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1. Auflage 2017

© 2017 by FinanzBuch Verlag,

ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

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Redaktion: Werner Wahls

Lektorat: Sonja Rose

Umschlaggestaltung: Marco Slowik

Umschlagabbildung: Henry Leutwyler/Contour by Getty Images

E-Book-Konvertierung: Carsten Klein, München

ISBN Print 978-3-89879-985-0

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-913-8

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-914-5

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Für Therese, Tanja, Peter, Leandra und Livian

Inhalt

Impressum

Widmung

Inhalt

Einleitung: Es geht ums große Ganze

Kapitel 1: Was ist das World Economic Forum?

Kapitel 2: Schwab der Gründer: Ehrgeizig, forsch und mit einer Idee

Kapitel 3: Vom europäischen Managertreff zur globalen Plattform

Davos zum Ersten (1971)

Das Symposium auf der Kippe (1972/73)

Über Europa hinaus (1974 bis 1977)

China und Indien im Blick (1978 bis 1986)

Der Fall des Eisernen Vorhangs (1987 bis 1991)

Nelson Mandela und ein weiteres Mal die Russen (1992 bis 1997)

Zeitenwende für Cologny (1998 bis 2001)

Solidarität mit Amerika (2002)

Der dunkle Schatten des Irakkriegs (2003 bis 2006)

Weltfinanzkrise, erster Teil (2007/08)

Weltfinanzkrise, zweiter Teil (2009/10)

Alte Probleme, neue Herausforderungen (2011)

Fukushima, Europas Schuldenkrise und der Kapitalismus (2012)

Die Rückkehr des Nationalstaats (2013)

Vitaminspritzen für die Globalisierung (2014/15)

Schwab und die Vierte Industrielle Revolution (2016)

Große Zahlen, hohe Ziele (2016)

Der Brexit und das Forum

Kapitel 4: Die Architektur des World Economic Forum

Die Schweiz lässt grüßen

Der Ganzjahresevent

Ein gut gepolsterter Mittelständler

Brückenbauer zwischen Staat und Unternehmen

Hilde Schwab in Aktion

Im Netzwerk von Davos

Wo Licht, da ist auch Schatten

Die Eliten der Zukunft

Das Forum rund um die Uhr

Eine Plattform für die Welt

Kapitel 5: Die Akteure rund um das Forum

Klaus Schwab aus der Nähe

Politikerauftritte als Ritterschlag

Kontakte, Kontakte, Kontakte

Mitglieder, Gäste – und die Kulisse in Davos

Party-Time in den Bergen

Die große Medienparade

Das Weltsozialforum und andere Kritiker

Stilwandel: Krawatten statt Bergschuhe

Kapitel 6: Ein »Rotes Kreuz für internationale Zusammenarbeit«

Klaus Schwab über sein Leben, das Forum und dessen Zukunft

Schlusswort: Alle in meinem Boot

Anhang

Der Board of Trustees des World Economic Forum

Die Strategischen Partner des Weltwirtschaftsforums

Das Stakeholder-­Konzept von Klaus Schwab

Schwabs »Vierte Industrielle Revolution«

Ein amerikanisches Bergdorf namens Davos: Das Weltwirtschaftsforum zur Jahrtausendwende

Davos für Journalisten. Ein Interview mit Nestlé-Präsident Peter Brabeck-Letmathe

Ein Arbeitstag mit Klaus Schwab

Professor Klaus Schwab and Mrs Hilde Schwab

Abkürzungs­verzeichnis

Über den Autor

Anmerkungen

Bildteil

Einleitung:

Es geht ums große Ganze

Im Jahr 1998 hieß es erstmals für mich: Auf zum Weltwirtschaftsforum in Davos. Ich war fast 50, hatte reichlich Erfahrung als Wirtschaftsjournalist, kannte mich auf den deutschen Vorstands­etagen ganz gut aus. Dennoch war ich auf die mythenumwobene VIP-Parade gespannt. Wie würde es dort zugehen? Zu welchen Erkenntnissen konnten mir die Mächtigen aus Wirtschaft und Politik verhelfen? Wen würde ich persönlich treffen? Der erste Eindruck war ernüchternd. Das Hotel, in dem ich und viele andere Journalisten untergebracht waren, verströmte jenen herben Charme, der mich an meine Skifahrertage in Davos während der Achtziger Jahre erinnerte. Aber schon bei der Registrierung stand ich neben dem mir bekannten CEO eines Großunternehmens und konnte mir ein Vier-Augen-Gespräch während der Konferenztage sichern. Auch auf der Straße zum Kongresszentrum sah ich viele Manager, die mich erkannten. Ein Stück weiter stapfte UNO-Generalsekretär Kofi Annan durch den Schnee.

Die zufälligen Begegnungen setzten sich in den nächsten Tagen fort: hier Siemens-Lenker Heinrich von Pierer, dort Krupp-Chef Gerhard Cromme und Deutsche-Bank-Vorstandssprecher Rolf-E. Breuer, beide in ihrer Umgänglichkeit für Davos scheinbar wie geschaffen. Auf einem der vielen Anlässe würden wir in den nächsten Tagen den bestehenden Gesprächsfaden weiterspinnen. Besonders interessant waren natürlich neue Kontakte, etwa zu dem Dresdner-Bank-Vorstand Ernst-Moritz Lipp, der damals in Deutschland als große Managerhoffnung galt. Und Klaus Schwab, der Gründer und Maestro des Weltwirtschaftsforums? Man sah ihn viel im Kongresszentrum. Viele Anwesende grüßte er persönlich und noch mehr hätten ihm gerne die Hand geschüttelt. Er bewegte sich ohne die übliche Entourage, die sonst untrüglich einen Prominenten ankündigt.

Dabei hat sich sein World Economic Forum (WEF) seit der Gründung 1971 im Bemühen um nachhaltiges und verantwortungsvolles Wirtschaften zur wohl bedeutendsten, in jedem Fall aber prominentesten Privatinitiative in der Welt entwickelt. Es ist global tätig, zieht einen höchst einflussreichen Teilnehmerkreis an und deckt die größte Breite an Themen ab. Dahinter steht mit Klaus Schwab eine Person, der man eher auf anderen Feldern eine steile Karriere zugetraut hätte: Er promovierte in Maschinenbau und Wirtschaft, war später Professor und ist ein nüchterner Analytiker. Bewusst will er nicht mit Charisma beeindrucken. Schwabs Anliegen sind die Dialogvermittlung in einer weltumspannenden Schicksalsgemeinschaft, die Rundumsicht auf aktuelle Entwicklungen und das Aufspüren künftiger Herausforderungen. Die Globalisierung bildet das Gerüst seiner Ideen. Sein Werk wird oft kopiert, ist aber bisher nicht erreicht worden.

So war die »Clinton Global Initiative« des ehemaligen US-Präsidenten und mehrmaligen Gastes in Davos in erster Linie zum Sammeln von Spenden für soziale Anliegen gegründet worden und ist zu sehr auf seine Person zugeschnitten. Die Münchner Sicherheitskonferenz erhebt einen weltumspannenden Anspruch, konzen­triert sich allerdings auf politische Themen. Das St. Petersburger Wirtschaftsforum steht zu stark unter dem Einfluss des Kremls, um als Konkurrent zu gelten. Und das immer wieder zitierte Weltso­zialforum ist kein Nachahmer, sondern stellt das bewusste Gegenstück zu Davos dar. Nur das Weltwirtschaftsforum bietet eine breit abgestützte und prominent besetzte Plattform für alle möglichen Themen, die die Welt bewegen. Das privat organisierte Forum trägt die drei Kennzeichen global, neutral, universal.

Eine Volkshochschule auf höchstem Niveau nannte der deutsche Verleger Hubert Burda einmal die WEF-Jahrestreffen. Wenn dem so wäre. Wer das erste Mal nach Davos kommt, ist schlicht überwältigt. Wo sich sonst Skifans in Scharen tummeln, prägen jeweils im Januar eine Woche lang Menschen aus aller Herren Länder das Bild, manche in Winterkluft, viele in edlem Tuch und die meisten mit Krawatte. Karawanen schwerer Autos quälen sich durch die höchste Stadt der Alpen. Die Termine und Veranstaltungen jagen sich, der Aufenthalt will gut geplant sein. Wichtig sind fast alle offiziellen Teilnehmer, und wer es nicht ist, der tut zumindest so. Wer zu dieser Zeit in dem Touristenort weilt, gerät leicht in eine Art Delirium. Er meint, hier befinde sich der Nabel der Welt. Die Sprache der Teilnehmer passt zu ihrem Habitus. Ein Beobachter beschrieb sie einmal süffisant als eine Mischung aus Managerjargon, Zukunftsfixierung und Präsentation luftiger Konzepte, die darauf abzielen, Weisheiten mit Weitblick zu vermitteln.1

Auf der anderen Seite kann sich kaum einer der Gäste der merkwürdigen Faszination entziehen, die von diesem Großanlass ausgeht. Vielleicht sorgt dafür allein die Prominenz der Teilnehmer, vielleicht die Fülle der Themen, oder die Tatsache, dass Davos während dieser Woche eine Art Korpsgeist durchzieht. Niemand wird bestreiten, dass das Weltwirtschaftsforum eine große Dialogplattform bietet, und Dialog bedeutet Toleranz, Verzicht auf Drohungen, Erkenntnisgewinn und die Suche nach besseren Lösungen. These und Antithese: Beide befruchten sich, beide sind von gleichem Wert. So auch in Davos.

Davon abgesehen schwanken die Urteile über das alljährliche Spektakel allerdings extrem. Für die Anhänger bildet das Jahrestreffen eine, wenn nicht sogar die zentrale Veranstaltung jener Weltverbesserer, die kraft ihrer Stellung auch etwas bewirken können. Sie erachten Davos als jährlichen Wallfahrtsort der nachdenklichen Kapitalisten. Nachhaltig und sozial orientierte Entscheidungsträger wollen das Los der Benachteiligten erleichtern, den Planeten schützen und politische Konflikte entschärfen. Das ist die eine Gruppe. Den Gegenpol bilden jene, die das Forum als Sammelbecken unkritischer Globalisierungsjünger brandmarken. Für sie ist Davos ein lauter Jahrmarkt für neue Kontakte und Geschäfte, die dann in verschwiegenen Hinterzimmern abgeschlossen werden. Die jeweils rund 2500 Teilnehmer pilgern nach Meinung der Gegner in Davos zu einem Tempel der Selbstbeweihräucherung.

Das World Economic Forum besitzt kein politisches Mandat und keine Exekutivgewalt. Daher gehen Vergleiche mit der UN-Vollversammlung oder mit multilateralen Regierungskonferenzen fehl. Es beeinflusst aber das Meinungsbild wichtiger Entscheidungsträger weltweit. »Am Beginn eines Jahres erfühle ich dort den Puls der Weltwirtschaft«, sagt Michael Dell, der Gründer des gleichnamigen amerikanischen Computerkonzerns.2 Wenn dem so ist, dann sollte sich eine politisch denkende Öffentlichkeit für das Forum interessieren. Was geschieht in Davos? Wie erklärt sich der Erfolg des Forums? Was sind dessen Leitgedanken? Ist die Veranstaltung eine Kaderschmiede für Ideologen? Was für ein Mensch ist der Gründer Klaus Schwab? Das sind einige der Fragen, denen dieses Buch nachgeht.

Auf was lässt sich der Leser ein? Zunächst erhält er Einblick in die Grundzüge der Institution und die Herkunft ihres Gründers. Danach beleuchtet der historische Teil, wie sich die Weltpolitik im Weltwirtschaftsforum niederschlug und wie es sich von einer europäisch-amerikanischen Konferenz zu einer globalen Dialogplattform mit Teilnehmern aus vielen Lebensbereichen wandelte. Anschließend zeigen mehrere Kapitel, welch großes Räderwerk sich heutzutage hinter dem Forum verbirgt. In diesem bewegen sich die verschiedenen Akteure, auf die daran anknüpfend eingegangen wird. Am Ende kommt Klaus Schwab selbst zu Wort mit seinem Urteil über sich und sein Lebenswerk. Beides hängt im Fall des Weltwirtschaftsforums eng zusammen.

Der Autor erhielt in seiner Arbeit die inhaltliche Unterstützung des Forums und von Klaus Schwab. Dessen ungeachtet ist das Buch unabhängig entstanden. Hierzu trugen einerseits schriftliche Dokumente und Darstellungen bei, andererseits zahlreiche Gespräche mit Beteiligten und Zeitzeugen. Zugleich konnte ich auf meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen zurückgreifen, die ich als Vertreter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Media Leader auf allen Treffen in Davos zwischen 1998 und 2013 machte. 2016 nahm ich als freiberuflicher Journalist am Weltwirtschaftsforum teil. Der journalistische Ansatz, die Verschränkung der Person Schwab mit seiner Idee und die Unterfütterung mit einer direkt gewonnenen, aber natürlich subjektiven Sicht machen deutlich: Dieses Buch ist keine bloße Institutionenbeschreibung und schon gar nicht eine wissenschaftliche Arbeit. Es bezieht seine Aussagen aus den Erkenntnissen der »Stakeholder« des Forums.

Ein Sachbuch ist eine Gemeinschaftsarbeit. Auch an dem vorliegenden Werk waren viele Personen mit Rat und Tat beteiligt. Das gilt in erster Linie für Professor Klaus Schwab, der sich mehrere Stunden lang für meine Fragen und das im Buch abgedruckte Interview geduldig zur Verfügung stellte. Seine Mitarbeiter Yann Zopf und Georg Schmitt erfüllten bereitwillig meine vielen Wünsche nach ergänzenden Informationen und Unterlagen. Zu danken habe ich den zahlreichen ungenannten oder im Buch erwähnten Personen, mit denen ich mich über das Weltwirtschaftsforum und dessen Entwicklung austauschen konnte. Ein wertvoller Gesprächspartner war Gerhard Schwarz, der frühere Leiter der Wirtschaftsredaktion in der Neuen Zürcher Zeitung, der auch Teile des Manuskriptes gegenlas. Von den Firmenchefs auf dem WEF verhalfen mir Ulrich Bettermann (OBO Bettermann), Herbert J. Scheidt (Bank Vontobel) und insbesondere Klaus Luft (ehemals Nixdorf) zu zusätzlichen Einsichten und ebneten so manchen Weg. Bjørn Johansson in Zürich trug substanziell zum Verständnis von Schwab und dem Forum bei.

Bei meinem früheren Arbeitgeber Frankfurter Allgemeine Zeitung bin ich Jürgen Jeske und danach Holger Steltzner, den für den Wirtschaftsteil zuständigen Herausgebern, außerordentlich dankbar, da sie mir die Berichterstattung aus Davos ermöglichten. Hans-Josef Susenburger aus dem Archiv sorgte für das Schließen so mancher Wissenslücke. Unter meinen Kollegen waren Beat Schmid von der Schweiz am Sonntag sowie von der F.A.Z. die langjährigen Davos-Mitstreiter Gerald Braunberger, Konrad Mrusek, Johannes Winkelhage und vor allem Carsten Knop eine bedeutende Hilfe. Aus den Unternehmen gewährte mir Hubertus Külps von der UBS tatkräftige Unterstützung. Keinesfalls vergessen möchte ich Georg Hodolitsch vom FinanzBuch Verlag: Ohne sein freundliches, aber ausdauerndes Drängen sowie seine sachkundige Betreuung wäre dieses Buch wohl nie entstanden. Ihm zur Seite standen mit gleichfalls großem Engagement die Redaktion und das Lektorat des Verlags.

Mein ganz spezieller Dank gilt meiner Frau Therese, die mit unermüdlicher Geduld meine Textentwürfe gegenlas. Die Verantwortung für mögliche Fehler und eventuelle Fehleinschätzungen liegt dessen ungeachtet in vollem Umfang bei mir.

Wädenswil, im Oktober 2016

Jürgen Dunsch

Kapitel 1:

Was ist das World Economic Forum?

Das Weltwirtschaftsforum von Klaus Schwab hat sich erklärtermaßen das Ziel gesetzt, Beiträge zu einer besseren Welt zu leisten. Es arbeitet als gemeinnützige Organisation in Form einer Stiftung, hat sich indes im Lauf der Jahre zu einer Art Unternehmen entwickelt – allerdings steuerbefreit. Anfallende Gewinne gehen in das Stiftungskapital. »Im Grunde genommen sind wir ein KMU«, sagt Organisationschef Alois Zwinggi.3 In der Tat: Der Größe nach wäre das Weltwirtschaftsforum mit Einnahmen von zuletzt nahezu 230 Millionen Franken oder gut 200 Millionen Euro und einer Belegschaft von mehr als 600 Frauen und Männern (einschließlich der Standorte in New York, Beijing und Tokio) ein bedeutender Mittelständler.

Organisatorisch ist das World Economic Forum mit Sitz in Cologny vor den Toren der Stadt Genf allerdings etwas anders aufgestellt als eine typische Firma. Operative Schaltzentrale ist der neunköpfige Managing Board. Klaus Schwab amtiert hier wie allgemein im Forum als Founder and Executive Chairman. Platt formuliert kann man sagen, Schwab ist das Forum und das Forum ist Schwab. Daran hat sich seit dem Beginn im Jahr 1971 nichts geändert. »Ohne ihn bewegt sich keine Maus«, glaubt einer meiner Gesprächspartner.

Die weiteren Mitglieder des Vorstands sind Lee Howell, Jeremy Jurgens, Cheryl Martin, Adrian Monck, Philipp Rösler, Richard Samans, Murat Sönmez und Alois Zwinggi. Jurgens und Monck waren vor ihrer Berufung in die Führungsspitze schon mehrere Jahre für das Forum tätig und leiten die Abteilungen für Information und gesellschaftliches Engagement. Lee Howell, einst Berater des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge und der Hilfsorganisation USAID, ist Programmchef. Cheryl Martin, die zuvor für das amerikanische Energieministerium tätig war, koordiniert die globalen Industrien. Der ehemalige FDP-Politiker und Vizekanzler Philipp Rösler kümmert sich als eine Art »Außenminister« um die Regionen und Richard Samans, unter Clinton Senior Director for International Economic Affairs im Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses, um das Centre for the Global Agenda. Der Software-Spezialist Murat Sönmez amtiert als Chief Business Officer in der Zentrale. Alois Zwinggi, zuvor Manager im Schweizer Zementkonzern Holcim, verantwortet gleich drei Schlüsselressorts; das ist ungewöhnlich für eine Firma dieser Größe. Zwinggi obliegt die gesamte Organisation. Daneben agiert er als Leiter für Finanzen und für Personal. In dieser dreifachen Rolle ist der bodenständige Eidgenosse zurzeit der wahrscheinlich zweitwichtigste Mann in Cologny.

Neben dem Führungskreis besteht eine Art erweiterter Vorstand, das Executive Committee. Man findet ein solches Gremium in manchen Unternehmen, doch im Forum umfasst es mehr als 40 Personen und ist damit außergewöhnlich groß. Der Vorstand des WEF berichtet an den Board of Trustees, den ehemaligen Stiftungsrat. Auch er ist mit 25 Mitgliedern ein relativ großes Gremium. Die Hälfte der Sitze sollen Unternehmensvertreter einnehmen. Der Board dürfte neben der Aufsicht zusätzlich der Anbindung wichtiger Vertrauensleute an das Forum dienen. Geführt wird dieses Gremium ebenfalls von Klaus Schwab, was dessen dominierende Stellung in der Organisation auch institutionell unterstreicht. Wer Trustee werden will, sollte in einem Unternehmen oder einer Organisation eine Spitzenposition innehaben. Zwangsläufig ist damit der Board ein Who’s who internationaler Prominenz, von B wie Nestlé-Präsident Peter Brabeck-Letmathe bis Z wie Min Zhu, Deputy Managing Director des IWF in Washington (seine Vorgesetzte Christine Lagarde gehört im Übrigen gleichfalls dieser illustren Runde an). Im Januar 2016 sind zu dem Gremium unter anderen der ehemalige amerikanische Vizepräsident und Umwelt-Champion Al Gore sowie Weltbankpräsident Jim Yong Kim hinzugestoßen, später im Jahr die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, MIT-Präsident L. Rafael Reif und der amerikanische Cellist Yo-Yo Ma. Die vollständige Namensliste findet der Leser in der entsprechenden Anlage.

Die Führungsstruktur des Weltwirtschaftsforums:

Klaus Schwab: Founder and Executive Chairman

Board of Trustees

Managing Board

25 Mitglieder, Chairman Klaus Schwab

9 Mitglieder, President Klaus Schwab

Beaufsichtigt die laufenden Geschäfte und wacht über die Ziele und Werte der Organisation.

Führt das laufende Geschäft und vertritt das Forum nach außen.

Executive Committee

43 Mitglieder, darunter Schwab-Sohn Olivier

Formuliert die strategischen Grundsätze für die wichtigsten Sachfragen

Quelle: World Economic Forum. Jahresbericht 2015-2016. Eine weitere Führungsstruktur besteht im World Economic Forum USA.

Aus Vorstand und Aufsichtsorgan dürfte sich auch die Übergangslösung rekrutieren, sollte dem Gründer etwas Unvorhergesehenes zustoßen. Schwab selbst hält sich in dieser Frage ungemein bedeckt.4 Dasselbe gilt für eine geregelte Nachfolge des Achtundsiebzigjährigen. Klaus Schwab und seine ebenfalls höchst aktive Frau haben zwei Kinder. Sohn Olivier arbeitet in einer verantwortungsvollen Position in der Zentrale. »Die Familie dürfte über Klaus Schwab hinaus im Forum eine wichtige Rolle spielen«, glaubt der Schwab-Kenner Bjørn Johansson, einer der führenden Managervermittler in der Welt, in diesem Zusammenhang.5 Ein erster Schritt bestünde in der Aufgabe des Doppelmandats an der Spitze von Managing Board und Board of Trustees. Hier beschied Schwab einmal einen Fragesteller wie zuvor andere mit dem knappen Satz: »Das wird einmal getrennt werden«. Er lasse sich da nicht treiben, fügte er in dem Interview hinzu.6

Getragen wird das Forum durch fünf Gruppen: Regierungen und internationale Organisationen, Partner und Mitglieder, Vertreter der Zivil­gesell­schaft, führende Experten in der Welt und vielversprechende Nachwuchskräfte. Wie kommt es zu seinen Einnahmen? Die gut 1000 Mitgliedsunternehmen bezahlen einen Jahresbeitrag von 60.000 Franken. Hinzu kommt die Gebühr für die rund 1600 nach Davos reisenden Firmenvertreter von jeweils 27.000 Franken. Zum Vergleich: 1984 zum Beispiel hatte sie noch 8800 Franken betragen. Richtig ins Geld geht es bei den Partnerschaften. Nach der allgemeinen Preiserhöhung zum Geschäftsjahr ab 1. Juli 2015 um 20 Prozent zahlt die ­Spitzengruppe der gut 100 strategischen Partner 600.000 Franken im Jahr; dies bei erhöhten Leistungen und inklusive der Teilnehmergebühren an allen großen Meetings, mit Ausnahme von Davos, wie sogleich nachgeschoben wurde. Natürlich wurde nach dem kräftigen Aufschlag hier und da gegrummelt. Aber vor Davos 2015 stellte Schwab fest, dass allen Strategischen Partnern angeboten wurde, aus den Top 100 in eine niedrigere Kategorie zu wechseln. »Das Resultat kennen Sie: Kein einziges Unternehmen hat diese Option gezogen. Stattdessen haben wir jetzt 122 Strategische Partner und eine lange Warteliste«.7

Neben den Chefs der Mitgliedsunternehmen pilgern eigens eingeladene Gäste aus Politik, Wissenschaft, den Medien und der Zivilgesellschaft an das Manager-Mekka in Graubünden. Sie tragen die Reisekosten und die (teure) Unterbringung selbst. Aber auf eine Teilnehmergebühr verzichtet Schwab. In Einzelfällen und auf Antrag trägt das Forum weitere Kosten für Experten, in erster Linie sind dies Universitätslehrer. »Die Firmenvertreter subventionieren also die anderen Teilnehmer. Das ist übrigens an allen Veranstaltungen des WEF so«, erläutert Organisationschef Zwinggi.8 Gemeint sind damit nicht zuletzt die Regionaltreffen, die auf das Jahr verteilt in den wichtigsten Weltgegenden stattfinden. Auf eine Einladung hoffen können nach seinen weiteren Worten diejenigen, die sich das Jahr über im Forum auf die eine oder andere Weise engagieren – und wohl auch diejenigen, deren Prominenz dem Jahrestreffen zur Zierde gereicht oder denen Gründer Schwab einen Zugang ermöglichen möchte.

Neben der Zentrale in Cologny unterhält die Organisation Ableger in New York, Beijing, Tokio und seit neuestem San Francisco. Die beiden Adressen in Asien sind Repräsentanzen, wobei Beijing als Sammelpunkt der Wachstumsunternehmen und Organisator der Treffen der »neuen Champions« einen speziellen Status besitzt. Das World Economic Forum USA, gegründet 2005, war zunächst eine eigene rechtliche Einheit. Nachdem die amerikanische Steuerbehörde IRS 2016 die Aktivitäten des WEF weltweit als gemeinnützig anerkannt hatte, löste das Forum die Doppelstruktur auf. Nicht zu vergessen sind die regelmäßigen Berichte, die Mitarbeiter des WEF mit Experten aus aller Welt verfassen, so der Welt-Risikobericht und allen vo­ran der Global Competitiveness Report sowie der Global Gender Gap Report; jüngst sind Reports über wirtschaftliche Ungleichheit und die Job-Perspektiven weltweit hinzugekommen. Insbesondere das Echo auf die beiden Flaggschiff-Studien ist jeweils riesig. Der Wettbewerbsbericht wurde 2015/16 in den Medien insgesamt 23.500-mal, der Gleichstellungsbericht 16.150-mal aufgegriffen.9 Die Attraktivität der Wettbewerbsstudie zeigt sich auch daran, dass der frühere WEF-Spitzenmann Stéphane Garelli nach seinem Wechsel als Professor an das Institute of Management Development (IMD) in Lausanne 1986 das Konkurrenzprodukt World Competitiveness Yearbook entwickelte. Nach seinen Worten verwendet es mehr »harte« statistische Angaben als der Bericht des Forums, der stärker auf Umfrageresultate vertraut.10 Die Öffentlichkeit nimmt die Differenzen kaum wahr. Das spricht dafür, dass die beiden Studien eines Tages zusammengeführt werden.

Auf der anderen Seite winkt dem Gleichstellungsthema eine bedeutsame Aufwertung. Die Bill & Melinda Gates Foundation erwägt nämlich ihre Unterstützung. Chefstratege Mark Suzman schreibt: »Wenn man sich in Fragen wie die Bekämpfung von Hunger oder das Ausmerzen von Armut vertieft, erkennt man, dass Rückstände in der Gleichberechtigung bestehende Probleme verschärfen und Fortschritte erschweren«. Das WEF biete sich hier als Partner an, findet Suzman, weil es seit Jahren in diesem Thema an führender Stelle agiere, so etwa durch den Gleichstellungsbericht.11

Kapitel 2:

Schwab der Gründer: Ehrgeizig, forsch und mit einer Idee

Wir kennen sie alle, jene Menschen, die mit massiger Figur, kräftiger Stimme und ausladenden Gesten sofort jeden Raum füllen und die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Klaus Schwab ist nicht aus jenem Holz geschnitzt. Schlank und in der Art zurückhaltend verkörpert er den Wissenschaftler mit hoher Disziplin, den seine akademischen Titel nahelegen. Im Fall von Schwab muss man weitere Eigenschaften hinzufügen, um sein Profil zu erhalten: visionäres Denken, die Gabe, Beziehungen zu pflegen (das sogenannte Networking). Und sicher auch das Glück des Tüchtigen.

Die Voraussetzungen waren günstig. Als Kind wärmte den späteren Initiator des World Economic Forum die Sonne einer gutbürgerlichen Familie. Geboren am 30. März 1938 in Ravensburg am Bodensee, wuchs er als Sohn eines Fabrikdirektors auf. Wie Schwab, leben der ältere Halbbruder und der jüngere Bruder heute im Ruhestand in der Deutschschweiz.

Die Mutter stammte aus Zürich. Der Vater, geboren 1899, hatte ebenfalls Schweizer Wurzeln. Dessen Mutter war nämlich Schweizerin, wohingegen ihr Mann (also Klaus Schwabs Großvater) aus Karlsruhe stammte. Damit erhielt Klaus Schwabs Vater Eugen das Bürgerrecht des damaligen Großherzogtums Baden, wuchs in Karls­ruhe auf und zog erst Anfang der 1930er-Jahre in die Heimat seiner Mutter. Jacob Schmidheiny aus der gleichnamigen Schweizer Industriellenfamilie nutzte die Gelegenheit, einen Fachmann mit deutsch-schweizerischem Hintergrund für die Leitung der Turbinenfabrik seiner Firma Escher Wyss in Ravensburg zu gewinnen. So zog die Familie von Klaus Schwab in der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre zurück nach Deutschland, genauer gesagt nach Oberschwaben.

Zu Hause herrschten geordnete Verhältnisse, aber Europa war im Griff von Hitlers Terror. Gut ein Jahr nach der Geburt von Klaus Schwab begann der Zweite Weltkrieg, und die Menschen am Bodensee erlebten – zumindest als Ahnung oder aus Gesprächen – den Gegensatz zwischen dem verbrecherischen Regime diesseits und dem friedlichen demokratischen Staat jenseits der Grenze. Die deutsch-schweizerische Familie war privilegiert. Sie durfte ins Nachbarland reisen, etwa in den Ferien. Welche Werte zählten in der Familie? Nach Schwabs Worten vermittelte ihm die Mutter Großherzigkeit. Der Vater lehrte ihn am eigenen Beispiel, dass sich verantwortungsbewusste Bürger für die Gesellschaft einsetzen müssten. Er engagierte sich über die von ihm geleitete Fabrik hinaus in diversen Berufsverbänden, darunter als Präsident der Industrie- und Handelskammer Oberschwaben. Schwab erzählt, dass Ravensburg in den Kriegsjahren das Verteilzentrum für Care-Pakete an alliierte Kriegsgefangene in Deutschland war. Der im Roten Kreuz engagierte Vater habe in diesem Zusammenhang zu einem Abkommen beigetragen, das im Gegenzug Luftangriffe auf die Stadt, in der sich keine Rüstungsindustrie befand, verhinderte.

1950 versuchte dann Eugen Schwab aufgrund der Tatsache, dass sein Geburtsort das schweizerische Roggwil und seine Mutter Schweizerin war, von Deutschland aus Schweizer zu werden. Sein Antrag auf Anwendung einer Sonderbestimmung im Staatsbürgerrecht führte zu einem Verfahren bis vor das Bundesgericht der Eidgenossenschaft. Kurz vor Weihnachten lehnten die Richter den Antrag jedoch ab und verwiesen den tief enttäuschten Antragsteller auf das normale, langwierige Einbürgerungsverfahren. Sohn Klaus bekam alles hautnah mit. Der Zwölfjährige verstand zwar nicht sämtliche Details, doch er litt wie sein Vater. Diese Erfahrung ist nach seinen Worten ein Grund, warum er trotz der Tatsache, dass drei seiner Großeltern Schweizer waren und er seit mehr als 50 Jahren im Land lebt, nie einen Schweizer Pass beantragte.

Deutlich wird an dem Vorgang noch etwas anderes. Klaus Schwab verehrte seine Eltern. Entsprechend engagierte er sich früh für das Gemeinwohl. Sein erstes außerschulisches Betätigungsfeld war das deutsch-französische Jugendwerk, das Begegnungen zwischen Heranwachsenden nach den auch seelischen Zerstörungen des Krieges förderte. Zum Studium ging Klaus Schwab 1957 in die Heimat seiner Mutter. An der Eidgenössisch-Technischen Hochschule (ETH) Zürich studierte er Maschinenbau. Dort knüpfte der junge Deutsche erste Beziehungsbande, unter anderem zu Ferdinand Piëch. Der Technikfan und spätere Herrscher über den Volkswagen-Konzern sollte zu einem treuen Gast in Davos werden, der mit einem Notizblock in der Hand den Diskussionen konzen­triert lauschte und wie ein Musterschüler Aufzeichnungen machte. Sehr eng wird die Beziehung allerdings nicht.

Zu Schwabs ETH-Zeiten war Davos noch weit weg. Immerhin kommt es zum ersten Kontakt mit Genf: Für seine Diplomarbeit konstruierte der junge Ingenieur eine Turbine für die Firma Sécheron. Nach dem Abschluss in Zürich folgte zunächst ein Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Fribourg. Schwab schloss die akademische Ausbildung 1966 und 1967 mit Doktortiteln in seinen zwei Studienrichtungen ab – summa cum laude, wie er gerne anmerkt. Parallel zur ETH absolvierte er Berufspraktika in mehreren Ländern und arbeitete zwischen 1963 und 1966 in Deutschland als Assistent des Geschäftsführers im Verband des Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA) in Frankfurt/Main.

International ging es gleichfalls weiter. Nicht zuletzt auf Anraten des Vaters, der als Rotarier dem Sohn manche zusätzliche Hilfestellung bieten konnte, absolvierte der ehrgeizige Nachwuchsmann gegen Ende seines Promotionsverfahrens 1966/67 ein akademisches Jahr an der Harvard Business School. Infolge einer Lücke in den Zulassungsbestimmungen schaffte es der forsche Jung-Doktor gleich mit dem zweiten Studienjahr zu beginnen – dies trotz der Ablehnung durch den damaligen Dekan George Pierce Baker. Der Trick bestand im Quereinstieg über das Littauer Center, das kurz danach in John F. Kennedy School of Government umbenannt wurde. In Harvard erwarb der Deutsche den Titel eines »Master in Public Administration«. Schwab beließ es nicht beim Büffeln: Er lernte unter anderen den aus Deutschland stammenden späteren amerikanischen Sicherheitsberater und Außenminister Henry Kissinger kennen sowie den legendären Wirtschaftsprofessor John Kenneth Galbraith. Mit beiden hielt der 28-Jährige aus Ravensburg auch in späteren Jahren die Verbindung aufrecht.

Vor dem Studienjahr hatte Schwab in den Staaten eine ausgedehnte Reise geplant, und zwar mit einem neuen VW Käfer, den er am Ende der Tour verkaufen wollte. Den Start in New York begleiteten große Erwartungen, aber schon in Washington D.C. war die VW-Episode zu Ende. Sein Gastgeber, ein Freund seines Vaters, machte ihm klar, dass es von Washington bis Memphis so weit ist wie von Ravensburg nach Moskau. Schwab stieg um, genauer gesagt, er kaufte sich ein 99-Dollar-Ticket für eine Greyhound-Bustour durch das Land.

Nach seiner Rückkehr aus den Staaten gelang Klaus Schwab sogleich der Sprung in den Vorstand von Escher Wyss. Völlig überraschend ist das nicht, war doch Escher Wyss das Unternehmen, dessen Fabrik in Ravensburg der Vater leitete. In dieser Schweizer Industrie-Ikone mit ihren 10.000 Beschäftigten verantwortete der Sohn die Integration in die Sulzer AG in Winterthur. Sulzer gehört übrigens heute mehrheitlich dem russischen Milliardär Viktor Vekselberg, der immer wieder zum WEF nach Davos kommt.

1970 war die Integrationsaufgabe bei Escher Wyss beendet. Schwab, inzwischen auch Teilzeit-Professor am Centre d’Études Industrielles (CEI) in Genf und jünger als viele seiner Studenten, wurde noch einmal für den VDMA tätig. Im Auftrag seines früheren Arbeitgebers veröffentlichte er 1971 die Studie »Moderne Unternehmensführung im Maschinenbau«. Dort befasste er sich erstmals mit dem Konzept der Stakeholder Company. Auszüge aus der Studie findet der Leser im Anhang dieses Buches. Ein Stakeholder-Unternehmen pflegt den Dialog mit der Öffentlichkeit und berücksichtigt alle Gruppen, die vom Wohlergehen des Betriebs abhängig sind, also neben den Eigentümern, Kreditgebern und Mitarbeitern auch zum Beispiel die Lieferanten und Kunden, die Kommunen der Standorte und bei großen Konzernen die Steuerzahler und die Politik. Die internationalen Konzerne, die auf der Höhe der Zeit sein wollen, lassen grüßen. Später weitet Schwab das Konzept. Die Unternehmen sind nunmehr selbst Corporate Global Citizens, die sich zusammen mit Regierungen und der Zivilgesellschaft um das Wohlergehen des Planeten kümmern sollen.

Alle Entscheidungs- und Interessenträger gemeinsam in einem Club, so lautet die Kurzversion des Stakeholder-Ansatzes. Im wirtschaftlichen Mainstream bewegt sich das Konzept lange Zeit nicht. Einige Jahre ist der Shareholder Value in Mode, der sich mit dem Namen Alfred Rappaport verbindet. Der amerikanische Wirtschaftsprofessor veröffentlichte 1986 ein Buch unter diesem Titel, das vor allem in Finanzkreisen Furore macht. Der Untertitel in der deutschen Ausgabe 1994 lautet: Wertsteigerung als Maßstab für die Unternehmensführung. Das Stakeholder-Konzept setzt sich davon ab und greift gleichzeitig darüber hinaus. Zusammen mit Herkunft, Erfahrungen und den ersten Verbindungen von Schwab bildet es das Fundament, auf dem sich am 24. Januar 1971 der Vorhang zum ersten Treffen in Davos hebt. Es firmiert als European Management Symposium. Klaus Schwab ist zu jenem Zeitpunkt 32 Jahre alt. Dass sein Manager-Symposium ein Forum der Weltwirtschaft mit umfassendem Themenspektrum werden würde, ahnt der Initiator damals selbst nicht.