Über das Buch

Canetti erzählt von seiner Kindheit in Bulgarien, England, Österreich und der Schweiz. Der spanische Ursprung der Familie, die vielsprachige Umgebung in Rustschuk, das patriarchalische Leben im jüdischen Elternhaus, die Schulzeit in Manchester, Kriegs- und Nachkriegszeit in Zürich – all dies in den Beobachtungen des Kindes, die noch übertroffen werden durch die Intensität, mit der der Heranwachsende Gefühle erfährt: Eifersucht und Wahn nicht weniger als Zärtlichkeit und Stolz.

 

Hanser E-Book

 

Elias Canetti

 

Die gerettete Zunge

 

Geschichte einer Jugend

 

 

Carl Hanser Verlag

 

ISBN 978-3-446-25334-6

Zuerst erschienen 1977

Text nach Band VII der Canetti-Werkausgabe

© 1977, 2016 Elias Canetti Erben Zürich, Carl Hanser Verlag München

Umschlaggestaltung: S. Fischer Verlag / www.buerosued.de

Cover: Elias Canetti, Rustschuk 1908

 

 

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Kreutzfeldt digital, Hamburg

Inhaltsverzeichnis

 

Teil 1

Rustschuk

1905–1911

 

Meine früheste Erinnerung

Familienstolz

›Kako la gallinica‹. Wölfe und Werwölfe

Das Beil des Armeniers. Die Zigeuner

Geburt des Bruders 22

Das Haus des Türken. Die beiden Großväter

Purim. Der Komet

Die Zaubersprache. Das Feuer

Kreuzottern und Buchstaben

Der Mordanschlag

Ein Fluch auf die Reise

 

 

Teil 2

Manchester

1911–1913

 

Tapeten und Bücher. Spaziergang an der Mersey

Little Mary. Der Untergang der ›Titanic‹. Captain Scott

Napoleon. Menschenfressende Gäste. Sonntagsfreuden

Der Tod des Vaters. Die letzte Version

Das himmlische Jerusalem

Deutsch am Genfersee

 

 

Teil 3

Wien

1913–1916

 

Das Erdbeben von Messina. Burgtheater zu Hause

Der Unermüdliche

Ausbruch des Krieges

Medea und Odysseus

Reise nach Bulgarien

Die Auffindung des Bösen. Festung Wien...

Alice Asriel 138

Die Wiese bei Neuwaldegg

Krankheit der Mutter. Der Herr Dozent

Der Bart im Bodensee

 

 

Teil 4

Zürich – Scheuchzerstraße

1916–1919

 

Der Schwur

Ein Zimmer voll von Geschenken

Spionage

Verführung durch die Griechen. Schule der Menschenkenntnis

Der Schädel. Disput mit einem Offizier

Tag- und Nachtlektüren. Das Leben der Geschenke

Hypnose und Eifersucht. Die Schwerverletzten

Die Gottfried-Keller-Feier

Wien in Not. Der Sklave aus Mailand

 

 

Teil 5

Zürich – Tiefenbrunnen

1919–1921

 

Die guten Jungfern der Villa Yalta. Dr. Wedekind

Phylogenie des Spinats. Junius Brutus

Unter großen Männern

Fesselung des Ogers

Wie man sich verhaßt macht

Die Petition

Verbotsbereitschaft

Die Mäuse-Kur

Der Gezeichnete

Ankunft der Tiere

Kannitverstan. Der Kanarienvogel

Der Enthusiast

Geschichte und Schwermut

Die Sammlung

Auftritt des Hexenmeisters

Die schwarze Spinne

Michelangelo

Das verworfene Paradies

 

 

 

Für Georges Canetti

1911–1971

 

 

 

Teil 1

Rustschuk

1905–1911

Meine früheste Erinnerung

Meine früheste Erinnerung ist in Rot getaucht. Auf dem Arm eines Mädchens komme ich zu einer Tür heraus, der Boden vor mir ist rot, und zur Linken geht eine Treppe hinunter, die ebenso rot ist. Gegenüber von uns, in selber Höhe, öffnet sich eine Türe, und ein lächelnder Mann tritt heraus, der freundlich auf mich zugeht. Er tritt ganz nahe an mich heran, bleibt stehen und sagt zu mir: »Zeig die Zunge!« Ich strecke die Zunge heraus, er greift in seine Tasche, zieht ein Taschenmesser hervor, öffnet es und führt die Klinge ganz nahe an meine Zunge heran. Er sagt: »Jetzt schneiden wir ihm die Zunge ab.« Ich wage es nicht, die Zunge zurückzuziehen, er kommt immer näher, gleich wird er sie mit der Klinge berühren. Im letzten Augenblick zieht er das Messer zurück, sagt: »Heute noch nicht, morgen.« Er klappt das Messer wieder zu und steckt es in seine Tasche.

Jeden Morgen treten wir aus der Tür heraus auf den roten Flur, die Türe öffnet sich, und der lächelnde Mann erscheint. Ich weiß, was er sagen wird, und warte auf seinen Befehl, die Zunge zu zeigen. Ich weiß, daß er sie mir abschneiden wird, und fürchte mich jedesmal mehr. Der Tag beginnt damit, und es geschieht viele Male.

 

Ich behalte es für mich und frage erst sehr viel später die Mutter danach. Am Rot überall erkennt sie die Pension in Karlsbad, wo sie mit dem Vater und mir den Sommer 1907 verbracht hatte. Für den Zweijährigen haben sie ein Kindermädchen aus Bulgarien mitgenommen, selbst keine fünfzehn Jahre alt. In aller Frühe pflegt sie mit dem Kind auf dem Arm fortzugehen, sie spricht nur Bulgarisch, findet sich aber überall in dem belebten Karlsbad zurecht und ist immer pünktlich mit dem Kind zurück. Einmal sieht man sie mit einem unbekannten jungen Mann auf der Straße, sie weiß nichts über ihn zu sagen, eine Zufallsbekanntschaft. Nach wenigen Wochen stellt sich heraus, daß der junge Mann im Zimmer genau gegenüber von uns wohnt, auf der anderen Seite des Flurs. Das Mädchen geht manchmal nachts rasch zu ihm hinüber. Die Eltern fühlen sich für sie verantwortlich und schicken sie sofort nach Bulgarien zurück.

Beide, das Mädchen und der junge Mann, gingen sehr früh von zu Hause fort, auf diese Art müssen sie sich zuerst begegnet sein, so muß es begonnen haben. Die Drohung mit dem Messer hat ihre Wirkung getan, das Kind hat zehn Jahre darüber geschwiegen.

Familienstolz

Rustschuk, an der unteren Donau, wo ich zur Welt kam, war eine wunderbare Stadt für ein Kind, und wenn ich sage, daß sie in Bulgarien liegt, gebe ich eine unzulängliche Vorstellung von ihr, denn es lebten dort Menschen der verschiedensten Herkunft, an einem Tag konnte man sieben oder acht Sprachen hören. Außer den Bulgaren, die oft vom Lande kamen, gab es noch viele Türken, die ein eigenes Viertel bewohnten, und an dieses angrenzend lag das Viertel der Spaniolen, das unsere. Es gab Griechen, Albanesen, Armenier, Zigeuner. Vom gegenüberliegenden Ufer der Donau kamen Rumänen, meine Amme, an die ich mich aber nicht erinnere, war eine Rumänin. Es gab, vereinzelt, auch Russen.

Als Kind hatte ich keinen Überblick über diese Vielfalt, aber ich bekam unaufhörlich ihre Wirkungen zu spüren. Manche Figuren sind mir bloß in Erinnerung geblieben, weil sie einer besonderen Stammesgruppe angehörten und sich durch ihre Tracht von anderen unterschieden. Unter den Dienern, die wir im Laufe jener sechs Jahre im Hause hatten, gab es einmal einen Tscherkessen und später einen Armenier. Die beste Freundin meiner Mutter war Olga, eine Russin. Einmal wöchentlich zogen Zigeuner in unseren Hof, so viele, daß sie mir wie ein ganzes Volk erschienen, und von den Schrecken, mit denen sie mich erfüllten, wird noch die Rede sein.

Rustschuk war ein alter Donauhafen und war als solcher von einiger Bedeutung gewesen. Als Hafen hatte er Menschen von überall angezogen, und von der Donau war immerwährend die Rede. Es gab Geschichten über die besonderen Jahre, in denen die Donau zufror; von Schlittenfahrten über das Eis nach Rumänien hinüber; von hungrigen Wölfen, die hinter den Pferden der Schlitten her waren.

Wölfe waren die ersten wilden Tiere, über die ich erzählen hörte. In den Märchen, die mir die bulgarischen Bauernmädchen erzählten, kamen Werwölfe vor, und mit einer Wolfsmaske vorm Gesicht erschreckte mich eines Nachts mein Vater.

Es wird mir schwerlich gelingen, von der Farbigkeit dieser frühen Jahre in Rustschuk, von seinen Passionen und Schrecken eine Vorstellung zu geben. Alles was ich später erlebt habe, war in Rustschuk schon einmal geschehen. Die übrige Welt hieß dort Europa, und wenn jemand die Donau hinauf nach Wien fuhr, sagte man, er fährt nach Europa, Europa begann dort, wo das türkische Reich einmal geendet hatte. Von den Spaniolen waren die meisten noch türkische Staatsbürger. Es war ihnen unter den Türken immer gutgegangen, besser als den christlichen Balkanslawen. Aber da viele unter den Spaniolen wohlhabende Kaufleute waren, unterhielt das neue bulgarische Regime gute Beziehungen zu ihnen, und Ferdinand, der König, der lange regierte, galt als Freund der Juden.

Die Loyalitäten der Spaniolen waren einigermaßen kompliziert. Sie waren gläubige Juden, denen ihr Gemeindeleben etwas bedeutete. Es stand, ohne Überhitztheit, im Mittelpunkt ihres Daseins. Aber sie hielten sich für Juden besonderer Art, und das hing mit ihrer spanischen Tradition zusammen. Im Lauf der Jahrhunderte seit ihrer Vertreibung hatte sich das Spanisch, das sie untereinander sprachen, sehr wenig verändert. Einige türkische Worte waren in die Sprache aufgenommen worden, aber sie waren als türkisch erkennbar, und man hatte für sie fast immer auch spanische Worte. Die ersten Kinderlieder, die ich hörte, waren Spanisch, ich hörte alte spanische ›Romances‹, was aber am kräftigsten war und für ein Kind unwiderstehlich, war eine spanische Gesinnung. Mit naiver Überheblichkeit sah man auf andere Juden herab, ein Wort, das immer mit Verachtung geladen war, lautete ›Todesco‹, es bedeutete einen deutschen oder aschkenasischen Juden. Es wäre undenkbar gewesen, eine ›Todesca‹ zu heiraten, und unter den vielen Familien, von denen ich in Rustschuk als Kind reden hörte oder die ich kannte, entsinne ich mich keines einzigen Falles einer solchen Mischehe. Ich war keine sechs Jahre alt, als mich mein Großvater vor einer solchen Mesalliance in der Zukunft warnte. Aber mit dieser allgemeinen Diskriminierung war es nicht getan. Es gab unter den Spaniolen selbst die ›guten Familien‹, womit man die meinte, die schon seit langem reich waren. Das stolzeste Wort, das man über einen Menschen hören konnte, war ›es de buena famiglia‹, er ist aus guter Familie. Wie oft und bis zum Überdruß habe ich das von der Mutter gehört. Als sie vom Burgtheater schwärmte und Shakespeare mit mir las, ja viel später noch, als sie von Strindberg sprach, der zu ihrem Leibautor wurde, genierte sie sich nicht, von sich selbst zu sagen, daß sie aus guter Familie stamme, es gebe keine bessere. Sie, der die Literaturen der Kultursprachen, die sie beherrschte, zum eigentlichen Inhalt ihres Lebens wurden, empfand keinen Widerspruch zwischen dieser leidenschaftlichen Universalität und dem hochmütigen Familienstolz, den sie unablässig nährte.

Schon zur Zeit, als ich ihr noch ganz verfallen war – sie schloß mir alle Türen des Geistes auf, und ich folgte ihr blindlings und begeistert –, fiel mir dieser Widerspruch auf, der mich peinigte und verstörte, und in unzähligen Gesprächen, zu jeder Periode meiner Jugend, sprach ich mit ihr darüber und warf es ihr vor, aber es machte ihr nicht den geringsten Eindruck. Ihr Stolz hatte früh seine Kanäle gefunden, die er unbeirrt befuhr, mich aber hat sie durch diese Enge, die ich an ihr nicht begriff, früh gegen jeden Hochmut der Herkunft eingenommen. Ich kann Menschen mit Kastenstolz irgendwelcher Art nicht ernst nehmen, ich betrachte sie wie exotische, aber etwas lächerliche Tiere. Ich ertappe mich bei den umgekehrten Vorurteilen gegen Menschen, die sich auf ihre hohe Herkunft etwas zugute halten. Den wenigen Aristokraten, mit denen ich befreundet war, mußte ich erst nachsehen, daß sie davon sprachen, und hätten sie geahnt, welche Mühe mich das kostete, sie hätten auf meine Freundschaft verzichtet. Alle Vorurteile sind durch andere Vorurteile bestimmt, und am häufigsten sind die, die sich aus ihren Gegensätzen herleiten.

Es kommt dazu, daß die Kaste, zu der meine Mutter sich rechnete, neben ihrer spanischen Herkunft eine des Geldes war. In meiner Familie und besonders in ihrer sah ich, was Menschen durch Geld geschah. Ich fand die am schlechtesten, die sich am willigsten dem Gelde hingaben. Ich lernte alle Übergänge von Geldgier zu Verfolgungswahn kennen. Ich sah Brüder, die einander durch ihre Habgier in jahrelangen Prozessen zugrunde richteten und die weiter prozessierten, als kein Geld mehr da war. Sie waren aus derselben, ›guten‹ Familie, auf die die Mutter so stolz war. Sie sah es selbst mit an, wir sprachen oft darüber. Ihr Verstand war durchdringend, ihre Menschenkenntnis an den großen Werken der Weltliteratur geschult, aber auch an den Erfahrungen ihres eigenen Lebens. Sie erkannte die Motive der wahnwitzigen Selbstzerfleischung, in der ihre Familie begriffen war; sie hätte mit Leichtigkeit einen Roman darüber schreiben können: ihr Stolz auf diese selbe Familie blieb unerschüttert. Wäre es Liebe gewesen, ich hätte es eher begriffen. Aber viele der Protagonisten liebte sie gar nicht, über manche war sie empört, für andere empfand sie Verachtung, für die Familie als ganze empfand sie nur Stolz.

Spät habe ich erkannt, daß ich, auf die größeren Verhältnisse der Menschheit übertragen, genau wie sie bin. Ich habe den besten Teil meines Lebens damit zugebracht, dem Menschen, wie er in den historischen Zivilisationen erscheint, auf seine Schliche zu kommen. Ich habe die Macht so erbarmungslos untersucht und zerlegt wie meine Mutter die Prozesse in ihrer Familie. Es gibt wenig Schlechtes, was ich vom Menschen wie der Menschheit nicht zu sagen hätte. Und doch ist mein Stolz auf sie noch immer so groß, daß ich nur eines wirklich hasse: ihren Feind, den Tod.

 

 

›Kako la gallinica‹

Wölfe und Werwölfe

 

Ein eifriges und zugleich zärtliches Wort, das ich oft hörte, war ›la butica‹. So nannte man den Laden, das Geschäft, in dem der Großvater und seine Söhne den Tag zubrachten. Ich wurde selten hingenommen, weil ich zu klein war. Es lag an einer steilen Straße, die von der Höhe der reicheren Viertel Rustschuks stracks zum Hafen hinabführte. An dieser Straße lagen alle die größeren Geschäfte; das des Großvaters befand sich in einem dreistöckigen Haus, das mir stattlich und hoch erschien, die Wohnhäuser auf dem Hügel oben waren einstöckig. Man verkaufte darin Kolonialwaren en gros, es war ein geräumiger Laden, in dem es wunderbar roch. Auf dem Boden standen große, offene Säcke mit verschiedenen Getreidesorten, es gab Säcke mit Hirse, mit Gerste und solche mit Reis. Ich durfte, wenn meine Hände sauber waren, hineingreifen und die Körner fühlen. Das war ein angenehmes Gefühl, ich füllte die Hand mit Körnern, hob sie hoch, roch daran und ließ die Körner langsam wieder herunterrinnen; das tat ich oft, und obwohl es viele andere merkwürdige Dinge im Laden gab, tat ich das am liebsten und war schwer von den Säcken wegzubringen. Es gab Tee und Kaffee und besonders Schokolade. Alles fand sich in großen Mengen und schön verpackt, es wurde nicht einzeln verkauft wie in gewöhnlichen Läden, die offenen Säcke am Boden gefielen mir auch darum besonders, weil sie nicht zu hoch für mich waren und ich beim Hineingreifen die vielen Körner, auf die es ankam, fühlen konnte.

Die meisten Dinge, die es da gab, waren genießbar, aber nicht alle. Es gab Streichhölzer, Seifen und Kerzen. Es gab auch Messer, Scheren, Wetzsteine, Sicheln und Sensen. Die Bauern, die aus den Dörfern einkaufen kamen, standen lange davor und prüften mit den Fingern ihre Schärfe. Ich sah ihnen interessiert und ein wenig ängstlich zu, mir war es verboten, Messer zu berühren. Einmal nahm ein Bauer, den mein Gesicht wohl belustigte, meinen Daumen in die Hand, legte ihn neben seinen und zeigte mir, wie hart seine Haut war. Aber ich bekam nie eine Schokolade zum Geschenk, der Großvater, der hinten in einem Kontor saß, führte ein strenges Regiment, und alles war en gros. Zu Hause bewies er mir seine Liebe, weil ich seinen vollen Namen trug, auch seinen Vornamen. Im Geschäft sah er mich aber nicht besonders gern, und ich durfte nie lange bleiben. Wenn er eine Anweisung gab, rannte der Angestellte, der sie empfing, eilig davon, und manchmal verließ einer mit Paketen den Laden. Am liebsten mochte ich einen mageren, ärmlich gekleideten älteren Mann, der immer abwesend lächelte. Er hatte unbestimmte Bewegungen und fuhr zusammen, wenn der Großvater etwas sagte. Er schien zu träumen und war ganz anders als die anderen Leute, die ich im Laden sah. Für mich hatte er immer ein freundliches Wort, er sprach so unbestimmt, daß ich ihn nicht verstand, aber ich spürte, daß er mir gut gesinnt war. Er hieß Tschelebon und wurde als armer und hoffnungslos untüchtiger Verwandter aus Mitleid beschäftigt. Ich hörte immer Tschelebon rufen, wie einem Diener, so habe ich ihn in Erinnerung behalten und erfuhr erst viel später, daß er ein Bruder des Großvaters war. 

Die Straße vorm großen Tor unseres Hofes war staubig und verschlafen. Wenn es stark regnete, verwandelte sie sich in Schlamm, in dem die Droschken tiefe Spuren hinterließen. Ich durfte nicht auf der Straße spielen, auf unserem großen Hof war mehr als genug Platz, und er war sicher. Aber manchmal hörte ich draußen ein heftiges Gackern, das bald lauter und aufgeregter wurde. Dann dauerte es nicht lange, und zum Tor stürzte gackernd und zitternd vor Angst ein Mann in schwarzen, abgerissenen Kleidern herein, auf der Flucht vor den Straßenkindern. Sie waren alle hinter ihm her, riefen: »Kako! Kako!« und gackerten wie Hühner. Er fürchtete sich vor Hühnern, und darum verfolgten sie ihn. Er war ihnen einige Schritte voraus und verwandelte sich unter meinen Augen selbst in ein Huhn. Er gackerte heftig, aber in verzweifelter Angst, und machte mit den Armen flatternde Bewegungen. Er stürzte atemlos die Stufen zum Hause des Großvaters hinauf, wagte sich aber nie hinein, sprang auf der anderen Seite herunter und blieb regungslos liegen. Die Kinder blieben gackernd beim Hoftor stehen, sie durften den Hof nicht betreten. Wenn er wie tot dalag, fürchteten sie sich ein wenig und zogen davon. Aber bald stimmten sie draußen ihren Triumphgesang an: »Kako la gallinica! Kako la gallinica!« – »Kako das Hühnchen! Kako das Hühnchen!« – Solange man sie hören konnte, blieb Kako regungslos liegen. Kaum waren sie außer Hörweite, erhob er sich, griff sich ab, sah sich vorsichtig um, horchte noch eine Weile ängstlich und schlich sich dann gekrümmt, aber ganz still aus dem Hof. Jetzt war er kein Huhn mehr, er flatterte und gackerte nicht und war wieder der zerschlagene Idiot des Reviers.

Manchmal, wenn die Kinder nicht weit auf der Straße auf ihn gelauert hatten, begann das unheimliche Spiel von neuem. Meist verzog es sich in eine andere Straße, und ich sah nichts mehr davon. Vielleicht hatte ich Mitleid mit Kako, ich erschrak immer, wenn er sprang, aber wovon ich nie genug bekam, was ich jedesmal in der gleichen Aufregung mit ansah, war seine Verwandlung in ein riesiges schwarzes Huhn. Ich begriff nicht, warum die Kinder ihn verfolgten, und wenn er ganz still nach seinem Sprung am Boden lag, fürchtete ich, er werde nicht aufstehen und nie wieder zum Huhn werden.

Die Donau an ihrem bulgarischen Unterlauf ist sehr breit. Giurgiu, die Stadt gegenüber, gehörte zu Rumänien. Von dort sei, so hieß es, die Amme gekommen, die mich mit ihrer Milch nährte. Sie sei eine starke, gesunde Bäuerin gewesen und nährte zugleich ihr eigenes Kind, das sie mitbrachte. Ich hörte immer Rühmendes von ihr sagen, und obwohl ich mich nicht an sie erinnern kann, behielt um ihretwillen das Wort ›rumänisch‹ für mich einen warmen Klang.

In seltenen Jahren fror die Donau im Winter zu, und man erzählte sich aufregende Geschichten darüber. Die Mutter war in ihrer Jugend öfters auf einem Schlitten nach Rumänien hinübergefahren, sie zeigte mir die warmen Pelze, in die sie dabei eingepackt war. Wenn es sehr kalt wurde, kamen Wölfe von den Bergen herunter und fielen ausgehungert über die Pferde vor den Schlitten her. Der Kutscher suchte sie mit Peitschenhieben zu vertreiben, aber das nützte nichts, und man mußte auf sie schießen. Bei einer solchen Fahrt stellte es sich heraus, daß man nichts zum Schießen mitgenommen hatte. Ein bewaffneter Tscherkesse, der als Diener im Hause lebte, hätte mitkommen sollen, aber er war ausgeblieben, und der Kutscher war ohne ihn losgefahren. Man hatte Mühe, sich der Wölfe zu erwehren, und geriet in große Gefahr. Wenn nicht zufällig ein Schlitten mit zwei Männern entgegengekommen wäre, die durch Schüsse einen Wolf töteten und die anderen vertrieben, hätte es sehr schlecht ausgehen können. Die Mutter hatte große Angst ausgestanden, sie schilderte die roten Zungen der Wölfe, die so nahe gekommen waren, daß sie noch in späteren Jahren von ihnen träumte.

Ich bettelte oft um diese Geschichte, und sie erzählte sie gern. So wurden Wölfe die wilden Tiere, die meine Phantasie zuerst erfüllten. Der Schrecken vor ihnen wurde genährt durch die Märchen, die ich von den bulgarischen Bauernmädchen hörte. Fünf, sechs von ihnen lebten immer bei uns im Hause. Sie waren ganz jung, vielleicht zehn oder zwölf, und waren von ihren Familien aus den Dörfern in die Stadt gebracht worden, wo man sie als Dienstmädchen in die Häuser der Bürger verdingte. Sie liefen barfuß im Hause herum und waren stets guter Dinge, viel hatten sie nicht zu tun, sie taten alles zusammen, sie wurden zu meinen frühesten Spielgefährten.

Abends, wenn die Eltern ausgegangen waren, blieb ich mit ihnen zu Hause. An den Wänden des großen Wohnzimmers liefen ihrer ganzen Länge nach niedere türkische Sofas. Außer den Teppichen überall und einigen kleinen Tischen waren sie die einzige ständige Einrichtung dieses Raums, deren ich mich entsinne. Wenn es dunkel wurde, bekamen die Mädchen Angst. Auf einem der Sofas gleich beim Fenster kauerten wir uns alle dicht zusammen, mich nahmen sie in die Mitte, und nun begannen ihre Geschichten von Werwölfen und Vampiren. Kaum war eine zu Ende, begannen sie mit der nächsten, es war schaurig, und doch fühlte ich mich, auf allen Seiten fest an die Mädchen gepreßt, wohl. Wir hatten solche Angst, daß niemand aufzustehen wagte, und wenn die Eltern nach Hause kamen, fanden sie uns alle schlotternd auf einem Haufen.

Von den Märchen, die ich hörte, sind mir nur die über Werwölfe und Vampire in Erinnerung geblieben. Vielleicht wurden keine anderen erzählt. Ich kann kein Buch mit Balkanmärchen in die Hand nehmen, ohne manche von ihnen auf der Stelle zu erkennen. Sie sind mir in allen Einzelheiten gegenwärtig, aber nicht in der Sprache, in der ich sie gehört habe. Ich habe sie auf bulgarisch gehört, aber ich kenne sie deutsch, diese geheimnisvolle Übertragung ist vielleicht das Merkwürdigste, was ich aus meiner Jugend zu berichten habe, und da das sprachliche Schicksal der meisten Kinder anders verläuft, sollte ich vielleicht etwas darüber sagen.

Meine Eltern untereinander sprachen deutsch, wovon ich nichts verstehen durfte. Zu uns Kindern und zu allen Verwandten und Freunden sprachen sie spanisch. Das war die eigentliche Umgangssprache, allerdings ein altertümliches Spanisch, ich hörte es auch später oft und habe es nie verlernt. Die Bauernmädchen zu Hause konnten nur Bulgarisch, und hauptsächlich mit ihnen wohl habe ich es auch gelernt. Aber da ich nie in eine bulgarische Schule ging und Rustschuk mit sechs Jahren verließ, habe ich es sehr bald vollkommen vergessen. Alle Ereignisse jener ersten Jahre spielten sich auf spanisch oder bulgarisch ab. Sie haben sich mir später zum größten Teil ins Deutsche übersetzt. Nur besonders dramatische Vorgänge, Mord und Totschlag sozusagen und die ärgsten Schrecken, sind mir in ihrem spanischen Wortlaut geblieben, aber diese sehr genau und unzerstörbar. Alles übrige, also das meiste, und ganz besonders alles Bulgarische, wie die Märchen, trage ich deutsch im Kopf. 

Wie das genau vor sich ging, kann ich nicht sagen. Ich weiß nicht, zu welchem Zeitpunkt, bei welcher Gelegenheit dies oder jenes sich übersetzt hat. Ich bin der Sache nie nachgegangen, vielleicht hatte ich eine Scheu davor, das Kostbarste, was ich an Erinnerung in mir trage, durch eine methodisch und nach strengen Prinzipien geführte Untersuchung zu zerstören. Ich kann nur eines mit Sicherheit sagen: Die Ereignisse jener Jahre sind mir in aller Kraft und Frische gegenwärtig – mehr als sechzig Jahre habe ich mich von ihnen genährt –, aber sie sind zum allergrößten Teil an Worte gebunden, die ich damals nicht kannte. Es scheint mir natürlich, sie jetzt niederzuschreiben, ich habe nicht das Gefühl, daß ich dabei etwas verändere oder entstelle. Es ist nicht wie die literarische Übersetzung eines Buches von einer Sprache in die andere, es ist eine Übersetzung, die sich von selbst im Unbewußten vollzogen hat, und da ich dieses durch übermäßigen Gebrauch nichtssagend gewordene Wort sonst wie die Pest meide, mag man mir seinen Gebrauch in diesem einen und einzigen Falle nachsehen.

 

 

Das Beil des Armeniers

Die Zigeuner

 

Die Lust an topographischer Zeichnung, der Stendhal in seinem ›Henry Brulard‹ mit leichter Hand frönt, ist mir nicht gegeben, und zu meinem Leidwesen war ich immer ein schlechter Zeichner. So muß ich die Art, wie die Wohngebäude um unseren Gartenhof in Rustschuk angelegt waren, kurz beschreiben.

Wenn man durch das große Tor von der Straße den Hof betrat, stand gleich rechts das Haus des Großvaters Canetti. Es sah stattlicher aus als die anderen Häuser, es war auch höher. Aber ich könnte nicht sagen, ob es einen oberen Stock besaß, im Gegensatz zu den anderen einstöckigen Häusern. Es wirkte auf alle Fälle höher, weil mehr Stufen zu ihm hinaufführten. Es war auch heller als die anderen Häuser, vielleicht war es hell gestrichen.

Ihm gegenüber, links vom Hoftor, stand das Haus, in dem die älteste Schwester meines Vaters, Tante Sophie, mit ihrem Mann, Onkel Nathan, wohnte. Er hieß mit Zunamen Eljakim, ein Name, der mir nie behagte, vielleicht befremdete er mich, weil er nicht spanisch klang wie die anderen Namen alle. Sie hatten drei Kinder, Régine, Jacques und Laurica. Diese, die jüngste, war immer noch vier Jahre älter als ich, ein Altersunterschied, der eine unheilvolle Rolle spielte.

Neben diesem Haus, in derselben Linie, auch auf der linken Seite des Hofs, stand das unsere, das gleich aussah wie das des Onkels. Zu beiden führten einige Stufen hinauf, die oben in einer Plattform vor der Breite beider Häuser endeten.

Der Gartenhof zwischen diesen drei Häusern war sehr groß, gegenüber von uns, nicht in der Mitte, sondern etwas zur Seite gerückt, stand der Ziehbrunnen für Wasser. Er war nicht ergiebig genug, und der größere Teil des Wassers kam in riesigen Fässern, die von Mauleseln gezogen wurden, aus der Donau. Das Donauwasser konnte man nicht verwenden, ohne es erst abzukochen, und in großen Kesseln stand es dann zum Abkühlen auf der Plattform vorm Haus.

Hinter dem Ziehbrunnen und durch einen Hag vom Hof getrennt, war der Obstgarten. Er war nicht besonders schön, er war zu regelmäßig, vielleicht auch nicht alt genug, es gab viel schönere Obstgärten bei den mütterlichen Verwandten.

Es war die schmälere Seite unseres Hauses, durch die man vom großen Gartenhof aus eintrat. Es erstreckte sich dann weit nach hinten, und obwohl es nur dieses Erdgeschoß besaß, habe ich es als sehr geräumig in Erinnerung. Man konnte auf der entfernteren Seite des Gartenhofs ganz um das Haus herumgehen, an seiner Längsseite entlang, und kam dann hinten in einen kleineren Hof, auf den sich die Küche öffnete. Da lag Holz zum Hacken, Hühner und Gänse liefen umher, in der offenen Küche war immer Betrieb, die Köchin trug Sachen heraus oder holte welche hinein, und das Halbdutzend kleiner Mädchen sprang herum und war geschäftig.

In diesem Küchenhof war oft ein Diener, der Holz hackte, und der, an den ich mich am besten erinnere, war mein Freund, der traurige Armenier. Er sang beim Holzhacken Lieder, die ich zwar nicht verstand, die mir aber das Herz zerrissen. Als ich die Mutter fragte, warum er so traurig sei, sagte sie, schlechte Leute hätten die Armenier in Stambol alle umbringen wollen, er habe seine ganze Familie dort verloren. Von einem Versteck aus habe er mit angesehen, wie seine Schwester umgebracht worden sei. Er sei dann nach Bulgarien geflohen, und mein Vater habe ihn aus Mitleid ins Haus genommen. Wenn er jetzt Holz hacke, müsse er immer an seine kleine Schwester denken, und darum singe er diese traurigen Lieder.

Ich faßte eine tiefe Liebe zu ihm. Wenn er Holz hackte, stellte ich mich auf das Sofa am Ende des langen Wohnzimmers, dessen Fenster hier auf den Küchenhof ging. Da bückte ich mich zum Fenster hinaus und sah ihm zu, und wenn er sang, dachte ich an seine Schwester – ich wünschte mir dann immer eine kleine Schwester. Er hatte einen langen schwarzen Schnurrbart und pechschwarze Haare und kam mir besonders groß vor, vielleicht weil ich ihn sah, wenn er den Arm mit der Axt in die Höhe hob. Ich liebte ihn noch mehr als den Geschäftsdiener Tschelebon, den ich ja sehr selten sah. Wir sprachen einige Worte zueinander, aber nur wenige, und ich weiß nicht, in welcher Sprache. Aber er wartete auf mich, bevor er mit dem Holzhacken begann. Sobald er mich sah, lächelte er ein wenig und hob die Axt, und es war schrecklich, mit welchem Zorn er auf das Holz losschlug. Er wurde dann finster und sang seine Lieder. Wenn er die Axt niederlegte, lächelte er mich wieder an, und ich wartete auf sein Lächeln wie er auf mich, der erste Flüchtling in meinem Leben.

 

Jeden Freitag kamen die Zigeuner. An Freitagen wurde in den jüdischen Häusern alles für den Sabbat vorbereitet. Das Haus wurde von oben bis unten geputzt, die bulgarischen Mädchen schossen nur so hin und her, in der Küche war Hochbetrieb, niemand hatte für mich Zeit. Ich war ganz allein und wartete, das Gesicht gegen das Gartenfenster des riesigen Wohnzimmers gedrückt, auf die Zigeuner. Ich lebte in panischem Schrecken vor ihnen. Ich nehme an, es waren die Mädchen, die mir an den langen Abenden im Dunkel auf dem Sofa auch von den Zigeunern erzählt hatten. Ich dachte daran, daß sie Kinder stehlen, und war überzeugt davon, daß sie es auf mich abgesehen hatten.

Aber trotz dieser Angst hätte ich mir ihren Anblick nicht entgehen lassen, es war ein prächtiger Anblick, den sie boten. Das Hoftor war weit für sie geöffnet worden, denn sie brauchten Platz. Sie kamen wie ein ganzer Stamm, in der Mitte hoch aufgerichtet ein blinder Patriarch, der Urgroßvater, wie man mir sagte, ein schöner, weißhaariger alter Mann, er ging sehr langsam auf zwei erwachsene Enkelinnen rechts und links gestützt, in bunte Lappen gekleidet. Um ihn, dicht aneinandergedrängt, waren Zigeuner jedes Alters, sehr wenig Männer, fast alles Frauen, und unzählige Kinder, die ganz kleinen auf dem Arm ihrer Mutter, andere sprangen herum, entfernten sich aber nicht weit vom stolzen Alten, der immer der Mittelpunkt blieb. Der ganze Aufzug hatte etwas unheimlich Dichtes, so viele Menschen, die sich bei ihrer Fortbewegung nah beisammen hielten, bekam ich sonst nie zu Gesicht; und es war auch in dieser sehr farbigen Stadt das Farbigste. Die Lappen, mit denen ihre Kleider zusammengeflickt waren, leuchteten in allen Farben, aber am meisten stach überall Rot hervor. An den Schultern vieler von ihnen baumelten Säcke, und ich betrachtete sie nicht, ohne mir vorzustellen, daß sie gestohlene Kinder enthielten.

Mir kamen diese Zigeuner wie etwas Zahlloses vor, aber wenn ich jetzt das Bild, das ich von ihnen habe, auf ihre Zahl hin zu schätzen versuche, würde ich meinen, daß es nicht mehr als dreißig oder vierzig Menschen waren. Immerhin hatte ich noch nie so viele Menschen im großen Hof gesehen, und da sie sich wegen des Alten so langsam fortbewegten, erfüllten sie ihn, wie mir vorkam, endlos lange. Sie blieben aber nicht hier, sie zogen um das Haus herum in den kleineren Hof vor der Küche, wo auch das Holz aufgeschichtet lag, und ließen sich da nieder.

Ich pflegte auf den Augenblick zu warten, da sie am Hoftor vorn zuerst erschienen, und lief, kaum hatte ich den blinden Alten erblickt, unter gellenden Rufen »Zinganas! Zinganas!« durch das lange Wohnzimmer und den noch längeren Korridor, der es mit der Küche verband, nach hinten. Da stand die Mutter und gab ihre Anweisungen für die Sabbatgerichte, manche besondere Leckerbissen bereitete sie selbst. Die kleinen Mädchen, die ich oft auf dem Wege traf, beachtete ich nicht, ich schrie gellend immer weiter, bis ich neben der Mutter stand, die etwas Beruhigendes zu mir sagte. Aber statt bei ihr zu bleiben, rannte ich den ganzen langen Weg wieder zurück, warf einen Blick durchs Fenster auf den Fortschritt der Zigeuner, die nun schon ein wenig weiter waren, und berichtete gleich darüber wieder in der Küche. Ich wollte sie sehen, ich war besessen von ihnen, aber kaum hatte ich sie gesehen, packte mich wieder die Angst, daß sie es auf mich abgesehen hätten, und ich rannte schreiend davon. Das ging so eine ganze Weile hin und her, und ich glaube, ich habe darum ein so heftiges Gefühl für die Ausdehnung des Hauses zwischen den beiden Höfen behalten. 

Sobald sie alle an ihrem Ziel vor der Küche angelangt waren, ließ sich der Alte nieder, die anderen gruppierten sich um ihn, die Säcke öffneten sich und die Frauen nahmen, ohne sich um sie zu streiten, alle Gaben entgegen. Sie bekamen große Holzscheite vom Stoß, darauf schienen sie besonders erpicht, sie bekamen viele Speisen. Von allem, was schon fertig zubereitet war, bekamen sie etwas, man speiste sie keineswegs mit Abfällen ab. Ich war erleichtert, als ich sah, daß sie keine Kinder in den Säcken hatten, und unter dem Schutz meiner Mutter ging ich unter ihnen herum, besah sie mir genau, hütete mich aber davor, den Frauen, die mich streicheln wollten, zu nahe zu kommen. Der blinde Alte aß langsam von einer Schüssel, er ruhte sich aus und ließ sich Zeit. Die anderen berührten kein Gericht, alles verschwand in den großen Säcken, und nur die Kinder durften an den Süßigkeiten, mit denen man sie beschenkt hatte, knabbern. Ich wunderte mich, wie freundlich sie zu ihren Kindern waren, gar nicht wie böse Kinderräuber. Aber an meinem Schrecken vor ihnen änderte das nichts. Nach einer Zeit, die mir sehr lange vorkam, brachen sie auf, der Zug bewegte sich etwas rascher als bei der Ankunft um das Haus und durch den Gartenhof zurück. Ich sah ihnen vom selben Fenster aus zu, wie sie durchs Tor verschwanden. Dann rannte ich zum letztenmal in die Küche zurück, meldete: »Die Zigeuner sind fort«; unser Diener nahm mich bei der Hand, führte mich zum Tor und sperrte es ab und sagte: »Jetzt werden sie nicht wiederkommen.« Das Hoftor blieb sonst tagsüber offen, aber an diesen Freitagen wurde es geschlossen, so wußte eine andere Gruppe von Zigeunern, die vielleicht nachkam, daß ihre Leute schon dagewesen waren, und zog weiter.

Geburt des Bruders

In der frühesten Zeit, als ich noch in einem hohen Kinderstuhl steckte, kam es mir sehr weit bis zum Boden vor, und ich hatte Angst herauszufallen. Onkel Bucco, der älteste Bruder meines Vaters, kam zu Besuch, hob mich heraus und stellte mich auf den Boden. Dann machte er ein feierliches Gesicht, legte die flache Hand auf meinen Kopf und sagte: »Yo ti bendigo, Eliachicu, Amen!« – »Ich segne dich, kleiner Elias, Amen!« Das sagte er sehr nachdrücklich, mir gefiel der feierliche Ton, ich glaube, ich kam mir größer vor, wenn er mich segnete. Aber er war ein Spaßvogel und lachte zu früh; ich spürte, daß er sich über mich lustig machte, und der große Moment des Segnens, auf den ich immer wieder hereinfiel, endete in Beschämung.

Dieser Onkel wiederholte alles, was er tat, unzählige Male. Er lehrte mich viele Liedchen und ruhte nicht, bis ich sie von selber singen konnte. Wenn er wiederkam, fragte er mich danach und richtete mich geduldig dazu ab, mich vor den Erwachsenen zu produzieren. Ich wartete auf seinen Segen, obwohl er ihn immer gleich zerstörte, und hätte er besser an sich gehalten, er wäre mir der liebste Onkel geworden. Er wohnte in Warna, wo er eine Filiale des großväterlichen Geschäfts leitete, und kam nur zu den Festtagen und besonderen Gelegenheiten nach Rustschuk. Man sprach mit Respekt von ihm, weil er der ›Bucco‹ war, das war der Ehrentitel des erstgeborenen Sohnes in jeder Familie. Ich lernte früh, wieviel es bedeutete, ein erstgeborener Sohn zu sein, und wäre ich in Rustschuk geblieben, ich wäre auch ein ›Bucco‹ geworden.

Vier Jahre lang blieb ich das einzige Kind, und während dieser ganzen Zeit trug ich Röckchen wie ein Mädchen. Ich wünschte mir, wie ein Junge in Hosen zu gehen, und wurde immer auf später vertröstet. Dann kam mein Bruder Nissim zur Welt, und zu diesem Anlaß durfte ich die ersten Hosen tragen. Alles, was sich bei dieser Gelegenheit ereignete, erlebte ich mit großem Stolz in Hosen, und aus diesem Grunde wohl habe ich es mir in jeder Einzelheit gemerkt.

Es waren viele Leute im Haus, und ich sah ängstliche Gesichter. Ich durfte nicht zur Mutter ins Schlafzimmer, wo sonst auch mein Kinderbett stand, und trieb mich vor der Tür herum, um einen Blick von ihr zu erhaschen, wenn jemand hineinging. Aber man schloß die Türe so rasch wieder, daß ich sie nie zu Gesicht bekam. Ich hörte eine jammernde Stimme, die ich nicht erkannte, und wenn ich fragte, wer das sei, sagte man mir: Geh weg! Ich hatte die Erwachsenen noch nie so ängstlich gesehen, und niemand kümmerte sich um mich, was ich nicht gewohnt war. (Es war, wie ich später erfuhr, eine lange und schwierige Geburt und man fürchtete für das Leben der Mutter.) Dr. Menachemoff war da, der Arzt mit dem langen, schwarzen Bart, und auch er, der sonst so freundlich war und mich Liedchen vorsingen ließ, für die er mich belobte, hatte keinen Blick und kein Wort für mich und sah mich böse an, als ich nicht von der Türe wegging. Das Jammern wurde lauter, ich hörte: »Madre mia querida! madre mia querida!« Ich preßte den Kopf an die Tür, wenn sie aufging, war das Stöhnen so laut, daß mich Entsetzen packte. Plötzlich begriff ich, daß es von meiner Mutter kam, und es war so unheimlich, daß ich sie nicht mehr sehen mochte.

Schließlich durfte ich in das Schlafzimmer hinein, alles lächelte, der Vater lachte, und man zeigte mir einen kleinen Bruder. Die Mutter lag weiß und reglos im Bett. Dr. Menachemoff sagte: »Sie braucht Ruhe!« Es war aber gar nicht ruhig. Fremde Frauen gingen im Zimmer herum, nun war ich wieder für alle da, ich wurde aufgemuntert und die Großmutter Arditti, die selten ins Haus kam, sagte: »Es geht ihr schon besser.« Die Mutter sagte nichts. Ich fürchtete mich vor ihr und lief hinaus und blieb auch nicht mehr an der Türe. Noch lange danach war mir die Mutter fremd, und es hat Monate gedauert, bis ich wieder Vertrauen zu ihr faßte.

Das nächste, was ich vor mir sehe, ist das Fest der Beschneidung. Es kamen viel mehr Leute ins Haus. Ich durfte bei der Beschneidung zusehen. Ich habe den Eindruck, daß man mich absichtlich zuzog, alle Türen waren offen, auch die Haustüre, im großen Wohnzimmer stand ein langer, gedeckter Tisch für die Gäste, und in einem anderen Zimmer, das dem Schlafzimmer gegenüber lag, ging die Beschneidung vor sich. Es waren nur Männer dabei, die alle standen. Der winzige Bruder wurde über eine Schüssel gehalten, ich sah das Messer, und besonders sah ich viel Blut, wie es in die Schüssel träufelte.

Der Bruder wurde nach dem Vater der Mutter Nissim genannt, und man erklärte mir, daß ich der Älteste sei und darum nach meinem väterlichen Großvater heiße. Die Stellung des ältesten Sohnes wurde so sehr herausgestrichen, daß ich vom Augenblick dieser Beschneidung an ihrer bewußt blieb und den Stolz darauf nie mehr los wurde.

An der Tafel ging es dann heiter zu, ich führte meine Hosen spazieren. Ich ruhte nicht, bis jeder der Gäste sie bemerkt hatte, und wenn neue kamen, lief ich ihnen zur Tür entgegen und blieb erwartungsvoll vor ihnen stehen. Es war ein großes Kommen und Gehen, als alle schon da waren, vermißte man noch den Cousin Jacques vom Nachbarhaus. »Er ist fort auf seinem Fahrrad«, sagte jemand, und sein Verhalten wurde mißbilligt. Nach dem Essen kam er staubbedeckt an. Ich sah ihn, wie er vorm Haus vom Fahrrad absprang, er war acht Jahre älter als ich und trug die Uniform eines Gymnasiasten. Er erklärte mir die neue Herrlichkeit, er hatte das Fahrrad erst geschenkt bekommen. Dann versuchte er sich unbemerkt unter die Gäste ins Haus zu schleichen, aber ich platzte damit heraus, daß ich auch ein Fahrrad möchte, Tante Sophie, seine Mutter, stürzte auf ihn zu und nahm ihn ins Gebet. Er drohte mir mit dem Finger und verschwand wieder.

An diesem Tag wurde mir auch bewußt, daß man mit geschlossenem Munde essen müsse. Régine, die Schwester des Fahrradbesitzers, steckte Nüsse in den Mund, ich stand vor ihr und sah gebannt zu ihr hinauf, wie sie mit geschlossenem Mund kaute. Es dauerte lange, und als sie damit fertig war, erklärte sie, ich müsse das jetzt auch so machen, sonst werde man mich wieder in Röckchen stecken. Ich muß es rasch gelernt haben, denn um nichts in der Welt mochte ich meine Hosen wieder hergeben.

 

 

Das Haus des Türken

Die beiden Großväter

 

Manchmal wurde ich ins Haus des Großvaters Canetti hinübergeführt, wenn er im Geschäft war, um der Großmutter meine Aufwartung zu machen. Sie saß auf dem türkischen Sofa, rauchte und trank schwarzen Kaffee. Sie war immer zu Hause, sie ging nie aus, ich kann mich nicht erinnern, sie damals je außerhalb des Hauses gesehen zu haben. Sie hieß Laura und kam wie der Großvater aus Adrianopel. Er nannte sie ›Oro‹, was eigentlich Gold bedeutete, ich verstand nie ihren Namen. Von allen Verwandten war sie am meisten türkisch geblieben. Sie stand nie von ihrem Sofa auf, ich weiß gar nicht, wie sie hingelangte, denn ich sah sie nie gehen, und da seufzte sie von Zeit zu Zeit und trank noch eine Schale Kaffee und rauchte. Mit einem klagenden Ton empfing sie mich und entließ mich, ohne etwas zu mir gesagt zu haben, klagend. Für die Begleitperson, die mich hinbrachte, hatte sie einige jammernde Sätze. Vielleicht hielt sie sich für krank, vielleicht war sie es, aber sicher war sie auf orientalische Art sehr faul, und unter dem teuflisch lebendigen Großvater hatte sie bestimmt zu leiden.

Er war, was ich damals noch nicht wußte, wo immer er erschien, sofort im Mittelpunkt, in seiner Familie gefürchtet, ein Tyrann, der heiße Tränen weinen konnte, wenn es ihm behagte, am behaglichsten fühlte er sich in Gesellschaft der Enkel, die seinen Namen trugen. Unter Freunden und Bekannten, ja in der ganzen Gemeinde, war er für seine schöne Stimme beliebt, der besonders Frauen erlagen. Wenn er eingeladen war, nahm er die Großmutter nicht mit, ihre Dummheit und ihr ewiges Gejammer waren ihm lästig. Da war er dann immer bald von einem großen Kreis umringt, erzählte Geschichten, in denen er viele Rollen spielte, und bei besonderen Gelegenheiten ließ er sich erbitten zu singen.

Es gab, außer der Großmutter Canetti, noch vieles in Rustschuk, was türkisch war. Das erste Kinderliedchen, das ich lernte, ›Manzanicas coloradas, las que vienen de Stambol‹ – ›Äpfelchen rote, die kommen von Stambol‹, endete auf dem Namen der Stadt Stambol, von der ich hörte, wie riesig groß sie sei, und ich brachte sie bald mit den Türken in Verbindung, die man bei uns sah. ›Edirne‹ – so hieß Adrianopel auf türkisch –, die Stadt, von der beide Großeltern Canetti stammten, wurde oft genannt. Der Großvater sang nie endende türkische Lieder, wobei es darauf ankam, daß er manche hohe Töne besonders lange aushielt; ich hatte die heftigen und rascheren spanischen Lieder viel lieber.

Nicht weit von uns hatten die wohlhabenden Türken ihre Häuser, man erkannte sie an den engen Gittern vor den Fenstern, die zur Bewachung der Frauen dienten. Der erste Mord, von dem ich je sprechen hörte, war der Eifersuchtsmord eines Türken. Auf dem Weg zum Großvater Arditti führte mich die Mutter an einem solchen Hause vorbei, zeigte mir ein Gitter in der Höhe und sagte, da oben sei eine Türkin gestanden und habe einen Bulgaren, der vorüberging, angeschaut. Da sei der Türke, ihr Mann, gekommen und habe sie erstochen. Ich glaube nicht, daß ich früher wirklich erfaßte, was ein Toter ist. Aber auf diesem Spaziergang erfuhr ich es, an der Hand meiner Mutter. Ich fragte sie, ob die türkische Frau, die man am Boden in einer Blutlache gefunden habe, nicht wieder aufgestanden sei. »Nie!« sagte sie. »Nie! Sie war tot, verstehst du?« Ich hörte, aber ich verstand es nicht und fragte wieder. So zwang ich sie, ihre Antwort ein paarmal zu wiederholen, bis sie ungeduldig wurde und von etwas anderem sprach. Es war nicht nur die Tote in der Blutlache, was mich an dieser Geschichte beeindruckte, sondern auch die Eifersucht des Mannes, die zum Mord geführt hatte. An dieser gefiel mir etwas, und sosehr ich mich dagegen sperrte, daß die Frau endgültig tot war, die Eifersucht ging widerstandslos in mich ein.

Ich erfuhr sie am Ende dieses Spaziergangs an mir selber, als wir beim Großvater Arditti anlangten. Einmal die Woche, jeden Samstag, gingen wir ihn besuchen. Er wohnte in einem rötlichen, weitläufigen Hause. Man ging durch eine kleine Seitenpforte links vom Haus in einen alten Garten, der viel schöner war als der unsere. Ein großer Maulbeerbaum stand da, mit niederen Ästen, auf den es sich leicht klettern ließ. Ich durfte noch nicht hinauf, aber die Mutter ging nie daran vorüber, ohne mir einen Ast oben zu zeigen, es war ihr Versteck, wo sie als junges Mädchen zu sitzen pflegte, wenn sie ungestört lesen wollte. Da verkroch sie sich mit ihrem Buch und saß mäuschenstill, und so geschickt stellte sie es an, daß man sie von unten nicht sah, und hörte nicht, wenn man sie rief, weil ihr das Buch so gut gefiel, da oben las sie alle ihre Bücher. Nicht weit vom Maulbeerbaum führten Stufen hinauf ins Haus, die Wohnräume lagen höher als bei uns, aber die Gänge lagen im Dunkel. Da kamen wir durch viele Zimmer bis ins letzte, wo der Großvater in einem Lehnstuhl saß, ein kleiner, bleicher Mann, immer in Schals und Plaids warm eingepackt, er war kränklich.

»Li beso las manos, Señor Padre!« sagte die Mutter – »Ich küsse Ihnen die Hände, Herr Vater!« Dann schob sie mich vor, ich mochte ihn nicht, und ich mußte ihm die Hand küssen. Er war nie lustig oder zornig oder zärtlich oder streng wie der andere Großvater, dessen Namen ich trug, er blieb sich immer ganz gleich, er saß in seinem Lehnstuhl und rührte sich nicht, er sprach nicht zu mir, schenkte mir nichts und wechselte bloß ein paar Sätze mit der Mutter. Dann kam das Ende des Besuches, das ich haßte, es war jedesmal dasselbe. Er sah mich mit einem schlauen Lächeln an und fragte mich mit leiser Stimme: »Wen hast du lieber, den Großvater Arditti oder den Großvater Canetti?« Er kannte die Antwort, alle Leute, groß und klein, waren dem Großvater Canetti verfallen, und ihn mochte niemand. Aber er wollte mich zwingen, die Wahrheit zu sagen, und brachte mich in die peinlichste Verlegenheit, die er genoß, denn jeden Samstag geschah es wieder. Ich sagte erst nichts, sah ihn hilflos an, er stellte seine Frage wieder, bis ich die Kraft zur Lüge fand und »Beide!« sagte. Da hob er drohend den Finger und rief, es war das einzige Laute, was ich je von ihm hörte: »Fálsu!« – »Falscher!«, wobei er den starken Ton auf dem ›a‹ lange hinauszog, das Wort klang drohend und klagend zugleich, ich habe es im Ohr, als wäre ich gestern bei ihm zu Besuch gewesen.

Auf dem Weg durch die vielen Zimmer und Gänge hinaus fühlte ich mich schuldig, weil ich gelogen hatte, und war sehr bedrückt; die Mutter, obschon sie unerschütterlich an ihrer Familie hing und diesen rituellen Besuch bei ihrem Vater nie aufgegeben hätte, fühlte sich wohl auch ein wenig schuldig, weil sie mich dieser Anklage, die eigentlich dem anderen Großvater galt, aber mich allein traf, immer wieder aussetzte. Sie führte mich zum Trost in die ›bagtsché‹, den Obst- und Rosengarten hinterm Hause. Da zeigte sie mir alle Lieblingsblumen aus ihrer Mädchenzeit, sog ihren Duft tief ein, sie hatte weite Nüstern und immer bebten ihre Nasenflügel, hob mich auf, damit ich auch an den Rosen rieche, und pflückte, falls etwas reif war, für mich ein wenig Obst, was der Großvater nicht wissen durfte, denn es war Sabbat. Es war der wunderbarste Garten, dessen ich mich entsinne, nicht zu gut gehalten, ein wenig verwachsen; und daß der Großvater von diesem Sabbat-Obst nichts wissen durfte, daß die Mutter selbst etwas nicht Erlaubtes tat, mir zuliebe, muß mir das Gefühl der Schuld genommen haben, denn auf dem Heimweg war ich schon ganz munter und stellte wieder Fragen.

Zu Hause erfuhr ich von der Cousine Laurica, daß der Großvater eifersüchtig sei, alle seine Enkel hätten ihren anderen Großvater lieber als ihn, und als größtes Geheimnis vertraute sie mir den Grund dafür an: er sei »mizquin«, geizig, aber das dürfe ich meiner Mutter nicht sagen.