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Table of Contents

Title Page

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Nachwort

Impressum

J. Walther

 

Die wahre Geschichte von Robinson Crusoe

 

 

Auch nachdem Robinson 20 Jahre allein auf seiner Insel verbracht hat, begegnet er dem »Wilden«, den er Freitag nennt, voller Überheblichkeit und Vorurteilen. Doch Freitag hat seine eigenen Mittel und Wege, Robinson Respekt abzunötigen und ihn schließlich auch für die Schönheiten des Lebens zu begeistern …

 

Die Erzählung basiert auf Das Leben und die seltsamen überraschenden Abenteuer des Robinson Crusoe von Daniel Defoe, erschienen im Jahr 1719.

Ich, Robinson Crusoe, greife zur Feder, um die wahre Geschichte meines Lebens zu erzählen. Es ist dies eine Beichte, ebenso über meine größte Sünde, jedoch, so will mir scheinen, auch über Handlungen, die mir zur Ehre gereichen. Jedoch, unter den Blicken dieses unseren Gottes ist es, wenngleich nicht zu verstecken, so doch eine Schande.

Aus diesem Grunde werde ich diese Zeilen nach Fertigstellung in die Wand meines Hauses einmauern. Vielleicht mögen spätere Generationen ein milderes Urteil darüber finden. Aber niederschreiben muss ich sie, denn die Last liegt schwer auf der Seele. Doch nein, auch das Glück will heraus aus meiner Brust.

Die Geschichte meiner Reisen und meines Schicksals als Schiffbrüchiger ist sattsam bekannt. Ebenso meine frühen Seefahrten und mein schändliches, ja, so sage ich es heute, schändliches Ansinnen, als Sklavenhändler tätig zu werden.

 

Alleine auf meiner Insel verbrachte ich die Zeit mit vielen Dingen, so dass mir die Tage nicht lang werden konnten. Stets war Arbeit zu erledigen, dies besonders in den ersten Jahren meiner Gefangenschaft. Zu Beginn holte ich viele hilfreiche Dinge mit dem Floß von unserem unglücklichen Schiffe. Mein Lager am Berge war zu bauen, umgeben von Palisadenreihen. Danach grub ich die Höhle in den Berg. Später meine Ziegen, denen ich Gehege baute. Der Versuch, ein Boot für meine Flucht von der Insel zu zimmern. Der mühsame Anbau von Getreide, das Flechten von Körben und Töpfern von Gefäßen.

Nach einigen Jahren beherrschte ich viele dieser Fertigkeiten und hatte mich eingerichtet. Das Leben wurde etwas leichter, die schwere Arbeit verteilte sich. Die Tage wurden länger und meine Einsamkeit nahezu unerträglich. Ich sprach mit meinem Papagei, was nicht das Schlimmste war. Ich sehnte mich mit jeder Faser meines Seins nach menschlicher Gesellschaft. Zivilisierter Gesellschaft.

Doch als die Jahre sich zogen, wäre mir jeder menschliche Umgang recht gewesen. Ein Bauerntölpel, kaum fähig in ganzen Sätzen zu sprechen. Gar ein loses Weib aus den dreckigsten Spelunken Londons. Und das, ich musste es zu meiner Schande eingestehen, hätte noch einen anderen Vorteil gehabt. Nun, es sollte anders kommen.

Diese Dinge verschwieg ich in meinem ersten Berichte, lag es mir doch fern, auf unsittliche Gedanken einzugehen, die Gott nicht zu Gefallen sind. Jedoch, die Gedanken sind nicht immer leicht zu beherrschen. Um so weniger, wenn ihnen so geringe Abwechslung zuteil wird, wie alleine auf meiner Insel. Noch weniger kann ein solcherart allein gelassener Mensch den Körper immer beherrschen. Nein, ich wollte hierin einen ehrlichen Bericht verfassen und doch zögere ich und zittert die Feder in meiner Hand, da ich mich diesem verwerflichen Thema nähere.

Als ich auf der Insel strandete, war ich ein junger Mann in der Blüte meiner Jugend, in voller Kraft meiner Männlichkeit. Nach mancher Nacht, in der mein Samen ohne mein Zutun die Decke netzte, folgte ich der Sünde von Onan. Gelang es mir zu Zeiten, einige Wochen davon zu lassen, so folgten doch wieder Nächte, in denen ich mich der Selbstbefleckung im Übermaß hingab.

Jedoch, ich war ein Seemann gewesen und wusste um noch schändlichere Dinge, mit denen sich die gemeinen Matrosen versündigten. Ich selbst war, abgesehen von meiner ersten Fahrt, nie ein einfacher Bootsmann gewesen und deswegen von solcherlei Schande verschont geblieben. Doch nein, schon wieder verschweige ich etwas in diesem Bericht, der zu meinen Lebzeiten gewiss nicht das Licht der Öffentlichkeit erblicken soll.

Zu meiner zweiten Seereise, die mich zum Handel an die afrikanische Küste führte, hatte mich der Kapitän eingeladen. Er teilte mit mir Kajüte und Tafel, weihte mich in die Geheimnisse der Seefahrt ein und lehrte mich. Er hielt mich gern um sich. Ich war damals ein junger Bursche von gerade zwanzig Jahren.

Eines Abends, das Schiff wurde von ruhigen Winden vorangetrieben, lud der Kapitän mich auf eine Flasche Rum ein. Wir tranken also und sprachen über allerlei Dinge. Als der Rum geleert war, führte mich der Kapitän, da er seine Wirkung weit weniger spürte, zu meiner Koje. Und dann näherte er sich mir in höchst unsittlicher Weise. Und ich, trunken vom Branntwein und hilflos meiner Jugend ausgeliefert, wehrte ihn nicht ab. Er ließ erst tief in der Nacht von mir ab.

Die restliche Zeit der Reise näherte er sich mir nicht mehr in dieser Weise. Ich war darob erleichtert. Jedoch gab es Nächte, in denen ich wach lag, lauschte, ob er herüberkäme und mich auch fragte, warum er es nicht tat.

Zurück in England verlor ich nie wieder ein Wort darüber, noch verschwendete ich einen Gedanken daran. In London spendete ich eine Kerze, betete auf den Knien und hoffte, mir würde vergeben werden.

 

~~oOo~~

Doch zurück zu den Jahren meiner Gefangenschaft auf der Insel, an deren Ufer mich ein gnädiges Schicksal gespült hatte. Wie dem Leser bekannt sein wird, erblickte ich nach fast achtzehn Jahren einen menschlichen Fußabdruck auf der anderen Seite der Insel. Dieses Zeichen menschlicher Anwesenheit nach so vielen Jahren erschreckte mich zutiefst. Schließlich fand ich auch weitere Lagerspuren am Strande der von meiner Festung abgewandten Seite.

Und hier ließ ich all meine Ängste und Skrupel in meinen späteren Bericht einfließen, schilderte ich doch Spuren gräulichsten Kannibalentums. In Wahrheit fand ich an jenem Strande neben dem niedergebrannten Feuer nur einen einzigen menschlichen Schädel, der jedoch weiß gebleicht war und demzufolge nicht von kürzlichen kannibalischen Akten stammen konnte. Was dieser Schädel jedoch zu bedeuten hatte, wusste ich nicht.