglück!"

"Was gibt es denn, mein Kind?" erkundigte sich de Witt, "Man erzählt sich, daß sie eine Abordnung ins Ständehaus geschickt haben, um den Abzug von Tillys Reitern zu erzwingen."

"Oh, oh!" rief Jan, bis in die Lippen erblassend, "wenn die Reiter abziehen, dann sieht die Sache für uns sehr schlimm aus."

"Ach, wenn ich Ihnen doch einen Rat geben dürfte, Herr Jan .. ," stammelte das junge Mädchen, "dann würde ich Sie bitten ... "

"Nun, mein Kind? Sprich weiter. Vielleicht spricht Gott zu uns aus deinem Munde."

"Ich würde an Ihrer Stelle das Gefängnis durch die Seitenpforte verlassen.

"Gut, du magst recht haben, aber noch sind Tillys Reiter auf ihrem Posten."

"Ja, aber wenn sie ihnen den Befehl zum Rückzug bringen, dann werden sie nicht lange säumen abzuziehen."

"Das stimmt."

"Haben Sie denn niemand, der Ihnen hilft, aus der Stadt herauszukommen?"

"Nein."

"Sehen Sie! Sobald Sie an den ersten Reitern vorbei sind, werden Sie dem Volk in die Hände fallen."

"Aber die Bürgergarde ... "

"Oh, die gebärdet sich noch viel schlimmer."

"Was also rätst du uns, Kleine?"

"Wenn Sie die kleine Seitenpforte benützen, gelangen Sie in eine einsame Straße, eigentlich ist es nur ein Gäßchen, das geradewegs zum Hafentor führt,"

"Aber mein Bruder wird nicht so weit gehen können", meinte Jan besorgt.

"Ich werde es versuchen", sagte Corneille entschlossen.

Sie haben doch einen Wagen, Herr Jan?" fragte Rose.

"Ja, nur hält er leider vor dem Hauptportal.“

Das Mädchen lächelte. "Nein, Herr Jan, er ist nicht mehr dort, ich sagte Ihrem Kutscher, den ich für einen treuen Menschehen hielt er sollte Sie an der Seitenpforte erwarten.“

Die Brüder schauten sie dankerfüllt an. "Gutes Mädchen", murmelte Jan, "nun brauchten wir nur noch zu wissen, ob uns dein Vater die Pforte öffnen wird."

,,0 nein", sagte Rose, "das wird er bestimmt nicht tun."

"Mein Gott, dann ist ja alles vergebens ... "

"Nein, Herr Jan, während er am Fenster stand ,und, mit einem draußen stehenden Musketier plauderte, habe Ich Ihm heimlich den Schlüssel aus der Tasche gezogen. Hier ist er, Herr Jan."

„Kind, Kind" stammelte Corneille, "wir können dir nichts geben für diesen Dienst der Barmherzigkeit, ich besitze nur noch meine Bibel die du in meiner Zelle finden wirst. Nimm sie als das letzte Geschenk eines redlichen Mannes. Vielleicht wird sie dir Glück bringen."

"Danke, Herr Corneille, Ihre Bibel soll mich niemals verlassen."

Und mit einem kleinen Seufzer setzte sie hinzu: "Wie schade, das ich nicht lesen gelernt habe."

"Hörst du die Schreier, meine Tochter? Wir haben keine Zeit zu verlieren."

"In Gottes Namen, gehen wir also“, sagte die schöne Friesin und führte die beiden Brüder durch einen geheimen Gang nach der anderen Seite des Buytenhoff, dann folgten sie ihr noch über eine Treppe und über einen kleinen Hof, der von einer wehrhaften Mauer umgeben war, und als Sie endlich die überwölbte Seitenpforte geöffnet hatte, befanden sie sich bereits auf der entgegengesetzten Seite des Gefängnisses, dicht vor dem Wagen, der mit offenem Schlag und herabgekipptem Trittschemel auf sie wartete.

"Eilen Sie, meine Herren, eilen Sie!" rief der Kutscher aufgeregt. Jan ließ zuerst Corneille einsteigen und wandte Sich dann noch einmal an Rose.

"Adieu, mein Kind", sagte er, "Worte können unsere Dankbarkeit nur schwach zum Ausdruck bringen. Gott befohlen, nur er kann es dir vergelten, daß du zwei Menschen das Leben gerettet hast."