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Über dieses Buch:

»Du weißt nicht, was Hass bedeutet, und du hast keine Ahnung von Liebe. Aber klettere auf meinen Rücken und fliege mit mir. Ich werde dir zeigen, was es mit beidem auf sich hat.« Die Zukunft des Mädchen Teres scheint vorbestimmt zu sein: Sie wird den Berg, auf dem ihr Clan seit langer Zeit lebt, niemals verlassen. Sie wird einen ihrer Cousins heiraten, um der Familie Kinder zu schenken. Und sie wird dem Drachen dienen – denn nur der Drache sorgt dafür, dass niemand es wagt, den Clan anzugreifen. So will es die Tradition, so verlangen es die Gesetze ihrer Ahnen. Doch als Teres sich in einen Jungen aus dem Flachland verliebt, erwacht der Widerstand in ihr …

Schicksal, Mut, Erwachsenwerden: Die erste Fantasy-Novelle von Tanja Kinkel, einer der erfolgreichsten deutschen Autorinnen der Gegenwart.

Über die Autorin:

Tanja Kinkel, geboren 1969 in Bamberg, studierte in München Germanistik, Theater- und Kommunikationswissenschaft und promovierte über Aspekte von Feuchtwangers Auseinandersetzung mit dem Thema Macht. 1992 gründete sie die Kinderhilfsorganisation Brot und Bücher e.V, um sich so aktiv für eine humanere Welt einzusetzen (mehr Informationen finden Sie auf der Website: www.brotundbuecher.de). Tanja Kinkels Romane wurden in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt und spannen den Bogen von der Gründung Roms bis zum Amerika des 21. Jahrhunderts.

Bei dotbooks veröffentlichte Tanja Kinkel ihre großen Romane »Die Söhne der Wölfin«, »Im Schatten von La Rochelle« und »Unter dem Zwillingsstern«, die Novellen »Ein freier Mann«, »Der Meister aus Caravaggio« und »Reise für Zwei« sowie einen Roman für junge Leser: »Die Prinzen und der Drache«. Weitere Titel sind in Vorbereitung.

Die Autorin im Internet: www.tanja-kinkel.de

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Originalausgabe August 2013

Eine ältere und kürzere Fassung dieser Geschichte erschien 2002 in der Anthologie »Feueratem«, herausgegeben von Michael Nagula, erschienen im Knaur Taschenbuch Verlag.

Copyright © 2013 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: dotbooks GmbH, München, unter Verwendung eines Bildmotivs von Fotolia.de/dvarg

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-95520-316-0

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Tanja Kinkel

Feueratem

Novelle

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60 Jahre nach dem großen Krieg

Kapitel 1

Frühmorgens, ehe die letzten Nebelschwaden sich von den Bergen hoben, war die beste Zeit, um wilde Drachen zu beobachten. Die blasse Morgensonne genügte, um ihre Schuppen zum Strahlen zu bringen, so dass sie sich gegen die Dämmerung wie ein Feuerwerk aus Blau, Rot oder, sehr selten, Gold abzeichneten. Doch selbst am Morgen war es ein Glücksfall, mehr als einen fremden Drachen zu sehen. Es gab nur einen, auf dessen stete Anwesenheit man sich im Land Erised verlassen konnte. Womit er seine Tage und Nächte verbrachte, wussten die wenigsten, aber jeden Morgen, ohne Ausnahme, legte sich sein Schatten über den Berg des Clans Dekapa.

Teres hatte Drachen schon immer gehasst. Zumindest konnte sie sich nicht an eine Zeit erinnern, in der sie anders fühlte. Drachen waren für ihre Eltern und den gesamten Clan immer wichtiger gewesen als Teres oder eins ihrer beiden jüngeren Geschwister. Was die beiden älteren Brüder und ihre Schwester Anis anging, so gaben sie dem Drachen ebenfalls den Vorzug. Als Teres mit vier Jahren stürzte, sich einen Zahn ausschlug und mit aller kindlichen Gewissheit glaubte, verbluten zu müssen, drückte ihr Anis, die als Älteste auf die Geschwister achtete, nur hastig etwas Bittermoos in die Hand: »Kau das, dann wird es schon aufhören.« Teres schrie empört auf und spie Blut, bis ihr Anis das übel schmeckende Knäuel kurzerhand in den Mund stopfte.

»Den Zahn hättest du später ohnehin verloren«, erklärte sie unwirsch, als Teres’ Gejammer immer noch nicht verklingen wollte. »Und jetzt sei still. Du weißt doch, dass ich heute mit Guso an der Reihe bin, den Drachen zu pflegen.«

Jeden Morgen war es die Pflicht zweier Clanmitglieder, den Drachen von Dreck, Zweigen, Laub und allem, was sich sonst zwischen seinen Schuppen angesammelt haben mochte, zu befreien. Für Teres, die sich wie die meisten kleinen Kinder nicht gerne wusch, aber wusste, dass es Klapse auf die Hände gab, wenn sie es nicht tat, war dies eine weitere Ungerechtigkeit: Wieso erwartete niemand von dem gewaltigen Drachen, sich selbst in einem Fluss oder Wasserfall zu reinigen? Nein, stattdessen wurde er bedient, von ihren Geschwistern, ihren Eltern, ihren zahllosen Vettern, Onkeln, Tanten, Basen; zum Clan Dekapa gehörten fünf Familien, die alle in der alten, mächtigen Steinburg auf dem Berg siedelten, und jedes ihrer Mitglieder schien sich zu überschlagen, um den Drachen zu umsorgen. Gewiss wäre es für Anis ein Leichtes gewesen, Adeli zu bitten, für sie einzuspringen, dachte Teres bitter, und sich stattdessen um mich zu kümmern. Aber das tat sie nicht. Dabei war ihre Base Adeli ganz verrückt nach dem Drachen; immerzu schwärmte sie von seiner Stärke, Anmut und Schönheit, die Teres beim besten Willen nicht entdecken konnte.

Ihr liefen die Tränen über die Wangen, während das Bittermoos seine Wirkung tat und ihre Blutung stillte. Später mahnte Vetter Guso sie, sich das Gesicht zu waschen, weil es völlig verschmiert sei, und ihre kleine Schwester, die gerade erst das Sprechen gelernt hatte, gluckste und kicherte bei Teres’ Anblick, als wäre sie eine der buntbemalten Rumpfpuppen von den Familienfesten. Das Leben war wirklich ungerecht!

Mit dem Beginn ihres siebten Lebensjahres wurde es schlimmer für Teres, denn nun erwartete der Clan von ihr, dass sie sich selbst an der Pflege des Drachen beteiligte.

»Was kann ich denn schon für ihn tun?« Natürlich wusste sie, dass es sinnlos war, sich zu wehren. Trotzdem wollte die Stimme in ihr, die sich über die Ungerechtigkeit beklagte, nicht verstummen. »Er ist doch so riesig!«, beschwerte sie sich und wurde belehrt, gerade der Umstand, dass sie klein genug sei, um sich noch zwischen zwei Klauen des Drachen klemmen zu können, sei ein Vorzug.

»Aber …«

»Es gibt kein Aber, Teres. Du bist eine Dekapa, und je früher sich der Drache an dich gewöhnt, desto besser«, schloss ihr Vater und schickte sie an jenem kalten Wintermorgen mit ihren älteren Geschwistern in die Höhle des Drachen unter der Burg.

Anis hielt Teres’ Hand, als sie die Worte des Rituals sprachen, dem sich alle Clanmitglieder unterzogen, wenn sie die Höhle des Drachen betraten.

»Wir sind Dekapa«, intonierte Anis, und obwohl ein Teil von Teres rebellisch genug war, um schweigen zu wollen, konnte sie nicht leugnen, dass ein anderer Teil das Ganze auch aufregend fand, wie alles, was die älteren Clanmitglieder taten und bei dem sie früher nicht hatte dabei sein dürfen.

»Wir sind Dekapa«, murmelte sie also mit.

»Du bist Dekapa.«