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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

eISBN: 978-3-7822-1409-9

Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg

© 2016 by Koehler

im Maximilian Verlag GmbH & Co. KG

Alle Rechte vorbehalten.

Nicht bei allen Fotos konnten die Inhaber der Bildrechte ermittelt werden. Der Verlag bittet freundlich um Kontaktaufnahme.

Coverfoto: Martin Elsen – luftbild.fotograf.de

Produktion: Nicole Laka

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INHALT

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Vorwort

SCHICKSALSSTROM
Die Hamburger und ihre Elbe

ELBBRÜCKEN
Der Brückenschlag über die Elbe ließ lange auf sich warten

ELBTUNNEL
Tunnel zu bauen, war billiger

ALTONA
Eine Stadt wuchs mit gewährten Freiheiten

OEVELGÖNNE
Alte Schiffe und ein alter Schwede

BLANKENESE
Ein Ort der Seefahrer

FINKENWERDER
Fischer und Schiffbauer

WEDEL
Das Geschäft mit den Ochsenherden

FISCHEREI
Die Elbe galt als fischreichster Strom Europas

WERFTEN
Auf und ab mit dem Schiffbau an der Unterelbe

FLIEGEN
Die Elbe und die Flugzeuge

STURMFLUTEN
Die ständige Bedrohung

MARSCHEN
Marschbauern versorgten die Region

DAS ALTE LAND
und seine Obstgärten

BUXTEHUDE
Die Märchenstadt

STADE
Von Wikingern und Schweden bis zur Hanse

GLÜCKSTADT
Glückstadt wurde nie wirklich Hamburgs Konkurrenz

LEUCHTTÜRME
Die romantischen Verkehrszeichen

PIRATERIE
Der ständige Kampf gegen Seeräuber

UNGLÜCKE
Havarien auf der Unterelbe

NATURSCHUTZ
entlang der Elbe

REGATTEN
Segeln zum Vergnügen, die Elbe als Regattarevier

ELBVERTIEFUNG
Die umstrittene Elbvertiefung

DIE STÖR
Schiffbau und Bausteine von der Stör

LOTSEN
Konkurrenzkämpfe zwischen den Beratern von Kapitänen

WALFANG
Die Walfänger von der Elbe

LAND HADELN
Langes Ringen um die Vorherrschaft

ENERGIEGEWINNUNG
Von der Atom- zur Windkraft

BRUNSBÜTTEL
Eine immer wieder zerstörte Stadt

CUXHAVEN
Ein wichtiger Stützpunkt Hamburgs an der Elbmündung

Danksagung

Quellen

Anmerkungen

Bildnachweis

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Lorichsche Elbkarte (Ausschnitt)

VORWORT

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Die Elbe ist ein Fluss voller Widersprüche. Naturschutzgebiete am Ufer und auf Elbinseln gehören ebenso dazu wie Hafenanlagen und Industriegebiete. Nicht immer sind wirtschaftliche Interessen und biologischer Schutzbedarf leicht auf einen Nenner zu bringen. Das zeigen das Ringen um die Elbvertiefung und die Ausweitung des Airbus-Geländes in das Naturschutzgebiet Mühlenberger Loch hinein. Gegensätzliche Interessen haben rund um den Fluss immer eine Rolle gespielt, und immer hat Hamburg dabei seine eigenen energisch vertreten. Die Kaufleute und Reeder der Stadt mussten sich gegen Piraten und Adlige wehren, sie haben den Lauf der Elbe in ihrem Sinne verändert und um die Freiheit der Schifffahrt gekämpft und sie waren es, die Reichtum in die Stadt brachten.

Faszinierend ist aber auch, wie Menschen im Einzugsgebiet des Stromes ihn zu nutzen verstanden. Sie passten sich an ihn an, sie wehrten sich gegen seine Überflutungen, und sie nutzten die Möglichkeiten, die er ihnen bot. Die Nebenflüsse der Elbe schlossen manchen weit abgelegenen Ort über den Strom an die große Stadt Hamburg und damit auch an den Welthandel an. So wurde die Elberegion zu einem geradezu lebenden Organismus, der Fischer, Seefahrer und sogar Landwirte geprägt hat. Diese Faszination empfand ich bei unzähligen Fahrten auf der Elbe immer wieder, ganz gleich, ob ich mit kleinen Segeljollen oder auf großen Seeschiffen unterwegs war.

Da ich immer die Kamera dabei habe, entstand im Laufe von Jahrzehnten ein Bildarchiv, das den Fluss aus unterschiedlichen Perspektiven zeigt und schließlich den Grundstock für dieses Buch bildete. Viele Menschen, die meine Eindrücke teilen, haben alte Fotos und Postkarten von der Elbe gesammelt und mir diese Motive großzügig zur Verfügung gestellt.

Wichtig bei den historischen Abbildungen der Elbe waren die Gastwirte. Sie waren sich der schönen Lage ihrer Lokale bewusst und haben Postkarten drucken lassen, mit so schönen Motiven, dass die Empfänger es zu schade fanden, sie wegzuwerfen. So wurden sie Zeitdokumente und erinnern an Lokale, die es längst nicht mehr gibt, und an Orte, die sich manchmal sehr und manchmal kaum verändert haben.

Eigel Wiese, Blankenese im Sommer 2016

SCHICKSALSSTROM

DIE HAMBURGER UND IHRE ELBE

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Ihr Vorrecht führen die Hamburger auf ein Privileg zurück, das Kaiser Friedrich Barbarossa ihnen am 7. Mai 1189 erteilt haben soll.

Wenn Hamburger von der Elbe reden, dann meinen sie durchweg diejenigen 100 Kilometer, die sie mit der Nordsee und damit der weiten Welt verbinden. Diesen Teil Hamburgs haben sie sich zu eigen gemacht. Mit Tricks, mit Geld, mit Energie und diese Nutzung dann verteidigt, wenn ihnen andere in die Quere kamen. Zu diesen anderen gehörten Piraten, Konkurrenten, Neider, kurz gesagt, alle, die Hamburg die Nutzung der Elbe streitig machen wollten.

Ihr Vorrecht führen die Hamburger auf ein Privileg zurück, das Kaiser Friedrich Barbarossa ihnen am 7. Mai 1189 erteilt haben soll. Stolz hatte Graf Adolf III. aus dem Hause der Grafen von Holstein und Stormarn davon berichtet, nachdem er vom Dritten Kreuzzug zurückgekehrt war. Vom Kaiser selbst hätte er am 7. Mai 1189 einen Freibrief erhalten, so berichtete er den Hamburger Senatoren, in dem sei ihnen das Recht verbrieft worden, Menschen und Waren in ihre Stadt zu bringen, ohne Zoll und Abgaben bezahlen zu müssen.

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Die 1675 gedruckten Stiche von Hans Martin Winterstein zeigen zwei für Hamburg wesentliche Aspekte der Elbe. Sie bringt eine Fülle von Reichtümern in die Stadt. Aber sie kann auch Schiffe vernichten und das Leben der Menschen an ihren Ufern mit Sturmfluten und Deichbrüchen gefährden.

Im Umkreis von zwei sächsischen Meilen (15 Kilometer) vom Stadtkern entfernt dürfte ferner diesem Privileg zufolge keine fremde Burg gebaut werden. Die Hamburger Bürger sollten frei vom Heerbann bleiben und dürften nur zur Verteidigung ihrer eigenen Stadt herangezogen werden. Als Gegenleistung sollten sie die Elbe von Piraten und anderen Reichsfeinden freihalten. Was ohnehin ihren Interessen entsprach.

Vorzeigen konnte Graf Adolf III. den Freibrief jedoch nicht. Der sei ihm leider bei den turbulenten Ereignissen des Kriegszuges abhandengekommen. Und eine Zweitschrift oder Beglaubigung könnte der Herrscher den Hamburgern nun nicht mehr ausstellen, denn der war am 10. Juni 1190 im Fluss Saleph nahe Seleucia, in Kleinarmenien ertrunken.

Die Hamburger Ratsmitglieder waren nur zu gern bereit, dem Grafen zu glauben. Sie spürten aber, dass sie gut beraten waren, mit den Privilegien nicht zu sehr aufzutrumpfen. Denn dies würde unweigerlich den dänischen König provozieren. Und ob Barbarossas Nachfolger, Kaiser Heinrich VI., Truppen zum Beistand Hamburgs schicken würde, war mehr als fraglich. So verwahrten sie die Urkunde in der Schublade.1 Denn es war zu erwarten, dass sonderlich die Dänen von dem Hamburger Privileg nicht begeistert sein würden. Sie hatten sich in dem Gebiet nördlich der Elbe immer schon Kämpfe mit den Schauenburger Grafen geliefert. So wie im Jahr 1201, als der dänische König Waldemar an der Spitze eines Heerhaufens in Stormarn einfiel, sich ein Gefecht mit den Kämpfern des Grafen Adolf III. lieferte und diesen in die Flucht schlug. Im Oktober zogen die Dänen in Hamburg ein.

Erst am 22. Juli gelang es einem Heer norddeutscher Fürsten und der Städte Hamburg und Lübeck, in der Schlacht bei Bornhöved Dänemark zu schlagen. Neuer Stadtherr wurde nun Graf Adolf IV., der umgehend das von Kaiser Barbarossa gewährte Privileg der Hamburger bestätigte. Die Dänen haben sich mit diesem Verlust nie wirklich abgefunden, sondern immer wieder versucht, der Stadt wirtschaftlich zu schaden.

Deshalb gründeten sie Glückstadt als Konkurrenzhafen. Als dies nicht glückte, erhoben sie im Jahr 1664 den unbedeutenden Flecken Altona zur Stadt. Diese Nachbarstadt erhielt besondere Stapelrechte, Zollprivilegien und Gewerbevorrechte. Als Folge florierte Altona zwar, konnte aber Hamburg nie wirklich gefährlich werden.

Im 12. Jahrhundert gewann Hamburg mehr und mehr an Bedeutung, indem die Stadt sich von der Alster der Elbe zuwandte. Dort entstand ein neuer Hafen. Zwar hatte sich der Städtebund der Hanse zunächst auf den Ostseeraum konzentriert, wo auch die meisten und wichtigsten Hansestädte lagen und vorerst die Nachbarstadt Lübeck eine größere Rolle als Hamburg spielte. Erst als die Nordsee als Handelsraum entdeckt wurde, spielte auch die Stadt an der Elbe als damals größter und wichtigster Nordseehafen eine wachsende Rolle und diente als Umschlagplatz für Getreide, Tuche, Pelze, Heringe, Gewürze, Holz sowie Metalle. Nicht zuletzt wurde die Stadt wegen ihres wichtigsten Exportartikels Bier geradezu berühmt.

Um die Freiheit der Schifffahrt auf der Elbe im Hamburger Sinne musste die Stadt aber weiterhin kämpfen. So war es auch im Dezember 1567, als Kommissare des Reichskammergerichtes, das eigentlich seinen Sitz in Speyer hatte, nach Lübeck gereist waren, um ein Urteil in einem Prozess zwischen Hamburg und dem Herzog von Braunschweig-Lüneburg und dem Herzog Otto II. zu fällen. Die Adligen behaupteten, die Elbe spalte sich in zwei unterschiedliche Flüsse, nämlich die Norderelbe, die eigentlich ein unbedeutendes Rinnsal sei, und die wichtigere Süderelbe. Hamburg wollte in dem Rechtsstreit Stapelrechte erkämpfen, also die Verpflichtung aller vorüberfahrenden Schiffe, in ihrer Stadt an der Norderelbe anzulegen und ihre Waren dort anzubieten. In erster Linie handelte es sich um Getreide. Erst wenn die Ware keine Käufer fand, sollte es dem Schiffseigner freistehen, sie in Hamburg zu lagern oder Zoll zu bezahlen. Damit aber fühlten sich Lüneburg und Harburg in ihrem eigenen Handel benachteiligt.

Der Streit war nicht neu. Schon in einem 15 Jahre zurückliegenden Verfahren hatten die Adligen eine Elbkarte präsentiert, die ihre Behauptungen untermauerte, aber sie war damals nicht als Beweismittel zugelassen worden. Nun wollte Hamburg auftrumpfen. Dafür hatten die Senatoren dem dänischen Staatsbürger Melchior Lorichs den Auftrag gegeben, den Verlauf der Elbe zwischen Geesthacht und der Nordsee genau zu dokumentieren.

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Bevor Container den Hafen veränderten, mussten viele starke Männer beim Umschlag der Güter anpacken.

Er war ein weit gereister Mann, der sich mit einem Stipendium des dänischen Königs vier Jahre in Süddeutschland aufgehalten und ebenso lange in Konstantinopel gelebt hatte. Er hatte die Bekanntschaft bedeutender Maler gesucht und die wiederentdeckte antike Kunst der Kartografie studiert. Nach Hamburg kam er auf Empfehlung des kaiserlichen Hofes in Wien.

Er bereiste den Fluss und verzeichnete genau, was er sah. Beispielsweise, wo Hamburg für die Schifffahrt wichtige Tonnen ausgelegt und Baken als Peilmarken aufgestellt hatte, wo mit Eindeichungen und Durchstichen Veränderungen im Interesse der Schifffahrt vorgenommen worden waren und welchen Weg die Schiffe nahmen. Eigentlich hatten die Gerichtsherren den Kartografen nur als Zeugen geladen, damit er berichten solle, was er beobachtet hatte. Aber es blieb nicht bei mündlichen Aussagen. Lorichs entrollte eine zwölf Meter lange und einen Meter hohe Karte, die er zu Füßen der überraschten Gerichtsherren ausbreitete.

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Die Waren stapelten Kaufleute in Speichern am Wasser, in denen zugleich ihre Familien und Angestellten wohnten.

Von diesem Beweismittel, gefertigt von einem anerkannten Kartografen, ließ das Gericht sich überzeugen und bestätigte Hamburgs Ansprüche. Melchior Lorichs konnte zufrieden sein, zumal er als Honorar 580 Mark erhielt, zu einer Zeit, als ein Handwerker ein Jahr lang arbeiten musste, um 80 Mark einzunehmen.

Die Hamburger zögerten nicht lange, ihr Recht in Anspruch zu nehmen. Dort, wo sich die Elbe bei Moorwerder teilt, und am Westausgang der Süderelbe bei Moorburg, legte die Stadt umgehend Wachschiffe aus, die Schiffer zwangen, den Weg durch die Norderelbe zu nehmen

Die Dänen gründeten Glückstadt als Konkurrenzhafen. Als dies nicht glückte, erhoben sie im Jahr 1664 den unbedeutenden Flecken Altona zur Stadt.

Ob es tragischer Weitblick oder ein günstiger Zufall war. Die Behauptung Hamburgs gegenüber seinen Nachbarn kam zu rechten Zeit: Columbus hatte Amerika entdeckt und Magellan das erste Mal die Welt umsegelt. Der Handel orientierte sich von da an nach Westen; die Ostsee, die eine so bedeutende Rolle in der hamburgischen Schifffahrt gespielt hatte, wurde zum Binnenmeer. Die Hanse verlor ihre Bedeutung. Es reichte für Hamburg nicht mehr aus, eine Alsterstadt mit einem Alsterhafen zu sein, es musste zur Elbestadt mit einem Elbehafen werden.

Welch eine Bedeutung die Elbe mittlerweile in den Emotionen der Hamburger gewonnen hatte, schrieb der gebürtige Hamburger Peter Hessel auf, der seinen Namen im Stil der Zeit in Hesselius latinisiert hatte und seine Gedanken 1675 als Buch herausbrachte. Es trug den Titel „Hertzfließende Betrachtungen von dem Elbe-Strom. Zur Danckbarkeit gegen Gott geschöpffet, darneben allen Schiff-Leuten zu einer geistlichen Zeit-Vertreibung vermacht”.

Hessel schrieb in einer barocken Sprache und hielt sich in der Form an damals bekannte Beschreibungen der Erde. Sein Buch wird heute als frühe Form der später etablierten sogenannten Topografien angesehen. In der Sprachgeschichte gehört es zu den ersten Werken, die als eigenständige deutsche Literatur bezeichnet werden können.

Hesselius beschreibt den Fischreichtum der Elbe sowie die Vielfalt von Handel und Gewerbe, die Wohlstand in die Stadt bringen. Er preist mit barocker Weitschweifigkeit Gottes Wirken, das im Elbstrom spürbar wird. Kupferstiche von Hans Martin Winterstein illustrieren dazu passend die Texte in allegorischen Darstellungen, beispielsweise mit einem Füllhorn, aus dem sich Waren aller Art ergießen, sie zeigen aber auch die Risiken, dies alles über Naturkatastrophen und Schiffsunglücke wieder zu verlieren. Wie sauber die Zeiten damals waren, zeigt sein großes Lob des Elbwassers, das heilende Kraft besitze und gut sei für die Gesundheit. Der Hamburger Hafen folgte in seiner Form generationenlang den Ansprüchen von Schifffahrt und Handel. Es lohnte sich, Waren zwischen Osteuropa und der Nordsee umzuschlagen. Dabei arbeiteten die beiden Hafenstädte Lübeck und Hamburg eng zusammen und wurden gemeinsam reich. Die Verbindung zwischen beiden Städten ist im 14. und 15. Jahrhundert das Herzstück der Hanse. Dieser Reichtum und die für weiteren Handel wichtige Macht wurden aber immer wieder infrage gestellt. Um seinen Einfluss zu erhalten, griff Hamburg im Laufe der Jahrhunderte meist lieber in die Geldbörse als zu den Waffen und bezahlte, um seinen Frieden zu haben.

Das ist sicherlich nicht zuletzt der Schicht reicher Großkaufleute zu verdanken, die den Ton angaben. Aus ihren Reihen stammten die 20 bis 30 Mitglieder des Ehrbaren Rates, der die Geschicke der Stadt lenkte. Mitspracherecht hatten die weniger vermögenden Händler, Handwerker und Krämer nur, wenn sie Grund und Boden in der Stadt besaßen und den Bürgereid geschworen hatten. Wer in Hamburg mitreden wollte, musste also Steuern zahlen und Wehrdienst leisten.

Mit Sonderabgaben seiner Bürger ließ Hamburg einen Gürtel aus gewaltigen Wällen, Wassergräben und Bastionen zwischen Elbe und Außenalster bauen. Es war teuer, aber gut angelegtes Geld. Während zwischen den Jahren 1618 und 1648 der Dreißigjährige Krieg das übrige Land verheerte, genossen die Hamburger hinter ihren Schanzen die erkaufte Sicherheit. Die Stadt blieb neutral und profitierte davon. Der Bedarf der kriegführenden Parteien an Material war groß, und neutrale Kaufleute lieferten zuverlässig. So ging die Stadt nicht nur fast unbeschädigt aus dem Krieg hervor, der das übrige Land verheerte. Im Gegenteil, sie war gestärkt.

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Am Terminal Burchardkai werden Containerschiffe entladen, während das gegenüberliegende Elbufer eine beliebte Wohngegend ist. Dort verbringen auch viele Hamburger ihre Freizeit.

Das 16. Jahrhundert erforderte ein Umdenken. Nachdem Kolumbus den Europäern Amerika zugänglich gemacht und Vasco da Gama den Seeweg nach Indien entdeckt hatte, veränderte sich der Welthandel. Zu neuen Seemächten wurden England und die Niederlande. Etliche andere Hansestädte verloren in dieser Zeit den Anschluss. Nicht so Hamburg, das über die Elbe weiterhin Zugang behielt.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein hatten Kaufmannshäuser an den Fleeten eine Land- und eine Wasserseite, an der Schiffe und Schuten anlegen und ihre Waren über Kranbalken direkt verladen konnten. Nach ähnlichen Konzepten waren auch noch die Häuser der Speicherstadt gebaut, die von 1883 an als Teilstück des Hamburger Freihafens errichtet wurden. Eine Land- und Wasserseite hatten auch noch die Lagerhäuser an den Kaikanten der Hafenbecken, die in die Elbinseln Waltershof, Steinwerder und Wilhelmsburg geschnitten wurden und großen Seeschiffen Liegeplätze boten. Damals wurden Lagerschuppen benötigt, deren Kräne Güter direkt aus Laderäumen hievten, während Eisenbahnen und Fuhrwerke sie über Land abtransportierten.

Dann kam in den 1960er-Jahren mit den Containern die Revolution des Weltverkehrs. Nun wurden lange Kaikanten benötigt, für die immer länger werdenden Containerschiffe, für weit ausladende Containerbrücken und Abstellplätze an Land für eine zunehmende Zahl der Blechkisten. Manches Hafenbecken wurde deshalb zugeschüttet. Aus Platzmangel im bisherigen Hafenzentrum verlagerte sich der Umschlag elbabwärts nach Westen, wo große Flächen nun Hafengebiet wurden.

So ganz glatt aber verlief das Gedeihen der Stadt keineswegs. Sie erlitt mehrfach schwere Zerstörungen. So beim Hamburger Brand von 1842, als an der Deichstraße ein Feuer ausbrach, sich rasch ausbreitete und während der nächsten Tage ein Viertel der Altstadt in Schutt und Asche legte. Die Menschen in der Stadt ließen sich nicht ermutigen und bauten sie wieder auf.

Selbst nach dem Zweiten Weltkrieg, als Bomben die einst stolze Stadt in Trümmer gelegt, mehr als eine Viertelmillion Wohnungen sowie 3.500 Industrieunternehmen zerstört und 540 Schiffe auf den Grund des Hafens gesenkt hatten, fanden die Hamburger Kraft für den Wiederaufbau. Prognosen von 1945 hatten angekündigt, es werde 20 Jahre dauern, alle Trümmer zu beseitigen. Sie benötigten nur die Hälfte der Zeit.

ELBBRÜCKEN

DER BRÜCKENSCHLAG ÜBER DIE ELBE LIESS LANGE AUF SICH WARTEN

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Wer im 19. Jahrhundert von Hamburg nach Harburg wollte, musste eine Fähre benutzen. Und selbst dann war noch das unwirtliche Sumpfland der Elbinsel zwischen Norder- und Süderelbe zu durchqueren.

Wer in Oevelgönne am Elbufer steht und nach Finkenwerder herüberschaut, kann sich kaum vorstellen, dass dort, wo heute der neue Elbtunnel und einige Fähren die Verbindung zwischen beiden Ufern herstellen, einmal ein schmaler Steg ausreichte, um von Altona auf die Insel zwischen Norder- und Süderelbe zu kommen.

FRANENITH

Andererseits warfen Skeptiker ein, dass im Jahre 1879 die gigantische Tay-Brücke in Schottland eingestürzt war und 75 Menschen mit in die Tiefe gerissen hatte.

Den Ausschlag gab aber doch ein anderer Punkt. Das Umschlaggewerbe lag am Hafen, hätte es aber eine Brücke nutzen müssen, um auf das südliche Ufer zu kommen, so wären weite Umwege durch die Innenstadt zu den Auffahrtsrampen der Brücke notwendig gewesen. Das hätte den Verkehr in der Stadt unnötig belastet und wäre zeitraubend gewesen. Außerdem, so merkte ein zeitgenössischer Kritiker an, würden die Auffahrtsrampen „durch einige der besten Wohngebiete Hamburgs führen”. So entschied man sich gegen die Brücke und für die Ansiedlung der Speicherstadt auf der innenstadtnahen Brooksinsel.