ZWEITES BUCH

Inhalt

1. Aus der Charybdis in die Skylla
2. Der Grèveplatz
3. Besos para golpes
4. Unannehmlichkeiten
5. Weitere Unannehmlichkeiten
6. Der zerbrochene Krug
7. Eine Hochzeitsnacht

1. Aus der Charybdis in die Skylla

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Die Nacht bricht im Januar frühzeitig herein. Die Straßen waren schon finster, als Gringoire den Palast verließ. Diese hereingebrochene Dunkelheit gefiel ihm; er verlangte danach, eine dunkle und verlassene Gasse zu erreichen, wo er ruhig nachdenken könne, und damit der Philosoph auf die Wunde des Dichters den ersten Verband legen möchte. Die Philosophie war übrigens seine einzige Zuflucht; denn er wußte nicht, wo über Nacht bleiben. Nach dem gänzlichen Scheitern seines theatralischen Versuches wagte er nicht in die Wohnung, welche er in der Straße Grenier-sur-l’Eau, gegenüber dem Heuhafen, innehatte, zurückzukehren; denn er hatte darauf gerechnet, daß der Herr Oberrichter ihn für seine Hochzeitsdichtung honoriren würde, um Meister Wilhelm Doulx-Sire, den Pächter der Kleinvieh-Steuer in Paris, die sechs Monate Miethe zu bezahlen, die er ihm schuldete, nämlich zwölf Pariser Sols: der zwölffache Werth von dem, was er in der Welt sein Eigen nannte, seine Hosen, sein Hemd und seine Mütze mit inbegriffen. Nachdem er einstweilen in dem Kerkerpförtchen des Rentmeisters der heiligen Chapelle untergetreten war und einen Augenblick an das Lager gedacht, das er für die Nacht wählen würde – er hatte das Straßenpflaster von ganz Paris zur Wahl – erinnerte er sich, vergangene Woche, in der Straße de la Savaterie, an der Thür eines Parlamentsrathes einen Steintritt zum Aufsteigen aufs Maulthier bemerkt, und zu sich gesagt zu haben, daß dieser Stein gelegentlich ein ganz vortreffliches Kopfkissen für einen Bettler oder Dichter abgeben würde. Er dankte der Vorsehung, daß sie ihm diesen guten Gedanken eingegeben hatte; aber als er sich anschickte, über den Palastplatz zu gehen, um das winkelzügige Labyrinth der Altstadt zu erreichen, wohin alle diese alten Straßen: die Rue de la Barillerie, die Rue de la Vieille-Draperie, de la Savaterie, de la Juiverie u.s.w. sich schlängelten, die noch heute mit ihren neunstöckigen Häusern stehen, sah er den Umzug des Narrenpapstes, welcher ebenfalls den Palast verließ, und sich quer durch den Hof mit lautem Geschrei, bei hellem Fackelscheine und mit seiner Musik, auf ihn, Gringoire, losstürzte. Dieser Anblick öffnete wiederum die Wunden seiner Eigenliebe; er entfloh. Bei dem Kummer über sein dramatisches Mißgeschick erbitterte ihn alles, was an das Fest des Tages erinnerte und machte seine Wunde bluten.

Er wollte den Weg nach der Sanct-Michaelsbrücke einschlagen; Kinder liefen dort mit Zündlichtern und Schwärmern hin und her.

»Zum Henker mit dem Feuerwerke!« sagte Gringoire und wandte sich plötzlich nach der Wechslerbrücke zurück. Man hatte an den Häusern des Brückenkopfes drei Fahnen befestigt, welche den König, den Dauphin und Margarethe von Flandern vorstellten, und sechs Fähnchen, auf denen der Herzog von Oestreich, der Cardinal von Bourbon, Herr von Beaujeu, die Prinzessin Johanna von Frankreich, der Herr Bastard von Bourbon, und ich weiß nicht wer noch, »abkonterfeiet« waren. Das Ganze war von Fackeln erleuchtet. Die Volksmenge staunte.

»Glücklicher Maler Johann Fourbeault!« sagte Gringoire mit einem tiefen Seufzer; und er wandte den Fahnen und Fähnchen den Rücken zu. Eine Straße lag vor ihm; er fand sie so schwarz und verlassen, daß er hoffte, hier allem Lärme und allen Freudeausbrüchen des Festes zu entgehen; er verschwand darin. Kurz darauf stieß sein Fuß an ein Hindernis; er strauchelte und fiel. Es war ein Maienbund, welches die Schreiber der Gerichtsschreibergilde heute Morgen zu Ehren des Festtages vor der Thüre eines Parlamentspräsidenten niedergelegt hatten. Gringoire ertrug mit Heldenhaftigkeit diesen neuen Unfall; er erhob sich wiederum und erreichte das Ufer des Wassers. Nachdem er das Bürger-und Criminalgefängnis hinter sich gelassen hatte und die lange Mauer der königlichen Gärten hinuntergegangen war, über den ungepflasterten Strand weg, wo der Schmutz ihm bis an die Knöchel ging, gelangte er an den nördlichen Punkt der Altstadt, und betrachtete eine Weile die kleine Insel des Kuh-Fährmanns, welche seitdem unter der bronzenen Pferdestatue des Pont-Neuf verschwunden ist. Das Inselchen erschien im Dunkel wie eine schwarze Masse über dem schmalen Laufe des weißlichen Gewässers, welches jene davon abhob. Man errieth hier beim Strahl eines kleinen Lichtes die Art Hütte in Gestalt eines Bienenkorbes, worin sich der Fährmann nachts versteckte.

»Glücklicher Fährmann!« dachte Gringoire; »du denkst nicht an den Ruhm, und du machst auch keine Hochzeitsdichtungen! Was kümmern dich die Könige, die sich vermählen, und die Herzoginnen von Burgund? Du kennst keine anderen Margarethenblumen, als die, welche deine Wiese im April deinen Kühen abzuweiden giebt! Und ich, ein Dichter, bin verhöhnt, ich zittere vor Kälte, ich bin zwölf Sols schuldig und meine Schuhsohle ist so dünn, daß sie als Glas für deine Laterne dienen könnte. Dank dir, Fährmann! Deine Hütte beruhigt mich und läßt mich Paris vergessen!«

Er wurde aus seiner fast lyrischen Entzückung von einem lauten Kanonenschlage aufgeschreckt, der zur Feier des Johannisfestes plötzlich von der glückseligen Hütte aus erscholl. Es war der Fährmann, welcher gleichfalls an den Belustigungen des Tages theilnahm, und für sich ein Feuerwerk losbrannte.

Dieser Kanonenschlag machte Gringoire die Haut schaudern.

»Verdammtes Fest!« schrie er, »willst du mich überallhin verfolgen? O mein Gott! selbst bis zum Fährmann der Kuhfähre hin!« Dann betrachtete er die Seine zu seinen Füßen, und eine schreckliche Versuchung ergriff ihn.

»Oh!« sagte er, »wie gern wollte ich mich ertränken, wenn nur das Wasser nicht so kalt wäre!«

Dann packte ihn ein verzweifelter Entschluß. Weil er nun einmal dem Narrenpapste, den Fahnen Johann Fourbeaults, den Maienbündeln, den Zündlichtern und Kanonenschlägen nicht entwischen konnte, so wollte er sich muthig mitten in das Festgewühl selbst hineinstürzen und nach dem Grèveplatze eilen.

»Wenigstens,« dachte er, »werde ich da wohl einen Feuerbrand vom Festfeuer finden, mich wieder zu erwärmen, und werde meine Abendmahlzeit mit einigen Krumen von den drei großen Zuckerwappen des Königs halten können, welche da auf dem öffentlichen Schenktische der Stadt aufgestellt sein müssen.«

2. Der Grèveplatz

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Heute ist vom Grèveplatze, wie er damals war, nur noch eine ganz unmerkliche Spur vorhanden: das ist das hübsche Thürmchen, welches den nördlichen Winkel des Platzes einnimmt, und das bereits unter dem häßlichen Mörtel, welcher die scharfen Kanten seiner Steinmetzarbeiten überkleistert, versteckt liegt, und bald vielleicht verschwunden und unter jenem Anwachsen neuer Häuser hingesunken sein wird, das so schnell alle alten Façaden von Paris verschlingt. Leute, wie wir, die nie über den Grèveplatz gehen, ohne einen Blick voll Mitleid und Sympathie auf dieses arme, zwischen zwei baufälligen Hütten aus der Zeit Ludwigs des Vierzehnten eingequetschte Thürmchen zu werfen, können uns in Gedanken das Häuserganze leicht wieder aufbauen, zu dem es gehörte, und den ganzen alten, gothischen Platz des fünfzehnten Jahrhunderts hier wiederfinden.

Er war, wie noch heutzutage, ein unregelmäßiges Viereck, von einer Seite vom Flußdamme, von den drei andern von einer Reihe hoher, schmaler und düsterer Häuser eingefaßt. Am Tage konnte man die Mannigfaltigkeit dieser Gebäude bewundern, welche, ganz in Holz-und Steinbildhauerarbeit, schon vollständige Proben der verschiedenen Häuserbaustile des Mittelalters, vom fünfzehnten bis zum elften Jahrhunderte zurück, lieferten: vom Kreuzfenster an, welches den Spitzbogen zu ersetzen begann, bis zum romanischen Rundbogen, der vom Spitzbogen verdrängt worden war, und der noch unten herrschte im ersten Stockwerk am alten Hausbaue des Rolandsthurmes, im Winkel des Platzes an der Seine, neben der Lohgerberstraße. Nachts unterschied man an dieser Häusermasse nur das schwarze Zackenwerk der Dächer, welche rings um den Platz ihre Kette spitzer Winkel zeigten. Denn eine der Grundverschiedenheiten der Städte von damals und von jetzt besteht darin, daß heutzutage die Häuserfaçaden nach den Straßen und Plätzen zu gerichtet sind, während es früher die Giebel waren. Seit zwei Jahrhunderten haben sich die Häuser umgedreht.

Im Mittelpunkte der östlichen Seite des Platzes erhob sich ein schwerfälliger Zwitterbau, aus drei neben einander gestellten Häusern gebildet. Man nannte ihn mit drei Namen, welche seine Geschichte, seine Bestimmung und seine Bauart bezeichnen: Das »Prinzen-Haus«, weil Karl der Fünfte als Prinz darin gewohnt hatte; das »Kaufhaus«, weil es als Stadthaus diente; das »Säulenhaus« (domus ad piloria), wegen einer Reihe großer Pfeiler, welche seine drei Stockwerke stützten. Die Stadt fand hier alles das, was eine gute Stadt wie Paris gebraucht: eine Kapelle zum Beten; ein »Gerichtszimmer«, um Termine abzuhalten, und im Nothfalle des Königs Leute derb ablaufen zu lassen; und unter den Dächern ein »Arsenal« voll Geschützstücke. Denn die Bürger von Paris wissen, daß es nicht unter allen Verhältnissen ausreicht, zu beten und für die Freiheiten der Stadt zu sprechen, und sie haben immer in einem Speicher des Stadthauses eine tüchtige, rostige Hakenbüchse im Rückhalte.

Der Grèveplatz hatte seitdem das düstre Aussehen, welches ihm noch heute der abscheuliche Gedanke, den er wachruft, und das düstre Stadthaus des Domenik Bocador bewahren, welches das Säulenhaus ersetzt hat. Freilich trugen ein bleibender Galgen und Pranger (»Gerechtigkeit« und »Leiter«, wie man es damals nannte), die mitten auf dem Straßenpflaster neben einander errichtet waren, nicht wenig dazu bei, die Augen von diesem verhängnisvollen Platze, auf dem so viele gesundheit-und lebenstrotzende Wesen verendet waren, wegwenden zu lassen; dort sollte fünfzig Jahre später jenes »Saint-Vallier-Fieber« entstehen, diese Krankheit des Schaffotschreckens, die fürchterlichste aller Krankheiten, weil sie nicht von Gott, sondern von Menschen herrührt.

Es ist ein tröstlicher Gedanke (im Vorbeigehen sei es gesagt), zu wissen, daß die Todesstrafe, welche vor dreihundert Jahren mit ihren eisernen Rädern, ihren steinernen Galgen, mit ihrem ganzen beständigen und auf dem Pflaster bestätigten Folterzubehör noch den Grèveplatz, die Hallen, den Prinzessinplatz, das Kreuz Trahoir, den Schweinemarkt, den fürchterlichen Richtplatz Montfaucon, die Wachtstube der Gerichtsdiener, den Katzenplatz, das Thor Saint-Denis, Champeaux, das Thor Baudets, das Sanct-Jacobsthor versperrte, ohne der zahllosen Richtplätze der Profosse, des Bischofs, der Ordenskapitel, der Aebte, der Prioren mit Gerichtspflege, zu gedenken, ohne die gerichtlichen Ertränkungen im Seineflusse aufzuzählen: – es ist tröstlich, sage ich, daß diese alte Lehnsherrin der feudalen Gesellschaft, nach dem allmählichen Verluste aller ihrer Rüststücke, ihrer Unzahl von Todesarten, ihres vermeinten und wunderlichen Strafrechtes, ihrer Tortur, für die sie alle fünf Jahre im Obergerichtshofe eines Lederbettes bedurfte – heute fast aus unseren Gesetzen und aus unseren Städten verstoßen ist, von einem Gesetzbuche in das andere vertrieben, von einem Platze nach dem andern gejagt, in unserem riesengroßen Paris nur noch einen verachteten Winkel des Grèveplatzes, nur noch eine erbärmliche, heimliche, ängstliche, schändliche Guillotine hat, welche immer zu fürchten scheint, auf der That ertappt zu werden, so schnell verschwindet sie, nachdem sie ihren Streich vollführt hat!

3. Besos para golpes

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Als Peter Gringoire auf dem Grèveplatze ankam, war er steif und starr. Er hatte den Weg über die Müllerbrücke eingeschlagen, um das Gedränge auf der Wechslerbrücke und die Transparente Johann Fourbeaults zu meiden; aber die Räder aller bischöflichen Mühlen hatten ihn beim Uebergange bespritzt, und sein Kittel war durchnäßt; es schien ihm außerdem, als ob der Fall seines Stückes ihn noch frostiger machte. Deshalb eilte er dem Freudenfeuer näher zu kommen, welches prachtvoll inmitten des Platzes brannte. Aber eine beträchtliche Menge bildete rings um dasselbe einen dichten Kreis.

»Verdammte Pariser!« sagte er für sich (denn Gringoire hatte, als echter dramatischer Poet, die Eigenart, Selbstgespräche zu halten), »wie sie da sind und mir das Feuer versperren! Und doch habe ich eine warme Ecke so sehr nöthig; meine Schuhe schlucken Wasser und alle die verfluchten Mühlen haben mich durchweicht! Der Teufelskerl von Bischof von Paris mit seinen Mühlen! Ich möchte nur wissen, was ein Bischof mit einer Mühle macht! Hofft er aus dem Bischof ein Müller zu werden? Wenn er dazu meines Segens bedürftig ist, so gebe ich ihm denselben, und seiner Kirche und seinen Mühlen! Will doch sehen, ob die Maulaffen da nicht ein wenig den Platz verlassen! Ich frage jemanden, was sie da machen! Sie wärmen sich; ein schönes Vergnügen! Sie sehen zu, wie da hundert Reisbündel brennen; ein schönes Schauspiel!«

Indem er näher trat, bemerkte er, daß der Kreis viel größer war, als nöthig, um sich am Feuer des Königs zu wärmen, und daß dieser Zusammenfluß von Zuschauern nicht einzig und allein von der Schönheit der vielen brennenden Reißigbündel angezogen worden war.

In einem großen Raume, der zwischen dem Feuer und der Menge freigelassen war, tanzte ein junges Mädchen.

Ob dieses junge Mädchen ein menschliches Wesen sei, oder eine Fee, oder ein Engel, das konnte Gringoire, ein so zweifelsüchtiger Philosoph und ironischer Dichter er auch war, im ersten Augenblicke nicht entscheiden, so sehr war er von dieser blendenden Erscheinung bezaubert worden.

Sie war nicht groß, aber sie schien es zu sein, so kühn erhob sich ihre zarte Gestalt. Sie war brünett, aber man errieth, daß am Tage ihre Haut den schönen, goldschimmernden Glanz der Andalusierinnen oder Römerinnen haben müßte. Ihr kleiner Fuß war ebenso andalusisch, denn er zeigte sich knapp und bequem zugleich in den zierlichen Schuhen. Sie tanzte, sie drehte sich, sie wirbelte auf einem alten persischen Teppiche herum, der nachlässig unter ihren Füßen ausgebreitet war; und jedesmal, wenn beim Drehen ihr strahlender Leib vor den Zuschauern vorbeitanzte, warfen ihre großen, schwarzen Augen ihnen einen Blitz zu.

Rings um sie her waren alle Blicke starr, alles stand mit offenem Munde da; und in Wahrheit, wenn sie so beim Schalle der baskischen Trommel, welche ihre runden, nackten Arme über den Kopf hoben, tanzte: zart, fein, lebhaft wie eine Wespe, im faltenlosen Goldleibchen, im buntfarbigen, sich blähenden Gewande, mit ihren nackten Schultern, ihren schlanken Beinen, welche der Rock manchmal enthüllte, ihren schwarzen Haaren und flammenden Augen, – war sie ein übernatürliches Wesen.

»Wahrlich,« dachte Gringoire, »das ist ein Feuergeist, eine Nymphe, eine Göttin, eine Bacchantin vom menaleischen Berge!«

In diesem Augenblicke löste sich eine Haarflechte des »Feuergeistes«, und ein Stück Messing, welches daran befestigt war, rollte zur Erde.

»Ach nein!« sagte er, »es ist eine Zigeunerin.«

Alle Täuschung war vorbei.

Sie fing wieder an zu tanzen; sie nahm zwei Schwerter von der Erde, deren Spitzen sie auf ihre Stirn setzte, und welche sie nach einer Seite drehen ließ, während sie sich nach der andern drehte; sie war in der That ganz wahrhaftig eine Zigeunerin. Aber so enttäuscht Gringoire auch war, das Ganze dieses Bildes war nicht ohne Reiz und ohne Zauber; das Freudenfeuer beleuchtete die Scene mit grellem, rothen Lichte, welches auf den Gesichtern der Menge ringsherum, auf der braunen Stirn des jungen Mädchens lebhaft zitterte, und im Hintergrunde des Platzes einestheils auf die alte, schwarze und furchige Façade des Säulenhauses, anderntheils auf den Arm des steinernen Galgens einen bleichen Schimmer warf, der sich mit ihren wankenden Schatten mischte.

Unter den tausend Gesichtern, welche das Licht mit Scharlach färbte, war eins, welches mehr noch als alle andern in der Betrachtung der Tänzerin versunken schien. Es war eine strenge, ruhige und düstere Männergestalt. Dieser Mann, dessen Kleidung durch die ihn umgebende Menge versteckt war, schien nicht älter als fünfzig Jahre zu sein; dennoch war er kahlköpfig; kaum bemerkbar hatte er an den Schläfen einzelne Büschel weniger und bereits grauer Haare; seine breite und hohe Stirn begann sich mit Runzeln zu durchfurchen, aber in seinen tiefliegenden Augen blitzte eine außergewöhnliche Jugendlichkeit, ein feuriges Leben, eine tiefe Leidenschaftlichkeit. Er hielt sie beständig auf die Zigeunerin geheftet, und während das tolle, junge, sechzehnjährige Mädchen tanzte und zum Vergnügen aller herumsprang, schienen die Gedanken in ihm immer düsterer zu werden. Von Zeit zu Zeit begegneten sich auf seinen Lippen ein Seufzer und ein Lächeln, aber das Lächeln war schmerzlicher, als der Seufzer.

Das junge Mädchen hielt endlich athemlos an, und das Volk klatschte entzückt Beifall.

»Djali!« rief die Zigeunerin.

Da sah Gringoire eine reizende, kleine, weiße, muntere, lustige und aufgeputzte Ziege mit vergoldeten Hörnern und Füßen und einem goldenen Halsbande heranspringen, die er noch nicht bemerkt, und die bis dahin auf einem Zipfel des Teppichs gekauert hatte, und ihrer tanzenden Herrin zuschaute.

»Djali,« sagte die Tänzerin, »die Reihe ist an dir.«

Sie setzte sich nieder und hielt der Ziege freundlich ihr Tamburin hin.

»Djali,« fuhr sie fort, »welchen Monat haben wir im Jahre?«

Die Ziege hob ihren Vorderfuß und that einen Schlag auf die Trommel. In Wahrheit war man im ersten Monate. Die Menge klatschte Beifall.

»Djali,« begann das junge Mädchen wieder, indem sie ihr Tamburin herumdrehte, »welchen Tag im Monate haben wir?«

Djali erhob ihren kleinen vergoldeten Fuß und schlug sechsmal auf das Tamburin.

»Djali,« fuhr die Zigeunerin immer mit neuer Wendung ihres Tamburins fort, »welche Stunde des Tages haben wir?«

Djali machte sieben Schläge. Im selben Augenblicke schlug die Uhr am Säulenhause sieben.

Das Volk war vor Erstaunen sprachlos.

»Darunter steckt Hexerei!« rief eine unheilvolle Stimme in der Menge. Es war die des kahlköpfigen Mannes, welcher die Zigeunerin nicht aus den Augen ließ.

Sie erschrak und wandte sich um; aber das Beifallklatschen brach los und erstickte den mürrischen Ausruf. Dieses verwischte ihn dann so gänzlich in ihrer Seele, daß sie fortfuhr ihre Ziege zu befragen.

»Djali, wie macht’s Meister Guichard Grand-Remy, der Hauptmann der Scharfschützen von Paris, in der Prozession beim Feste Mariä-Reinigung?«

Djali richtete sich auf ihren Hinterfüßen in die Höhe, begann zu meckern und marschirte mit einer solchen spaßhaften Würde, daß der ganze Zuschauerkreis bei dieser Nachäffung der interessierten Frömmelei des Scharfschützenhauptmanns in Lachen ausbrach.

»Djali,« fuhr das junge Mädchen, durch den wachsenden Beifall dreister gemacht, fort, »wie predigt Meister Jacob Charmolue, der Procurator des Königs beim Kirchengerichtshofe?«

Die Ziege setzte sich auf ihr Hintertheil nieder, begann zu meckern und bewegte ihre Vorderbeine in einer so sonderbaren Weise, daß, abgesehen von dem schlechten Französisch und schlechten Latein, in Gesticulation, Betonung und Haltung man den Jacob Charmolue, wie er leibte und lebte, vor sich sah.

Die Menge klatschte aus Leibeskräften Beifall.

»Entweihung! Verspottung des Heiligen!« ließ sich die Stimme des kahlköpfigen Mannes von neuem vernehmen.

Die Zigeunerin wandte sich noch einmal um.

»Ach!« sagte sie, »es ist der grobe Mensch.«

Dann zog sie ihre Unterlippe über die Oberlippe und machte ein schiefes Gesichtchen, wie es ihr geläufig zu sein schien, drehte sich auf der Ferse im Kreise herum und begann in ihrem Tamburin die Geschenke der Menge einzusammeln.

Es regnete ganze und halbe Weißpfennige, Schild-und Adlerpfennige. Plötzlich ging sie vor Gringoire vorbei. Gringoire fuhr so leichtsinnig mit der Hand in die Tasche, daß sie stillstand. »Zum Teufel!« sagte der Dichter, als er auf dem Grunde seiner Tasche die Wirklichkeit, d.h. die Leere fand. Doch das hübsche Mädchen blieb stehen, hielt ihm das Tamburin hin und wartete, während Gringoire dicke Tropfen schwitzte.

Wenn er Peru in seiner Tasche gehabt hätte, gewiß er hätte es der Tänzerin gegeben; aber Gringoire hatte Peru nicht, und übrigens war Amerika noch nicht entdeckt.

Glücklicherweise kam ihm ein unerwartetes Ereignis zu Hilfe.

»Wirst du dich fortscheeren, ägyptische Heuschrecke!« rief eine schneidende Stimme, welche aus dem dunkelsten Winkel des Platzes herkam. Das junge Mädchen drehte sich erschrocken um. Das war nicht mehr die Stimme des kahlköpfigen Mannes; es war eine Frauenstimme, eine frömmelnde und garstige Stimme.

Uebrigens versetzte dieser Ruf, der die Zigeunerin erschreckte, einen Haufen Kinder in Freude, welche dort herumstrichen.

»Es ist die Klausnerin vom Rolandsthurme,« riefen sie mit schallendem Gelächter, »es ist die Nonne, welche schilt! Hat sie nicht zu Abend gegessen? Wir wollen ihr ein Ueberbleibsel vom Credenztische der Stadt bringen!«

Alle stürzten nach dem Säulenhause hin.

Währenddessen hatte Gringoire die Verwirrung der Tänzerin benutzt und sich unsichtbar gemacht. Das Geschrei der Kinder erinnerte ihn daran, daß er auch noch nicht zu Abend gegessen habe. Er lief also zum Credenztische. Aber die kleinen Taugenichtse hatten bessere Beine als er; als er ankam, hatten sie bereits reine Bahn gemacht. Es war nicht einmal mehr ein lumpiger Honigkuchen übrig, das Pfund zu fünf Sous. An der Wand befand sich nichts weiter, als schlanke Lilien, mit Rosen untermischt, die Mathieu Biterne im Jahre 1434 gemalt hatte, – fürwahr ein mageres Abendessen.

Es ist etwas Unangenehmes, ohne Abendbrot zu Bette zu gehen; noch weniger spaßhaft aber ist es, nichts zu essen zu haben und nicht zu wissen, wo das Haupt niederlegen. Gringoire war in dieser Lage. Kein Brot, kein Nachtlager; er sah sich von allen Seiten durch die Noth bedrängt, und er fand die Noth sehr sonderbar. Er hatte seit langer Zeit die Wahrheit entdeckt, daß Jupiter die Menschen in einem Anfalle von Menschenhaß geschaffen habe, und daß im Leben des Weisen das Schicksal die Philosophie im Belagerungszustande hält. Was ihn betraf, so hatte er die Blokade noch niemals so vollständig gesehen; er hörte seinen Magen Generalmarsch schlagen, und er fand es recht dumm, daß sein böses Geschick seine Philosophie durch Hunger bedrängte.

Dieser melancholische Gedanke bemächtigte sich seiner mehr und mehr, als ein seltsamer, wiewohl lieblicher Gesang, ihn plötzlich aus seiner Träumerei weckte. Es war die junge Zigeunerin, welche sang.

Mit ihrer Stimme war es, wie mit ihrem Tanze und mit ihrer Schönheit. Es lag etwas Unerklärliches und Liebliches, etwas Reines und Wohlklingendes, so zu sagen Leichtes, Geflügeltes darin. Es waren fortgesetzte Ergüsse, Melodien, unerwartete Cadenzen, bald einfache Worte voll scharfer und zischender Töne, bald Tonleitersprünge, welche eine Nachtigall verwirrt hätten, aber stets voll Harmonie, bald weiche Octavengänge, welche sich hoben und senkten, wie der Busen der jungen Sängerin. Ihr schönes Gesicht begleitete mit seltsamer Beweglichkeit alle Einfälle ihres Gesanges, von der tollsten Begeisterung bis zur keuschesten Würde. Man hätte sie bald eine Wahnwitzige, bald eine Königin nennen mögen.

Die Worte, welche sie sang, gehörten einer für Gringoire unbekannten Sprache an, und schienen ihr selbst unbekannt zu sein, so wenig paßte der Vortrag des Gesanges zum Sinne der Worte. Daher waren folgende vier Verse in ihrem Munde von einer närrischen Lustigkeit:

Un cofre de gran riqueza

Hallaron dentro un pilar,

Dentro del, nuevas banderas,

Con figuras de espantar.

Und gleich darauf, bei dem Tone, mit welchem sie folgende Strophe sang:

Alarabes de cavallo

Sin poderse menear,

Con espadas, y los cuellos

Bellestas de buen echar.

fühlte Gringoire, wie ihm die Thränen in die Augen traten. Doch athmete ihr Gesang vornehmlich Freude, und sie schien wie ein Vogel heiter und sorglos ihr Lied zu singen.

Der Gesang der Zigeunerin hatte Gringoire in seinen Träumen gestört, aber so wie der Schwan das Wasser aufregt. Er hörte ihr mit einer Art Entzücken und gänzlicher Vergessenheit zu. Seit mehreren Stunden war es der erste Augenblick, wo er sich nicht unglücklich fühlte.

Dieser Augenblick war kurz.

Dieselbe Frauenstimme, welche den Tanz der Zigeunerin unterbrochen hatte, störte jetzt ihren Gesang.

»Wirst du wohl schweigen, du Höllencikade?« rief sie wiederholt aus demselben dunkeln Winkel des Platzes her.

Die arme »Cikade« blieb stecken. Gringoire hielt sich die Ohren zu.

»Ach!« rief er, »die verfluchte zahnlose Säge zerbricht die Lyra!«

Auch die übrigen Zuschauer murrten wie er. »Zum Teufel mit der Nonne!« sagte mehr als einer. Und die alte, unsichtbare Freudeverderberin hätte ihre Angriffe auf die Zigeunerin bald bereuen sollen, wenn nicht in diesem Augenblicke die Menge von dem Zuge des Narrenpapstes angezogen worden wäre. Dieser war durch eine Menge Straßen und Gassen gezogen, und ergoß sich mit allen seinen Fackeln und mit großem Lärme auf den Grèveplatz.

Dieser Zug, den unsere Leser aus dem Palaste haben abziehen sehen, hatte sich unterwegs gebildet, und aus allem, was an Taugenichtsen, Dieben und Vagabunden in Paris vorhanden war, zusammengesetzt; darum bot er einen beachtenswerthen Anblick dar, als er auf dem Grèveplatze ankam.

Voran ging Aegypten: der Herzog von Aegypten an der Spitze, zu Pferde, begleitet von seinen Grafen zu Fuße, welche ihm Zaum und Steigbügel hielten; hinter ihnen Zigeuner und Zigeunerinnen durch einander, mit ihren schreienden Kindern auf den Schultern; alle zusammen, der Herzog, die Grafen, das gemeine Volk in Lumpen und Flitterstaat gehüllt. Dann kam das Königreich Rothwälschland: das heißt alle Diebe Frankreichs, stufenweise nach ihrer Rangordnung einherschreitend, die Geringsten zuerst. So zogen sie vier und vier vorbei mit den verschiedenen Abzeichen ihrer Würde in dieser befremdlichen Gilde; die meisten gelähmt, diese hinkend, jene einarmig: die Ladendiener, die Pilger, die Einbrecher, die Epileptischen, die kindischen Alten, die Schnorrer, die Zotenreißer, die künstlichen Krüppel, die Spieler, die Siechen, die Abgebrannten, die Krämer, die Rothwälscher, die Diebesgenossen, die Erzgauner, die Meisterdiebe: – ein Volk, dessen Aufzählung Homer ermüden müßte. In der Mitte des Conclaves der Meisterdiebe und Erzgauner konnte man kaum den König der Bettler, den großen Coësre, erkennen, welcher auf einem kleinen, von zwei Hunden gezogenen Wagen hockte. Nach dem Königreiche der Gauner kam das Kaiserreich Galiläa. Wilhelm Rousseau, der Kaiser von Galiläa, schritt majestätisch in seinem weinfleckigen Purpurkleide einher, während Possenreißer vor ihm hergingen, die sich schlugen und Waffentänze ausführten, und seine Scepterträger, Helfershelfer und die Schreiber seiner Rechnungskammer ihn umgaben. Schließlich kam die Gilde der Parlamentsschreiber mit ihren blumenbekränzten Maien, in ihren schwarzen Gewändern, mit ihrer Musik, die eines Hexensabbathes würdig war, und mit ihren langen Kerzen von gelbem Wachs. Im Mittelpunkte dieser Menge trugen die hohen Beamten der Narrenbrüderschaft auf ihren Schultern einen Tragsessel, der mehr mit Kerzen überladen war, als der Reliquienschrein der heiligen Genoveva zur Zeit der Pest: und auf diesem Tragsessel strahlte, mit dem Krummstabe, Bischofsmantel und Mitra geschmückt, der neue Narrenpapst: der Glöckner von Notre-Dame, Quasimodo der Bucklige.

Jede Abtheilung dieses phantastischen Zuges hatte ihre besondere Musik. Die Zigeuner ließen ihre Balafos und afrikanischen Tamburins erschallen. Die Gauner, eine sehr wenig musikalische Sippe, bedienten sich dazu der Viola, des Bockshornes und der gothischen Rebec des zwölften Jahrhunderts. Das Kaiserreich Galiläa war kaum viel fortgeschrittener; mit Mühe bemerkte man bei seiner Musik eine erbärmliche Fiedel aus der Kindheit der Kunst, die noch in drei Töne d–a–e eingeschlossen war. Aber in der Nähe des Narrenpapstes enthüllten sich in einer großartigen Katzenmusik die ganzen musikalischen Reichthümer des Zeitalters: lauter Discant-, Alt-und Tenorgeigen vernahm man da, ohne die Flöten und Blechinstrumente zu zählen. O weh! die Leser erinnern sich, daß es das Orchester Gringoire’s war.

Es ist schwer, eine Vorstellung von dem Grade stolzer und seliger Freude zu geben, zu welchem das finstere und scheußliche Gesicht Quasimodo’s auf dem Wege vom Palaste bis zum Grèveplatze gekommen war. Das war der erste Genuß der Eigenliebe, den er jemals empfunden hatte. Bisher hatte er nur Erniedrigung, Verachtung gegen seine Lebenslage und Ekel vor seiner Person gekannt. Daher verschlang er, trotz seiner Taubheit, wie ein wahrhaftiger Papst die Beifallsrufe dieser Menge, welche er haßte, weil er sich von ihnen verabscheut fühlte. Daß sein Volk eine Bande von Narren, Lahmen, Dieben, Bettlern war, was thut’s? Es war doch immer ein Volk, und er ein Herrscher. Und er nahm für baaren Ernst alle diese spöttischen Beifallsäußerungen, alle lächerlichen Ehrfurchtsbezeugungen, in die sich sicherlich von seiten der Menge etwas wirkliche Furcht hineinmischte. Denn der Bucklige war stark, der Krummbeinige behend und bei seiner Taubheit boshaft: drei Eigenschaften, welche das Spaßhafte an ihm verminderten.

Uebrigens sind wir weit entfernt, zu glauben, daß der neue Narrenpapst sich selbst Rechenschaft gab von den Empfindungen, welche er empfand, und von denen, welche er einflößte. Der Geist, welcher in diesem mangelhaften Körper wohnte, hatte nothwendigerweise selbst etwas Unvollkommenes und Unempfindliches angenommen. Daher war das, was er in diesem Augenblicke empfand, für ihn durchaus unbestimmt, unklar und verworren. Nur die Freude blickte durch, der Stolz herrschte vor. Diese düstere und unglückliche Erscheinung hatte auch ihr Glück.

Nicht ohne Staunen und Schrecken sah man daher, daß plötzlich, in dem Augenblicke, wo Quasimodo im Triumphe und halbberauscht vor dem Säulenhause vorbeizog, ein Mann aus der Menge hervorstürzte und ihm mit zorniger Geberde das Abzeichen seiner närrischen Papstwürde, den Bischofsstab von vergoldetem Holze, aus den Händen riß.

Diese tollkühne Person war der kahlköpfige Mann, welcher kurz zuvor sich in die Gruppe um die Zigeunerin gemischt und das arme Mädchen mit seinen drohenden und gehässigen Reden erschreckt hatte. Er trug die Tracht eines Geistlichen. In dem Augenblicke, als er aus der Menge heraustrat, erkannte ihn Gringoire, der ihn bis dahin nicht bemerkt hatte, wieder. »Halt,« rief er mit einem Ausrufe des Erstaunens, »hei! das ist ja mein Lehrer in der Weisheit des Hermes, Don Claude Frollo, der Archidiaconus. Was Teufel will er von diesem rohen Einäugigen? Er will sich gewiß auffressen lassen.«

Ein Schrei des Entsetzens erscholl in der That. Der furchtbare Quasimodo hatte sich von dem Tragsessel heruntergestürzt, und die Weiber hatten die Augen weggewandt, um nicht zu sehen, wie er den Archidiaconus in Stücke reißen würde. Er that einen Sprung auf den Priester los, sah ihm ins Gesicht und fiel auf die Knien nieder. –

Der Priester entriß ihm seine Tiara, zerbrach ihm den Bischofsstab und zerfetzte seinen Flittergoldmantel.

Quasimodo blieb auf den Knien liegen, neigte den Kopf und faltete die Hände.

Darauf entspann sich zwischen ihnen ein sonderbares Zwiegespräch aus Zeichen und Geberden; denn weder der eine noch der andere sprach ein Wort: der Priester aufgerichtet, erzürnt, drohend, herrisch, Quasimodo niedergeschmettert, demüthig, flehend. Und doch ist es sicher, daß Quasimodo den Priester mit dem Daumen hätte zerreißen können.

Endlich rüttelte der Archidiaconus Quasimodo heftig an der Schulter und gab ihm ein Zeichen, sich zu erheben und ihm zu folgen.

Quasimodo erhob sich.

Jetzt wollte die Genossenschaft der Narren, nachdem das erste Staunen vorüber war, ihren so plötzlich entthronten Papst beschützen. Die Zigeuner, die Gauner und die ganze Gerichtsschreibergilde schaarten sich schreiend um den Priester.

Quasimodo stellte sich vor den Geistlichen, ließ die Muskeln seiner athletischen Fäuste spielen und sah die Angreifer mit dem Zähnefletschen eines gereizten Tigers an.

Der Priester nahm seine düstere Würde wieder an, machte Quasimodo ein Zeichen und zog sich schweigend zurück.

Quasimodo ging vor ihm her und stieß die Menge auf seinem Wege bei Seite.

Als sie durch die Menge hindurch waren und den Platz überschritten hatten, wollte der Schwarm der Neugierigen und Müßiggänger ihnen folgen. Quasimodo bildete jetzt die Nachhut und folgte dem Archidiaconus rückwärts, tückisch, entsetzlich, struppig, indem er seine Gliedmaßen zusammenraffte, wie ein Eber seine Stoßzähne leckte, wie ein wildes Thier brüllte, und der Menge mit einer Bewegung oder Miene das größte Entsetzen einjagte.

Man ließ sie beide in einer engen und finstern Straße verschwinden, wohin sich niemand hinter ihnen her wagte, so sehr versperrte der bloße Gedanke an den zähnefletschenden Quasimodo den Eintritt in dieselbe.

»Wahrhaftig, das ist höchst sonderbar,« sagte Gringoire, »aber wo zum Teufel werde ich etwas zum Abendessen finden?«

4. Unannehmlichkeiten

Zurück

Gringoire hatte sich angeschickt, der Zigeunerin aufs Gerathewohl zu folgen. Er hatte sie mit ihrer Ziege die Straße de la Coutellerie einschlagen sehen; er hatte auch die Straße de la Coutellerie eingeschlagen.

»Warum nicht?« hatte er sich gesagt.

Gringoire hatte, als praktischer Philosoph der Straßen von Paris, die Bemerkung gemacht, daß der Träumerei nichts so günstig ist, als einem hübschen Frauenzimmer zu folgen, ohne daß man weiß, wohin sie geht. Es liegt in dieser freiwilligen Entäußerung seines freien Willens, in dieser Phantasie, welche sich einer andern unterordnet, ohne daß sie es ahnt, ein Gemisch von eigensinniger Unabhängigkeit und blindem Gehorsam, so zu sagen ein Mittelding zwischen Sklaverei und Freiheit, welches Gringoire, dem von Natur unklaren, unentschiedenen und sanguinischen Kopfe, gefiel, der alle Extreme in sich vereinigte, und unaufhörlich zwischen allen menschlichen Neigungen schwankend, eine durch die andere vereitelte. Er verglich sich selbst gern mit Muhameds Grab, welches nach entgegengesetzten Seiten von zwei Magneten gezogen wird, und ewig zwischen Höhe und Tiefe, zwischen Wölbung und Boden, zwischen Fall und Aufflug, zwischen Zenith und Fußpunkt schwankt.

Wenn Gringoire heutzutage lebte, welche schöne Mitte würde er zwischen Klassischem und Romantischem einhalten!

Aber er war nicht naiv genug, um drei Jahrhunderte lang zu leben, und das ist schade. Sein Fehlen verursacht eine Leere, die sich heutzutage nur zu sehr fühlbar macht.

Doch, um in den Straßen den Passanten (und vor allem den Passantinnen) nachzugehen, giebt es keine bessere Veranlassung, als nicht zu wissen, wo sein Haupt niederlegen.

Er ging also, ganz in Gedanken versunken, hinter dem jungen Mädchen her, das seine Schritte beschleunigte und die niedliche Ziege Trab machen ließ, als es sah, daß die Bürger heimkehrten und die Weinschenken, die einzigen Geschäfte, welche an diesem Tage geöffnet waren, sich schlossen.

»Aller Wahrscheinlichkeit nach,« dachte er ohngefähr, »muß sie doch wohl irgendwo wohnen; die Zigeunerinnen sind gutmüthig. Wer weiß? …«

Und in seinem Kopfe entstanden nach diesem Fragezeichen, welches seinem Schweigen folgte, gewisse, ziemlich liebliche Vorstellungen. Dabei erhaschte er, während er vor den letzten Gruppen der Bürger, die ihre Thüren schlossen, vorbeiging, manches Bruchstück ihrer Unterhaltungen, welches die Kette seiner lieblichen Vermuthungen zerriß.

Jetzt waren es zwei Alte, welche sich anredeten.

»Meister Thibaut Fernicle, wißt Ihr was, es ist kalt.«

(Gringoire wußte das seit Anfang des Winters.)

»Jawohl, Meister Bonifaz Disome! Werden wir wieder einen Winter, wie vor drei Jahren, haben, anno Achtzig, als das Holz acht Sols kostete, die Klafter?«

»Bah! Das ist nichts, Meister Thibaut, im Vergleich mit dem Winter von 1407, wo es von Martini an bis Lichtmeß fror! Und mit einer solchen Wuth, daß die Feder des Parlamentsactuars von drei zu drei Worten in der Schreibstube einfror! Das verhinderte sogar das Aufschreiben der Urtheile.«

Weiter hin waren es Nachbarinnen an ihren Fenstern, mit Kerzen in der Hand, welche der Nebel knistern ließ.

»Hat Euch Euer Mann das Unglück erzählt, Frau La-Boudraque?«

»Nein! Was ist es denn, Jungfer Turquant?«

»Das Pferd des Herrn Gilles Godin, des Notars am Châtelet-Gerichtshofe, welches sich vor den Flamländern und ihrem Umzug scheuete, hat Meister Philippot Avrillot, den Laienbruder bei den Cölestinern, niedergerissen.«

»Wahrhaftig?«

»Gewiß.«

»Ein gewöhnliches Pferd! Das ist ein wenig stark. Wenn es noch ein Ritterpferd gewesen wäre, ja dann!«

Die Fenster schlossen sich. Aber Gringoire hatte nicht minder den Faden seiner Gedanken verloren. Glücklicherweise fand er ihn bald wieder und knüpfte ihn ohne Mühe wieder an, Dank der Zigeunerin, Dank Djali, welche immer vor ihm hermarschirten: zwei zarte, feine, reizende Geschöpfe, deren kleine Füße, liebliche Formen und zierliche Manieren er bewunderte, und sie in seiner Betrachtung fast verwechselte, weil er, was Klugheit und Freundschaft anbetrifft, alle beide für junge Mädchen, was Leichtigkeit, Gewandtheit und Schnelligkeit des Ganges betrifft, beide für Ziegen hielt.

Die Straßen wurden indessen jeden Augenblick dunkler und einsamer. Die Abendglocke war schon lange geläutet worden, und man begann nachgerade nur hier und da noch einen Fußgänger auf der Straße, ein Licht an den Fenstern anzutreffen. Gringoire war bei der Verfolgung der Zigeunerin in das unentwirrbare Labyrinth von Straßen, Gassen und Sackgassen gerathen, welches die alte Grabstätte von Saint-Junocent umgiebt, und die einem Fadengewirr gleicht, das eine Katze zerzaust hat. –

»Das sind mir Straßen, die sehr wenig Logik haben!« sagte Gringoire, verloren in den tausend Umwegen, die fortwährend in sich selbst zurückliefen, aber in denen das junge Mädchen einen ihr anscheinend sehr bekannten Weg einschlug, ohne zu zögern und mit immer geschwinderen Schritten. Was ihn betrifft, so würde er gewiß nicht gewußt haben, wo er wäre, wenn er im Vorbeigehen an der Krümmung einer Straße, die achteckige Masse des Prangers an den Hallen nicht bemerkt hätte, dessen durchbrochene Spitze ihren schwarzen Umriß deutlich sichtbar auf einem noch erleuchteten Fenster in der Straße Verdelet abhob.

Seit einigen Augenblicken hatte er die Aufmerksamkeit des jungen Mädchens erregt; sie hatte zu wiederholten Malen voll Unruhe den Kopf nach ihm umgewandt; sie war sogar einmal ganz kurze Zeit stehen geblieben, hatte einen Lichtstrahl, der aus einem halbgeöffnetem Bäckerladen drang, benutzt, um Gringoire festen Blickes von oben bis unten zu betrachten; dann hatte er sie jenes schiefe Gesichtchen ziehen sehen, das er schon kannte, und worauf sie weiter gegangen war.

Dieses schiefe Mäulchen gab Gringoire zu denken. Deutlich war Verachtung und Spott in ihrer reizenden Grimasse zu erkennen. Schon begann er das Haupt sinken zu lassen, die Pflastersteine zu zählen und dem jungen Mädchen aus etwas weiterer Ferne zu folgen, als er an einer Straßenecke, wo er sie eben aus dem Gesicht verloren hatte, einen durchdringenden Schrei von ihr ausstoßen hörte.

Er beschleunigte seinen Schritt.

Die Straße war voll nächtlicher Finsternis. Eine Thranlampe jedoch, die hinter einem Drahtgitter, zu Füßen eines Mutter-Gottesbildes an der Straßenecke brannte, ließ Gringoire die Zigeunerin erkennen, die sich in den Armen zweier Männer sträubte, welche sich bemühten, ihr Geschrei zu ersticken. Die arme kleine Ziege senkte erschreckt die Hörner und blökte.

»Zu Hilfe, Wächter!« schrie Gringoire und eilte muthig vorwärts. Einer der Männer, welcher das junge Mädchen festhielt, wandte sich nach ihm um. Es war die furchtbare Gestalt Quasimodo’s.

Gringoire ergriff die Flucht nicht, aber er that keinen Schritt weiter vorwärts.

Quasimodo kam auf ihn los, warf ihn mit einem Schlage seiner Hand vier Schritte weit aufs Pflaster, dann eilte er schleunig in die Dunkelheit zurück und trug das junge Mädchen, das er wie eine seidne Schärpe über einen Arm gelegt hatte, davon. Sein Genosse folgte ihm, und die arme Ziege lief mit kläglichem Blöken hinter allen drein.

»Mörder! Mörder!« schrie die unglückliche Zigeunerin.

»Halt da, ihr Elenden, und laßt mir diese Dirne los!« rief auf einmal mit Donnerstimme ein Reiter, der plötzlich aus der nächsten Gasse hervorbrach.

Es war ein Hauptmann der Bogenschützen von des Königs Ordonnanz, von Kopf bis zu Fuß bewaffnet, und mit dem Degen in der Hand. Er riß die Zigeunerin aus den Armen des bestürzten Quasimodo und legte sie quer über seinen Sattel weg; und in dem Augenblicke, wo der furchtbare Bucklige von seinem Staunen zurückgekommen war und sich auf ihn stürzte, um ihm seine Beute wieder zu entreißen, erschienen fünfzehn bis sechzehn Schützen, die ihrem Hauptmanne mit dem Pallasch in der Hand auf dem Fuße nachfolgten. Es war eine Rotte von der Königswache, welche auf Befehl des Herrn Robert von Estouteville, Kommandanten des Sicherheitsdienstes von Paris, die Ronde machte.

Quasimodo wurde umringt, festgenommen, geknebelt; er brüllte, schäumte, biß um sich; und wäre es heller Tag gewesen, ohne Zweifel hätte allein sein Gesicht, das durch die Wuth noch gräßlicher geworden war, die ganze Rotte in die Flucht geschlagen. Aber des Nachts war ihm seine fürchterlichste Waffe genommen: – seine Häßlichkeit.

Sein Gefährte war während des Kampfes verschwunden.

Die Zigeunerin richtete sich mit Anstand auf dem Sattel des Offiziers in die Höhe; sie stützte ihre beiden Arme auf die Schultern des jungen Mannes und sah ihn einige Augenblicke starr an, gleichsam erfreut über sein angenehmes Aeußere und über die Hilfe, welche er ihr soeben gebracht hatte. Dann brach sie zuerst das Schweigen und sagte zu ihm, indem sie ihre sanfte Stimme noch sanfter machte:

»Wie heißt Ihr denn, Herr Ritter?«

»Kapitän Phöbus von Châteaupers, Euch zu dienen, meine Schöne!« antwortete der Offizier und wandte sich um.

»Habt Dank,« sagte sie.

Und während der Kapitän Phöbus seinen nach burgundischer Weise gestutzten Schnurrbart in die Höhe strich, ließ sie sich wie ein Pfeil, der zur Erde fällt, vom Pferde herabgleiten und entfloh.

Ein Blitzstrahl würde nicht so schnell verschwunden sein.

»Beim Nabel des Papstes!« sagte der Kapitän und ließ die Fesseln Quasimodo’s fester anziehen, »ich würde das Frauenzimmer lieber behalten haben.«

»Was meint Ihr, Kapitän?« fragte ein Reiter; »die Grasmücke ist davongeflogen, die Fledermaus ist zurückgeblieben.«

5. Weitere Unannehmlichkeiten

Zurück

Gringoire war von seinem Falle ganz betäubt auf dem Pflaster, vor dem Marienbilde an der Ecke der Straße, liegen geblieben. Nach und nach bekam er seine Besinnung wieder; er war anfangs einige Minuten schwankend, in einer Art Halbschlaf, der nicht unangenehm war, und in welchem sich die luftigen Gestalten der Zigeunerin und der Ziege mit der wuchtigen Faust Quasimodo’s verwebten. Dieser Zustand währte nicht lange. Ein ziemlich starkes Gefühl von Kälte an demjenigen Theile seines Körpers, welcher mit dem Pflaster in Berührung stand, weckte ihn plötzlich, und ließ seinen Geist an die Oberfläche zurückkommen.

»Woher kommt denn diese Kühle?« fragte er sich hastig. Jetzt bemerkte er erst, daß er ein bißchen in der Mitte der Gosse lag.

»Teufelskerl von buckligem Cyklopen!« murmelte er zwischen den Zähnen und wollte sich erheben. Aber er war zu betäubt und zu zerschlagen. Er war gezwungen, auf dem Platze liegen zu bleiben. Er hatte übrigens die Hand ziemlich frei; er hielt sich die Nase zu und ergab sich in sein Geschick.

»Der Koth von Paris,« dachte er (denn er glaubte ganz sicher, daß sein Nachtlager in der Gosse sein würde;

›Und was in einem Bett anfangen, es wär’ denn, daß man träumt’?‹) –

»der Koth von Paris ist besonders stinkend; er muß viel flüchtiges und salpetriges Salz enthalten. Uebrigens ist das die Meinung von Meister Nikolaus Flamel und der Alchymisten …«

Das Wort »Alchymisten« brachte plötzlich den Gedanken an den Archidiaconus Claude Frollo vor seine Seele. Er rief sich den heftigen Auftritt, den er vor kurzem mit angesehen hatte, zurück; wie die Zigeunerin zwischen zwei Männern sich sträubte; daß Quasimodo einen Gefährten hatte; und die mürrischen und hochmüthigen Züge des Archidiaconus zogen undeutlich vor seiner Erinnerung vorüber. »Das wäre seltsam!« dachte er. Und er begann mit dieser Thatsache das phantastische Gebäude seiner Vermuthungen, das philosophische Kartenhaus auf dieser Unterlage aufzubauen; dann kam er sogleich wieder auf die Wirklichkeit zurück und rief: »Nun ja, ich erfriere!«

Der Platz wurde in der That immer weniger haltbar. Jedes Wassertheilchen der Gosse nahm einen Wärmetheil aus den Nieren Gringoire’s fort, und das Gleichgewicht zwischen der Temperatur seines Körpers und derjenigen der Gosse begann sich in einer empfindlichen Weise herzustellen.

Ein Verdruß ganz anderer Art sollte ihn plötzlich packen.

Ein Haufe Kinder, jener kleinen barfüßigen Wilden, die zu allen Zeiten das Pariser Pflaster unter dem ewigen Namen »Gassenjungen« getreten, und die, als wir gleichfalls Kinder waren, uns alle, wenn wir nachmittags aus der Schule kamen, mit Steinen geworfen haben, weil unsere Hosen nicht zerrissen waren, – ein Schwarm jener jungen Taugenichtse lief nach der Gasse zu, wo Gringoire lag, unter Lachen und Geschrei und anscheinend ohne die geringste Sorge um den Schlaf der Nachbarn. Sie zerrten eine Art unförmlichen Sack hinter sich her; und allein das Geräusch ihrer Holzschuhe hätte einen Todten erwecken können. Gringoire, welcher es noch nicht ganz war, richtete sich mit halbem Körper in die Höhe.

»Heda! Hennequin Dandèche, heda! Johann Pincebourde!« schrien sie aus Leibeskräften, »der alte Eustache Moubon, der Eisenhändler an der Ecke, ist soeben gestorben. Wir haben seinen Strohsack, wir wollen damit ein Freudenfeuer machen. Heute gilt’s den Flamländern!«

Und da! warfen sie den Strohsack gerade auf Gringoire drauf, in dessen Nähe sie, ohne ihn zu sehen, gekommen waren. Zu gleicher Zeit nahm einer von ihnen eine Hand voll Stroh, welches er an der Lampe des Mutter-Gottesbildes anzünden wollte.

»Alle Teufel!« brummte Gringoire, »ich soll wohl noch recht in Schweiß gerathen?«

Der Augenblick war gefährlich. Er war nahe daran, zwischen Feuer und Wasser gepackt zu werden; er machte eine übernatürliche Anstrengung, wie ein Falschmünzer, der gesotten werden soll, und der sich bemüht, zu entwischen. Er hob sich kerzengerade in die Höhe, warf den Strohsack auf die Gassenjungen und entfloh.

»Heilige Jungfrau!« schrien die Knaben, »der Eisenhändler kommt wieder!«

Und das Fortlaufen war jetzt an ihnen.

Der Strohsack blieb Herr des Schlachtfeldes.

Belleforêt, der Pater Le Juge und Corrozet versichern, daß er am folgenden Tage mit großem Gepränge von der Geistlichkeit in der Nachbarschaft aufgehoben und in das Schatzgewölbe der Kirche Saint-Opportune gebracht wurde, wo der Sacristan noch 1789 sich eine ziemlich hübsche Einnahme von dem gewaltigen Wunder des Marienbildes an der Ecke der Straße Mauconseil machte, weil es durch seine bloße Nähe in der denkwürdigen Nacht vom 6. zum 7. Januar 1482 den verstorbenen Johann Moubon beschworen hatte, der boshafterweise, und um dem Teufel einen Possen zu spielen, seine Seele beim Sterben in seinen Strohsack versteckt hatte.

6. Der zerbrochene Krug

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Nachdem er eine Zeit lang aus allen Leibeskräften gelaufen war, ohne zu wissen wohin, mit dem Kopfe an manche Straßenecke angerannt, über manchen Rinnstein gesprungen war, manches Gäßchen, manche Sackgasse und manchen Kreuzweg durchschritten hatte, Flucht und Durchgang durch alle Windungen der alten Hallenstraße gesucht, in seiner panischen Furcht alles das erspähet, was das schöne Urkundenlatein »tota via, cheminum et viaria«