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Fritz-Peter Linden
Et jit net jerannt 3

Vom Autor bisher bei KBV erschienen:

Jacques Berndorf - von der Eifel aus betrachtet

Et jit net jerannt

Et jit noch immer net jerannt

Zum Autor

Fritz-Peter Linden, geboren in Prüm und aufgewachsen in Stadtkyll, hätte vielleicht etwas Vernünftigeres studieren können als Lehramt – Englisch und Kunsterziehung für die gymnasiale Oberstufe – oder zumindest dann bei diesem Beruf bleiben, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Aber er musste sich ja unbedingt in den Journalismus treiben lassen. Und dann auch noch 1962 geboren werden, dabei wäre ihm das doch viel lieber erst 1982 passiert. Wobei … nein, dann hätte er wiederum total viele gute Sachen verpasst, auch doof.

So fristet er nun, allmählich verrottend, sein Dasein als Lohnschreiber, -zeichner und -fotograf für den Trierischen Volksfreund, der ihn immerhin irgendwann und dankenswerterweise zum Redakteur machte. Das hat er nun davon, der Trierische Volksfreund. Im Frühjahr 2011 ließ sich der Autor (der sich nicht gerne Autor nennt, weil das jeder Tünnes tut, und überhaupt: »Autor ist man ja schon, wenn man Kartoffeln, Aufschnitt, Rasierklingen, Fischstäbchen auf einen Zettel schreibt«) dazu hinreißen, ein Buch über den Krimischriftsteller Jacques Berndorf zu verfassen, im Herbst des gleichen Jahres erschien der erste Band mit Eifel-Einsichten, 2013 folgte die Fortsetzung. Niemand weiß, wie das alles weitergehen soll, am wenigsten der Aut… der, Dings, selbst.

Fritz-Peter Linden

Et jit net jerannt 3

Gesammelte Eifel-Einsichten

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Originalausgabe

© 2016 KBV Verlags- und Mediengesellschaft mbH, Hillesheim

www.kbv-verlag.de

E-Mail: info@kbv-verlag.de

Telefon: 0 65 93 - 998 96-0

Fax: 0 65 93 - 998 96-20

Umschlagillustration/Zeichnungen: Fritz-Peter Linden

Fotos: Fritz-Peter Linden, wenn nicht anders angegeben

Print-ISBN 978-3-95441-330-0

E-Book-ISBN 978-3-95441-347-8

Vorwort

Fällt weitgehend aus diesmal, wir sind mit dem Buch schon viel zu spät dran, weil wir voriges Jahr glatt den Termin verpasst haben. Warum auch immer, am Ende wird’s meine Schuld gewesen sein, wie sowieso alles, auch das Wetter (ja, das war ich).

Also, auf jetzt, viel Spaß damit, das wäre schön. Danke fürs weiterhin so freundliche Mitmachen, liebe Volksfreunde!

Für Brigitte, für alles und wegen allem. Und für alle, die immer noch in der Ringecke des Kolumnisten sind, obwohl der doch schon paarmal gern das Handtuch geworfen hätte. Mann, hab ich geschwächelt. In jeder Hinsicht.

Aber … kann man ja dann auch nicht machen, irgendwie.

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Der Verleger sagt übrigens, dass ich in das Vorwort noch den Begriff ›Papagei‹ einbauen soll, damit wir die Zeichnung daneben abdrucken können. Und ich mach das auch noch mit. Verrückt.

Und los.

Die spinnen, die Spinnen

An der Redaktionswand, echt jetzt, turnt eine Spinne, so ein Langbeiner, an dünnem Faden lotrecht herab, etwa 40 Zentimeter neben meinem Schreibapparillo. Mal gucken, wo sie hinwill… Ah: Gerade überlegt sie sich, ob sie auf dem Stapel unentsorgter Altnotizen und Ausdrucke (man weiß ja nie, ob man das Zeug nicht doch noch mal braucht) eine Pause einlegen soll. Huch, anscheinend hat sie was gelesen, jetzt huscht sie nämlich hektisch wieder nach oben… Na? Und jetzt? Halloo?!? Nix. Hängt da kopfüber herum. Scheint eingeschlafen zu sein.

Das wird sich gleich ändern, wenn hier das Tagesgeräppel losgeht, es ist ja noch früh am Tag. Können Spinnen eigentlich hören, wenn zum Beispiel das Telefon klingelt? Auf jeden Fall spinnen sie, und zwar kunstvolle Netze. Das bringt mich – oh, diese Überleitungen – auf das digitale Netz der paranoiden Amis, in dem wir alle gefangen sind*. Lest ihr eigentlich bei allem mit, Jungs? Selbst bei so harmlosem Quatsch, wie wir ihn hier schreiben? Was? Könnte ja irgendwie verteidigungsrelevant sein? Aha. Da bin ich jetzt fast schon ein bisschen stolz.

Wobei wir ja im Dialektfall gewappnet sind, da brauchen wir kein Kryptohandy. Oder, wie Doris Schöppner wieder mal in der Hillesheimer Kante beim, äh, Lauschen aufgeschnappt hat, zum Thema Abhörskandal und Bundeskanzlerin Angela Merkel: »Wenn die platt jeschwatt hät, wär der dat net passiert

Das hätte der Ami ja gar nicht verstanden, sagt Doris. Wenn ihr mich fragt, Leute: Der Ami versteht so einiges nicht. Aber das gehört zum Glück nicht hierhin.

Und das hier, das kapiert – bzw: beköppt bzw. bekäppt – der auch nicht: Et jit net jerannt. Findet auch die Spinne, die hängt immer noch lässig an der Wand rum. Cool.

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* Genau, die Abhöraffäre.

Häkchen drunter

Da siehst du mal: Man darf sich nicht immer nur auf »die Boocher« (oder »Bescher«) verlassen. Also auf das, was irgendwo schlau geschrieben steht. Manchmal weiß es der Volksmund besser. Oder das Volksgedächtnis. In diesem Fall jenes Gedächtnis, das bei Hermann Haas aus Kleinlangenfeld obendrin eingebaut ist. Er meldete sich nämlich bei mir wegen der Geschichte mit den »Hoalejäns«*, den wärmewärts ziehenden Schwärmen von Wildgänsen und Kranichen, die sich in den vergangenen Wochen wieder überall startklar gemacht haben.

Weil: Der Name, sagt Hermann Haas, komme vermutlich gar nicht, wie geschrieben steht und wie ich es sklavisch übernahm, von »Hagel« und herbstlichem Unwetter – wie übrigens soeben wieder eins über die Eifel rüberrüpelt –, während ich das hier schreibe. Sondern von der »Hoal«.

Kennen wahrscheinlich nur noch die Älteren unter uns: Die »Hoal«, in anderen Varianten auch »Hol«, »Hal« oder »Hahl«, das war der Kesselhaken, der überm Ofenfeuer angebracht war, um den Kochtopf daran aufzuhängen. Und zwar mit Zacken, sagt Hermann Haas, die ein bisschen ausgesehen hätten wie »en jeroov Sääsch«, eine grobe Säge also. Und wer sich was Komfortableres leisten konnte, habe manchmal sogar noch eine Kurbel zum Verstellen gehabt. Sodass man das »Deppen« (andernorts: Döppen – den Topf) entsprechend höher oder tiefer habe hängen können – woher übrigens auch die Wendung »einen Zahn zulegen« kommt (was sind wir heute wieder schlau).

Und was hat das nun mit den »Hoalejäns« zu tun? Ganz einfach, sagt Herr Haas: »Die fliegen ja immer in Hakenformation.« Manchmal sehe der Schwarm auch wie eine Eins aus. Jedenfalls erinnere das an die Hoal, und deshalb nenne man in der Eifel die Tiere so.

Ich finde: eine 1 A Erklärung. Schön, dass wir diesen Haken noch schlagen konnten. Dank nach Kleinlangenfeld!

Et jit net jerannt.

* Siehe Band 2, Et jit noch immer net jerannt. Wenn Band 2 nicht vorhanden, bitte kaufen. Sofort.

Museale Gedanken

Ich glaub, ich mach auch mal ein Museum auf. Und da steck ich alles rein, was mir aus der liebenswerten Leserschaft so zugesandt wird. Hier, grade wieder, diese Woche passiert: Krieg ich ein wunderschönes, astrein gestaltetes Grußkärtchen von Margret und Manfred Kutsch aus Prüm. Thema: Hoalejäns. Herrlich. Danke, ihr zwei!

Und noch mal die Hoalejäns: Post aus Daun, von Alois Mayer, der über die Eifel mehr weiß als ich übers Versagen, und da weiß ich praktisch alles drüber: Er weist darauf hin, dass der Name der Zugvögel wahrscheinlich doch nicht von der »Hoal«, dem Ofenhaken, kommt, sondern tatsächlich vom Hagel, obwohl er die Charmanz der vorige Woche hier dargelegten Erklärung von Hermann Haas aus Kleinlangenfeld natürlich anerkennt und lobt.

Aber, ich zitiere: »Die Bezeichnung ›Hagelgans‹ (im Eifeler Dialekt ›Hoalejans‹) ist uralt, schon im Althochdeutschen als ›hagilgans‹ zu finden und führt auf die Beobachtung der Menschen zurück, dass meist nach dem Fortfliegen der Graugans in den warmen Süden eine Zeit schlechten Wetters einsetzte. Man glaubte, die Gänse verkündeten durch ihr raues Geschrei und ihre Flugart Unwetter, Regen, Sturm, Schnee und Hagel …«

Ja jut. Dann hatte ich also doch recht mit dem Hagel. Auch mal schön. Und weil Alois Mayer ein Mensch von Charakter ist, schickt er lieber noch eine kleine Story mit. Nämlich die hier. Frau zum Mann: »Hör mal, du sollst mit dem Mariechen fremdgegangen sein. Wat sachste dazu?« Antwort: »Datt ess meijn Saach.« Frau zum Mann: »Un watt ess mot dem Mariechen?« Antwort: »Dat ess dem sej Saach.« Frau zum Mann: »Und an mich denkst du nicht! Wie stoan ech wejlen do? Antwort: »Dat ess deijn Saach

Et jit net jerannt.

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Zwing und zwönge

Entstehen, Gelingen und Scheitern der Kolumne, liebe Eifel, hängen manchmal von einem einzigen Wort ab. Wie diesmal: Zwei lobenswerte Leser schicken Post, zwei mal was ganz Unterschiedliches – und trotzdem wird’s in ein Textlein gezwungen. Womit wir schon beim Thema sind – und beim Wort: Zwingen, zwöngen, zwangen, zwing, zwu, zwee (hatten wir schon mal kurz, egal!).

Zuerst: Grammatik. Da heißt das Geschlecht Genus (mit einem »s«). Und dazu schreibt, genus(s)voll, Harald Biewer aus Bickendorf: »Als regelmäßiger Leser Ihrer Eifel-Einsichten und Muttersprachler in Sachen Basiceifelgerman möchte ich kurz auf den Sachverhalt kommen, dass das Eifeldeutsch die einzige Sprache ist, welche den Genus des Zahlwortes Zwei in drei Geschlechter unterteilt … Bei uns heißt es zwing Jungen (männlich), zwu Frauen (weiblich) und zwee Kanna (sächlich, bzw. nicht genau festgelegt).«

Was ich daran besonders schön finde, ist das »nicht genau festgelegt«. Weiter im Zitat: »Leider beherrscht das heute kaum noch jemand korrekt, so dass im immer seltener werdenden reinen Eifelsprech in dem Zusammenhang wild durcheinandergewirbelt wird und oft sogar zwee Männer ankommen. Wobei es doch zwing sind. Geht Ihnen das auch so?«

Herr Biewer: Wir zwing verstehen uns. Und danke!

Wie auch, zwingend, an Clemens Lenz, Stadtkyller mit Dahlemer Wurzeln. Er schickt die Geschichte vom alten Pitter, mit dem es zu Ende ging. Viele Verwandte und Nachbarn »standen und saßen im Sterbekämmerchen«, schreibt Clemens. Pitter schaute sich um, blickte dann auf seine Frau und schickte sie alle nach Hause. Sie könnten ruhig gehen, denn: »Ich un os Annekäth zwöngen et alleen.«

Sie zwingen, also schaffen, es allein … Welche Tapferkeit. Wünscht man sich selber auch. Wenn man sich nicht immer so, ach, zwingen müsste …

Et jit net jerannt.

Kriemel und Antennen

Und zack, krieg ich einen von Willi Hermes aus Neuerburg verpasst. Und das direkt vor einer (heißa: ausverkauften) Lesung in Neuerburg. Und direkt nach einer (heißa: ausverkauften) Lesung in Meckel (es war wieder greilich sching, Leute – danke für einen tollen Abend!).

Willi Hermes muss, so schreibt er, mal mit mir »richtich knoaterendou emmer mat dengem ›et jit net jerannt‹!«, schimpft er. Weil: »Munnichmol«, also manchmal, müsse eben doch gerannt werden. Wenn’s mal wieder nach der Probe vom Männergesangsverein Neijerburch spät geworden sei, weil man noch ein paar »Letzte« habe trinken müssen. Und mancher dann daheim von der Gemahlin »de Kriemelen gesänt kret«.

Das müssen ja schlimme Frauen sein, da in Neuerburg. Ich kenn die gar nicht so. Nein, die sind normal ja so was von anmutig, lieb und von Herzen gut. Genau wie meine – ich komm da drauf, weil bald Weihnachten ist: Sie hat mir mal eines der besten Geschenke aller Zeiten gemacht: einen Rückenkratzer. Mit Teleskop-Arm zum Ausfahren, für ganz hinten unten. Sogar zwei – einen für unterwegs, im Auto. Weil doch immer dann, wenn man drin sitzt, zuverlässig hinten was juckt.

Wobei mein Juckreiz sich inzwischen angepasst hat: Er meldet sich an Stellen, wo man kaum hinkommt (zum Beispiel da so rechts unterm Schulterblatt … auweia). Vielleicht nehme ich das aber auch nur so selektiv wahr. Tut man ja manchmal. Keine Ahnung. Wie auch jener Fernmeldetechniker, der mal in die Eifel kam und sah, wie eine Landfrau mit einem Rechen loszog. Und fragte: »Wo will denn die Frau mit der Antenne hin?«

Dem haben sie dann aber die Kriemelen gesänt, glaube ich.

Et jit – trotzdem, Willi! – net jerannt.

Eins minus Bindestrich

Hier muss mal eine Lanze gebrochen werden für ein ohnehin lanzenförmiges typografisches Element: den Bindestrich. Also für das Satzzeichen selbst, aber auch für die Bezeichnung »Bindestrich«. Man kann auch »Trennstrich« sagen. Oder »Viertelgeviertstrich«. Aber bitte nicht: »minus«. Das ist übel eingerissen mittlerweile, weil man ja permanent damit beschäftigt ist, mit Leuten am Telefon Elektropostadressen – bindestrichgetrennt: Elektro-Post-Adressen auszu-tauschen.

Und in unserer effizienzbesoffenen Zeit sagen die meisten dann immer »dingens-minus-irgendwas-ät-dingens-punkt.de« (ob die Armen das Wort Bindestrich gar nicht mehr kennen?).

Denn der Strich schenkt uns – und hier breche ich schnell noch eine Lanze für die poetische Kraft von Supermarktbroschüren des unteren Preissegments – so wunderbare Wörter wie: »4 Filz-Platzsets«, weihnachtlich rot, »für ein stilvolles und festliches Ambiente«. Naja. Hm.

Warum haben die aber nicht gleich zwei Striche genommen? Hier: Filz-Platz-Sets. Wäre noch schöner. Zusammengeschrieben wird das Wort unaussprechbar: Filzplatzsets. Probieren Sie mal. Klingt schnell wie Filzplzzts. Hat was fußpilzhaftes.

Noch schöner, gleicher Laden, zwei Wochen später, dieses Angebot: »Thermosensible High-Tech-Qualitäts-Matratze«. Und da soll man drauf pennen können? Aber all die Bindestriche, die find ich gut, typografiesensibel, wie ich bin.

Ups, gleich ist der Platz alle. Hätt ich mich fast … nein, Norbert Schmitz aus Herforst weiß es besser: Seniorenfeier, Weihnachtsmenü, Tischnachbar mümmelt, Bedienung fragt: »War die Suppe recht so?« Keine Reaktion. Tischnachbarin zu Norbert: Der sei so ins Essen vertieft, dass er sich den Genuss durch Schwatzen nicht verderben wolle. Anders gesagt: »Ma hott sich flott en Moulvoll verschwaat

Ja, das kenn ich. Bin ja schon still. Et jit net jerannt.

Daten-Dackel

Sie komme zu oft in diesen Zeilen vor, mault die, äh, Person die, zugegeben, sehr oft in diesen Zeilen vorkommt. Und jetzt schon wieder, Mist! Ich bitte um Verzeihung. Aber es muss ja sein. Denn einen so schönen Verleser, wie er ihr dieser Tage unterlief, kann ich, gerade an Weihnachten, den Eifelern nicht vorenthalten.

Er geschah während der Vorstellung dieser neuen Bundesregierung. Und in diesem Zusammenhang las sie überrascht, dass mit dem ganzen Kabinettshaufen auch eine Bundesbeauftragte für den Dackelschutz präsentiert wurde.

Diese Dackellobbyisten, dachte ich zuerst, Respekt. Aber es ging natürlich nicht um die Bundesbeauftragte für den Dackel-, sondern für den Datenschutz. Woraufhin die Person, die hier zu oft vorzukommen meint, meinte: Wahrscheinlich sind bei uns die Dackel sowieso besser geschützt als die Daten.

Da hat sie Recht. Wie auch eine weitere Person, die hier schon vorkam, nämlich Wilma Herzog aus Gerolstein: Ob es denn »menschenmiejelesch« sei, schreibt sie, dass in diesen Tagen der »Eifel Award« verliehen wurde (an verdiente Personen übrigens). Das Wort (und dann auch noch ohne Bindestrich!) sei doch ein Ungetüm, schimpft sie, so was wie ein »Elwedritscher« oder »Wolpertinger« (also etwas, das es gar nicht gibt). Stimmt. Award heißt Auszeichnung, und das ginge doch auch. Eifel Award? Ein Wortungetüm wie, sagen wir, »Dackel-Steak«.

Aber bevor mich die Lobbyisten jetzt in die Pfanne hauen, mach ich es wie Josef Arens aus Heckhuscheid (kam hier noch nicht vor) und entbiete »saisonbedingte Grüße«. Oder, wie Blums Herbert aus Ormont (kam hier schon vor) und noch einige andere uns zurufen: Frohes Fest – und »e jlöcksählich neu Johr, dä Kopp voll Hoor, de Muul voll Zänn, dat ahlt oss am Enn«.

Et jit net jerannt.

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Hü und Ha und Hott

Heute, am Zweitenweihnachtsfeiertagmorgen, habe ich das mit dem Frühstücksei versemmelt. Überall war’s gelb. Ich sagte ja schon, dass ich kein Geschick habe. Für nichts, was filigrane Fingertechnik erfordert. An manchen Tagen aber ist es besonders schlimm. Es muss daran liegen, dass wir so toll gefeiert und gegessen haben. Mehrfach. Und, äh, getrunken. Und Enkel Paulo die ganze Sache sehr dreijährig-korrekt zusammenfasste: »Boaaah, krass!«

Mehr Geschick habe ich beim Bedanken. Das muss sein, bevor der, ich schrieb es schon, Jahresend-Feierquatsch über uns wegbrüllt. Den Lesern, weil sie so lieb zu mir sind. Und den Kollegen, die mir in diesem Jahr mehrfach helfend den A … den … äh … Poppes gerettet haben, wenn ich mal wieder nicht weiterwusste.

Ich nehm das alles als Geschenk. Apropos: Gab es bei Ihnen vielleicht hier und da neueste Unterhaltungs- und sonstige Elektronik und anderen Technokram unterm Bäumchen?

Wie der Eifeler früher mit neuer Technik umging, schildert uns – danke! – Horst Follmann aus Prüm, der aus Hupperath stammt: Sein Onkel, »ein Bauer von echtem Schrot und Korn«, habe mit den Kühen so geredet, wie es sich gehört: »Hü!« (Halt), »Hotz!« (rechts) und »Ha!« (links). Dann übernahm der Sohn den Hof und schaffte einen Trecker an. Den wollte dann der Onkel auch mal ausprobieren und hockte sich hinters Lenkrad. Los ging die Fahrt und … tja.

Da war dann diese Mauer. Und dem Onkel fiel nichts anderes ein, als panisch zu rufen: »Hü! Hüüüü!« Der Sohn aber, schreibt Horst, legte »den Sprint seines Lebens hin« und brachte den Trecker gerade noch rechtzeitig zum Stehen. In diesem Fall galt dann das mit dem net Rennen nicht.

Fürs neue Jahr aber bleibt’s dabei:

Et jit net jerannt. Hü!

Schwerter zu Flugschafen

Es gehört zu den Anforderungen unseres Berufs, dass wir uns hin und wieder mit Personen oder Ereignissen befassen müssen, mit denen wir uns gar nicht befassen wollen. Zum Beispiel: Jahreswechsel. Ich maulte ja bereits herum, dass ich von dem Zinnober nichts halte, der darum veranstaltet wird.

Aber auch, um mal ein Beispiel wild aus der noch ganz frischen Freitagmorgenluft zu haschen, und sei es auch nur der Kolumne wegen: Roger Whittaker. Der perwollweiche Schmeichelsänger, der vermutlich für den Rheinländer die akustische Entsprechung des Föttchesföhlers ist. Der Roger hatte mal ein Lied mit dem Titel »Abschied ist ein scharfes Schwert« (Was ich alles im Kopf habe. Lauter so einen Quatsch. Aber nichts, womit man Geld verdienen kann).

Und Abschied, Leute, ist das, was beim Eifeler ein wundervoll bittersüßes Gefühl hervorruft: Sehnsucht. Saudade, sagt der Brasilianer, der sich mit Sehnsucht bestens auskennt.

Aber bei uns gibt es ein noch schöneres Wort: Verlangern (genau, mit »r«). So nennt das der Eifeler. Oder die Eifelerin, die anmutige.

Jedenfalls, der Roger, der hatte dieses Lied. Und vor ein paar Jahren wünschte sich eine Dame im Radio genau diesen Song. Kriegte aber den Titel nicht hin. Und sagte deshalb immer: »Abschied ist ein schweres Schaf.« Was ja auch stimmt, wenn man es genau betrachtet.

Wenn ich mir also für dieses Jahr was wünschen dürfte (darf man ja, nur erfüllt sich das so selten. Oder wenn doch, dann anders, als man dachte), dann das: Nicht mehr so viele Abschiede. Stattdessen Begrüßungen, Freudentaumel, Umarmungen und, äh, alles.

Schimpfen Sie mich ein schweres Schaf, einen blöden Bock oder einen sentimentalen Deppen, mir doch egal.

Ich will weniger Abschiede. Das ist doch wirklich nicht zu viel verlangert.

Et jit – määh! – net jerannt.

Schöne Schweinereien

Manchmal findet man schöne Sachen beim Bücherdurchforsten, wie dieses Zitat des irischen Autors Sean O’Casey zum Thema schlimme Volksmusik: »Was kann man von einem Schwein anderes erwarten als Grunzen?« Vor allem erinnerte es mich an, apropos Schwein, Hans-Joachim Kulenkampff.

Ach ja … Moment: Liebe Kinder, der Herr Kulenkampff, das war ein in Deutschland weltberühmter Schauspieler, Showmaster (sowas wie Dieter Bohlen in anständig) und, jawohl, Vorleser. Er hat uns Fernsehguckern nämlich spätabends, zum Sendeschluss (ach, pardon: Früher hörte das Fernsehen um Mitternacht auf. Schlimm, was?) immer noch eine Geschichte dargeboten. Danach war alles wieder gut auf der Welt, und wir schlummerten selig ein. Wir nannten ihn, als sei er unser Freund, »Kuli« (das ist die Kurzform für ein Schreibgerät, das keine Tasten hat, unvorstellbar heute).

Was ich sagen wollte: In einer seiner Shows habe ich mal den besten Satz gehört, der je im deutschen Fernsehen gesprochen wurde. Es ging um ein Ratespiel: Über einen roten Teppich hoppelten, trippelten und watschelten allerlei Tiere ins Studio, und die Kandidaten sollten dazu eine Frage beantworten – wobei die Frage hier völlig egal ist. Denn:

Dann kam ein Schweinchen reingelaufen. Und Kuli sagte: »Das … ist nicht das erste Schwein, für das ein roter Teppich ausgerollt wird …«

Riesenapplaus! Wie auch für Kolumnenkonspirateur Bernd Rehles – er zitiert, nachdem er etwas über die Zerstörung einer Stadtkyller Kapelle im Volksfreund gelesen hat, einen Bekannten: Jeder Mensch, sagt der, habe »dat Recht, en dumm Sou zu sin. Die einen notzen et, die anneren lossen et bleive.«

Saugut, oder? Da ringelt sich mein … öh … Kolumnisten-Kuli vor Freude.

Et jit net jerannt.

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Alles so global hier

Verzeihung, aber das hier ist vielleicht jetzt mehr eine Medienkolumne als ein Eifeldingsbums. Aber ich lebe in einem freien Lan … äh, Volksfreund, und da darf ich schreiben, was ich will. Deshalb schreib ich jetzt das hier.

Weil: dieser Tage wurden von der »Hollywood-Auslandspresse« wieder die »Golden Globes« (goldenes Runddingsbums, irgendwie global) verliehen, für irgendwelche Filme. Und alle, alle, alle deutschen Medien teilten uns, wie jedes verdammte Jahr, Bescheidwissertum vortäuschend, mit: Die Golden Globes, die gälten, oho, als »Vorentscheidung« für die Oscar-Verleihung in ein paar Wochen.

Abgesehen davon, dass bei den Oscars schon lange nicht mehr die besten Filme ausgezeichnet werden: Dem Verein (»Academy«, nennen die sich. Als könne man da was lernen), der über die Oscars entscheidet, ist die Auslandspresse – also jene Journalisten, die aus der ganzen Welt nach »L.A.« kommen, um die Brauchluft der Prominenz wegatmen und sich irgendwie auch wichtig fühlen zu dürfen – vollkommen egal.

Merken: Der Durchschnitts-Ami, der interessiert sich für den Rest der Welt (und übrigens, Amis: Wenn man euch abzieht, ist noch immer ziemlich viel Welt übrig! Schade, dass es euch nicht interessiert.) nur unter zwei Gesichtspunkten, wie ich fürchte: Kann man da Geld verdienen? Oder muss man die wegsprengen?

Deshalb will ich nie wieder hören, dass die Golden Globes irgendwen interessieren – außer jene, die sie verleihen.

Wo bleibt die Eifel, fragt ihr, Leser, zu recht! Die Eifel bleibt hier – und wie sie ist: Ihr ist der ganze Bohei schnuppe. Und ich halte mich jetzt an das feine Motto des Frankfurter Rezitators und Teilzeiteifelers Mario Gesiarz: »Bevor isch misch uffreesch, isses mir lieber egal

Tschöllicht, jetzt bin ich wieder lieb.

Et jit net jerannt.

Und überall ist Eifel

Da kommen, flupp!, zwei Elektrobrieflein aus fernen Welten, und sie sind beide von Eifelern. Zum Beispiel von Jörg Peters, der aus Stadtkyll stammt – jetzt aber beruflich in Dubai campiert (falls ihr, Leser, in … äh … jüngerer Vergangenheit ein gewisses … öh … Druckerzeugnis aus dem wirren Hirn des Unterzeichners gelesen habt: Da steht Jörg auch im Vorwort drin. Weil die Jungs da unten in den Emiraten ganz nach unserem Motto leben).

Jörg und sein Kumpel Daniel Steffens aus Steinborn haben jetzt einen Karnevalsverein gegründet. Mit dem schönen Namen … halt, da ist ja noch die andere Post – von, gefühlt, fast noch weiter weg. Nämlich: Bayern, sakra! Da, genauer »im Süden Bayerns«, also noch weiter weg, weilt wiederum seit 13 Jahren Werner Thome, in Daun geboren.

Und auch er las dieses hier nicht mehr näher bezeichnet werden sollende Druckerzeugnis. Er steuert deshalb einen tollen Satz Eifelweisheit bei, den sein Vater Lenz (warum heißt heute keiner mehr so?) einmal gesagt habe. Es geht um den entspannten Umgang mit dem Genuss und dem »auchmal-Fünfe-gerade-sein-lassen«: Wegen einer zu dicken Scheibe Brot, habe Vater Lenz zu sagen gepflegt, »oss noch keene Knächt üssem Joor jange«. Weil ja Knechte und Mägde früher immer für ein Jahr gedungen worden seien, wie er erklärt. Und die gingen bestimmt nicht vor der Zeit weg, wenn man es mal gut mit ihnen meinte. Heute gibt es ja keine Knechte mehr, außer natürlich bei der Zeitung.

Dank nach Bayern! Und in die Emirate! Wir Eifeler sind überall!

Ach so: Und wie heißt der Karnevalsverein da unten unter den Palmen? Natürlich so: Do simmer Dubai! Tusch, Ausmarsch!

Et jit net jerannt.

Wir machen Musik

Mann, Leute, ist das klasse: Ich bin, mehr als 30 Jahre nach den erbärmlichen Anfängen (die auch bald das erbärmliche Ende einer nur in der Theorie verwirklichten Musikerkarriere einleiteten), wieder in einer Band. Unser Altersschnitt: 27. Einziges weiteres Mitglied im (lässig eingeworfener Musiker-Anglizismus 1, heißt: Besetzung) line-up ist Enkel Paulo (3), er ist der Schlagzeuger, ich der, nunja, Gitarrist und, nunja, Sänger.

»Komm, wir rocken wieder«, sagt Paulo. Oder: »Gleich machen wir wieder Band … oder Jazz.« Ich bin zu allem bereit. Hauptsache, ich darf mitspielen. Unser Repertoire oder Programm oder unsere (lässig eingeworfener Musiker-Anglizismus 2) Setlist steht. Alles von Paulo ausgesucht. Und zwar »Highway To Hell« von AC/DC und »Bob, der Baumeister« von, äh, Bob, dem Baumeister. Damit decken wir alles an Stilrichtungen ab. Wir haben auch schon ein paar eigene Nummern drauf, in einer Stilrichtung, die er als »Rockblues« bezeichnet.