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TRÜGERISCHE
GEWISSHEIT

GIANRICO CAROFIGLIO

TRÜGERISCHE
GEWISSHEIT

KRIMINALROMAN

Aus dem Italienischen von Monika Lustig

FOLIO VERLAG

WIEN • BOZEN

Lektorat: Senta Wagner

© der deutschsprachigen Ausgabe
FOLIO Verlag Wien • Bozen 2016
Alle Rechte vorbehalten

Umschlagfoto: © mauritius images / United Archives

Grafische Gestaltung: Dall’O & Freunde
Druckvorbereitung: Typoplus, Frangart

ISBN 978-3-85256-685-6

E-Book: ISBN 978-3-99037-055-1

www.folioverlag.com

Prolog

Lorenzo Cardinale, genannt u tuzz, „der Kopfstoß“, war ein auf Banken und Postämter spezialisierter Räuber. Er und seine Komplizen bedienten sich einer simplen und äußerst effizienten Vorgehensweise: Sie stahlen ein großzylindrisches Auto oder gar einen Lastwagen, warteten die Schließzeit ab, wenn die Panzerschränke offen standen, die zeitgesteuerten Sicherheitssysteme ausgeschaltet waren und die Angestellten das Geld zählten. Dann rasten sie mit dem Auto oder dem Lastwagen im Rückwärtsgang gegen die Panzerglasscheibe, durchbohrten sie, drangen mit gezückten Waffen ein, griffen sich das Geld und hauten wieder ab. Mit einem anderen Wagen natürlich. Der für das Rammmanöver benutzte blieb wie eine postmoderne Installation im Schaufenster stecken und so fand die Polizei oder die Carabinieri ihn später auch vor.

Maresciallo Pietro Fenoglio kannte ihn gut, u tuzz. Über Monate hatte er zusammen mit den Männern seines Kommandos gegen ihn ermittelt und an jenem Morgen durfte er ihn endlich in Ausführung – wie es so schön heißt – einer Anordnung zur Verbringung in die Untersuchungshaft wegen mehrerer dieser Raubüberfälle verhaften.

Der richterliche Beschluss war mindestens zwei Wochen alt, doch als sie losgingen, um sich u tuzz zu schnappen, war er nicht zu Hause. Tagelang hatten sie nach ihm gefahndet, bis ein Spitzel ihnen den entscheidenden Hinweis gab.

Cardinales Sohn litt an epileptischen Anfällen und an dem fraglichen Morgen sollte der Vater ihn zu einer Computertomografie des Gehirns in die Poliklinik begleiten.

Sie waren zu dritt: der Brigadier Sportelli, der Carabiniere Montemurro und Fenoglio. Sie parkten den Fiat Ritmo rund zwanzig Meter vor dem Eingang der Neurologie und genau wie ihr Informant es vorhergesagt hatte, trafen gegen elf Uhr Cardinale, seine Frau und das Kind ein.

»Da sind sie«, sagte Sportelli, zückte die Pistole und öffnete die Wagentür.

»Was willst du mit der da?«

Der Brigadier hielt inne mit einer Hand auf dem Türgriff und mit der anderen am Knauf der Waffe.

»Gehen wir und greifen ihn uns?«

»Willst du etwa auf den Jungen schießen?«

»Was soll das heißen?«

Fenoglio ignorierte die Frage.

»Du wartest hier auf uns«, sagte er zum Carabiniere Montemurro. »Es ist zwar ziemlich unwahrscheinlich, doch sollte Cardinale allein rausgerannt kommen, dann stoppst du ihn.« Und zu Sportelli sagte er: »Wir gehen hinein, aber die da lässt du verschwinden, die macht mich nervös.«

In der Eingangshalle der Klinik fragten sie einen Krankenpfleger, wo die CTs gemacht wurden, und dieser deutete auf einen Gang, an dessen Ende sich ein Warteraum befand. Dort saß Cardinale, den Kopf zwischen den Händen, und bemerkte den Maresciallo erst, als er neben ihm Platz nahm und ihm auf die Schulter tippte.

»Ciao, Lorenzo.«

U tuzz fuhr leicht zusammen. Dann drehte er den Kopf zur Seite und zuckte mit den Achseln, mit einer vagen Geste der Resignation.

»Guten Tag, Maresciallo.«

»Wie geht es dem Jungen?«

»Wir wissen es nicht. Sie machen gerade die … wie heißt das noch mal … die Computertomografie. Meine Frau ist mit ihm drin. Er hat epileptische Anfälle und sie kennen die Ursache nicht. Es könnte auch ein Tumor sein, heißt es.«

Sie schwiegen ein Weilchen, beide auf einen imaginären Punkt vor sich starrend.

»Ich muss dich verhaften, das weißt du, nicht wahr?«

»Ich weiß. Aber bitte lasst mich vorher noch hören, wie es um meinen Sohn steht. Lasst mich mit dem Arzt sprechen, dann komme ich mit Euch mit.«

Fenoglio nickte. Kurz darauf erschien ein Arzt.

»Signore Cardinale …«

U tuzz sah zu Fenoglio, der gab ihm ein Zeichen mit dem Kopf.

»Ich warte hier auf dich. Und du wirst mir keinen bösen Streich spielen.«

Cardinale stand auf und verschwand hinter einer cremeweißen Tür. Der Brigadier verfolgte das Geschehen mit entsetzter Miene.

»Maresciallo …«

»Mach dir keine Sorgen, der kommt gleich zurück und dann fahren wir alle zusammen in die Kaserne.«

»Und wenn er uns durch den Hinterausgang oder sonst wie entwischt?«

»Wenn er durch den Hinterausgang abhaut, schreiben wir alle zusammen ein schönes Protokoll, in dem wir erzählen, was geschehen ist, und machen klar und deutlich, dass der Maresciallo Pietro Fenoglio ganz allein die Schuld an allem trägt. Sei ganz beruhigt.«

Eine Viertelstunde später ging die cremefarbene Tür wieder auf und herauskamen Cardinale, seine Frau und zwischen ihnen das Kind. Fenoglio erhob sich, die Frau reichte ihm die Hand, er drückte sie sanft.

»Danke, Maresciallo.«

»Also, was sagt der Doktor?«

»Zum Glück ist es kein Tumor«, antwortete Cardinale.

»Der Arzt sagt, dass man die Ursachen der Epilepsie oft nicht kennt. Der Junge muss für einige Jahre Medikamente nehmen, aber sie sagen, dass man gesund wird«, fügte seine Frau erklärend hinzu.

»Wie heißt der junge Mann hier?«

»Francesco. Habt Ihr Kinder, Maresciallo?«

Fenoglio schüttelte den Kopf. Er schien drauf und dran zu sein, etwas zu dem Jungen zu sagen, doch dann überlegte er es sich anders. Es war nun an der Zeit, die Vorstellung zu beenden.

»Gut. Ich glaube, wir müssen jetzt wirklich aufbrechen«, sagte Fenoglio.

Cardinale nickte, gab seiner Frau einen Kuss und ging in die Knie, um seinem Sohn in die Augen zu schauen.

»Uaglio, Papa muss jetzt mit seinen Freunden hier weggehen, es ist wegen der Arbeit.«

»Wann kommst du zurück?«, fragte der Kleine ganz ernst, als hätte er längst begriffen.

»Bald. Aber du musst ein braver Junge sein, ich verlasse mich auf dich.« Und zu seiner Frau sagte er: »Wenn du zu Hause bist, richtest du mir eine Tasche mit ein paar Sachen und bringst sie mir in die Kaserne.« Die Frau nickte. Sie war an derartige Wünsche und an ein solches Leben gewöhnt. »Müsst Ihr mir Handschellen anlegen?«, fragte Cardinale mit leiser Stimme zu Fenoglio gewandt.

»Lasst uns gehen. Einen schönen Tag, Signora.«

Sie waren noch im Wagen unterwegs, die Kaserne war nicht mehr weit, als die Meldung aus dem Einsatzzentrum kam. Etwas verworren, wie es bei gewaltsamen Todesfällen mit Mordverdacht nun einmal so ist. Eine Putzfrau hatte ihren Arbeitgeber tot in einer riesigen Blutlache in der Küche seiner Wohnung gefunden. Eine Patrouille des mobilen Einsatzkommandos war bereits auf dem Weg dorthin.

Es würde ein langer Tag werden, dachte Fenoglio.

Eins

Fenoglio wies den Brigadier Sportelli an, die Unterlagen für den Fall Cardinale vorzubereiten – Zustellungsprotokoll des Untersuchungshaftbefehls, die Hafteinweisung, die Mitteilung für die Staatsanwaltschaft und den Richter –, und organisierte ein paar Einsatzwagen. An diesem Morgen war er als altgedienter Maresciallo der diensttuende Befehlshaber der Einheit. Der Hauptmann besuchte einen Fortbildungskurs, um es zum Major zu bringen, und war schon seit Monaten nicht im Dienst; der Oberleutnant war wegen seiner anfälligen Gesundheit seit Tagen krankgeschrieben. In Wahrheit gab es da noch den Maresciallo Lombardi, sehr viel älter als Fenoglio – und sehr viel älter als jeder andere –, doch seine Anwesenheit war seit Langem ein rein dekoratives Element. Wenn man das so sagen darf.

Sie durchquerten die Stadt, kämpften sich mit Blaulicht und Sirene durch den dichten Verkehr und gelangten in einer Viertelstunde an die vom Einsatzzentrum genannte Adresse. Es war ein Komplex mit Volkswohnungen aus den fünfziger Jahren, bestehend aus verschiedenen Gebäuden und internen Alleen und Parkplätzen. Am Eingangstor erwartete sie ein Obergefreiter in Uniform, der sie, strammen Schrittes vorausgehend, was wie eine gymnastische Übung aussah und leicht lächerlich wirkte, zu dem Haus führte, wo die Tat geschehen war. Vor dem Haustor standen weitere Carabinieri und eine kleine Schar Neugieriger, vorwiegend ältere Leute, die sich mit besorgter Miene unterhielten.

»Zu Befehl, Herr Hauptmann«, sagte der Ranghöchste, ein feister Brigadier in einer zum Platzen engen Uniform, die von besseren Zeiten seiner Linie kündete. Fenoglio hatte ihn noch nie gesehen, es musste sich wohl um einen Neuzugang beim mobilen Einsatzkommando handeln.

»Ich bin kein Hauptmann. Ich bin der Maresciallo Fenoglio. Was ist hier passiert?«

Der Brigadier zögerte. Er schien enttäuscht zu sein, als schmälerte die Abwesenheit eines Offiziers die Schwere der Tat und die Bedeutung des eigenen Einsatzes als Erster am Tatort.

»Der Tote heißt Fraddosio, mit Vornamen Sabino. Einundfünfzig Jahre alt. Er lebte allein in einer Wohnung im zweiten Stock.«

»Wer hat ihn gefunden?«

»Die Frau dort«, der Brigadier deutete auf eine verhärmte Gestalt mit grauer Hautfarbe und von unbestimmtem Alter, die in rund zehn Metern Entfernung gegen eine Wand gelehnt hastig eine Zigarette rauchte. »Sie wollte wie gewöhnlich in der Wohnung des Fraddosio sauber machen. Heute kam sie gegen zwölf Uhr. Sie hat die Wohnungsschlüssel, denn oft ist die Person nicht zu Hause, hat die Frau uns gesagt. Sie ist in die Küche gegangen und hat die Leiche entdeckt.«

»Und wieso glauben wir, dass es Mord ist?«

»Die Person hat eine aufgeschlitzte Kehle, überall ist Blut, Maresciallo.«

In der Tat, eine aufgeschlitzte Kehle war ein akzeptables Indiz für einen Mord, sagte sich Fenoglio.

»Also gut, dann gehen wir und schauen uns die Sache an.« Es war ein fünfstöckiges Wohnhaus mit verputzter Frontseite und alles in allem etwas trist. Im Hausflur roch es nach gekochtem Essen und der Geruch vermischte sich mit dem des Chlorputzmittels, mit dem Stunden zuvor die Treppen gewischt worden waren.

Auf dem Treppenabsatz stand ein weiterer Carabiniere in Uniform, der, zack, in die Habachtstellung schnellte und die Tür öffnete, wozu er ohne Handschuhe und Vorsichtsmaßnahmen den Türknauf anfasste. Sollte jemand dort tatsächlich Fingerabdrücke hinterlassen haben und vorausgesetzt sie waren zuvor nicht bereits von anderen verwischt worden – von der Putzfrau, den Hausbewohnern oder von wer weiß wem –, existierten die mit Sicherheit jetzt nicht mehr. Bei den Tatortbegehungen kriegt man Dinge zu sehen, die in den TV-Serien nicht erzählt werden. Alle, vom letzten Carabiniere oder Polizist in Uniform bis zum Offizier oder Staatsanwalt, fühlen sich berechtigt, ohne Vorkehrungen in den Tatort einzudringen und alles, was ihnen unterkommt, anzufassen, ja sogar die Beweisstücke zu manipulieren, abgesehen davon, dass sie sie dann sorgfältig in längst zwecklos gewordenen Plastiktüten deponieren.

Einmal hatte Fenoglio am Tatort eines Mafiamordes gesehen, wie ein Kollege die aus einer Kalaschnikow abgefeuerten Patronen in der Nähe einer Leiche mit bloßer Hand aufgelesen hat. Beim Eintreffen der Spurensicherung hat er sie dann auf den Boden zurückgelegt. Mehr oder weniger an die Stelle, wo er sie zuvor aufgeklaubt hatte, erklärte er mit der größten Selbstverständlichkeit.

Beim Betreten der Wohnung nahm Fenoglio etwas wahr, was wie eine Spur in der Luft hing. Es war nur ein kurzer Moment, ein Eindruck, beinahe eine eingebildete Sache, eine Erinnerung an etwas, woran man unfähig ist sich zu erinnern, ein lästiger und unfassbarer Gedanke.

In der Küche wurden die Geruchsspuren klarer und unangenehmer: Es war der Eisengeruch des Blutes, jener ekelerregende Geruch eines gewaltsamen Todes.

Die Leiche lag auf dem Boden, ein Arm ruhte bizarr auf einem umgekippten Stuhl. Womöglich hatte der Mann im Fallen versucht, sich an der Stuhllehne festzuklammern, dann war er in dieser wie inszeniert wirkenden Position liegen geblieben.

Die andere Hand befand sich in der Nähe seiner Gurgel, blutüberströmt, wie es auch der Fußboden und seine Kleidung waren. Wahrscheinlich hatte Fraddosio in den wenigen Augenblicken, die er nach der Messerattacke noch am Leben war, versucht das Blut zu stoppen, das aus der durchtrennten Halsschlagader sprudelte. Auf dem Boden lag eine Mokkakanne und überall ringsum war Kaffee, der sich an manchen Stellen mit dem Blut vermengte. Auf dem Tisch, verkleidet mit rosafarbenem Laminat, standen zwei saubere Espressotassen samt Untertellerchen und Kaffeelöffeln bereit.

Neben Fenoglio stand der Obergefreite Pellecchia, ein Bulle noch von der alten Schule. Wie es sein Markenzeichen war, kaute er an einer Zigarre und zog ständig die Nase hoch, die infolge eines Kopfstoßes von vor Jahren schön schief war.

»Er kannte seinen Mörder gut. Er war dabei, ihm einen Kaffee zu servieren, und dann ist etwas passiert«, sagte der Obergefreite.

»Eben, wer weiß was. Werfen wir einen Blick in die übrigen Räume«, sagte Fenoglio.

Die Wohnung war recht spartanisch eingerichtet: wenige Möbel, wenige Gegenstände, keine Bilder an den Wänden, keine Bücher; in den Schränken wenige Kleidungsstücke und nur Herrenkleidung. Im Schlafzimmer roch es leicht abgestanden. Der Mörder hatte keine anderen Räume als die Küche betreten; oder falls doch, hatte er dort zumindest keine Spuren seiner vorübergehenden Präsenz hinterlassen.

»Habt ihr den diensthabenden Staatsanwalt und den Amtsarzt gerufen?«, fragte Fenoglio.

Jemand antwortete, dass beide benachrichtigt sind und bald eintreffen.

»Fangen wir mit den Tatortfotos an und schauen mal, ob es noch irgendwo verwertbare Fingerabdrücke gibt. Montemurro, ruf bei der Einsatzzentrale an und verlang eine Personenauskunft zu dem Typen. Tonino (das war der Vorname von Pellecchia), du machst eine Runde durchs Haus und sprichst mit den Bewohnern. Der Mord ist vor nicht mehr als ein paar Stunden geschehen.«

Zwei

Der Amtsarzt bestätigte Fenoglios These: Der Tod war, grob geschätzt, ein paar Stunden zuvor eingetreten; nach der Autopsie könnte er Genaueres sagen.

Die Tatwaffe war eine scharfe, nicht gezackte Schneide, das ließen die zwei sauberen, nicht ausgefransten Schnitte am Hals erkennen. Das Opfer hatte versucht sich zu schützen – auf der Hand war eine Abwehrverletzung, aber vermutlich war sie das Ergebnis eines ersten Angriffs.

Der Staatsanwalt, Doktor Catacchio, war ein altgedienter Beamter. Fenoglio kannte ihn gut und in der Vergangenheit hatte er gerne mit ihm zusammengearbeitet. Er war eine ehrliche Haut, ein tüchtiger Ermittler und obendrein ein sympathischer Mensch. Doch dann musste ihm etwas zugestoßen sein oder vielleicht war er von seinen sechzig Jahren einfach nur überrascht worden.

Jetzt sollte er an die Generalstaatsanwaltschaft des Berufungsgerichts versetzt werden – ein nutzloses Amt, so etwas wie ein Altenheim für höhere Justizbeamte – und fortan kümmerte ihn rein gar nichts mehr. Nachdem er einen Blick auf das Opfer und in die Küche geworfen und die Worte des Gerichtsmediziners zwar gehört – ihm aber nicht zugehört – hatte, genehmigte er den Abtransport des Leichnams. Dann drückte er Fenoglio mit einem verwaschenen Lächeln, das fast wie eine Entschuldigung anmutete – ich bin nicht mehr der von früher, aber ich kann da nichts machen –, die Hand und ging.

»Ist gut, Sportelli, du bleibst hier«, sagte Fenoglio, »warte auf die Leute vom Bestattungsunternehmen, begleite sie ins Leichenschauhaus, kontrolliere, ob alles seine Ordnung hat, und komm dann wieder zu uns. Wir bringen unterdessen die Putzfrau in die Kaserne und nehmen das Protokoll auf. Dann besprechen wir das weitere Vorgehen.«

In dem Augenblick kam Pellecchia auf seiner Zigarre kauend und schniefend in die Wohnung zurück und zeigte, soweit sein ausdrucksloses Gesicht das zuließ, eine gewisse Aufregung.

»Da ist eine, die vielleicht etwas gesehen hat.«

»Wer?«, fragte Fenoglio.

»Eine Alte, die drunter wohnt.«

Pellecchia hatte mit einer aus dem ersten Stock gesprochen, die ein paar Stunden zuvor vor dem Haustor einem jungen Kerl begegnet war, den man bislang noch nie im Haus gesehen hatte und der mit Karacho davonlief.

»Wo finden wir die Alte jetzt?«

»In ihrer Wohnung. Ich sag’s dir aber gleich: Sie ist ein bisschen seltsam. Offenbar nicht ganz klar im Kopf.«

»Gehen wir und hören sie mal an.«

Die Frau musste mindestens fünfundsiebzig Jahre alt sein, vielleicht sogar älter. Sie war klein und übergewichtig: eine Art weiblicher Buddha, aber mit misstrauisch blickenden Knopfaugen und einem Gesichtsausdruck voll unerklärlichem Groll.