Estland ist ein kleines Land (350 mal 240 km) mit 1,3 Millionen Einwohnern und liegt an der Ostsee, südlich des finnischen Meerbusens. Der Reiz dieses Landes liegt darin, dass es touristisch nie überfrachtet war, und das hat sich bis heute erhalten. Wollen Sie „Natur pur“ erleben, das ganze Spektrum von Meer und Inseln, endlosen Wäldern, Hochmooren, Hügellandschaften, zahllosen Seen … – dann sind Sie hier richtig. Die schönste Reisezeit ist Juli / August, denn hier entfaltet sich der Sommer im Eiltempo: Alles blüht und reift mit einem Schlage. Sie können natürlich auch einen klassischen nordischen Winter von Ende Oktober bis Ende April erleben. Die hügeligen Gegenden Südestlands eignen sich für einen herrlichen Winterurlaub.
Wer Estland und die Esten gerne näher kennen lernen möchte, sollte sich auch Grundkenntnisse der estnischen Sprache aneignen. Die wesentlichen Punkte der Grammatik werden hier knapp und übersichtlich erklärt, so dass man sich mit wenig Aufwand gut verständigen kann. Der Konversationsteil bietet die wichtigsten Sätze der Alltagskommunikation.
Viel Spaß beim Lernen und Sprechen in Estland!
Irja Grönholm
Zu diesem Buch ist zusätzlich ein AusspracheTrainer als MP3-Download erhältlich unter
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Auch erhältlich auf Audio-CD unter
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Der AusspracheTrainer enthält alle Sätze und Redewendungen, die in diesem Buch mit einem markiert sind.
Hörproben: In ausgewählten Kapiteln im Konversationsteil dieses Buches können Sie sich unter den dort angegebenen Links Ausschnitte aus dem AusspracheTrainer anhören.
Der Kauderwelsch-Band Estnisch ist in drei Hauptabschnitte gegliedert: Grammatik, Konversation und Wörterlisten.
Die Grammatik beschränkt sich auf das Wesentliche und ist so einfach gehalten wie möglich. Deshalb sind auch nicht sämtliche Ausnahmen und Unregelmäßigkeiten der Sprache erklärt. Wer nach der Lektüre gerne noch tiefer in die Grammatik der estnischen Sprache eindringen möchte, findet im Anhang einige Literaturhinweise. Natürlich kann man die Grammatik auch überspringen und sofort mit dem Konversationsteil beginnen. Wenn dann Fragen auftauchen, kann man immer noch in der Grammatik nachsehen.
Im Konversationsteil finden Sie Sätze aus dem Alltagsgespräch, die Ihnen einen ersten Eindruck davon vermitteln sollen, wie die estnische Sprache „funktioniert“, und die Sie auf das vorbereiten sollen, was Sie später in Estland hören werden.
Jede Sprache hat ein typisches Satzbaumuster. Um die sich vom Deutschen unterscheidende Wortfolge estnischer Sätze zu verstehen, ist die Wort-für-Wort-Übersetzung in kursiver Schrift gedacht. Jedem estnischen Wort entspricht ein deutsches Wort in der Wort-für-Wort-Übersetzung. Wird ein estnisches Wort im Deutschen durch zwei Wörter übersetzt, werden diese in der Wort-für-Wort-Übersetzung mit einem Bindestrich verbunden. Eine Zahl in der Wort-für-Wort-Übersetzung zeigt die „Nummer“ des Falls an, in dem ein Wort gebeugt ist. Bei Verben ist in Klammern manchmal die Person ergänzt. Die Befehlsform ist durch ein Ausrufezeichen in Klammern gekennzeichnet.
koju
nach-Hause
nach Hause
Kus sa elad?
wo du wohnst
Wo wohnst du?
Vabandage, palun!
entschuldigt(!) (ich-)bitte
Entschuldigen Sie, bitte!
Mehrere Wörter, die man in einem Satz untereinander austauschen kann, werden durch einen Schrägstrich voneinander getrennt:
Kas te räägite saksa / inglise keelt?
ob ihr sprecht deutsche / englische Sprache(3)
Sprechen Sie Deutsch / Englisch?
Mit Hilfe der Wort-für-Wort-Übersetzung können Sie bald eigene Sätze bilden. Sie können die Beispielsätze als Fundus von Satzschablonen und -mustern benutzen, die Sie selbst Ihren Bedürfnissen anpassen. Um Ihnen das zu erleichtern, ist ein erheblicher Teil der Beispielsätze nach allgemeinen Kriterien geordnet. Mit einem kleinen bisschen Kreativität und Mut können Sie sich neue Sätze „zusammenbauen“, auch wenn das Ergebnis nicht immer grammatikalisch perfekt ausfällt.
Die Wörterlisten am Ende des Buches helfen Ihnen dabei. Sie enthalten einen Grundwortschatz von je ca. 1000 Wörtern Deutsch–Estnisch und Estnisch–Deutsch.
Die Rubrik „Das Wichtigste im Überblick“ im Anhang hält die wichtigsten Sätze und Formulierungen stets parat. Einfach die gewünschte Satzkonstruktion mit dem Vokabular aus den einzelnen Kapiteln kombinieren.
Historisch Interessierte kommen in Estland auf ihre Kosten, wenn sie den Spuren der wechselvollen Geschichte folgen. Etwa 3000 v. Chr. siedelten sich hier finno-ugrische Jäger- und Fischerstämme an. Estland, das im Mittelalter zu Livland gehörte, war Zankapfel zwischen Schweden, Polen, Russland und dem Deutschen Orden, stand über 700 Jahre unter deutscher Vorherrschaft und ist von dieser langen historischen Etappe am stärksten geprägt. Von 1721 bis 1918 regierte der russische Zar, und von 1918 bis 1939 war Estland eine eigenständige Republik, die durch den Hitler-Stalin-Pakt 1940 zerschlagen wurde. Nach der langen und unerfreulichen Zugehörigkeit zur Sowjetunion ist Estland seit 1991 wieder eine selbständige Republik und seit 2004 EU-Land.
Zeugen der Geschichte sind alte Steingräber und Opfersteine, mittelalterliche Burgen und Kirchen sowie die Herrenhäuser (Gutshöfe) aus dem 18. Jahrhundert. Die Hauptstadt Tallinn ist eine alte Hansestadt, deren mittelalterlicher Stadtkern gut erhalten ist. Außer diesen prägen die typischen Holzhäuser der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert sowie die großzügigen Bauten aus den 1920er- und 1930er-Jahren – der wirtschaftlichen Blütezeit – das Bild der Stadt.
Historisch gewachsen ist auch die Mehrsprachigkeit der Bevölkerung, d. h. es wurde von jeher neben Estnisch auch Deutsch und Russisch gesprochen. Unter der Sowjetmacht verloren sich die Deutschkenntnisse teilweise. Aber fragt man ältere Leute auf der Straße nach dem Weg, wird Deutsch z. T. noch immer verstanden. Einige Orte kennt man noch unter ihren alten deutschen Namen. So heißt Tallinn auch Reval, und Tartu heißt Dorpat.
Estnisch gehört zur finno-ugrischen Sprachgruppe, ist also mit Finnisch und Ungarisch verwandt. Mit den baltischen Sprachen (Lettisch und Litauisch) oder dem Slawischen ist Estnisch dagegen nicht verwandt.
Die Sprache ist durch eine Vielzahl von Doppelbuchstaben (Selbstlaute wie auch Mitlaute) gekennzeichnet und gehört nicht gerade zu den leicht erlernbaren. Die grammatikalischen Beziehungen drücken sich vor allem in Nachsilben aus: Man hängt die Fallendungen und die Beziehungswörter (Fürwörter) einfach an.
Als „Fallen“ erweisen sich oft die Wörter mit einem Stufenwechsel, bei denen sich, wenn sie gebeugt werden, bestimmte Mitlaute im Wortstamm ändern. Sie sollten sich aber nicht entmutigen lassen; denn Estnisch hat immerhin zwei Vorzüge: Es wird mit lateinischen Buchstaben geschrieben, und so ausgesprochen, wie es dasteht. Auch die Satzzeichen werden wie im Deutschen verwendet. Ein weiterer Vorteil sind die vielen „internationalen“ Fremdwörter, wie z. B.:
Alkohol | alkohol |
Information | info |
Film | film |
Kino | kino |
Fotograf | fotograaf |
Reisebüro | reisibüroo |
Hygieneartikel | hügieeniartikkel |
Theater | teater |
Wein | vein |
Das estnische Alphabet besteht aus 27 Buchstaben. In der Regel wird alles so ausgesprochen, wie es geschrieben wird. Lange Selbstlaute schreibt man mit Doppelbuchstaben, besonders harte Mitlaute ebenfalls.
Alphabet
a b d e f g h i j k l m n o p r s š z ž t u v õ ä ö ü
Selbstlaute (Vokale)
Einzeln stehende Selbstlaute werden immer kurz ausgesprochen.
a | wie „a“ in „Land“: raha (Geld) |
e | geschlossenes „e“ wie in „Leben“, aber kurz: elu (Leben) |
i | wie „i“ in „Wind“: hind (Preis) |
o | geschlossenes „o“ wie in „loben“, aber kurz: odav (billig) |
u | wie „u“ in „Hund“: turg (Markt) |
ä | offener als im Deutschen, etwa wie „ä“ in „März“: vähe (wenig) |
ö | wie „ö“ in „östlich“: köha (Husten) |
õ | Laut zwischen „ö“ und „e“, wie stark abgeschwächtes „ö“: kõrge (hoch) |
ü | wie „ü“ in „Hürde“: süda (Herz) |
Verdoppelte Selbstlaute werden lang ausgesprochen.
aa | wie „aa“ in „Saat“: maa (Land) |
ee | wie „ee“ in „Beet“: keema (kochen) |
ii | wie das lange „ie“ in „Liebe“: pliiats (Bleistift) |
oo | wie langes „o“ in „Rose“: kool (Schule) |
uu | wie langes „u“ in „Mut“: suur (groß) |
õõ | gibt es im Deutschen nicht, etwa wie langes „ö“ in „hören“: rõõm (Freude) |
ää | wie langes „ä“ in „gären“: käärid (Schere) |
öö | wie langes „ö“ in „lösen“: lööma (schlagen) |
üü | wie langes „ü“ in „Mühe“: müür (Mauer) |
Doppelselbstlaute (Diphthonge)
Die Diphthonge spricht man zwar einzeln für sich aus, sie werden aber dennoch weich zusammengezogen.
ae | „a“ und „e“ getrennt sprechen (also nicht wie „ä“): laev (Schiff) |
au | wie „au“ in „laut“: laud (Tisch) |
ei | „e“ und „i“ wie engl. „eight“ (kein dt. „ei“ wie in „leise“): leib (Brot) |
eu | „e“ und „u“ weich und fließend nacheinander sprechen: Euroopa (Europa) |
Getrennt ausgesprochen werden Selbstlaute in zusammengesetzten Wörtern. So besteht etwa vanaisa (Großvater) aus vana (alt) und isa (Vater), also trennt man die Bestandteile auch in der Aussprache („vana-isa“).
Stehen drei Selbstlaute nacheinander, muss man die Bedeutung des Wortes kennen, um zu wissen, ob eine getrennte Aussprache vonnöten ist (zusammengesetztes Wort) oder nicht. So spricht man riietus (Kleidung) wie „riije-tus“ (kein zusammengesetztes Wort), und ebenso Teie (Anrede Sie) wie „teije“. Zusammengesetzt hingegen ist z. B. peaasi (Hauptsache), sprich: „pea-asi“.
Mitlaute (Konsonanten)
Die meisten Mitlaute werden wie im Deutschen ausgesprochen. Grundsätzlich gilt: Es gibt im Estnischen keinen qualitativen Unterschied zwischen g und k, zwischen b und p, sowie zwischen d und t. Die Schriftzeichen g, b und d zeigen nur ein kurzes k, p bzw. t an, d. h. sie sind stimmlos wie k, p und t, aber nicht so lang und etwas „leichter“. Auch ist das s immer stimmlos, tendiert allerdings in einigen Wörtern, z. B. isa (Vater), zum Stimmhaften.
f | wie „f“ in „Foto“ sprechen (gibt es nur in Fremdwörtern): foto (Foto) |
g | wie ein schwaches „k“: nuga (Messer) |
h | hörbar! weich wie in „Haus“ od. hart wie „ch“ in „kochen“: ehitis (Bauwerk),koht (Stelle) |
j | wie „j“ in „Junge“: jumal (Gott) |
r | immer Zungenspitzen-R wie im Italienischen: raha (Geld) |
s | ist immer stimmlos wie in „Mast“: sageli (oft) |
š | wie stimmloses „sch“ in „Schokolade“ (nur in Fremdwörtern): šokolaad (Schokolade) |
v | immer wie „w“ in „Wasser“ oder in „Vase“ sprechen: vesi (Wasser) |
z | wie „s“ in „Seife“: zooloogia (Zoologie) |
ž | stimmhaftes „sch“ wie 2. „g“ in „Garage“ od. „j“ in „Journal“: garaaž (Garage),žilett (Rasierklinge) |
Ein „q“ gibt es im Estnischen nicht. Wörter, die im Deutschen mit „qu“ geschrieben werden, wie z. B. „Qualität“, werden im Estnischen mit kv geschrieben und auch so ausgesprochen, z. B. kvaliteet (Qualität).
Es gibt im Estnischen auch kein „sch“. In Fremdwörtern wird „sch“ mit š geschrieben, wenn man es stimmlos wie in „Schule“ spricht, z. B.: šakaal (Schakal), šabloon (Schablone), šamott (Schamotte). Fremdwörter mit stimmhaftem „sch“, z. B. „j“ in „Journalist), werden mit ž, seit einiger Zeit aber auch mit zh geschrieben: žurnalist bzw. zhurnalist (Journalist).
Betonung
Die Betonung liegt fast immer auf der ersten Silbe. Es gibt nur wenige Ausnahmen, und dabei handelt es sich stets um Fremdwörter. Diese werden dann auf der Silbe betont, die auch in der Originalsprache den Akzent trägt.
Groß- & Kleinschreibung
Die höfliche Anrede (Teie Sie), Eigen- und Ortsnamen sowie der Satzanfang werden groß geschrieben. Alles andere schreibt man klein.
Für die folgenden Sätze und Floskeln brauchen Sie noch keine Grammatikkenntnisse.
Vabandage palun!
entschuldigt(!) (ich-)bitte
Entschuldigen Sie, bitte!
Kas Teil on … ? (Haben Sie … ? (+ 3.))
Die Wörter, die in diesen Satz eingesetzt werden, müssen im 3. Fall (Partitiv) gebeugt werden. Wenn einem das für den Anfang zu kompliziert ist, kann man die Wörter aus der Wörterliste im Anhang zur Not auch unverändert einsetzen. Dies entspricht zwar nicht der Grammatik, aber man wird trotzdem verstanden.
Kas Teil on vaba tuba?
ob bei-euch(8) ist frei Zimmer(3)
Haben Sie ein freies Zimmer?
õlut | Bier |
teed | Tee |
kohvi | Kaffee |
tuba | Zimmer |
sõiduplaani | Fahrplan |
linnaplaani | Stadtplan |
midagi süüa | etwas zu essen |
midagi juua | etwas zu trinken |
Kas siin on … ? (Gibt es hier … ?)
Die Beugung kann man auf ganz korrekte Weise mit dieser Formulierung umgehen.
Kas siin on arsti?
ob hier ist Arzt
Gibt es hier einen essen
Kas siin on turgu?
ob hier ist Markt
Gibt es hier einen Markt?
Kas siin on hotelli?
ob hier ist Hotel
Gibt es (hier) ein Hotel?
Jah, on.
ja (es-)ist
Ja, gibt es.
Ei ole.
nicht sein(St.)
Nein, gibt es nicht.
Kas siin sõidab mõni … ? (Fährt hier … ?)
Kas siin sõidab mõni buss?
ob hier fährt mancher Bus
Fährt hier ein Bus?
tramm | Straßenbahn |
troll | Oberleitungsbus |
Kus asub … ? (Wo gibt es / ist … ?)
Kus asub hotell?
Wo gibt es ein Hotel?
Kus asub taksopeatus?
Wo gibt es ein Taxi?
Kus asub postkontor?
Wo ist die Post?
Auch in diesen Satz kann man alle (sinnvollen) Wörter aus den Wörterlisten einsetzen, z. B.:
apteek | Apotheke |
raudteejaam | Bahnhof |
pank | Bank (Geld) |
kämping | Campingplatz |
konsulaat | Konsulat |
haigla | Krankenhaus |
motell | Motel |
politsei | Polizei |
restoran | Restaurant |
telefon | Telefon |
tualett | Toilette |
töökoda | Werkstatt |
Damit Sie nicht ausschließlich auf Gesten angewiesen sind, hier noch ein paar Orientierungshilfen:
siin | hier |
seal | dort |
siia | hierher |
sinna | dorthin |
paremal | rechts |
paremale | nach rechts |
vasakul | links |
vasakule | nach links |
otse(teed) | geradeaus |
tagasi | zurück |
valgusfoor | Ampel |
ristmik | Kreuzung |
edasi | weiter |
Ma tahaksin … (Ich möchte … (+ 3.))
Die Formulierung mit Ma tahaksin … ist sehr wichtig. Auch hier muss man aber die Ergänzung im 3. Fall (Partitiv) beugen.
Ma tahaksin leiba.
Ich möchte ein Brot.
Ma tahaksin sõidupiletit.
Ich möchte eine Fahrkarte.
Ma tahaksin kirjamarki.
Ich möchte eine Briefmarke.
Kui palju maksab … ?