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© Verlag Friedrich Oetinger GmbH, Hamburg 2007

 

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Cover und Illustrationen von Stefanie Scharnberg

E-Book-Umsetzung: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin 2014

 

ISBN 978-3-86274-077-2

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Papa hat eine
Überraschung für Jonathan

Was für ein Glück, dass Papa sich vor einem Jahr ausgerechnet in Hilary verliebt hat! Er hätte sich ja auch in eine verlieben können, die blöde ist und keine Kinder mag. Aber so eine ist Hilary zum Glück überhaupt nicht.

Eigentlich glaubt Jonathan sogar, dass Hilary ihn mindestens genauso lieb hat wie Papa. Jedenfalls will sie ihn immer dabeihaben, wenn sie mit Papa etwas unternimmt. (Außer abends, da geht das natürlich nicht. Schließlich ist Jonathan ja erst acht.) Und Kniffel will sie auch immer mit Jonathan spielen, und beim Essen mag sie am liebsten Spaghetti mit roter Soße, genau wie Jonathan, und Fisch schmeckt ihr auch nicht so gut. Eigentlich hat Jonathan mit Hilary also wirklich ziemliches Glück gehabt.

Das hat er schon gemerkt, als Hilary Papa zum ersten Mal besucht hat, nach den Sommerferien im letzten Jahr, als Jonathan und Papa gerade von der Ostsee zurückgekommen waren. Gleich am ersten Abend wollte Hilary unbedingt mit Papa und Jonathan Monopoly spielen und nicht nur mit Papa rumsitzen und knutschen, wie Verliebte im Fernsehen das immer machen. So eine Frau hätte Jonathan wirklich nicht gebrauchen können. Und am nächsten Tag hat Hilary sogar mit Jonathan ganz allein bei Regenwetter einen Ausflug an die Ostsee gemacht, weil er sich das so doll gewünscht hat, und dabei wusste sie noch nicht mal, warum er so unbedingt dahin wollte, nämlich um seinen Nix endlich ans Meer zurückzubringen. Das mit dem Nix war nun wirklich eine komische Geschichte, aber die kommt später.

»Es ist dir doch recht, Jonathan?«, hat Hilary gefragt, als sie bei Papa und ihm eingezogen ist, und sie ist sogar ein bisschen rot geworden dabei. »Du musst schließlich auch damit einverstanden sein. Die Wohnung gehört ja euch beiden, und wenn ich da mit wohnen darf, dann müsst ihr das auch beide wollen.«

»Klar«, hat Jonathan gesagt. Er hat gedacht, dass sie dann doch vielleicht noch viel öfter Kniffel zusammen spielen können und zu dritt mit Papa auch Monopoly. Und weil Hilary so nett ist, fährt sie ihn auch bestimmt manchmal zum Fußballtraining, wenn es regnet, und zum Blockflöten, wie es die Mütter von den anderen Kindern tun. Obwohl Hilary natürlich keine Mutter ist. Aber wenn sie schon mal bei ihnen wohnt, kann sie das doch machen.

Zuerst war es ein bisschen komisch, als Hilary jeden Morgen mit verstrubbelten Haaren aus dem Badezimmer gekommen ist und als Hilary ihm jeden Abend von der Kinderzimmertür einen kleinen Luftkuss zum Einschlafen zugepustet hat, aber dann ist es ganz schnell normal geworden. Manchmal streicht ihm jetzt Hilary sein Schulbrot und manchmal tut das immer noch Papa, und kochen tut Hilary auch manchmal. Aber das kann sie leider noch nicht so richtig. Da braucht sie noch ein bisschen Übung, hat sie gesagt. Nur Nudeln klappen immer ziemlich gut.

Deshalb ist Jonathan also ganz froh, dass Hilary bei ihnen wohnt. Wenn Papa am Wochenende Bereitschaftsdienst hat und plötzlich wegfahren muss, ist Jonathan jetzt nicht mehr allein, und wenn Papa Spätschicht hat, auch nicht. Da hat Jonathan sich sonst manchmal gegruselt, so ganz allein in der Wohnung. Darum ist so eine Frau doch eigentlich ganz praktisch.

Aber eines Tages wird Hilary ganz merkwürdig. Sie hört gar nicht mehr richtig zu, wenn Jonathan ihr etwas erzählt, und sie vergisst, ihm sein Schulbrot zu streichen, und einmal packt sie ihm sogar aus Versehen den Küchenwecker in seine Schulbrotdose. Und manchmal liegt Hilary jetzt ganz still auf dem Sofa im Wohnzimmer und lächelt einfach so vor sich hin. Da hätte Jonathan sich ja vielleicht schon was denken können!

Das hat er aber nicht getan, und darum ist er auch ganz überrascht, als Papa an einem Sonntag seinen Lieblingskuchen backt und den Kaffeetisch ganz hübsch deckt und zwei Kerzen anzündet, obwohl es doch fast Sommer ist und überhaupt nicht weihnachtlich.

»Hilary und ich wollen dir etwas erzählen, Jonathan«, sagt Papa.

»Ja?«, sagt Jonathan und kaut. Sein Lieblingskuchen ist Schokopuffer mit dicken Schokostücken drin und dickem Schokoguss obendrauf und dann noch Schokostreuseln auf dem Guss. Leider schafft er davon meistens nur zwei Stücke, auch wenn er sich Mühe gibt und sogar noch extra den Knopf von seiner Jeans aufknöpft.

»Möchtest du nicht vielleicht …«, sagt Hilary und guckt Jonathan immer so an.

»Klar!«, sagt Jonathan und schluckt. »Gib rüber!« Gerade hat er sein erstes Stück Schokokuchen verputzt, und er merkt ganz glücklich, dass in seinem Bauch noch viel Platz für ein zweites Stück ist. Für ein zweites mindestens.

»Da, bitte!«, sagt Hilary und legt den Kuchen auf seinen Teller. Dann streicht sie ihm über den Kopf, das ist ein kleines bisschen nervig. »Aber das hab ich gar nicht gemeint, Jonathan.«

»Nee?«, sagt Jonathan. »Was hast du denn gemeint?«

»Man spricht nicht mit vollem Mund!«, sagt Papa. Aber es klingt längst nicht so streng wie sonst.

»Ach, nun lass ihn doch mal!«, sagt Hilary. »Möchtest du nicht vielleicht, Jonathan …? Würdest du es nicht schön finden, wenn …? Könntest du dir vielleicht vorstellen …?«

Da merkt Jonathan endlich, dass Hilary ihm etwas wirklich Wichtiges sagen will. Sonst würde sie doch nicht so rumstottern. Und allmählich wird es ihm fast ein bisschen unheimlich.

»Was?«, fragt er darum ungeduldig. Jetzt soll Papa bloß nicht wieder sagen, dass man nicht mit vollem Mund redet.

»Möchtest du nicht vielleicht – ein Brüderchen haben?«, fragt Hilary, und jetzt wird sie tatsächlich knallrot im Gesicht. Auf ihrem Teller schiebt sie immerzu die Krümel hin und her. »Oder ein Schwesterchen?«

Jonathan schluckt seinen Kuchen runter. Deswegen muss Hilary doch nicht so wichtig tun! »Nee, nicht so gerne, brauch ich nicht«, sagt er. Da bettelt er nun schon seit hundert Jahren, dass er gerne einen Hund haben möchte, und stattdessen bieten sie ihm ein Baby an! Babys sind nicht sehr nützlich, Hunde sind viel besser. »Lass uns mal lieber einen Hund, Hilary! Im Tierheim gibt es die fast ganz umsonst!« Es kann doch sein, dass Papa und Hilary das nicht wissen. Und dass sie denken, ein Hund kostet viel Geld, aber ein Baby gibt es gratis.

»Jonathan!«, sagt Papa, und jetzt hört Jonathan doch endgültig auf zu kauen, weil er plötzlich begreift, dass er vielleicht etwas missverstanden hat. »Hast du nicht verstanden? Hilary kriegt ein Baby!«

»Echt?«, fragt Jonathan verblüfft. Das ist nun wirklich eine Überraschung! Da hätten sie ihn aber mal vorher fragen können!

»Doch, du, Jonathan, das stimmt!«, sagt Hilary ganz lieb und guckt ihn immer noch nicht an und ist immer noch genauso rot im Gesicht. »Und ich freu mich schon ganz doll darauf, und weißt du, warum? Weil ich doch immer denke: Was hat unser Baby für ein Glück, dass es so einen netten großen Bruder kriegt! Du kannst ihm ja alles zeigen, Fußball und Judo und Basteln und …«

»Nee, Basteln nicht so!«, sagt Jonathan schnell. Nicht dass Hilary jetzt denkt, dass er später immer mit ihrem neuen Kind am Küchentisch sitzt und friemelige kleine Sachen zusammenklebt! Basteln findet Jonathan eigentlich nicht so spannend.

Aber Hilary hat vielleicht gar nicht richtig zugehört. »Und wenn es noch klein ist, muss es trotzdem nie Angst haben, wenn große Jungs es ärgern wollen, oder? Weil du es doch dann bestimmt beschützt, und …«

»Logisch beschütz ich das!«, sagt Jonathan und denkt an den blöden Martin aus seiner Klasse. Der ärgert in der Pause immer die kleinen Kinder aus der Vorschule, weil er nämlich ein Feigling ist. Aber bei Jonathans Baby soll er das mal lieber nicht versuchen! »Ich geb denen voll auf die Glocke!«, sagt Jonathan zufrieden. »Wenn die meinen Bruder ärgern!«

»Na also!«, sagt Papa und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Den Kuchen hat er überhaupt noch nicht angerührt. »Vielleicht ist es auch eine Schwester. Und was würdest du denn dazu sagen, Jonathan, wenn Hilary und ich – heiraten würden?«

Jonathan guckt ihn an. »Mit Brautkleid?«, fragt er interessiert. »Wie im Fernsehen? Mit echter Kutsche?«

»Du könntest sogar Blumen streuen, wenn du dich nicht zu alt dafür fühlst!«, sagt Hilary. »Vielleicht mit Leo zusammen? Aber da hast du noch Zeit zu überlegen, ob du möchtest.«

»Okay«, sagt Jonathan. Eigentlich glaubt er nicht, dass Verheiraten einen großen Unterschied macht, wo sie doch jetzt eigentlich auch so schon eine Familie sind. Aber wenn Papa und Hilary das gerne möchten, hat er nichts dagegen. »Wann denn?«

Da sagt Papa ihm den Termin, der ist schon ziemlich bald, und dass sie morgen auch noch die Ringe kaufen müssen.

Jonathan nimmt sich sein drittes Stück Kuchen. Wenigstens versuchen kann er ja mal, ob er das noch schafft.

»Ich helf euch dabei«, sagt Jonathan und spricht schon wieder mit vollem Mund. Aber Papa schimpft nicht, und Hilary schimpft auch nicht, und als sie ihren Kuchen gegessen haben, überlegen sie gemeinsam, wen sie alles zur Hochzeit einladen wollen und ob Großtante Thea auch unbedingt dabei sein muss. Dann machen sie sich noch einen ganz gemütlichen Nachmittag zusammen und spielen eine Runde Monopoly.

Aber wer weiß, ob sie das auch getan hätten, wenn sie gewusst hätten, wer genau zu dieser Zeit auf dem Weg zu ihnen ist.

An der Ostsee passieren
merkwürdige Dinge

Genau zu dieser Zeit nämlich passieren zwischen der Ostsee und Jonathans Wohnung viele sonderbare Dinge.

Als Boysen, der Besitzer von »Boysens Laden«, eines Morgens seinen Laden in dem kleinen Dorf gleich hinter dem Strand aufschließt, sieht er auf dem Fußboden lauter merkwürdige feuchte Spuren, die sehen nicht aus wie richtige Fußspuren und sind noch ganz frisch. Aber als Boysen »Halt! Wer da?« ruft und anfängt, nach dem Einbrecher zu suchen, kann er ihn absolut nicht finden, obwohl er doch sofort die Ladentür hinter sich abschließt und ganz sicher ist, dass niemand an ihm vorbei nach draußen gewitscht sein kann. Das hätte er ja schließlich gesehen.

»Außer, das war ein unsichtbarer Einbrecher!«, sagt Boysen, als er seiner Frau beim Mittagessen die Geschichte erzählt. Aber natürlich lacht er dabei, weil schließlich jeder weiß, dass es Unsichtbare nicht gibt; und dann vergisst er den Vorfall auch ganz schnell wieder, weil außer einem Paket Tiefkühlfisch sowieso nichts aus dem Laden fehlt. »Und ein Einbrecher«, sagt Boysen zu seiner Frau, »der so bescheiden ist, der darf von mir aus sogar ruhig mal wiederkommen.«

Darum meldet er den Einbruch auch nicht der Polizei. Da hätten sie ihn ja doch nur ausgelacht und gesagt, das ist alles nur Einbildung. Unsichtbare Einbrecher, die Tiefkühlfisch klauen, wo gibt’s denn so was!

Aber am nächsten Tag will Maike Petersen in ihrer Fischräucherei in der kleinen Stadt unten am Hafen gerade ein Mittagspäuschen machen, als sie es fürchterlich poltern hört.

»Nanu?«, sagt Maike und geht in den Lagerraum. Sie denkt ja natürlich, dass sie da vielleicht vorhin die Pappkartons mit dem Räucheraal unordentlich gestapelt hat, oder die Holzkästchen mit den Sprotten, und nun sind sie eben umgekippt.

Aber dann fällt sie vor Schreck fast in Ohnmacht; und wenn sie nicht mit der Hand hinter sich gerade noch den Türrahmen zu fassen gekriegt hätte, wäre sie wahrscheinlich mitten in dem ganzen Durcheinander auf dem Fliesenboden gelandet, so gruselig ist das, was sie da im Lager zu sehen kriegt.

Auf dem Boden vor der Gefriertruhe liegen nicht nur alle Pappkartons in einem wilden Durcheinander neben den Holzkästchen mit den Sprotten mit offenem Deckel und dem Victoriabarsch und dem Seelachsfilet; viel schlimmer ist, dass durch die Luft plötzlich eine angebissene Schillerlocke angeflogen kommt, die saust von irgendwo aus dem Chaos direkt auf Maike zu und trifft sie mitten auf der Stirn. Und gleich danach kommt auch noch ein angebissenes Stück Räucheraal, das verfehlt ihr linkes Ohr nur ganz knapp.

»Tiere des Meeres und Tiere des Schlicks!«, ruft dazu eine ärgerliche Männerstimme, und dann saust eine kleine Holzkiste mit Sprotten durch die Luft, aber zum Glück in die andere Richtung, da braucht Maike sich nicht mal zu ducken.

»Gibt’s nix zu futtern für den Nix?«

»Hilfe!«, flüstert Maike und rutscht mit dem Po ganz, ganz langsam am Türrahmen nach unten. »Hilfe! Mama, Hilfe!« Dabei ist sie doch längst erwachsen, und bei ihrer Mama wohnt sie auch schon lange nicht mehr!

»Schmeckt ja alles nur nach Rauch!«, ruft die unheimliche Stimme wieder. Und dabei ist doch immer noch absolut und hundertprozentig niemand zu sehen!

»Das ist nix für Nixens Bauch!«

Und bevor Maike noch einmal »Hilfe!« rufen kann, hört sie einen lauten Rülpser, und danach hört sie Papiergeraschel, als ob jemand sich am Zeitungspapier zum Einwickeln zu schaffen macht; aber da hat sie längst die Augen geschlossen, so übel ist ihr jetzt und so gruselig fühlt sich alles an.

»Natürlich hast du nichts gesehen, wenn du die Augen zugemacht hast, du dumme Trine!«, sagt ihr Chef, als Maike ihm zehn Minuten später am Telefon alles erzählt. Ihre Stimme zittert immer noch, so aufgeregt ist sie. »Was bist du denn für eine Räucherfischverkäuferin? Da kommt während der Geschäftszeit ein dreister Einbrecher in den Laden und durchwühlt unser ganzes Frischelager, und du machst die Augen zu und lässt ihn machen! Was hat er denn gestohlen?«

Da sagt Maike, dass er einen kleinen Happs Schillerlocke abgebissen hat und einen kleinen Happs Aal und eine halbe Sprotte.

»Aber sonst hat er gar nichts mitgenommen!«, sagt sie, und da sagt ihr Chef, dass sie dann das Lager mal ganz schnell wieder aufräumen soll, und in der nächsten Nacht soll sie vielleicht mal ein bisschen länger schlafen, weil sie sich das bestimmt alles nur eingebildet hat.

»Ein Einbrecher, der nur mal eben von unserem Fisch abbeißt!«, sagt der Chef ärgerlich. »Das gibt es ja wohl nicht!«

Da traut Maike sich nicht mehr, ihm zu erzählen, dass der unsichtbare Einbrecher außerdem auch so komisch in Reimen gesprochen hat. Bestimmt hätte ihr Chef sie dann endgültig für verrückt gehalten und sie vielleicht sogar entlassen, das will Maike nicht. Und darum erfährt also auch niemand etwas davon, was in der Fischräucherei passiert ist.

Und davon, dass in dem kleinen Supermarkt ein Dorf weiter eines Morgens der ganze Inhalt der Gefriertruhe auf dem Boden liegt und nur ein einziges Paket aufgerissen ist, daraus fehlen gerade mal vier Fischstäbchen, erfährt auch niemand, aus haargenau dem gleichen Grund; und dass beim Fischer an der nächsten Bucht jemand alle Netze durcheinandergeworfen hat, erzählt der Fischer auch keinem.

Nur die Verkäuferin im Fischgeschäft in der kleinen Stadt schon ein kleines Stück landeinwärts ruft voller Schrecken bei der Polizei an, als sie abends den Fußboden wischt und den Wasserhahn aufdreht, um noch einmal frisches Wasser in ihren Wischeimer laufen zu lassen.

»Hilfe!«, schreit sie in den Hörer und starrt vor sich auf den Boden. Da steigt langsam, ganz langsam etwas auf, das sieht aus wie Rauch und schlängelt sich von den Fliesen hoch in die Luft, und während die Verkäuferin noch ganz verzweifelt 110 in ihr Telefon eintippt, wird der Rauch langsam dichter und dichter und bekommt Farben und Formen, und dabei ächzt und stöhnt er die ganze Zeit.

»So eine Anstrengung!«, sagt der Rauch; aber jetzt ist er schon kein Rauch mehr, sondern ein kleiner Mann mit zotteligen grünen Haaren und einem Fischschwanz statt Beinen und einer dreizinkigen Gabel in der Hand. Der kleine Mann ist bestimmt nicht größer als eine Thermoskanne, aber Angst hat die Verkäuferin trotzdem, das kann man ja verstehen.

»Hilfe! Einbrecher! Hilfe!«, ruft sie.

»Bitte nennen Sie uns Ihre Adresse!«, sagt der Polizist in der Notrufleitstelle am anderen Ende ruhig. »Hallo! Bitte nennen Sie …«

»Ein Außerirdischer!«, kreischt die Fischverkäuferin und dreht den Wasserhahn zu. »Hilfe! Jetzt verschwindet er wieder!«

Denn das tut der kleine Einbrecher tatsächlich gerade. Die Farben verschwimmen, und die Umrisse verwischen sich, und dann ist da nur noch ein bisschen Rauch, der vom Boden aufsteigt.

»Jetzt ist er weg!«, flüstert die Verkäuferin erschüttert. »Er hat sich einfach aufgelöst!«