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Andreas Zwengel

 

DER WEG DER KRIEGERIN

 

 

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In dieser Reihe bisher erschienen:

 

01 Der Virenplanet von E.C. Tubb

02 Die Tochter des Pfauen von Matthias Falke & Y.F. Yenn

03 Welt der Kraken von Matthias Falke & Y.F. Yenn

04 Der Schwarm aus Stahl von Matthias Falke

05 In den Grauzonen von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

06 Der stählerne Krieg von S.H.A. Parzzival

07 Die schwarze Pagode von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

08 Planet der schwarzen Raumer von Matthias Falke & S.H.A. Parzzival

09 Das Orakel von Chron von Achim Mehnert

10 Notruf aus Katai von Achim Mehnert

11 Tod eines Cyborgs von Achim Mehnert

12 Der ewige Feind von Achim Mehnert

13 Welt in Flammen von Achim Mehnert

14 Die letzte Fahrt der Hindenburg II von Andreas Zwengel

15 Unsterbliche Rache von Andreas Zwengel

16 Der Weg der Kriegerin von Andreas Zwengel

Andreas Zwengel

 

 

Der Weg der Kriegerin

 

 

RAUMSCHIFF PROMET

Die Abenteuer der Shalyn Shan

Band 16

 

 

 

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© 2017 by BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 Windeck

Redaktion: Jörg Kaegelmann

Titelbild: Mark Freier

Satz: Winfried Brand

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-95719-466-4

Kapitel 1

 

Malta

Das Sturmtief war am Nachmittag über die Stadt hereingebrochen und schnitt sie von der Außenwelt ab. Niemand konnte Valletta verlassen oder von Malta verschwinden. Das gesamte Mittelmeer war aufgewühlt, und alle Küstengebiete befanden sich in Aufruhr.

Luciano Baxter paffte nervös an seiner Zigarre und ging in seiner Wohnung auf und ab. Durch die Glasfront konnte er die Yachten im Hafen sehen, die bedrohlich hin und her schwankten. Auf jedem Monitor in der Wohnung liefen die aktuellen Nachrichten, und die waren äußerst beunruhigend. Es gab eine Reihe von Anschlägen, die gezielt gegen die weltumspannende Agentenorganisation namens Menschmaschine gerichtet waren. Man hatte Baxters Vorgänger ermordet, und so wie es momentan aussah, drohte dieses Schicksal als Nachfolger auch ihm. Er befand sich erst seit einer Woche auf diesem Posten, und er hoffte, noch eine weitere Woche dort auszuhalten. Da Menschmaschine das Ziel der Anschläge war, fand er es nur angemessen, von seiner eigenen Firma zu profitieren. Menschmaschine stellte vier Agenten zu seinem Schutz ab, die als Codenamen für diesen Einsatz die der vier Musketiere gewählt hatten. Porthos, Athos, Aramis und D’Artagnan waren an den strategisch wichtigen Punkten der weitläufigen Wohnung postiert, die sich über zwei Etagen erstreckte.

Baxter rätselte schon seit dem ersten Anschlag, wer es auf sie abgesehen hatte. Nicht, weil ihm niemand mit einem Motiv einfallen mochte, sondern weil es so viele Kandidaten gab.

»Wir bekommen keinen Kontakt mehr nach draußen, etwas unterbricht alle Signale.«

»Also wird uns niemand zur Hilfe kommen.«

Im oberen Stockwerk ging etwas zu Bruch. Aramis bewachte dort die Oberlichter des Hauses. Alle lauschten, aber es war nichts zu hören. Keine Schüsse, kein weiterer Lärm. Porthos sprach in seine Kragencom, aber er erhielt keine Antwort.

»Athos, du gehst nachsehen!«, befahl D’Artagnan.

Der Angesprochene nickte, zog einen zweiten Strahler und ging langsam die Treppe hinauf. Er hielt beide Waffen ausgestreckt vor sich. Athos fand die Leiche von Aramis im hintersten Schlafzimmer. Dem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war sein Kollege von seinem Tod überrascht worden. Athos kniete neben ihm nieder und untersuchte ihn nach Wunden. Da merkte er, dass er nicht mehr allein in dem Raum war.

Unten warteten die übrigen Männer von Menschmaschine vergeblich auf eine Meldung.

»Was ist da los?«, flüsterte Baxter aufgeregt. Solche Situationen kannte er nicht, denn er war nie Außenagent gewesen. Seine Fähigkeiten lagen in der Analyse und der Planung. »Schicken Sie noch jemanden hoch, um nachzusehen!«

D’Artagnan schüttelte den Kopf und wollte Baxter gerade auffordern, ruhig zu sein, als sie ein polterndes Geräusch hörten. Etwas kullerte die Treppe herunter.

»Granate!«, brüllte Porthos und ging in Deckung.

»Das ist keine Granate«, sagte D’Artagnan und kniff die Augen zusammen. Der Gegenstand hüpfte noch über die letzten zwei Stufen und blieb liegen, mit dem Gesicht zu ihnen. Es war der Kopf von Athos.

Sie nahmen Baxter zwischen sich. »Wir müssen ihn hier rausschaffen«, sagte Porthos. »Was meinst du, mit wie vielen wir es zu tun haben?«

D’Artagnan ließ die Treppe nicht aus den Augen. »Keine Ahnung, aber wir werden nicht warten, bis wir es herausfinden. Wir gehen durch die Küche zur Wohnungstür und nehmen die Treppe.«

Porthos drückte Baxter hinter der Kochzeile in der Raummitte herunter, damit er durch den massiven Herd geschützt war. »Unten bleiben, bis ich etwas anderes sage!«

D’Artagnan blickte durch den Flur bis zur Wohnungstür. Es war eine gerade Strecke, und der Weg war frei. »Ich mache die Tür auf, dann kommt ihr nach, und ich sichere euch auf dem Weg.« Der Agent raste durch die Wohnung. Als er unter der Galerie hindurchlief, fiel eine Schlinge über seinen Kopf, die sich sofort zuzog. Er streckte sich nach oben und versuchte, seine Finger unter die Schlinge zu kommen. In dem Moment sprang eine zierliche Gestalt von der Galerie herunter, und er wurde brutal in die Höhe gerissen. Ein scharfer Schmerz durchzuckte ihn und ein trockenes Knacken war das Letzte, das er in seinem Leben hörte.

»Wo bleibt er so lange?«, wimmerte Baxter vom Küchenboden aus, erhob sich dann, um über den Herd zu spähen. Porthos zog ihn auf die Beine und hielt ihn mit einer Hand hinter sich. Mit der anderen richtete er seinen Strahler auf den Durchgang zur Küche. Luciano Baxter legte seine Hände auf die Schultern des Leibwächters und ließ sich in die Richtung lenken, die Porthos ihm vorgab.

Porthos spürte einen Luftzug von rechts und schwenkte seinen Strahler in die Richtung. Ein Lichtreflex blitzte auf, und ein schwungvoller Streifen frischen Blutes erschien an der Wand. Porthos stolperte zurück, blickte entsetzt auf den Strahler hinab, der auf dem Boden lag, und auf seine Hand, die ihn immer noch hielt.

Baxter stieß den Leibwächter vorwärts, auf den unbekannten Angreifer zu und drehte sich herum, um aus der Küche zu fliehen. Hinter sich hörte er das Geräusch von zwei schnellen Hieben, die durch Fleisch schnitten, und anschließend einen schweren Körper zu Boden fallen. Schreiend rannte Luciano Baxter aus der Küche und wäre beinahe gegen die Beine von D’Artagnan gestoßen, der seitlich des Durchgangs vom Geländer der Galerie baumelte. Nun war niemand mehr da, der ihn schützen konnte. Das Licht fiel aus und etwas sagte ihm, dass der Stromausfall nicht mit einem Blitzeinschlag zusammenhing. »Wer seid ihr? Lasst mich in Ruhe!«, brüllte er verzweifelt, während er sich immer wieder im Kreis drehte, um einen Gegner auszumachen.

Dann schrie Baxter erschrocken auf. In der Tür zum Wohnzimmer stand unbeweglich eine Frau. Ein Blitz erleuchtete sie von hinten und spiegelte sich in ihrer Schwertklinge.

Kapitel 2

 

Florenz

Während über der Wasseroberfläche der Sturm weitertobte, verließ Michiko Kurosan die Insel Malta mit einem Mini-U-Boot, das sie eigens für diese Mission gemietet hatte. Sie durchquerte das Mittelmeer in nördlicher Richtung, bis sie das italienische Festland erreichte. Dort übergab sie das U-Boot und setzte ihre Reise mit einem konventionellen Fahrzeug fort.

Sie würde Menschmaschine keine Verschnaufpause gönnen und sofort wieder zuschlagen, denn damit rechneten sie nicht. Während das erste Attentat noch Verwirrung stiftete, würde sie sofort das nächste begehen. Sie strich Baxter von der Liste und fragte sich, wer als nächstes seinen Platz einnahm. Sie würde auch ihn töten und den, der danach kam. So lange, bis sich niemand mehr für diesen Posten fand. Sie plante, die Organisation immer weiter auszudünnen, bis diese auseinanderfiel oder es kein einziges Mitglied mehr gab. Das war sie ihrem Bruder schuldig.

Sie erreichte einen Eingang zu den Transportschächten. Von dort bewegte sie sich durch enge und gut gesicherte Cargo-Personenröhren, deren Kontrollen bei ihrem Eintreten alle außer Kraft gesetzt wurden. Bald befand sie sich unter einem Häuserblock der Innenstadt. Die Stimme in ihrem Ohrknopf leitete sie auf ihrem Weg. Durch das Röhrensystem konnte sie direkt in das entsprechende Stockwerk gelangen und musste keine Schleuse benutzen. Sie musste wieder an ihren Bruder denken. Wie an jedem Tag, wenn sie nicht gerade von ihm träumte. Es waren immer Albträume, niemals Erinnerungen an die guten Zeiten in ihrer Kindheit. Immer ging es um seinen Tod. Beide Tode.

Michiko hatte sich in ein verlassenes Kloster in den japanischen Bergen zurückgezogen, um ihren Körper einzig und allein für ihre Rache zu trainieren. Das Shaolinkloster befand sich auf dem Yakushidake in über neunzehnhundert Metern Höhe. Elf Monate lang hatte sie dort allein gelebt und in Rachephantasien geschwelgt. Danach war sie bereit gewesen, um denjenigen entgegenzutreten, die sie für den Tod ihres Bruders verantwortlich machte. Michikos Hass richtete sich in erster Linie gegen die Organisation Menschmaschine. Er hatte für sie gearbeitet, und es trieb ihn letztendlich in den Wahnsinn. Wie die meisten wollte er in der Organisation möglichst schnell aufsteigen und hatte die gefährlichsten Aufträge angenommen, die es zu vergeben gab. Dabei nahm er weder auf seinen Körper noch auf seine geistige Gesundheit Rücksicht. Die besonderen Methoden, mit denen Menschmaschine arbeitete, und die der Organisation auch ihren Namen gaben, kosteten ihn letztendlich das Leben. Allerdings nicht auf die Art und Weise, an die Michiko lange geglaubt hatte. Sie war in dem Glauben gewesen, er wäre mit dem Stress und der Anspannung nicht länger zurechtgekommen und hätte sich deshalb das Leben genommen. In Wahrheit nahm er eine andere Identität an und arbeitete unter dieser weiter für Menschmaschine.

Sie war einem hochrangigen Mitglied der Organisation namens Akira begegnet und trug ein Schwertkampfduell auf Leben und Tod mit ihm aus, das sie für sich entschied. Der sterbende Akira offenbarte ihr seine Identität: Es handelte sich bei ihm um ihren totgeglaubten Bruder. Die Organisation hatte ihn auf ihre Seite gezogen und zur Killermaschine ausgebildet. Für Michiko wurde es deshalb zur Obsession, Menschmaschine zu zerschlagen.

Doch die Strukturen waren weit verzweigt und lagen größtenteils im Verborgenen, sodass es keinen klaren Gegner gab, den man angreifen konnte. Wenn man es genau betrachtete, dann war Menschmaschine – zumindest teilweise – überall vertreten. Niemand unternahm etwas, um den Einfluss dieser Organisation zu begrenzen. Nicht einmal die World-Police, denn sie war bis in die höchsten Ebenen mit Agenten der Menschmaschine durchsetzt.

Michiko gelangte ins Innere des Hauses, ohne bemerkt zu werden. Aus zahllosen Berichten kannte sie den Weg, den der damalige Attentäter genommen hatte, als er vor zwölf Jahren den alten Puzzo tötete, den Vater ihrer Zielperson. Ein Verbrechen, das bis heute offiziell nicht aufgeklärt war. Jedes Detail war unauslöschlich in ihrem Gedächtnis gespeichert, jeden Bericht, egal in welchem Medium, hatte sie dutzendfach studiert. Es gab kaum etwas, das Michiko nicht wusste. Natürlich hatte sich einiges im Haus verändert, die Sicherheitsvorkehrungen waren verstärkt worden, aber die Sterblichkeit eines Menschen war geblieben. Dieses Mal war der Sohn das Ziel. Joel Puzzo, der im Alter von zehn Jahren den Mord an seinem Vater beobachtet hatte und von dem Attentäter verschont wurde. Dieses Detail sollte heute Nacht korrigiert werden.

Michiko bewegte sich wie eine Katze. Das Katana war fest auf ihrem Rücken verstaut und die schallgedämpfte Pistole durch eine Magnetsicherung an ihrer Hüfte befestigt. Beides würde selbst dann nicht rutschen, wenn sie einen Kopfstand machte oder einen Salto schlug. Darüber hinaus trug sie Wurfmesser, Betäubungspfeile und Gasgranaten bei sich. Genug Waffen, um es mit einer Armee an Leibwächtern aufzunehmen. Inzwischen lehnte sie auch den Gebrauch von Schusswaffen nicht mehr kategorisch ab. Gegen Gegner ohne Ehre musste man auch nicht in einem ehrenhaften Kampf antreten.

Sie wusste, wo sich das Schlafzimmer von Puzzo befand. Es war derselbe Raum, in dem sein Vater umgebracht wurde, und es würde sie nicht wundern, wenn es auch noch dasselbe Bett wäre. Die Puzzos waren bekannt für ihre morbide Ader. Michiko zog ihre Pistole mit dem eingebauten Schalldämpfer. Ein Messer war eine viel zu unsichere Waffe für einen Mord, auch wenn sie dem Opfer angemessener war als ein schneller Tod durch die Kugel.

Offenbar war man gerade dabei, den Hausherren und seinen wertvollsten Besitz zu evakuieren. Eine Bestätigung für sie, die richtige Strategie zu verfolgen. Wäre sie einen Tag später erschienen, hätte sie nur ein leeres Haus vorgefunden.

Michiko trat hinter eine angelehnte Tür in Deckung, als mehrere Männer mit Rollwagen an ihr vorbeieilten. Sie wartete, bis alle im Aufzug verschwunden waren, und betrat dann den Raum, aus dem die Männer gekommen waren. Dort stand sie vor einer regelrechten Schatzkammer. Sie sah Goldbarren und Edelsteine, aber auch Berge von Bargeld in verschiedenen Währungen. Der Geldspeicher von Dagobert Duck, einer fast vergessenen Comicfigur, wirkte dagegen vergleichsweise bescheiden. Der Besitzer dieses Hauses schien offenbar kein großes Zutrauen in Banken zu besitzen. Angesichts dieses Vermögens waren die Sicherheitsvorkehrungen geradezu nachlässig. Sie war mit spielerischer Leichtigkeit hereingekommen und wenn nichts schiefging, würde sie genauso einfach auch wieder nach draußen gelangen.

Vielleicht war Puzzo schon abgereist, und seine Leute packten hier allein zusammen? Allerdings würde das nicht zu dem paranoiden und zwanghaften Charakter passen, dem man dem Menschmaschine-Bereichsleiter für Europa nachsagte. Niemals würde er jemanden mit seinen Schätzen unbeaufsichtigt alleine lassen. Er würde Wächter aufstellen und Wächter für die Wächter. Nein, Joel Puzzo befand sich noch auf dem Anwesen, da war sie ganz sicher.

Die umliegende Stadt erwachte, die Morgensonne hatte es geschafft, die Reste der Regenwolken der vergangenen Nacht zu durchdringen. Es versprach ein schöner Tag zu werden, zumindest bezogen auf das Wetter. Aber Tage mit gutem Wetter waren längst zu einer Rarität geworden. Regnerisches Schmuddelwetter war durch den Klimawandel leider längst die ganzjährige Norm. Ob Puzzo es zu schätzen wusste, dass er bei strahlendem Sonnenschein starb? Vermutlich nicht.

Sie hörte einen Mann aufgeregt herumbrüllen und ahnte sofort, um wen es sich handelte. Eilige Schritte näherten sich, dann bog Joel Puzzo telefonierend auf die Zielgerade des Flures. Er wurde von drei Leibwächtern begleitet. Einer auf jeder Seite und der dritte dahinter mit einem Multikarabiner. Er war für die Gefahren zuständig, die in größerer Distanz auftauchten.

»Findet heraus, wer Baxter getötet hat und informiert seinen Nachfolger. Ich will nicht, dass die Geschäfte plötzlich stillstehen oder Aufträge fehlschlagen, weil sich keiner darum kümmert.« Er schwieg einen Moment, in dem er den Protesten seines Geschäftspartners lauschte, dann fuhr er in genervtem Ton fort: »Die Show muss weitergehen, wir sind alle entbehrlich, aber dazu ist es notwendig, dass die Übergabe nahtlos erfolgt.«

Michiko wartete mit gezogenem Schwert neben der Tür, bis sie an ihr vorüber waren, dann stieß sie einen leisen Pfiff aus, den nur der Leibwächter mit dem Karabiner hörte.

Er drehte sich zu ihr um. Michiko führte einen Schwertstreich von oben und schlug ihm den Karabiner aus den Händen, dann machte die Klinge eine Schleife und fuhr von unten nach oben, wobei sie den Mann von der Gürtelschnalle bis zur Nasenspitze zerteilte. Lautlos kippte er nach hinten. Michiko stieg über den Toten hinweg. Mit zwei schnellen Schlägen nach links und rechts tötete sie die beiden anderen Leibwächter und versetzte Puzzo einen Tritt gegen die Brust, der ihn zwischen seine Schätze beförderte. Sie blieb über ihm stehen und setzte die Spitze ihres Schwertes an seine Kehle.

»Freut mich, Sie endlich einmal persönlich kennenzulernen, Miss Kurosan«, sagte Puzzo. Er wirkte nicht sonderlich eingeschüchtert.

»Du weißt, wer ich bin?«

»Natürlich, Akira war einer unserer verdientesten Mitarbeiter, da ist es nur üblich, sich über seine Herkunft und die übrige Familie zu informieren.«

Michiko wollte sich ihre Überraschung darüber nicht anmerken lassen. »Wenn dir das alles bekannt ist, muss ich wohl nicht mehr erklären, weshalb du nun sterben wirst.«

»Es wird Sie zwar nicht umstimmen, aber Sie sollten wissen, dass wir ihn zu nichts gezwungen haben. Es war Akiras freie …«

»Nenn ihn nicht so! Sein Name war Sato.«

»Es war Satos freie Entscheidung, sich uns anzuschließen. Außerdem, bitte korrigieren Sie mich, falls ich mich irre, haben Sie ihn getötet. Oder nicht? Er ist von Ihrer Hand gestorben und wahrscheinlich sogar durch die gleiche Klinge, die Sie gerade an meinen Hals drücken.«

»Es erschien mir irgendwie passend«, zischte Michiko.

»Haben Sie gehört, was ich vorhin in dem Gespräch gesagt habe? Das war ernst gemeint. Wir sind alle entbehrlich. Wenn ich sterbe, steht auch schon ein Nachfolger für mich bereit. Der Weiterbestand der Organisation ist das Wichtigste, und er ist immer gesichert.«

»Mag sein, nur versuche ich mein Bestes und hoffe, dass dieser Hydra nicht schnell genug die Köpfe nachwachsen.« Michiko nahm die Klinge etwas zurück, um mit mehr Kraft zustoßen zu können.

»Ich fürchte, wir müssen meine Hinrichtung noch einmal verschieben«, sagte Puzzo mit einem Lächeln.

Alarmiert fuhr Michiko herum.

»Fangt sie lebend!«, befahl Puzzo.

Michiko atmete innerlich auf. Ihr Gegner hatte gerade seinen letzten schweren Fehler begangen. Puzzo wollte sie sicherlich nur deshalb lebendig, um das Vergnügen zu haben, sie langsam zu Tode zu foltern. Damit legte er seinen Männern allerdings ein Handicap auf, denn sie mussten nun Rücksicht beim Kämpfen nehmen. Michiko dagegen brauchte das nicht.