cover
Andreas Krämer

Das Leben ist wie Erdbeerkäse





BookRix GmbH & Co. KG
81675 München

Chaos

Das Leben ist wie Erdbeerkäse

1. Kapitel - Chaos

Steffen brachte sein Leben weder privat noch beruflich auf die Reihe. Seit zwei Jahren lebte er in einer Kleinstadt im Schwarzwald und hatte echte Schwierigkeiten neue Leute kennenzulernen. In Lenzkirch kannte er bisher nur Anna, deren Freundschaft er schätzte und mit ihr öfter etwas unternahm. Er hatte die hübsche Schwarzhaarige im örtlichen Freizeitbad kennengelernt welches er drei mal in der Woche besuchte. Die beiden verstanden sich trotz ihres Altersunterschieds von zehn Jahren echt gut. Anna führte mit ihren 20 Jahren eine unglückliche Beziehung und Steffen war stets ihr erster Ansprechpartner bei Problemen aller Art. Heute war mal wieder einer dieser Tage, die er hasste da der Vollmond schien und deswegen schlecht schlief. Neben dem betrunkenen Mond machten ihn die Finanzen schon eine Weile zu schaffen. Die Miete, Strom, Wasser und die Lebensmittel konnte er bestreiten aber ansonsten reichte das Geld hinten und vorne nicht. Das Wort Urlaub war ihm fremd geworden. Zuletzt war er vor vier Jahren im Urlaub gewesen und zwar mit seiner damaligen Freundin Ramona. Seine Ex-Freundin hatte ihn belogen und betrogen. Seine gesamten Ersparnisse waren in die Beziehung geflossen für nichts und wieder nichts. Die Trennung war eine Weile her und Steffen fühlte sich schon lange bereit für eine neue Beziehung. Ein halbes Jahr nachdem er sich von Ramona getrennt hatte, landete er mit einer Kathrin im Bett die von ihm eigentlich nur eine Musik-CD kaufen wollte. Die Brünette war eine echte Sexbombe, da er sich vier Stunden lang mit ihr vergnügte. Es war sein erster One Night Stand und seit dem war nichts mehr im Bett passiert. Er schlief jeden Abend alleine ein, verbrachte die meiste Zeit am Rechner und ging nur selten aus. Anna würde nie seine Freundin werden, dafür verstand er sich einfach zu gut mit ihr und außerdem war Sie vergeben und der Altersunterschied zu groß. Beruflich lief es eher schleppend. Sein Geld verdiente er als freiberuflicher Blogger und Webseitenbetreiber. Das Einkommen schwankte stark und er hatte alle Mühe seine Rechnungen pünktlich zu begleichen. Die Arbeit bereitete ihm zwar Freude aber wirklich glücklich war er nicht. Der Tagesablauf verlief immer gleich.

Jeden Tag stand er um 8.30 Uhr auf, gönnte sich ein kleines Frühstück und arbeitete dann bis 17 oder 18 Uhr. An manchen Tagen war er je nach Auftragslage sogar schon um 15 Uhr fertig. Nach Feierabend unternahm er meist eine Radtour oder ging ins örtliche Freizeitbad. Ein Netbook war seit drei Jahren sein Arbeitsgerät, welches allerdings immer wieder einfror und ihn schimpfen ließ. Steffen bereute manchmal auf die Marke Hewlett-Packard gesetzt zu haben und wünschte sich sehnlichst einen Apple iMac oder Samsung Notebook. Auf Windows mit seinen Abstürzen hatte er einfach keine Lust mehr. Jedoch waren selbst gebrauchte Apple-Rechner teuer und so blieb es erst einmal ein Traum. Monatlich konnte er immerhin 50 Euro sparen und zahlte das Geld auf sein Tagesgeldkonto ein, wo es mit drei Prozent verzinst wurde. Bislang befanden sich nur ein paar Hunderter auf dem Konto und war als eiserne Reserve für schlechte Zeiten gedacht. Zum Glück hatte er damals in Paderborn, wo er der Liebe zu Ramona wegen umgezogen war, einen Führerschein gemacht. Auf Bus und Bahn war er nicht angewiesen und fuhr einen acht Jahre alten silbergrauen Peugeot 106. Nur selten konnten er und Anna etwas unternehmen, da ihr Freund ein eifersüchtiger Stoffel war und seine Freundin gerne kontrollierte. Steffen war ihr ein guter Ratgeber und telefonierten fast jeden Tag.

Die sportlich gebaute Schwarzhaarige mit den rehfarbenen Augen wohnte allerdings im gleichen Ort nur ein paar Strassen weiter. Er mochte ihre Art und wusste ihre Gespräche zu schätzen. Einen großen Freundeskreis hatten beide nicht, da sie eher Einzelgänger waren und Steffen sich nicht gerade zu den kontaktfreudigsten Menschen zählte. Seine beiden besten Freunde Matthias und Rolf kannte er seit fünfzehn Jahren. Nur wohnten sie weit entfernt in Hessen und Ostwestfalen. Einmal im Jahr fand ein Treffen statt, wo sie ein Schwimmbad ihrer Wahl besuchten und sich zu einer Tradition entwickelt hatte. In etlichen Wochen würde es erst soweit sein und Steffen freute sich schon darauf. Am heutigen Tag jedoch fiel es ihm schwer Freude zu empfinden, weil zur Mittagszeit die Post kam und einen Brief des Finanzamts Stuttgart eingeworfen hatte. Da lag der ungeöffnete graue Briefumschlag der Finanzgeier nun und Steffen streubte sich innerlich dagegen ihn zu öffnen. Zuerst stand das Mittagessen auf dem Plan. So klug wie er nun einmal war, hatte er gestern Abend die Kartoffelsuppe fertig zubereitet und musste den Topf nur noch auf das Ceranfeld des Herdes stellen. Nur eben kurz fünf Dicke Sauerländer in die Suppe geworfen und dann ließ er die Köstlichkeit vor sich hin köcheln auf zweitniedrigster Stufe. Die Bockwürste mit dem ungewöhnlichen Namen stammten von einem bekannten Wursthersteller aus dem weit entfernten sauerländischen Finnentrop. Seine Eltern hatten ihm drei Dosen geschickt, denn hier im Schwabenland gab es die Dicken Sauerländer nicht zu kaufen. Steffen setzte sich gerade an seinen mobilen Computer um noch drei Newsartikel für einen Blog zu schreiben, als es plötzlich an der Wohnungstür schellte. Der Dreißigjährige stand auf und öffnete kurzerhand die Tür. Anna stand vor ihm. »Wow«, dachte er innerlich als er Sie sah. Die Hübsche trug ein schwarzes bauchfreies Top und dazu eine stylische schwarze Matrix-Sonnenbrille. »Komm rein«, begrüßte Steffen seine platonische Freundin lächelnd. »Hey, na alles okay bei dir? Boah, draussen ist es heiß.«, erwiderte Anna mit einem Lächeln im Gesicht, wo sich ihre Lachgrübchen zeigten die Steffen so sehr mochte. Er geleitete Sie in sein Wohnzimmer, wo sich die hübsche Frau auf die Couch und ihre Sonnenbrille absetzte. »Hmm...was duftet es hier gut. Gibt es Kartoffelsuppe bei dir?«, fragte Anna forsch und schaute in die kleine Küche zum Herd, auf dem der Topf mit der Suppe brodelte. Steffen nickte und wandte seinen Blick zu ihr. »Jo, natürlich selbstgemacht kennst mich ja«, sagte er und ließ die News erst einmal links liegen, da ihm Anna in diesem Moment wichtiger war. »Kann ich dir was zu Trinken anbieten? Ich hätte dein Lieblingsgetränk da.«, fragte er freudestrahlend und rückte dabei seine Brille zurecht. »Gerne« , antwortete Anna knapp und Steffen schritt zum Kühlschrank. Keine Minute später hielt Sie eine geöffnete Fassbrause Zitrone in Händen und genoß einen kräftigen Schluck des kühlen Erfrischungsgetränks. »Köstlich. Du, hast du kurz Zeit?«, wollte Anna wissen und hielt inne. »Ja, so zwei Stunden könnte ich erübrigen«, lautete seine freudige Antwort, versetzte das langsame HP-Netbook in den Energiesparmodus und schaltete den Herd aus.

Endlich waren die beiden an der frischen Luft und Anna begann von ihrer kaputten Beziehung zu erzählen. »Tim hat einen an der Waffel. Gestern Abend war ich nach der Arbeit bei ihm und da kommt er mal wieder mit seiner Eifersucht um die Ecke. Er meinte, ich würde mit dir in die Kiste steigen und du wärst ein Nerd. Ich hab dich natürlich verteidigt, da ich nicht einsehe dass dich mein Freund beleidigt.«, erzählte die Hübsche mit bebender Stimme. Beide blieben an einem Zebrastreifen stehen und warteten geduldig darauf, dass die Ampel sich auf Grün schaltete. »Dein Freund kennt mich noch nicht mal und wie wir ja beide wissen, zieht er gerne über andere Leute her und steht gern im Mittelpunkt«, kommentierte er. Anna nickte. Die Ampel wechselte auf Grün und beide gingen zur anderen Strassenseite und begaben sich ins nächste Eiscafe am Eingang der Ladenzeile. Das Eiscafe war gut besucht und beide suchten sich einen Tisch an einer Ecke. Von dort aus hatten Sie die anderen Gäste gut im Blick. »Ich gebe dir ein Eis aus, da du das letzte Mal bezahlt hattest«, lud er Sie ein und erntete ein verschmitztes Lächeln ihrerseits. »Ooookaaayyy«, bedankte sich Anna und widmete sich der Eiskarte zu. »Ich nehme einmal Cup Dänemark und du?«, fragte Steffen neugierig und sah nebenbei wie die Bedienung des Cafes umher wuselte mit einem Eisbecher in der einen Hand und einer Tasse Milchkaffee in der anderen Hand. »Die Kellnerin könnte im Zirkus auftreten«, witzelte er. »Waaasss?«, stutzte Anna und schmunzelte. Ihr bester Freund zeigte unmerklich auf die schlanke blonde Kellnerin. »Ahhh ja«, sagte Anna und zuckte mit den Schultern. »Ich hab mich für Spaghetti-Eis entschieden«, sprach Sie knapp und lächelte Steffen dabei an. »Entschuldigung, wir möchten gerne bestellen!«, rief er und die Blondine kam schnell herbei. »Bitte, was darf es sein?«, fragte Sie mit einem leichten italienischen Akzent. »Einmal Cup Dänemark mit Sahne und einmal Spaghetti-Eis«, erzählte er offenkundig und die Kellnerin verschwand im Cafe. »Schönes Wetter haben wir heute«, bemerkte Steffen fröhlich gestimmt während Anna nachdenklich und irgendwie abwesend wirkte. »Anna, was ist los? Du bist so ruhig«, stellte er fest und Sie schaute kurz auf. Die ganze Zeit seit der Bestellung hatte Anna den Kopf gesenkt in eine Ecke auf dem Pflasterboden geschaut. »Ach nichts, ich überlege derzeit mich vielleicht von meinem Freund zu trennen. Ich sehe in meiner Beziehung keinen Sinn mehr, er wird sich nie ändern und ewig in Hotel Mama wohnen. Tim ist 25 Jahre alt, verdient sein eigenes Geld und wohnt noch immer zuhause. Ich hingegen ziehe bald in meine erste eigene Wohnung und baue mir mein Leben auf. Nein, ich schaue es mir nicht mehr lange an mit ihm«, sprudelte es langsam aus ihr heraus. Steffen wollte gerade zur Antwort ansetzen, als die Kellnerin kam und die beiden Eisbecher servierte. »Das haben Sie wie immer schön gemacht«, sagte Anna bewundernd, als Sie das Waffelherz erblickte welches in dem Spaghetti-Eis steckte und fotografierte es mit ihrem Smartphone. »Du und deine Eisfotos«, stichelte Steffen und Anna lächelte. »Nun, ich liebe Eis und daher fotografiere ich es gerne...«, schmunzelte die Schwarzhaarige und genoß die ersten zwei Löffel des leckeren Eises. »Ich weiß und deshalb mag ich dich. Deine Art weiß ich zu schätzen und habe dich echt gern«, bekundete er seine Sympathie. Anna grinste zurück. »Wenn du zehn Jahre jünger wärst, dann hätte ich schon lange mit meinem ollen Freund schluss gemacht und hätte mit dir eine Beziehung angefangen aber du weißt ja dass ich keine möchte«, gab Sie mit leicht ernsten Unterton zu verstehen. Steffen wusste wie es gemeint war und schätzte ihre Offenheit sehr. »Klar. Ich bin ja nicht in dich verliebt und eine Beziehung will ich ebenfalls nicht, da mir unsere Freundschaft echt viel bedeutet und ich immer für dich da sein werde, egal ob es dir gut oder schlecht geht«, machte er seinen Standpunkt klar und schlang drei Löffel Eis herunter.