Krieger der Zukunft - 1440 Seiten Science Fiction Abenteuer

Alfred Bekker et al.

Published by Alfred Bekker, 2016.

Inhaltsverzeichnis

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Krieger der Zukunft

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Alfred Bekker: MEGA KILLER RELOADED

Weltraumkriegerin Avary Sax Gesamtausgabe

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Teil 1: Cerubin-Kämpfer

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Teil 2: Androiden-Liebe

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Teil 3: Die Herrscher von Bao

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Teil 4: Unter fremder Kontrolle

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Teil 5: Palast der Schwarzen Garde

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Teil 6: Gejagt auf einer fremden Welt

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Teil 7: Der Feind meines Feindes

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Teil 8: Der Angriff

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Teil 9: Die Cyber-Falle

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Sternenkommando Cassiopeia 1-7

Band 1  Mission Akision

Band 2  Sabotage

Band 3  Tolakras Schatten

Band 4  Der Geist der Maschinen

Band 5  Eindringlingsalarm

Band 6  Die letzte Etappe

Band 7  Sureyin-Ehre

ANHANG

Eroberer der Galaxis: Großband 1

Eroberer der Galaxis Band 1: Jäger

Prolog:

Kapitel 1: In die Tiefe

Kapitel 2: Der Gesetzlose

Kapitel 3: Der Auftrag

Kapitel 4: Der Deal

Kapitel 5: Die Bombe

Kapitel 6: Sotus

Kapitel 7: Jede gute Tat wird bestraft

Kapitel 8: Heilung

Eroberer der Galaxis Band 2: Kosmische Beute

Prolog:

Kapitel 1: Tiere der Tiefe

Kapitel 2: Krankenstation

Kapitel 3: Der aus dem Totenreich

Kapitel 4: In der Enge

Kapitel 5: Der Anführer

Kapitel 6: Die ANTARKTIKA

Kapitel 7: Der Jäger und seine Beute

Eroberer der Galaxis Band 3: Angriff der Chadrana

Prolog:

Kapitel 1: Ein kurzer Besuch zuhause

Kapitel 2: Der Ring

Kapitel 3: Wagnisse

Kapitel 4: Die Ankunft

Kapitel 5: Heimweg

Die JARNAXA Teil 1

Die JARNAXA Teil 2

Eroberer der Galaxis: Der Tod im Blut (Extra-Erzählung)

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Eroberer der Galaxis: Die erste Mission der EURYTION

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About the Author

About the Publisher

Krieger der Zukunft

Drei Science Fiction-Sagas von Alfred Bekker, P.J. Varenberg, Mara Laue und Hendrik M. Bekker

Der Inhalt dieses Buches entspricht 1440 Taschenbuchseiten

Krieger der Zukunft – ob im fernen Weltall oder auf der Erde kämpfen sie um das Überleben oder gegen Aliens. Killer vefolgen ihre Opfer durch die ganze Galaxis und galaktische Imperien geraten ins Wanken, als ein neuer Feind auftaucht. Drei epische Science Fiction Abenteuer in einem Buch.

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Diese Sammlung enthält folgende Science  Fiction-Abenteuer:

Alfred Bekker: Mega Killer reloaded

P.J. Varenberg: Weltraumkriegerin Avery Sax – Gesamtausgabe

Mara Laue: Sternenkommando Cassiopeia 1-7

Hendrik M. Bekker: Eroberer der Galaxis, Großband 1 (Sieben Abenteuer)

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

Alfred Bekker: MEGA KILLER RELOADED

CYBER GIRL EDITION

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© Alfred Bekker, CassiopeiaPress

All rights reserved

Ein CassiopeiaPress E-Book

Ausgabejahr dieser Edition: 2012

www.AlfredBekker.de

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Dieser Roman basiert auf den MEGA KILLER-Romanen von Alfred Bekker, hat aber eine weibliche Hauptfigur (anstatt der männlichen der Originale) und einen geänderten Handlungsablauf, insbesondere den Schluss betreffend.

Eine Hörbuchfassung erschien im Action-Verlag.

***

Er ist überall.

In jedem Chip. In jedem elektronischen Bauteil. In der Schiebetür eines Appartements. Im Steuermodul eines Gleiters. In der Sauerstoffversorgung eines Raumschiffs. Im Rechnersystem eines Transmitters und an tausend anderen Stellen, an denen man ihn nicht vermutet.

Er ist ein Jäger.

Auf tausend Welten zugleich.

Ein stiller Mörder.

Wohin man auch flieht, er ist schon dort.

Ein sich selbst reproduzierender Datensatz, der in der Lage ist, jedes Rechnersystem, in das er eindringt zu einem Mordinstrument zu verwandeln.

Das ist der MEGA KILLER.

Und sein Ziel bin ich, Eva Morley.

Aber vielleicht sollte ich die Geschichte von Anfang an erzählen...

Im Moment warte ich auf einen Geschäftspartner, nehme einen Drink und wundere mich darüber, dass ich noch lebe.

Er entschuldigt sich, als er endlich doch auftaucht.

„Tut mir leid, es gab ein Problem in der Transmitterstraße, Lena“, sagt er. „Ich darf Sie doch so nenn, oder?“

„Der Kunde ist König.“

Ich habe meinen Namen ändern müssen, deshalb nennt er mich Lena. Lena Jackson.

Als er das sagt, verursacht mir das ein flaues Gefühl. Aber das hat nichts mit ihm zu tun.

„Das macht nichts“, sagte ich.

„Sie sind mir empfohlen worden. Ich habe eine Firma, die ich Ihnen vielleicht kurz mal vorstellen darf.Und wir möchten gerne Ihren Rat in ein paar Sicherheitsfragen. Sie sind uns da als Expertin empfohlen worden. Über das Honorar werden wir uns schon einig...“

Ich höre nur mit einem Ohr hin.

Meine Gedanken wandern in die Vergangenheit...

*

Ich warf mich zu Boden, rollte mich herum, während der Laserstrahl aus der Waffe meines Gegners dicht an mir vorbeizischte. Dort wo er aufkam, brannte er ein faustgroßes Loch in den Stein. Ein eigenartiger Geruch stieg mir in die Nase. Ich riss meinen Strahler hoch, feuerte und traf meinen Gegner mitten in die Brust—sofern man das so bezeichnen mochte. Es handelte sich bei meinem Gegner nämlich um einen vierarmigen, etwa zwei Meter fünfzig großen Sampor, dessen Haut so hitzebeständig war, dass ich meinen Strahler auf die höchste Energiestufe hatte einstellen müssen, um bei ihm überhaupt eine Wirkung zu erzielen. Ich brannte ihm ein Loch in das dunkelgrüne, Tunika artige Gewand, das er trug. Darunter kam die schuppig wirkende Haut (oder sollte man Panzer dazu sagen?) zum Vorschein. Die Energie meines Schusses schleuderte den Sampor gegen die grauweiße Wand einer nahen Ruine. Er rutschte zu Boden. In drei seiner vier prankenartigen Hände trug er Waffen. Einen Strahler, einen Nadler und eine Big-Bang-Gun genannte Pistole. Sie war in der Lage Explosionsgeschosse abzufeuern konnte, die ihr Ziel selbständig verfolgten.

Die Sampor standen im Ruf, die besten Soldaten der Galaxis zu sein. Sie waren aus genetischen Experimenten auf dem Planeten Cartax hervorgegangene Klone. Der zynische Geist, der das Patent ihres Gen-Musters besaß, musste sich inzwischen daran dumm und dreckig verdient haben.

Ich verzog das Gesicht.

Wer hätte das gedacht, du kannst es sogar mit Sampor aufnehmen!, ging es mir durch den Kopf.

Mein Gegner bewegte sich noch - trotz des daumendicken Lochs, das ich ihm in seine Panzerhaut gebrannt hatte. Zwei seiner Waffenarme hingen schlapp herunter, schienen ihm nicht mehr zu gehorchen. Der Strahler war ihm entfallen. Eine weitere Pranke drückte er gegen die Stelle, an der ich ihn getroffen hatte. Sein schuppiges Gesicht war kaum mehr als eine Maske. Die Augen am Kopf wirkten starr. Es gab ein weiteres, geschlossenes Augenpaar am Hals, das zu einer zweiten Gehirnsektion im oberen Brustbereich gehörte. Diese zweite Gehirnsektion konnte im Fall eines Kopftreffers die Aufgaben des Haupthirns übernehmen.

Perfekte Söldner.

Wahrscheinlich hatte mein Treffer dieses Zweithirn zerstört oder zumindest stark in Mitleidenschaft gezogen.

Ich beschloss, auf Nummer sicher zu gehen, hob den Strahler und brannte meinem Gegner auch noch ein Loch in den Kopf. Genau zwischen die Augen.

Delete High Memory, so hätte das vielleicht ein antiker Meister der Programmierkunst in gleichermaßen schlichte wie ergreifende Prosa gebracht. Oder auch: Central Processor Unit Error. Ich habe ein Faible für ausgestorbene irdische Sprachen und dieses ganze uralte Zeug, das man in antiken, schon halbentmagnetisierten Datenspeichern so finden kann.

Der Sampor zuckte noch einmal.

Seine letzte Bewegung.

Unglücklicherweise löste er damit einen Schuss der Big-Bang-Gun aus.

Das Geschoß war ziemlich langsam. Viel langsamer als es ein Projektil des Nadlers gewesen wäre, ganz zu schweigen vom Laserblitz des Strahlers. Aber gemessen an der Reaktionsfähigkeit eines Menschen war auch die Geschwindigkeit des Big-Bang-Geschosses noch rasend schnell.

Ich warf mich zur Seite. Eine Reflexreaktion, die man mir eintrainiert hatte. Eine Art posthypnotisches Programm, das ich mir über den drahtlosen CyberSensor in meinem Nacken direkt ins Gehirn geladen hatte. Es war nicht das erste Mal, dass mir diese Konditionierung das Leben rettete. Man war einfach den Bruchteil einer Sekunde schneller.

Ich kam ziemlich hart mit der Schulter auf, das Projektil jagte an mir vorbei auf eine der unzähligen Ruinen zu, die diese trostlose Trümmerlandschaft prägten. Die Trümmer irgendeiner dieser alten Riesenstädte, die es in der Vergangenheit gegeben hatte. Old L.A., Old N.Y., Old London oder dergleichen mehr. Ich hatte es vergessen, welchen Namen DIESER Trümmerhaufen trug. Spielte auch keine Rolle. Das einzige, was in diesem Moment zählte war, dass ein paar Sampor mich töten wollten und ich es geschafft hatte, den ersten von ihnen zu erledigen.

Das Projektil bremste vor der Ruinenmauer ab.

Er verfügte über einen autonomen Antrieb und eine elektronische Gegnererfassung. Einfach ausgedrückt: Es jagte alles, was sich bewegte. Na ja, etwas komplizierter war es schon. Jedenfalls war das Ding in der Lage mich zu erkennen und zu verfolgen wie ein Insekt.

Es beschleunigte, surrte mit einem unangenehmen Brummton in meine Richtung.

Mir blieb kaum mehr als ein Augenaufschlag.

Ich griff an meinen Gürtel und aktivierte den Magnet-Schocker.

Gerade noch rechtzeitig.

Das mikroelektronische Innenleben des Projektils wurde erheblich verwirrt. Genau dafür waren diese Magnet-Schocker auch gemacht, obwohl man jedem nur abraten kann, sich auf sie zu verlassen. Das Big-Bang-Projektil surrte an mir vorbei und ich betete.

Wenn es jetzt in die nächste Ruine hinein krachte, nützte mir das überhaupt nichts. Die Explosion wäre gewaltig genug gewesen, um mich trotzdem in Stücke zu reißen. Ich hätte schon Sampor sein müssen, um eine Detonation jener Größenordnung aus dieser geringen Distanz überleben zu können. Und selbst ein Sampor hätte wahrscheinlich auf das Funktionieren seiner zweiten Hirnsektion vertrauen müssen.

Der Unterschied war nur, dass Sampor psychisch so konditioniert waren, dass ihnen der Tod nichts ausmachte.

Mir allerdings schon.

Ich war schließlich erst hundert Jahre alt, also in den besten Jahren.

Das Ding raste auf die Ruinenwand zu.

Eigentlich war der Magnet-Schocker so programmiert, dass er Geschosse wie das Big-Bang-Projektil auf eine ausreichende Distanz brachte.

Eigentlich...

Wie gesagt, man darf sich nicht darauf verlassen. Manchmal klappte das nicht. Ich zählte die Sekunden. Dann zog das Big-Bang-Projektil im letzten Moment nach oben, in einer schrägen Linie direkt in den aschgrauen Himmel hinein.

Einige Augenblicke lang geschah gar nichts. Dann hörte ich die Detonation. In den Wänden der umliegenden Ruinen entstanden Risse. Hier und da bröckelten Steine aus dem Mauerwerk. Betonbrocken lösten sich, brachen herunter. Ich taumelte durch diese Erdbebenlandschaft, atmete auf und deaktivierte den Magnet-Schocker.

Dann überprüfte ich die Justierung meines Strahlers. Wenn ich Pech hatte, machte sich die Wirkung des Schockers auch dort bemerkbar. Se etwas kam immer wieder vor, auch wenn die Herstellerhinweise vorgaben, das mit angeblich über 99prozentiger Sicherheit ausschließen zu können.

Ich entfernte mich vom Ort der Detonation. Schließlich wollte ich keine giftigen Rückstände mitbekommen. Dann überquerte ich eine breite Straße, die sich wie eine Schneise durch die Ruinenlandschaft zog. Irgendwo in der Ferne waren Trommeln zu hören.

Ich grinste unwillkürlich.

Ja, die Trommeln...

Die hatten eigentlich auch noch gefehlt zur typischen akustischen Kulisse eines OutlawSector oder kurz OS. Bewaffnete Gangs in martialisch wirkender Kleidung, die sich um eine Feuerstelle herum gruppierten, im Hintergrund der dumpfe Klang der Trommeln. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass sich bei den Angehörigen dieser Gangs die Muster altirdischer Stammesgesellschaften wieder durchgesetzt hatten.

Aber das war ein Zusammenhang, der wohl nur denen auffiel, die sich etwas intensiver mit der Vergangenheit dieses Planeten befasst hatten. Auf mich traf das zu. Es war eine Art Hobby.

Ich befand mich in der Mitte der Straße und fragte mich einen Sekundenbruchteil lang, ob ich vielleicht in die falsche Richtung ging - den trommelnden OS-Bewohnern direkt in die Arme. Und die gingen nicht unbedingt zimperlich mit denjenigen um, die sich in ihre Gebiete verirrten. Ins OutlawLand. Andererseits waren sie sicherlich angenehmere Gegner als die beiden Sampor, die hier noch irgendwo in den Trümmern herumstrichen und auf der Jagd nach mir waren.

Ich hatte die andere Seite schon fast erreicht, wollte mich in einem verfallenen Hochhaus in Deckung begeben, da nahm ich an einem der glaslosen Fenster im Erdgeschoß dieses monströsen Betonskeletts eine Bewegung wahr.

Ein kurzer Moment der Erstarrung folgte.

Eine Art Lähmphase, gemeinhin auch Schrecksekunde genannt, die meine Konditionierung zwar reduzieren aber nicht völlig aus der Welt schaffen konnte. Ich war ein Mensch. Was immer das im fünfunddreißigsten Jahrhundert auch sein mochte. Ein Mensch mit allen Nachteilen seiner Gattung. (Und die Sampor? dachte ich in irgendeinem hinteren Winkel meines Bewusstseins. Du teilst mehr als 99 Prozent deiner Gene mit ihnen...)

„Verdammt, irgendwie habe ich keine Lust mehr auf den Mist!“, sagte ich laut.

ETWAS kam aus dem Fenster herausgesprungen. Die Gestalt eines Sampor. Er rollte sich auf dem Boden ab, riss seine Waffen empor und feuerte dann gleichzeitig mit Strahler, Nadler und Big-Bang-Gun auf mich.

Ich verzichtete darauf, den Schocker zu aktivieren oder meinen Strahler abzufeuern.

Warum auch?

Ich stand einfach da und ließ mich erschießen, denn ich wusste, dass es dann am schnellsten vorbei war.

Zuerst traf mich der punktgenaue Laserstrahl. Zischend brannte er mir ein Loch in die Herzgegend, den Aufprall des Nadelgeschosses bekam ich überhaupt nicht mehr mit. Dass der Sampor danebengeschossen hatte, konnte ich allerdings kaum annehmen. Und dann folgte das Big-Bang-Projektil.

Die Explosion war verdammt grell.

Ich schloss die Augen, aber das nützte nichts. Eine sinnlose Reflexreaktion, denn die Daten dieses interaktiven Spiels wurden über den drahtlose CyberSensor in meinem Nacken direkt auf meine Sinnesnerven übertragen. Nicht einmal eine Netzhautentfernung hätte mir diesen grellen Blitz ersparen können.

Mein Cyber-Ich wurde in dieser furchtbaren Detonation förmlich zerrissen. Ich konnte die Hitze spüren, den Druck. Es war sehr realistisch.

Ich konnte das beurteilen, schließlich hatte ich auch in der corporalen Realität (der Begriff 'corporal' war irgendwann im 22. Jahrhundert als Gegenbegriff zur so genannten 'virtuellen' Realität entstanden) schon in ähnlichen Situationen gesteckt. Ich hatte sogar bereits gegen corporale - körperlich existierende - Sampor gekämpft und überlebt.

Ihre virtuellen Counterparts waren vielleicht sogar noch etwas cleverer als ihre corporalen Vorbilder.

>Das Programm endete mit Ihrem virtuellen Tod, Benutzerin Eva Morley>, klärte mich eine Cyberstimme auf. Es war keine echte Stimme, nichts was jemand außer mir hätte hören können. Genau genommen handelte es sich lediglich um eine Impulsfolge mit der meine Hörnerven stimuliert wurden, wodurch ich in der Illusion lebte, diese Stimme zu hören. (Illusion?, dachte ich. Du denkst immer mehr in den Denkmustern deiner Vorfahren, mit deren Geschichte du dich so gerne beschäftigst. Sonst würdest du dieses Wort nicht benutzen. Du würdest stattdessen corporale und virtuelle Realität als gleichwertige Ebenen in gegenseitiger Abhängigkeit betrachten. Der Begriff Illusion beinhaltet eine Wertung... Eines Tages wirst du auf das Denk- Niveau der OS-Bewohner hinabsinken, die jegliche Cyber- Technik für Teufelszeug halten!)

>Möglicherweise sollten Sie bei einer nochmaligen Verwendung des Programms MEGA KILLER darauf achten, ein niedrigeres Anspruchs- und Reaktionslevel auszuwählen>, riet mir die Cyberstimme. >Benutzerin Eva Morley, wollen Sie jetzt die Optionen für eine zukünftige Benutzung des MEGA KILLER definieren?>

„Ich möchte das Programm deaktivieren“, sagte ich laut. Ein entsprechender Gedankenimpuls hätte genügt, aber irgendwie fühlte ich mich etwas müde und es fiel mir leichter, mich zu konzentrieren, wenn ich laut sprach.

>Deaktivierungssequenz wird eingeleitet, Benutzerin Eva Morley. Möchten Sie, dass eine persönliche Version des Programms MEGA KILLER mit allen persönlichen Features für Sie in den Zentralspeichern des GalaxyNet gespeichert und ständig über den Code ihres persönlichen CyberSensor abrufbar sein wird?>

>Nein. Löschen>, erwiderte ich in Gedanken und wiederholte es gleich darauf noch einmal laut: „Löschen.“

>Hat Ihnen das Programm MEGA KILLER nicht gefallen, Benutzerin Eva Morley? Wenn Sie Kritik oder Anregungen haben, so geben Sie diese bitte in den GalaxyNet-Zugang Ihres Mentalspeichers ein.<

„Ich habe nichts auszusetzen.“

Diese Abfragerei während der Deaktivierungssequenz von Spielprogrammen war ziemlich nervig. Und man musste außerdem noch höllisch aufpassen, dass die Hersteller oder Vertreiber einem nicht an den Systemeinstellungen des CyberSensor herummanipulierten. Bei unseriösen Anbietern konnte es schon mal vorkommen, dass man dann völlig unerwartet (und natürlich in den ungünstigsten Momenten) Werbeeinblendungen auf die Netzhaut projiziert bekam.

Ich hatte meine Tricks, um die Abfrage-Prozedur abzukürzen. Über den GalaxyNet-Zugang meines Mentalspeichers gab ich eine entsprechende codierte Sequenz ein. Es handelte sich um eine Art Datenvirus, der über das Hyperfunknetz von Iplan (der Föderation der Inneren PLANeten) den Zentralrechner des Vertreibers aufspürte und dafür sorgte, dass alle meine Daten aus dessen System verschwanden, so als hätte es die BENUTZERIN EVA MORLEY nie gegeben.

Auf diese Weise brauchte ich für den Gebrauch eines Spielprogramms wie dem MEGA KILLER noch nicht einmal zu bezahlen.

Ich befand mich in meiner Wohnung in Barcana, einer aus dem Meer hervorragenden ultramodernen Turmstadt. Eine bevorzugte Wohngegend, so konnte man selbst ein kleines Appartement in Barcana nennen. Ich hatte eine große Suite mit angrenzenden Büroräumen. Ich hasse nichts mehr als Enge. Man muss sich in den eigenen vier Wänden bewegen können. Man sollte diese Wände sogar verschwinden lassen können, wenn einem danach ist.

Mir war danach.

In der Sichtanzeige in meinem linken Auge verblasste gerade das Logo der Herstellerfirma des MEGA KILLER. Über meinen CyberSensor stellte ich Verbindung zum Wohnungsrechner her. Die Wand, die sich etwa fünf Meter von mir entfernt befand, schien sich aufzulösen, wurde transparent und einen Augenblick später hatte ich eine fantastische Aussicht auf das Meer, das irgendein antiker Namensgeber das MITTELMEER genannt hatte, weil es gewissermaßen den Mittelpunkt der damals bekannten Welt dargestellt hatte.

Die Küste lag im Nebel.

Von Barcana aus - zumindest, wenn man nicht gerade in den untersten, deutlich preiswerteren Stockwerken wohnte - konnte man bei besserem Wetter bis zu den Ruinen von Alt-Barcelona hinüber sehen. In antiker Zeit war Alt-B, wie man den Steinhaufen auch nannte, angeblich eine blühende Stadt gewesen. Ich halte das für ein Gerücht. Genauso wie die Behauptung, dass es bis ins dreiundzwanzigste Jahrhundert dort einen Schiffshafen gegeben hat. Aber ich bin ja auch nicht mehr als eine Amateurhistorikerin.

Jetzt gehörten die Ruinen von Alt-B jedenfalls zu einem OS -—einem OutlawSector. Wenn man die akustischen Sensoren, die auch das Meeresrauschen ins Innere der Wohnung übertragen konnten, auf dem höchsten Level einstellte und außerdem genügend Filter aktivierte, dann konnte man sogar die Trommeln der OS-Leute hören...

Für sie gab es kein GalaxyNet, keine Cyberspiele, keine galaxisweite Vernetzung mit allem und jedem -—zumindest im Bereich von Iplan. Was die Rand-Föderation, die Äußeren Kolonien oder die Autonomen Welten anging, war das zum Teil ja etwas schwieriger. Aber das GalaxyNet breitete sich immer weiter aus. Es wuchs wie ein Spinnennetz aus Hyperfunklinien und Transmitterstraßen. Jedes Raumschiff, das weiter in unbekannte Gebiete vordrang, gehörte dazu, war über dieses Netz mit den zivilisatorischen Zentren der Menschheit verbunden.

*

Noch ein paar Wochen und du bist 100 Jahre alt, ging es mir durch den Kopf. Eine Frau in den besten Jahren, so sagt man. Kein besonderes Ereignis, aber Zahlen haben ihre eigene Magie. Ich kenne einige, für die das Erreichen eines dreistelligen Alters ein erster Anlass war, zurückzublicken, in gewisser Weise Bilanz zu ziehen. Was habe ich erreicht, was soll die Zukunft bringen?

Ich hatte die letzten Jahrzehnte dazu genutzt, einen bescheidenen Wohlstand zu erreichen. Die Wege, auf denen mir das gelungen war, waren nicht unbedingt immer gerade gewesen. Als Söldnerin, Geheimagentin und Industriespionin hatte ich oft genug meinen Kopf hingehalten.

Außerdem hatte ich von den Gewinnen dieser Tätigkeit eine Firma gegründet, um ein zweites Standbein zu haben.

HIER KANN DAS FIRMENPORTRAIT EINGEFÜGT WERDEN!

Jetzt wollte ich etwas kürzer treten. Privatagentin, so nannte ich meinen Beruf. Ich führte hin und wieder noch Spezialaufträge aus. Mal waren es Ermittlungstätigkeiten, mal Industriespionage. Letzteres wurde nach wie vor am besten bezahlt, auch wenn es das höchste Risiko beinhaltete. Klar, dass sich jemand mit meinem Lebenslauf eine Menge Feinde gemacht hatte. Mächtige Feinde, die sich nicht scheuten, einem ihre Killermeute auf den Hals zu hetzen. Schon deswegen war ich immer wieder gezwungen gewesen, meine Identität zu wechseln. Auch jetzt war ich jederzeit darauf vorbereitet. Ein paar Handgriffe und ich war eine ganz andere, hatte die dazugehörigen halborganischen Fingerkuppen und Bio-Kontaktlinsen, die jeden Iris-Scanner in die Irre führen konnten. In unserem gesegneten 35.Jahrhundert konnte man sich kaum einen Schritt bewegen, ohne sich auf irgendeine Art identifizieren zu müssen. Alles war codiert, Signale des CyberSensor wurden mit den gescannten Fingerprints oder Iris-Diagrammen abgeglichen und wehe etwas passte da nicht zusammen.

Ich ging in mein Büro und aktivierte die Fensterwand, bevor ich mich in einen der Ledersessel flezte. Mein Blick streifte über die fernen Ruinen von Alt-B. Ein Turm ragte hoch empor. Ich hatte mich immer schon gefragt, ob das vielleicht ein Überbleibsel von LA SAGRADA FAMILIA war, einer Kathedrale, die ein antiker Architekt mit dem Namen Antonio Gaudi einst geschaffen hatte.

Möglich wäre es, überlegte ich. Aber man hätte an Ort und Stelle genauere Untersuchungen anstellen müssen. Dann wäre es eine Kleinigkeit gewesen, das genau festzustellen. Aber es gab niemanden, der sich zurzeit nach Alt-B traute. Davon mal abgesehen war die frühterranische Archäologie und Geschichte ohnehin ein Stiefkind der Wissenschaft. Wer Karriere machen wollte, suchte sich andere Gebiete, um sich gegenüber der Konkurrenz hervortun zu können. Wen interessierten schon diese alten Steinhaufen, von denen die Erde nur so übersäet war? Das Leben auf dem Festland war in den letzten dreihundert Jahren immer unmoderner geworden. Und gegen diesen Trend war wohl kein Kraut gewachsen.

In gewisser Weise sind sie zu beneiden, diese Leute aus dem OutlawSector, ging es mir durch den Kopf. Bei ihnen gab es jedenfalls all diese Identitätskontrollen nicht. Die wildesten Geschichten waren über die OS-Leute in Umlauf. Das meiste davon stimmte noch nicht einmal im Ansatz. Ich selbst war bereits in einer diese OutlawSectors gewesen. In Old L.A.. Ich hatte ein paar gute Bekannte dort, bei denen ich eine Weile verbracht hatte. Das war bereits ein paar Jahre her gewesen. Ich hatte von einem Augenblick zum anderen verschwinden müssen, weil ich dem Boss eines mächtigen Kartells bei meinen Ermittlungen zu sehr auf die Füße getreten war und zusätzlich noch dafür gesorgt hatte, dass ein milliardenschweres Patent an die Konkurrenz ging.

Zu meiner Wohnung gehörte neben einer eigenen Transmitter-Station auch ein separater Gleiter-Hangar mit mehreren Fahrzeugen für unterschiedliche Zwecke.

Ich durchschritt den Schott, der den Hangar vom Rest meiner Residenz trennte.

Die Schiebetür teilte sich, ich machte einen Schritt. Irgendetwas warnte mich. Eine Art unterbewusster Instinkt für Gefahr. Vielleicht war es auch die Bewegung, die ich aus den Augenwinkeln herum wahrnahm. Und das eigenartige Geräusch. Hier stimmte etwas nicht. Die beiden Hälften des Schiebeschotts rasten auf mich zu. Ich warf mich nach vorn, während die beiden Hälften mit einem krachenden Laut gegeneinander stießen. Dies geschah mit einer geradezu mörderischen Heftigkeit.

Ich hatte mich einigermaßen auf dem Boden abrollen können und rappelte mich wieder auf.

„Systemkontrolle“, forderte ich. Mein CyberSensor würde den Wohnungsrechner ansteuern und nach Fehlfunktionen im Programmbereich untersuchen.

Es hatte nicht viel gefehlt und die Tür wäre zu einer Todesfalle für mich geworden. Fehlfunktionen kamen vor - aber andererseits...

Sie waren extrem selten. Vor allem in einer ziemlich perfekt organisierten Stadt mit erhöhtem Komfortniveau wie Barcana.

Ich atmete tief durch, registrierte dabei die Anzeige, die mir in dieser Sekunde im linken Auge angezeigt wurde und mich über den Fortschritt der Überprüfung informierte.

>Es wurde eine Störung im Programmsektor WACMXXX festgestellt.>

„Bitte genauer identifizieren.“

>Genaure Identifizierung bislang nicht möglich>, erklärte mir die Pseudostimme in meinen Hörnerv hinein. >Fehler beheben und Untersuchung der Ursache fortsetzen?>

„Ja.“

>Sie befinden sich im Gleiter-Hangar. Von einer Benutzung der Gleiter wird abgeraten, so lange der aufgetretene Fehler nicht behoben ist.>

„In Ordnung. Aber vielleicht könntest du dafür sorgen, dass der Schott wieder passierbar ist. Ich bin hier ja gewissermaßen gefangen“, erwiderte ich.

Das SYSTEM meldete sich einige Augenblicke lang nicht.

Dann öffnete sich plötzlich der Schott.

Er ruckelte eigenartig dabei und blieb dann schließlich offen.

>Sie können passieren. Der Fehler ist behoben.>

„Und das Analyseergebnis?“

>Noch unklar. Wollen Sie die Protokolle angezeigt haben?>

„Später.“

Ich passierte den Schott mit einem schnellen Schritt. Die beiden Hälften bewegten sich nicht dabei, was ich für ein gutes Zeichen hielt.

Ich ging zurück ins Büro und aktivierte eine der alten 2-D-Fassungen von THE MALTESE FALCON, einem uralten Film aus dem zwanzigsten Jahrhundert, bei dem sich die Experten darüber stritten, ob er nun aus künstlerischen Gründen in Schwarzweiß gedreht worden war oder nur deswegen, weil der Aufwand an finanziellen Ressourcen für einen Farbfilm zu groß gewesen wäre. Denn, dass der Farbfilm um die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts bereits erfunden gewesen war, das galt als allgemeine Lehrmeinung der Historiker. Aber vielleicht hatten ja auch die Außenseiterpositionen recht, die behaupteten, dass man den Farbfilm erst im einundzwanzigsten Jahrhundert erfunden hatte und alles, was an archäologischen Gegenbeweisen die Jahrtausende in irgendwelchen Datenspeichern überdauert hatte, in Wahrheit nachträglich koloriert worden war.

Ich blickte auf die Leinwand und verfolgte die Geschichte um den zwielichtigen Detektiv Sam Spade, die noch zwielichtigere Bridgid O'Shaughnessy und einen komischen angemalten Vogel, der für alle Beteiligten von unschätzbarem Wert war. Angeblich war der Film gar nicht die erste Fassung dieses Stoffes. Es sollte ein Roman von einem gewissen Dashiell Hammett existiert haben, der der Verfilmung zu Grunde gelegen hatte. Aber das war kaum mehr als eine Legende, für die es bislang nicht den Hauch eines Beweises gab.

Das SYSTEM meldete sich über die Anzeige in meinem linken Auge.

So wie ich gerade saß und auf die Leinwand sah, überdeckte die Meldung des Systems den Hut von Sam Spade.

>Sämtliche Fehlfunktionen sind behoben. Ursache der Störung war ein eingeschleustes reproduktionsfähiges Fremdprogramm.>

„Ein Virus...“, murmelte ich.

>Die fremden Programmkomponenten konnten sämtlich entfernt werden. Mit weiteren Fehlfunktionen ist nicht zu rechnen. Alle Programme arbeiten wieder einwandfrei.>

„Gut“, nickte ich zufrieden.

Währenddessen sah ich auf dem gewohnt wackeligen Bild auf der Leinwand ein paar Schlieren. Aber die hatten nichts mit irgendwelchen Systemfehlern oder Viren zu tun. Diese Schlieren machten den Reiz des alten 2-D-Materials aus und zeigten an, dass es sich nicht um eine Fake-Datei handelte, wie man sie manchmal als preiswerte Sonderangebote in GalaxyNet-Flohmärkten angeboten bekam.

Irgendwann meldete mir meine Sichtanzeige im linken Auge Besuch. Die Buchstaben verdeckten Humphrey Bogarts alias Sam Spades V-förmiges Gesicht.

Ein gewisser Palmon Jarvus aus New Manhattan wollte mich sprechen.

Persönlich und...

...corporal!

Ich gab ihm die Erlaubnis, mein Transmitterportal anzusteuern und deaktivierte THE MALTESE FALCON.

Auf einer der Wände ließ ich mir das Transmitterportal meiner Wohnung anzeigen. Konturen bildeten sich. Ein hagerer Mann mit deutlich hervortretenden Wangenknochen materialisierte und trat aus dem Flimmerlicht des Transmitters heraus.

>Der Ankömmling ist unbewaffnet>, meldete mir das SYSTEM.

„Er soll hereinkommen.“

Augenblicke später trat Palmon Jarvus aus New Manhattan ein.

„Schön, dass Sie Zeit für mich haben, Miss Morley!“, erklärte er.

„Es muss einen wichtigen Grund dafür geben, dass es Ihnen nicht genügt, meinem Cyber-Ich zu begegnen“, stellte ich fest.

„Ja, das ist wahr“, sagte er. „Sie sind jemand, die auch heikle Aufträge zuverlässig ausführt...“

„Darf ich fragen, wer Ihnen meine Adresse gegeben hat?“

„Um ehrlich zu sein: Ich habe sie mir selbst beschafft.“

„Ach...“

„Ich bin Management-Mitarbeiter der Firma GADRAM. Sie erinnern sich vielleicht. Vor etwa einem Jahr haben Sie für GADRAM ein sehr schwerwiegendes Problem—wie soll ich mich da ausdrücken?—gelöst.“

„Ich erinnere mich. Aber eigentlich hatte ich mit GARDRAM abgemacht, dass außer meinem Kontaktmann niemand etwas von mir erfährt.“

„Das ist auch nicht geschehen.“

„Offenbar sind meine Daten aber immer noch in den GADRAM-Speichern abrufbar.“

„Nur in geheimen Speicherbereichen.“

„Auch das entsprach nicht den Abmachungen.“

„Ich bedaure, aber dafür bin ich nicht verantwortlich.“

„Mag sein. Aber es ist trotzdem ärgerlich. Und besonders geheim scheinen die erwähnten Speicherbereiche ja auch nicht zu sein—schließlich sind Sie an die entsprechenden Informationen ja problemlos herangekommen.“

Jarvus lächelte dünn. „Problemlos nicht, aber mit gewissen Tricks. Und mit gewissen Tricks könnte ich auch dafür sorgen, dass Ihr Datenmaterial völlig aus den GADRAM-Speichern verschwindet.“

„Ah, daher weht also der Wind!“

„Nein, Sie missverstehen mich. Ich will Sie nicht erpressen, Miss Morley! Ganz bestimmt nicht. Ich biete Ihnen lediglich meine Hilfe an. Das ist alles. Für die Erfüllung Ihres Auftrages werden Sie von mir gut bezahlt.“

„Was bedeutet 'gut'?“

„Sie bekommen 200 000 Galax.“

Ich hob die Augenbrauen.

Das war wirklich ein sehr beachtliches Honorar, mehr als ich damals bekommen hatte, als ich für GADRAM ein Verfahren des Konkurrenzunternehmens BARETTO zur Optimierung von CyberSensoren gestohlen hatte und dabei um ein Haar vom Security Service umgebracht worden war.

Ich konnte nur dafür beten, dass BARETTO niemals meine Identität herausbekam.

In dem Fall war ich so gut wie tot.

Leider hatten BARETTO und GADRAM ihre Zentralen gegenseitig mit Spionen durchsetzt, so dass ich befürchten musste, dass BARETTO doch irgendwann in den Besitz meiner Daten gelangte, mochten die Sektoren in den GADRAM-Rechnern, in denen sie gespeichert waren, auch noch so geheim sein. Es war nur eine Frage der Zeit.

Jarvus sprach es nicht aus, aber ich zweifelte keine Sekunde daran, dass ihm meine Zwangslage vollkommen bewusst war. Um ganz sicher zu gehen, dass sie MIR bewusst war, hatte er mich noch einmal sehr nachdrücklich darauf hingewiesen.

Vielleicht war er es sogar, der seinerzeit die endgültige Löschung ALLER Daten, die mit der Aktion in Zusammenhang standen, verhindert hat, überlegte ich. Die Möglichkeit dazu hätte er vermutlich gehabt.

„Worin besteht der Auftrag?“ fragte ich.

„Es geht um eine rein private Sache.“

„Es hat nichts mit GADRAM oder BARETTO zu tun?“

„Nein.“

Umso besser, dachte ich.

„Haben Sie schon mal etwas von der Kirche des reinen Lichts gehört?“, fragte er. „Es handelt sich um eine radikale Sekte, die gewisse astronomische Gegebenheiten so interpretiert, dass das Ende des Universums unmittelbar bevorstünde. Der Kosmos, so die Lehre dieser Leute, stehe kurz vor einer Art Transformation in einen anderen Daseinszustand, den aber natürlich nur die Jünger des reinen Lichts erreichen können. Alle anderen Menschen gehören zur so genannten satanischen Sphäre und werden als seelenlose Diener des Bösen angesehen, die man bedenkenlos töten darf...“

„Klingt nicht gerade besonders sympathisch.“

„Dieser Sekte gehört die Pazifikinsel Makatua. Dort befindet sich das so genannte Zentrum des reinen Lichtes. Die Insel ist von der Außenwelt abgetrennt. Es gibt keine Transmitterverbindungen und keinen Anschluss ans GalaxyNet. All das lehnen die Jünger des reinen Lichts als Teufelszeug ab.“

Ich hob die Augenbrauen.

„Worin besteht jetzt meine Aufgabe?“, hakte ich nach.

Jarvus presste die Lippen aufeinander. Sein Gesicht bekam einen starren Ausdruck. „Mein Sohn ist auf dieser Insel. Sie sollen ihn dort herausholen.“

„Ist Ihr Sohn Mitglied dieser Licht-Jünger?“

„Ja. Wissen Sie, diese Leute versprechen einem die Geborgenheit einer Gemeinschaft und die Gewissheit, zu den Auserwählten zu gehören, das wirkt auf labile Persönlichkeiten äußerst attraktiv.“

Ich hob die Schultern. „Wie stellen Sie sich das vor? Ich soll Ihren Sohn von Makatua entführen und dann zu Ihnen nach New Manhattan bringen?“

„Es ist ihm gelungen, eine Botschaft abzusenden.“

„Ich dachte, es gäbe dort keine Verbindung zum Netz.“

„Er verwendete das Navigationssystem eines Gleiters. Darauf können selbst diese Fanatiker nicht verzichten. Brondin, mein Sohn, unternahm offenbar einen Fluchtversuch und wurde dabei von Lichtjüngern gestellt. Miss Morley, er will die Insel verlassen und wird dort gefangen gehalten. Diese Sekte ist berüchtigt dafür, austrittswillige Mitglieder einzuschüchtern. Angeblich soll es sogar Fälle von Gehirnwäsche und Mord geben.“

„Sie verzeihen es einem einfach nicht, wenn man sich vom rechten Glauben abwendet“, stellte ich fest.

„Sie sagen es, Miss Morley. Glauben Sie mir, mein Sohn Brondin ist in akuter Gefahr!“

„Warum gehen Sie nicht zur Polizei?“

„Ich habe mich beraten lassen. Seit Einführung der so genannten Toleranzgesetze gibt es so gut wie überhaupt keine legale Zugriffsmöglichkeit auf Makatua.“

Hatte ich überhaupt eine andere Wahl, als den Auftrag anzunehmen? „Okay“, sagte ich also, „ich werde diesen Auftrag annehmen. Ich brauche sämtliche relevanten Daten über Ihren Sohn und diese Lichtjünger“, erklärte ich.

Jarvus nickte. Er griff in eine Tasche, die sich am Gürtel seiner Kombination befand, holte einen etwa daumengroßen Datenträger hervor, den er mir übergab.

„Ich dachte, diese Dinger werden schon gar nicht mehr hergestellt“, meinte ich.

„Ich wollte vermeiden, dass später irgendein Datenstrom zwischen unseren Systemen nachweisbar ist.“

Durch einen Gedankenbefehl über den CyberSensor aktivierte ich den Datenträger. Eine winzige 3-Projektion der Insel Makatua erschien.

„Das ist alles, was ich in Erfahrung bringen konnte. Die persönlichen Daten meines Sohnes sind natürlich enthalten.“

„Inklusive von Identifizierungsmustern für Bio-Scanner?“

„Ja.“

„Sorgen Sie dafür, dass die 200 000 Galax meinem Konto gutgeschrieben werden. Anschließend beginne ich mit der Vorbereitung der Aktion.“

„Ich kann die Summe sofort anweisen.“

„Gut.“

„Ich verlasse mich auf Sie, Miss Morley“, flüsterte er.

„Und ich hoffe, dass Sie Ihr Versprechen nicht vergessen, meine Daten diesmal wirklich aus den GADRAM-Rechnern zu löschen.“

Wir verabschiedeten uns. Er ging hinaus zum Transmitter. Ein paar Sekunden später war er entmaterialisiert. Ich rief unterdessen über meinen CyberSensor das SYSTEM der Wohnung auf. „Bitte den Inhalt des Datenträgers in meiner Hand überprüfen“, befahl ich.

*

Ich besorgte mir alles, was an Informationen über die so genannte Kirche des reinen Lichtes gab, dazu natürlich genaueste geographische Daten über die Insel Makatua, die einen kleinen Punkt im Pazifik darstellte. Einen unter Tausenden.

Es gab ein sensorisches Ortungsfeld, das die Insel wie eine Käseglocke umgab und es mehr oder weniger unmöglich machte, irgendwo unbemerkt mit einem Gleiter zu landen. Jedes sich bewegende Objekt wurde registriert. Die religiös motivierte Ablehnung der Technologie hatte bei der Kirche des reinen Lichtes offenbar ein paar signifikante Ausnahmen.

Da würde ich mir was überlegen müssen.

Ich überprüfte auch den Lebenslauf meines Klienten sowie seines Sohnes Brindon. Ich wollte einfach wissen, mit wem ich es zu tun hatte. Dabei verließ ich mich nicht nur auf das Datenmaterial, das sein Vater mir überlassen hatte, sondern hackte mich auch in diverse Datenbanken ein, bei denen ich vermuten konnte, etwas über Brindon Jarvus zu finden. Er war 19 Jahre alt, hatte die staatlichen Hypnoschulungen nicht bis zu Ende absolviert und war wegen Besitzes illegaler Drogen mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Dem Einfluss seines Vaters war es zu verdanken gewesen, dass er glimpflich davongekommen war.

Brindons Mutter war durch eine Transmitterfehlfunktion ums Leben gekommen. Seitdem war Brindon in psychologischer Behandlung gewesen.

Geborgenheit und die Wärme einer Gemeinschaft hatte er dann bei der Kirche des reinen Lichtes zu finden gehofft. Aber der verzweifelten Mail nach, die er von Makatua aus an seinen Vater geschickt hatte, war das ein Trugschluss gewesen.

*

Die Tür des Gleiter-Hangars funktionierte einwandfrei. Ich nahm mir den Langstreckengleiter vom Typ VXR, der neben der Fahrerkabine auch noch zwei Schlafkabinen aufwies. Außerdem hatte ich ein Lasergeschütz einbauen lassen, das verdeckt angebracht war, so dass es optisch nicht auffiel. Elektromagnetische Störsignale verhinderten auch weitgehend, dass jeder x-beliebige Ortungsscanner auf das Ding aufmerksam wurde.

Ich wechselte meinen CyberSensor aus, zog halborganische, eng anliegende so gut wie unsichtbare Handschuhe an, die meine Handlinien und Fingerabdrücke veränderten und legte außerdem Kontaktlinsen mit veränderten Iris-Mustern an. Ich hatte jetzt die Identität einer anderen angenommen. Tina Forano, wohnhaft in Mars Port, Mars, 77 Jahre alt, wie mir die Anzeige verriet, als ich den anderen CyberSensor in die kleine, steckerartige Öffnung an meinem Nacken eingeführt hatte. Wenn es jemandem gelang, die Datenströme an Bord des Gleiters abzuhören, sollte die Spur nicht gleich zu einer gewissen Eva Morley aus Barcana, Erde führen. Selbst an die identifizierbaren Stimmmuster hatte ich gedacht. Der Rechner des Gleiters war so programmiert, dass er mein Stimmmuster in die von Tina Forano umwandelte, bevor er mit einer internen Abfrage meine Autorisierung zur Lenkung dieses Gleiters feststellte. Wenn also irgendetwas schief ging und man die Überreste des VXR aus dem Pazifik fischte, so würde die Polizei dann feststellen, dass der Gleiter nur von einer Frau gelenkt worden sein konnte, deren Stimme nicht die leiseste Ähnlichkeit mit dem Organ einer gewissen Eva Morley besaß.

Und dasselbe würde für Handlinienmuster, Fingerprints und Iriserkennung gelten.

*

Die Pazifikinsel Makatua tauchte aus dem Licht der Morgendämmerung auf. Ein kleines Paradies, das sich die Kirche des reinen Lichts als ihren Hauptsitz ausgewählt hatte. Wie ein blaues Auge leuchtete eine große Lagune. An dieser Lagune befand sich eine Siedlung aus kuppelförmigen Gebäuden. Eckige Formen wurden von der Kirche des reinen Lichtes als satanisch abgelehnt. Nur das Runde sei in Harmonie mit dem Kosmos.

Ich hielt den Gleiter außerhalb des Ortungsfeldes, das Makatua umgab und schaltete ihn auf Autopilot. Das Rechnersystem übernahm die Steuerung und ließ das Gefährt ein wenig herumkreisen.

Jetzt musste ich nur einen Weg finden, das Ortungssystem von Makatua auszutricksen.

Aber da hatte ich mir schon etwas überlegt.

Ich rief das SYSTEM des Gleiters auf.

„Bitte Makatua nach den Biomustern von Brindon Jarvus abscannen“, forderte ich in die Stille hinein, die um mich herum herrschte.

Ich aktivierte ein Holodisplay, das ein exaktes 3-D-Abbild der Insel zeigte. Eine Anzeige informierte mich über den Fortschritt bei der Suche nach Brindon Jarvus's Biomustern.

Die Suchgeschwindigkeit war auf dem niedrigsten möglichen Level eingestellt. Ansonsten bestand nämlich die Gefahr, dass der Scanvorgang unten auf Makatua bemerkt wurde.

Ich wartete, ging ungeduldig auf und ab. Dann kam endlich das erlösende Signal. Brindon war gefunden. Auf der Darstellung des Holodisplays wurde seine Position genau markiert. Er befand sich im größten der insgesamt etwa ein dutzend Kuppelbauten.

Ich vergrößerte die Darstellung.

Selbst die Einteilung der Räume war jetzt erkennbar. Brindon wurde in einer Art Arrestzelle gefangen gehalten. Ein winziger Raum. Brindon bewegte sich nicht. Vielleicht war er gefesselt oder schlief.

„Scan-Daten in den internen Speicher des CyberSensor von...“, ich musste mich einen Moment konzentrieren, damit mir der Name wieder einfiel, den ich zurzeit trug, „...von Tina Forano laden.“

„Wird ausgeführt“, sagte die Stimme des SYSTEMs. Diesmal nicht als Pseudo-Voice, die nur eine Kitzelei meiner Hörnerven mit entsprechenden Impulsen war, sondern als Kunststimme aus einem Lautsprecher.

Wenn die Scan-Daten über die Anlagen auf Makatua im internen Speicher meines CyberSensors waren, konnte ich sie jederzeit in meinem Auge anzeigen lassen, ohne dafür ein Signal zum Gleiter senden zu müssen. Letzteres konnte mich ja eventuell verraten.

„Frage: Gibt es auf Makatua einen Transmitter?“ wandte ich mich an das SYSTEM.

„Positiv“, sagte die Kunststimme. Sogleich wurde die Transmitterstation auf der Holo-Darstellung markiert.

„Gibt sonst irgendwelche Verbindungen zur Außenwelt?“

„Negativ. Keine Datenverbindungen, kein Zugang zum GalaxyNet, keine Hyperfunkverbindungen.“

Die Transmitterstation war also so etwas wie das Tor zur Welt, dass die Angehörigen der Kirche des reinen Lichtes unterhielten. Eine Art Hintertür, mehr nicht. Vielleicht kamen über diese Station die Neuankömmlinge hier her.

„Programm CXA aktivieren“, befahl ich. Das war ein illegales Hackerprogramm. Ein guter Bekannter hatte es für mich entwickelt. Ich wollte damit in den Rechner der Transmitterstation hineinkommen und es gab eigentlich kein Argument, das dagegen sprach.

Es musste möglich sein.

Das CXA-Programm arbeitete nach einem uralten, sehr einfachen und nach wie vor äußerst wirksamen Prinzip. Es mied die gut gesicherten 'Haupteingänge' eines Systems und konzentrierte sich darauf, Sicherheitslücken auf Nebenrechnern zu finden. Dort wurde auf Sicherheit nicht so geachtet und es war eigentlich nur eine Frage der Statistik, wann man auf einen Rechner stieß, dessen Codes noch Werkseinstellung aufwiesen, weil sich niemand die Mühe gemacht hatte, sie bis in die letzte Kleinigkeit hinein zu konfigurieren. In diesem Fall war diese 'Hintertür' in New L.A., wo die Kirche des reinen Lichtes eine Dependance besaß, mit der sie über Transmitter verbunden war.

„Kontrolle der Transmitterstation auf Makatua herstellen?“, fragte das SYSTEM.

„Noch nicht“, erwiderte ich.

Ich legte einen Deflektor-Gürtel an. Man konnte damit einen Deflektor-Schirm aktivieren, der den Träger unsichtbar machte. Der Schirm projizierte für einen Betrachter die perfekte Holographie des Hintergrundes, so dass der Träger des Schirms nicht zu sehen war. Allenfalls bei ruckartigen Bewegungen (und bei mangelhafter Rechnerleistung des Deflektors) konnte der Betrachter eventuell eine Art Zittern oder den Eindruck einer Kontur erkennen.

An den dafür vorgesehenen Magnethalterungen an meiner Kombination befestigte ich einen Nadler und einen Strahler.

Der Strahler war auf Betäubung eingestellt.

Ich hoffte, dass ich niemanden töten musste.

Zu meiner Ausrüstung gehörten außerdem noch ein Magnet-Schocker und ein Decoder für elektronische Schlösser.

Darüber hinaus schnallte ich mir noch einen zweiten Deflektor-Gürtel um, den ich vorerst nicht zu aktivieren gedachte. Er war für Brindon Jarvus bestimmt. Schließlich musste ich ihn ja irgendwie aus seinem Gefängnis herausholen können, ohne dass er dabei zur Zielscheibe wurde.

Ich wies das SYSTEM an, die Kontrolle über die Transmitterstation auf Makatua in einem Augenblick herzustellen, da sich in den entsprechenden Räumen niemand aufhielt. Danach sollte der VXR-Gleiter sich so weit wie möglich vom Ort des Geschehens entfernen. So weit, dass ich ihn im Notfall noch schnell genug zur Insel beordern konnte.

„Anweisungen bestätigt“, sagte die Stimme des SYSTEMs.

Ich aktivierte den Deflektor-Gürtel.

Für einen hypothetischen Beobachter wäre ich in dieser Sekunde verschwunden. Der Schirm umgab mich wie eine Glocke. Das einzige Problem war, dass der Energieverbrauch zwar verschwindend gering war, aber nicht gering genug dafür, um von entsprechenden Sensoren nicht aufgezeichnet werden zu können.

Aber das Risiko musste ich eingehen.

Ich begab mich zur Transmitterstation des VXR-Gleiters. Sie befand sich gleich neben der Toilette und war von der Quadratmeterzahl etwa gleich groß. Ich stellte mich unter den Strahler, der mich hinüberbeamen würde und wartete ab.

Dann sorgte das SYSTEM dafür, dass mein Körper sich in seine Moleküle auflöste, die dann einzeln zum Bestimmungsort transmittiert wurden, um sich dort wieder zusammenzusetzen.

Angewandte Quantenphysik, sonst nichts.

*

Ein leichtes Prickeln durchlief meinen Körper, als ich in der Transmitterstation auf Makatua rematerialisierte. Das lag an dem Deflektor-Schirm, den ich während des Beamvorgangs eingeschaltet gelassen hatte.

Ich blickte mich um, nahm den Strahler in die Rechte. Ich durfte ihn nur nicht so weit vom Körper wegstecken, dass er außerhalb des Deflektorfeldes geriet, wenn jemand dabei war.

In der Transmitterstation war ich allein.

Genau wie geplant.

Unten links in meinem Gesichtsfeld ließ ich mir den 3-D-Plan des Kuppelgebäudes anzeigen, in dem ich mich befand. Es würde kein Problem sein, mich hier zurecht zu finden.

Ich wandte mich der Schiebetür zu, die die Transmitterstation mit dem Rest des Gebäudes verband.

Die Tür reagierte nicht - obwohl die dazugehörigen Sensoren ganz sicher nicht durch einen Deflektorschirm getäuscht werden konnten.

Abgeschlossen, dachte ich.

Das war bei einer Organisation, die offenbar peinlich darauf bedacht war, dass abtrünnig gewordene Mitglieder nicht einfach in alle Winde verschwanden, auch nahe liegend. Vermutlich hatten nur besonders autorisierte Personen unter den Jüngern des reinen Lichtes Zugang zur Transmitterstation.

Ich holte einen Türschlossdecoder aus der Brusttasche meiner Kombination. Innerhalb weniger Sekunden sorgte das etwa daumennagelgroße Gerät dafür, dass sich die Tür öffnete.

Ich trat in den breiten Korridor, der sich daran anschloss.

Helles Kunstlicht mit einem ungewöhnlich hohen Weiß-Anteil herrschte hier. Irgendwie passte das zu diesen Lichtjüngern, fand ich. An den ansonsten völlig weißen Wänden waren mit schwarzer Farbe große, augenartige Gebilde aufgemalt, die mich entfernt an die Graffiti-Kunst des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts erinnerten, wie sie an einem Ort namens Bronx angeblich existiert hatte. (Andere waren der Auffassung, dass die Bronx nur ein Mythos war.)

In weiße Gewänder gehüllte Männer und Frauen kamen mir entgegen. Sie waren völlig haarlos. Das grelle Licht spiegelte sich auf ihren kahl rasierten Köpfen.

Die Lichtjünger starrten durch mich hindurch.

Die schlichte Ausgestaltung des Korridors stellte an den Rechner des Deflektors keine größeren Anforderungen, wie es etwa komplizierte Intarsien oder Ornamente getan hätten. Ich brauchte mir also kaum Sorgen zu machen. Diese Leute konnten mich definitiv nicht sehen.

Ich ging an den Lichtjüngern mit ihren eigenartig verklärten Gesichtern vorbei. Mir fiel auf, dass ihre weißen Gewänder raschelten.

Ich setzte meinen Weg fort, die langen Korridore entlang. Antigravschächte gab es auf Makatua nicht, nur altmodische Aufzüge. Ich gelangte eine Etage tiefer. In meiner Augenanzeige wurde mir der Gang angegeben, den ich zu nehmen hatte, um Brindon Jarvus' Zelle zu erreichen.

Ich erreichte schließlich mein Ziel.

Zwei Wächter standen vor der Zellentür.