Christian Lunzer - Peter Hiess

Der Fall Lizzie Borden

Doppelmord in Fall River

 

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Kreittmayrstr. 26, 80335 München

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Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-95616-555-9

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Inhalt

Doppelmord in Fall River

Quellen

Lust auf mehr?

Mütter, Töchter, Ehefrauen

Gift & Galle

Auf Messers Schneide

Weibliche Tugenden

Mörderische Arbeitsmarktverwaltung

Mord am Arbeitsplatz

Arbeitsplatz und Ausbildung

Die Autoren

Der Verlag

Impressum

 

Doppelmord in Fall River

»Lizzie Borden took an axe,
And gave her mother forty whacks.
When she saw what she had done,
She gave her father forty-one.«
amerikanischer Kinderreim

Es war ein brütend heißer Augusttag in Fall River, Massachusetts. Bridget Sullivan, das irische Dienstmädchen der Familie Borden, ruhte sich gegen 11 Uhr in ihrer Dachbodenkammer von der vormittäglichen Arbeit aus, als sie plötzlich von unten die aufgeregte Stimme der 32-jährigen, noch bei ihren Eltern lebenden Tochter Lizzie hörte: »Komm schnell herunter! Vater ist tot. Irgendjemand muss ins Haus gekommen sein und ihn umgebracht haben!«

Bridget stürmte die Treppe hinunter und wurde an der Tür zum Wohnzimmer bereits von Lizzie erwartet. Als sie einen Blick in den Raum werfen wollte, wo sich ihr Arbeitgeber Adam Borden keine halbe Stunde zuvor zu einem Schläfchen hingelegt hatte, verweigerte ihr Lizzie den Zutritt und wies sie an, über die Straße zu laufen und Dr. Bowen, den Hausarzt der Familie, zu holen. Eine Minute später war das Dienstmädchen wieder da und meldete, dass der Arzt unterwegs sei, aber so schnell wie möglich kommen würde. Die nicht besonders schockiert wirkende Tochter des Verstorbenen beauftragte sie daraufhin, ihre alte Freundin Alice Russell zu holen, damit sie nicht ganz allein im Haus sein müsse.

»Miss Lizzie, wo waren Sie denn, als das passiert ist?«, stellte Bridget daraufhin die Frage, die im Lauf der kommenden Monate noch oft gestellt und höchst unterschiedlich beantwortet werden sollte. »Ich war im Hof und habe ein Stöhnen gehört«, erwiderte Lizzie. »Und als ich dann zum Haus zurückging, stand die Außentür weit offen.«

Mrs. Churchill, einer aufmerksamen Nachbarin, war auf Grund der hektischen Aktivität im Nebenhaus längst aufgefallen, dass etwas nicht in Ordnung war. Sie fragte Lizzie über den Gartenzaun hinweg, was passiert sei. Erstaunlicherweise machte die junge Frau erst ein paar Bemerkungen über die Hitze, bis sie ganz ruhig sagte: »Kommen Sie doch rüber. Jemand hat Vater umgebracht.« Mrs. Churchill eilte auf das Nachbargrundstück und erfuhr dann, dass Mr. Borden tot auf dem Sofa im Wohnzimmer läge, dass Lizzie während der Tat in der Scheune gewesen sei und ein Stück Eisen gesucht habe und dass ihre Stiefmutter allem Anschein nach nicht zu Hause sei, weil sie am Vormittag eine Nachricht erhalten habe, dass sie jemandem einen Krankenbesuch abstatten solle.