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Viviane Theby & Michaela Hares

Das große Schnüffelbuch

Nasenspiele für Hunde image

Kynos Verlag

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© 2010 KYNOS VERLAG Dr. Dieter Fleig GmbH
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Alle Fotos: Viviane Theby außer Titelfoto von iStockphoto/olaser; S. 178 Michaela Hares
Alle Zeichnungen: Angelika Schmohl, a.schmohl@web.de

9. Auflage 2019
eBook(epub) der Printversion
ISBN-eBook (epub): 978-3-942335-27-0
ISBN der gedruckten Auflage: 978-3-942335-01-0

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Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Versteckspiele für den Anfang

Der Hund sucht ein Motivationsmittel

Allgemeine Trainingsgrundlagen

Die freie Suche eines bestimmten Gegenstandes

Mögliche Fallstricke in der Ausbildung

Der Dufttarget

Die Anzeige - Was sagt mir der Hund?

Die natürliche Anzeige

Antrainierte Anzeigen

Apportieren

Sitzen, Stehen, Hinlegen

Bellen

Das Bringseln

Wie funktioniert die Nase?

Einen bestimmten Geruchsstoff suchen

Trüffel suchen

Champignons suchen

Wo ist Walnussöl?

Das Arbeiten mit dem Targetduft

Verlorensuche

Verloren - Feinsuche

Dummyarbeit

Geruchsunterscheidung

Wo ist dein Bierdeckel?

Welchen Bierdeckel hatte ich in der Hand?

Was riecht hier nach Milch?

Noch mehr Geruchsunterscheidung

Feinschmeckerspiel

Wo ist die Leberwurst?

Finde deine Leine

Tannenzapfenspiel

Noch mehr Zapfenspiele

Wem habe ich die Hand geschüttelt?

Nasenspiele mit Blumentöpfen

Einfaches Blumentopfspiel

Immer mehr Blumentöpfe

Geruchsmemory

Arbeiten mit Geruchsmuster

Schuhsalat

Riechralley

Schnüffelstrecke

Wo ist mein Mineralwasser?

Zaubervorführung mit Hund

Hütchenspiel

Der hellsehende Hund

Farben erkennen

Nasenspiele für ängstliche Hunde

Abgewandeltes Blumentopfspiel für ängstliche Hunde

Abgewandeltes Blumentopfspiel für geräuschempfindliche Hunde

Um die Wette riechen

In welcher Hand ist…?

Weitere Ideen

Eine bestimmte Person suchen

Ein bestimmtes Haustier suchen

Einer künstlichen Geruchsspur folgen

Kommandos aus Gerüchen

Der Hund lernt schreiben

Der Hund kann lesen

Dufte Kiste

Spurensuche

Der Geruch

Das Spurenlegen

Leinentraining für den Menschen

Spurensuchen ohne Leine

Leinentraining für den Hund

Leichte oder schwere Spur?

Die Sache mit der Tüte

Arbeiten mit der Spur und Helfer am Ende

Alternative: Eigenspur

Weitere Herausforderungen in der Spurensuche

Gegenstände anzeigen

Arbeiten mit einer fremden Spur

Verleitungen

Alte Spur

Personensuche

Aufgaben für Könner

Training in der Stadt

Die unterbrochene Spur

Abwechslungen im Geruchsstoff

Forschungsaufgaben

Literaturhinweise und Adressen

Vorwort

Die meisten unserer Hunde wollen arbeiten. Dafür wurden sie seit vielen, vielen Jahren gezüchtet. Und den meisten Menschen macht es Spaß, mit ihrem Hund zu arbeiten. Oftmals fehlen jedoch einfach die Ideen. Oder es fehlt die Zeit, auf einen Hundeplatz zu fahren, der vielleicht noch etwas weiter weg liegt, um dort zu trainieren. Aber das muss ja auch gar nicht sein. Es gibt viele schöne Sachen, die man mit dem Hund zu Hause trainieren kann. Außerdem ist das ja auch viel wichtiger, als einmal in der Woche auf den Übungsplatz zu gehen.

Oftmals laden wir beim Training oder bei Spielchen die Hunde in unsere Welt ein. Sie lernen Tricks, eine perfekte Unterordnung oder das Springen über Hindernisse, was sie von sich aus gar nicht so machen würden. Dennoch kann es ihnen natürlich sehr viel Spaß machen, vorausgesetzt, die Trainings-methoden sind hundefreundlich.

Mit diesem Buch möchten wir Sie anregen, sich mal in die Welt der Hunde verführen zu lassen. Versuchen Sie doch einmal, sich die Welt über Ihre Nase vorzustellen! Denn das, was für uns Menschen die Augen sind, ist für die Hunde die Nase. Wir können uns das nie so richtig vorstellen. Es ist wirklich faszinierend, zu welchen Leistungen die Hunde mit ihrer Nase fähig sind!

Besonders die Leistungen der Rettungshunde sind beeindruckend: Die Hunde können in Windeseile ein Gebäude durchsuchen und darin befindliche Menschen anzeigen. Sie können große Geländestücke nach Vermissten absuchen.

Besonders erstaunlich ist: Eine Kollegin aus einer anderen Ortungsgruppe erzählte von einem Einsatz in der Wassersuche. Dabei fährt der Hund mit in einem Boot über das Wasser und sucht nach menschlichen Gerüchen. Ein Taucher war vermisst. Der Hund zeigte an einer Stelle an. Unter Einbeziehung der Strömung wird dann ermittelt, wo der Mensch sich befinden kann. Taucher gingen runter, fanden aber nichts. Der Hund wurde ein zweites Mal zur Suche angesetzt und zeigte wieder an derselben Stelle an. Die Hunde-führerin, die ihren Hund sehr gut kannte, war sich sicher, dass da etwas sein musste. Es wurde eine Spezial-Taucherstaffel angefordert. Die fanden schließlich den Ertrunkenen. Er befand sich zwanzig Meter unter der Wasseroberfläche und war überwiegend mit Schlamm bedeckt! Obwohl wir aus der Arbeit mit den Rettungshunden schon viel über deren Geruchssinn gelernt hatten, war das doch unvorstellbar für uns. Wie kann ein Hund das riechen?

Eine nächste anfangs unvorstellbare Sache war, was vor 20 Jahren von einem französischen Hundeführer der Feuerwehr berichtet wurde. Er erzählte von Hunden, denen man einen Gegenstand einer vermissten Person unter die Nase hält und die diese Person dann suchen und sie finden, auch wenn sie mitten durch die Stadt gegangen ist, zum Beispiel über einen Marktplatz voller Menschen, über befahrene Straßen oder was auch immer. Das war damals fast nicht zu glauben, bis wir mal einen solchen Hund bei der Arbeit gesehen und inzwischen auch etliche ausgebildet haben. Das ist wirklich unvorstellbar!

Wie maßlos wir doch die Hunde zum Beispiel in der Fährtenarbeit unterschätzen!

In den folgenden Kapiteln möchten wir Sie also einladen, von Ihrem Hund zu lernen. Denn in Sachen Nase ist er uns bei weitem überlegen.

Außer, dass das Ihnen und Ihrem Hund eine Menge Spaß machen kann, hat es durchaus auch praktischen Nutzen. Stellen Sie sich vor, Sie haben bei einer Gartenparty Ihren Hochzeitsring im Gras verloren und Ihr Hund kann ihn wiederfinden!

Oder stellen Sie sich vor, Sie sind allergisch gegen Nüsse und Ihr Hund kann Ihnen sagen, ob in einer Mahlzeit Nüsse drin sind oder nicht. Sie glauben, das geht nicht? Und ob!

Lassen wir uns also vom Hund in seine Nasenwelt einführen. Wir können mit Sicherheit eine Menge von ihm lernen. Wir werden zwar nie in der Lage sein, es ihm nachzutun; aber wir werden ihn und seine Leistungen schätzen lernen, was einer guten Partnerschaft zwischen Mensch und Hund immer förderlich ist.

Die folgenden Übungen kann jeder Hund durchführen, es sei denn, er hat keinen Geruchssinn mehr. Es kommt also nicht auf Rasse oder Alter an. Jeder Hund ist uns in Sachen Riechen um ein Vielfaches überlegen.

Viviane Theby
Michaela Hares

1 Versteckspiele für den Anfang

Der Hund sucht ein Motivationsmittel

Im Vorwort haben wir schon einmal angedeutet, zu was Hunde mit ihrer Nase alles fähig sind. In dieser Hinsicht brauchen und können wir sie gar nicht ausbilden. Was wir ihnen jedoch beibringen müssen, ist eine Verständigung darüber, was sie gerade riechen. Wir müssen in der Lage sein, dem Hund zu sagen, was er für uns erschnüffeln soll und wir müssen erkennen können, wenn er auf einer »heißen« Spur ist bzw. wenn er etwas gefunden hat. Das meiste muss also - wie so oft in der Hundeausbildung - wieder der Mensch lernen.

Das Suchen des Motivationsmittels ist die Grundübung für alle Suchspiele. Alle Spielideen kann man ausgehend von einer Grundübung aufbauen. Damit lernt der Hund im Prinzip das Konzept »Suchen«. Schließlich müssen wir ihm ja auf irgendeine Art und Weise vermitteln, was er tun soll.

Zunächst ist es wichtig, etwas zu finden, das der Hund wirklich gerne mag. Da muss man - je nach Hund - unter Umständen etwas einfallsreich sein.

Eine Auswahl an Motivationsmitteln sind zum Beispiel Spielzeuge, Futter, von normalen Leckerchen über Leberwurst, Käse, getrocknete Lunge oder Pansen bis hin zu Fischfilets, oder auch mit Futter gefüllte Spielzeuge. Wenn das alles für den Hund noch nicht sehr motivierend ist, dann könnte man noch an ein Kaninchenfell denken, aber auch an Schafsköttel, an ein Taschentuch mit dem Duft einer läufigen Hündin oder was auch immer.

Für diese Grundübung in Sachen Nasenspiele sollten Sie wirklich das Nonplusultra für den Hund finden. Nur wenn er nämlich wirklich motiviert ist, zu finden, haben wir eine Chance, ihm die Aufgabe zu erklären. Außerdem unterstützen wir damit, dass er später auch wirklich mit Eifer suchen wird.

Das Suchen des Motivationsmittels ist nur der Einstieg. Später wird der Hund uns irgendetwas anderes suchen. Aber das lernt er erst Schritt für Schritt.

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Beim richtigen Motivationsmittel muss man unter Umständen etwas einfallsreich sein.

Schritt 1

Halten Sie Ihren Hund fest oder lassen Sie ihn halten und legen oder werfen sein Motivationsmittel etwa zwei bis drei Meter weit vom Hund weg, so dass er es sehen kann.

Mit dem Kommando »Such« lassen Sie ihn laufen. Er sollte sofort zu dem Motivationsmittel laufen, sonst war es vielleicht doch noch nicht spannend genug. Anstelle von »Such« können Sie natürlich auch alle möglichen anderen Worte verwenden. Wichtig ist nur, dass Sie das einmal ausgewählte auch beibehalten.

Vielleicht fragen Sie jetzt: Warum soll ich »Such« sagen? Der Hund muss ja gar nicht suchen, sondern kann direkt hinlaufen. Wir sind hier aber erst bei Schritt eins einer Reihe von Schritten, die dem Hund am Ende deutlich machen, dass er suchen soll. Also haben Sie Geduld, wir kommen schon zum Ziel. Wiederholen Sie diesen Schritt mindestens zehnmal.

Schritt 2

Das Motivationsmittel wird leicht versteckt, aber noch so, dass der Hund zusehen kann. Dieser wird dann mit dem gewählten Kommando losgelassen und überschwänglich belohnt, wenn er findet. Auch diesen Schritt sollten Sie mindestens ein halbes Dutzend Mal wiederholen.

Schritt 3

Täuschen Sie jetzt mehrere Verstecke an. Der Hund sieht immer noch zu. Achten Sie dabei darauf, dass er wirklich nicht sieht, in welches der drei bis vier Verstecke Sie das Motivationsmittel nun deponieren. Das ist oft gar nicht so einfach. Hunde sind gute Beobachter. Jetzt muss er also zum ersten Mal wirklich die Verstecke absuchen, wenn er seine Belohnung finden will. Denken Sie dann natürlich daran, dem Hund auch deutlich zu zeigen, wie toll Sie ihn finden, wenn er gefunden hat.

Schritt 4

Haben Sie Schritt 3 einige Male wiederholt, ist es an der Zeit, das Motivationsmittel wirklich zu verstecken, das heißt, der Hund sieht nicht mehr länger zu. Sie sollten diesen Schritt jedoch am gleichen Ort wie die vorhergehenden Das Motivations üben, also im gleichen Zimmer oder an der gleichen Stelle draußen im Gelände. Damit helfen Sie dem Hund, sich daran zu erinnern, was er machen soll. Sie können nämlich noch nicht von ihm erwarten, dass er das Kommando schon versteht.

Der Hund wird also in einen anderen Raum gebracht oder draußen im Gelände abgelenkt, damit er nicht sieht, wo das Versteck nun ist. Mit dem gleichen Ritual wie zuvor, das heißt mit dem gleichen Kommando und den gleichen Bewegungen, schicken Sie ihn los. Jetzt wird deutlich, ob er schon eine Idee von dem hat, was er machen soll. Macht er sich sofort auf die Suche, haben Sie es geschafft, ihm das Konzept »Suchen« beizubringen. Sie können ihm natürlich auch einige Sekunden Bedenkzeit lassen, damit er sich erinnern kann.

Schritt 5

In diesem Schritt geht es nun darum, den Ort zu wechseln. Schließlich soll das Kommando ja überall gelten. Üben Sie also an vielen unterschiedlichen Orten, das heißt in allen Zimmern im Haus, im Garten, im Wald, auf dem Parkplatz und so weiter. Nur so kann der Hund lernen, dass das Kommando auch überall gilt. Das darf man nicht voraussetzen, weil Hunde sehr kontextspezifisch lernen, das heißt etwas, das sie an einem Ort gelernt haben, können sie normalerweise noch lange nicht an einem anderen Ort auch.

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Achten Sie darauf, dass der Hund wirklich nicht sieht, in welches der drei bis vier Verstecke Sie das Motivationsmittel nun deponieren.

Mögliche Schwierigkeiten:

Tauchen in Schritt 1 bis 3 Schwierigkeiten auf, bedeutet das, dass der Hund nicht gut genug motiviert ist. Sie sollten sich also da noch einmal Gedanken um das Motivationsmittel machen. Was ein Motivationsmittel ist, entscheidet letztendlich der Hund. Wir können dem Hund etwas aus unserer Sicht noch so Tolles vorsetzen – wenn er es nicht lohnend findet, dafür zu arbeiten, ist es nicht wirklich ein Motivationsmittel.

Wir arbeiten gerne (so als As im Ärmel, falls sich ein Hund auf einem Seminar mit herkömmlichen Mitteln nicht motivieren lässt) mit einer Tube, die mit den unterschiedlichsten Leckereien gefüllt werden kann. Leere, immer wieder neu befüllbare Tuben gibt es im Outdoor-Bedarf. Bei der Füllung sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Eine für die meisten Hunde unwiderstehliche Füllung besteht aus gekochtem Ei, Käse und Brot, das alles zusammen in einem Mixer zu einem feinen Brei püriert wird. Will man sich die Arbeit nicht machen, ist auch Babynahrung (zum Beispiel Putengericht) ganz gut geeignet. Im Vergleich zu einer reinen Wurst-oder Käsefüllung sind solche Leckereien nämlich nicht gewürzt, und der Hund kann bedenkenlos eine ganze Tube nuckeln. Inzwischen gibt es auch fertige Tuben mit Hundeleberwurst. Es sieht für uns so aus, als wäre auch das Nuckeln etwas ganz Faszinierendes für die Hunde. Sollten Sie Babynahrung verwenden, achten Sie darauf, dass sie keine Zwiebeln enthält, weil die für Hunde giftig sind.

In seltenen Fällen gibt es auch Hunde, die übermotiviert sind und vor lauter Motivation regelrecht blockiert sind, irgendetwas zu machen. Labradore fallen manchmal darunter. Hier hilft es unter Umständen, ein weniger gutes Motivationsmittel zu nehmen. Wenn auch das nicht hilft, lernen sie oft durch Zusehen. Auch wenn es jetzt albern klingt: Lassen Sie den Hund einige Male zusehen, wie Sie suchen oder einen anderen Hund suchen lassen. In diesem Fall wird dann durch Abgucken gelernt – auch eine Möglichkeit.

Achten Sie bei den ersten Übungsschritten auf ein einheitliches Ritual, das dem Hund hilft, sich darauf einzustellen, was auf ihn zukommt. Dazu könnte zum Beispiel gehören, dass Sie sich neben ihn knien, mit der linken Hand ins Halsband greifen, mit der rechten an seiner Nase vorbei eine Richtung angeben, ihm etwas Aufmunterndes ins Ohr flüstern und schließlich mit dem Wörtchen »Such« loslassen.

Haben Sie das alles gemacht und der Hund steht immer noch auf der Leitung, wenn er zuvor nicht beim Verstecken zusieht, können Sie Zwischenschritte einbauen. Lassen Sie ihn zusehen, wie Sie das Motivationsobjekt verstecken, lassen Sie ihn jedoch nicht sofort zum Suchen los. Stattdessen machen Sie erst einige Übungen mit ihm oder, wenn Sie draußen im Gelände üben, gehen Sie einige Schritte mit ihm spazieren. Dann gehen Sie zur ursprünglichen Stelle zurück, spulen Ihr Ritual ab und lassen den Hund los. Nun sollte er wissen, worum es geht. Lassen Sie die Pause zwischen Verstecken und Loslassen anfangs kurz und dehnen Sie sie langsam aus. Nach einigen Wiederholungen können Sie dann zu Schritt 4 übergehen.

Hat der Hund Schwierigkeiten mit Schritt 5, also dem Suchen an anderen Stellen, wiederholen Sie dort noch mal kurz die Schritte von 1 bis 4. Unter Umständen müssen Sie das an mehreren Stellen machen. Es wird aber jedes Mal etwas schneller gehen, bis der Hund versteht, was er machen soll. Bald kann er es dann auch an einem völlig fremden Ort.

Aus dieser Grundübung kann man viele weitere Übungen ableiten. Auf Seite 226 finden Sie eine Übersicht. Im Folgenden werden wir einige Übungen davon im Detail besprechen.

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Der Hund schafft den Übergang von Schritt 3 nach Schritt 4 nicht. Solange er zusehen kann, sucht er ohne Probleme. Wenn er aber nicht zusehen kann, wie das Motivationsmittel versteckt wird, scheint er auf dem Schlauch zu stehen. Er weiß dann nicht, was er machen soll.

Oft ist nämlich das, was wir loben nennen, für den Hund eher unangenehm, wie zum Beispiel das Über-ihn-Beugen und auf den Kopf tätscheln. Sehen Sie sich also genau an, ob er das wirklich als Lob empfindet, was Sie ihm zukommen lassen.

Ein ganz wichtiger Faktor ist hier unsere Stimme. Lernen Sie, den Hund in den höchsten Tönen zu loben! Nehmen Sie das bitte wörtlich: Es kommt wirklich auf die hohen Töne an. Die allermeisten Hunde finden das toll und von den anderen können es wieder die allermeisten lernen. Sie müssen sich nur überwinden und eben mal so richtig rumquietschen!

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Loben Sie den Hund in jedem Fall überschwänglich, wenn er gefunden hat. Sie müssen ihm richtig zeigen, wie toll Sie ihn finden. Wenn der Hund vor Stolz einen Zentimeter gewachsen ist, haben Sie es richtig gemacht. Man sollte es dem Hund wirklich ansehen, wie zufrieden er mit sich ist.

Ein richtiges Loben fällt den meisten Menschen nämlich sehr schwer. Sinn und Zweck ist ja, dass der Hund versteht, dass er etwas super toll gemacht hat. Und das soll auch rüberkommen. Wenn Sie es schaffen, dass der Hund vor Stolz einen Zentimeter wächst, dann haben Sie es richtig gemacht.

Allgemeine Trainingsgrundlagen

Was wir Menschen für das Training unbedingt lernen müssen, ist, aufzuhören, wenn es am schönsten ist. Der Hund sollte also richtig mit Eifer bei der Sache sein und mehr wollen, wenn wir aufhören. Wenn der Hund schon signalisiert, dass er keine Lust mehr hat, haben wir zu viel gemacht. Üben Sie daher lieber öfter über den Tag verteilt nur wenige Minuten, als einmal viel zu lange. Das lässt sich dann auch besser in den Tagesablauf einbauen. Drei Minuten mal eben zwischendurch hat man nämlich meistens.

Faustregel Nr. 1:

•  Immer aufhören, wenn es am schönsten ist!

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Immer aufhören, wenn es am schönsten ist.

Wir arbeiten immer von etwas Bekanntem hin zu etwas Unbekanntem in ganz kleinen Schritten. Das machen wir nicht etwa, weil die Hunde dumm sind, sondern, weil wir sonst keine Möglichkeit haben, ihnen zu sagen, was wir von ihnen wollen. Noch einmal: Sie verstehen unsere Sprache nicht! Es liegt an uns, einen Weg zu finden, sich mit ihnen zu verständigen. Deshalb diese kleinen Übungsschritte. Wenn der Hund dann dennoch nicht versteht, worum es uns geht, war auch dieser Schritt zu groß und es sollten noch einige Zwischenschritte eingebaut werden.

Zwei weitere Faustregeln sollten Sie sich merken:

Faustregel Nr. 2:

•  Gestalten Sie die Übung immer so, dass der Hund Erfolg haben kann!

Faustregel Nr. 3:

•  Wiederholen Sie eine erfolgreich ausgeführte Übung möglichst nie zweimal in der genau gleichen Weise!

Wir legen hier am Anfang etwas Wert auf diese Grundlagen in der Ausbildung, die übrigens für jede Ausbildung gelten, weil wir in diesem Buch nicht alle Eventualitäten erwähnen können. Aber wir möchten Ihnen eine Hilfe an die Hand geben, wie Sie damit fertig werden können.

Zur Erklärung von Faustregel Nr. 2:

Erfolg motiviert. Schon allein das ist ein wichtiger Grund, die Übung so aufzubauen, dass der Hund auch Erfolg haben kann. Damit steigern Sie mehr und mehr seine Bereitschaft, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.

Außerdem ist dieser Erfolg für uns das Maß für die Verständigung. Genauso wenig, wie wir dem Hund sagen können, was wir von ihm wollen, kann er uns sagen, ob er die Aufgabe richtig verstanden hat. Wenn er eine Aufgabe aber erfolgreich löst, haben wir einen guten Hinweis darauf. Macht der Hund also einen Fehler, hat er die Aufgabe nicht richtig verstanden bzw. die Anforderungen waren zu hoch. Sie werden in der Ausbildung am schnellsten vorwärtskommen, wenn Sie die Fehler immer bei sich suchen! Denn diese Fehler können Sie relativ einfach abstellen. Wir werden weiter unten eine kleine Übung dazu machen, damit das deutlicher wird.

Aber erst noch zur Erklärung von Faustregel Nr. 3, die besagt, dass man eine Übung nie zweimal in genau der gleichen Weise wiederholen soll, wenn der Hund sie verstanden hat.

Der Grund ist schlicht und einfach der, dass es langweilig ist. Stellen Sie sich ein Kind in der Schule vor. Vielleicht denken Sie auch an Ihre eigene Schulzeit. Der Lehrer erklärt Ihnen, dass das Herunterfallen eines Gegenstandes aus der Hand etwas mit der Schwerkraft zu tun hat. Würde er das jetzt jeden Tag wiederholen, würden Sie bald nicht mehr hinhören. Wird er es aber mit immer unterschiedlichen Beispielen deutlich machen – mal fällt ein Stein aus der Hand, mal eine Feder, dann dasselbe im luftleeren Raum – bleibt das durchaus spannend und es werden unter Umständen Aspekte deutlich, an die man sonst gar nicht gedacht hat.

So ähnlich geht es unseren Hunden natürlich auch.

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Das ist zu viel verlangt.

Ständige Wiederholungen in der gleichen Weise sind langweilig. Die Hunde verlieren schnell das Interesse. Wenn Sie eine Übung immer leicht abwandeln, macht es aber auch für den Hund noch einiges deutlicher. Nehmen wir die einfache Übung »Sitz«. Ständiges eintöniges Wiederholen vergleichen wir gerne mit einer Strafarbeit in der Schule, wo fünfzigmal der gleiche Satz geschrieben werden soll »Ich soll keine Eselsohren ins Heft machen«. Wir denken, anhand dieses Beispieles kann jeder nachvollziehen, wie sich der Hund fühlt, wenn er immer dasselbe machen soll.

Natürlich braucht er aber auch die Wiederholungen, damit die richtige Verknüpfung im Kopf immer stärker wird.

Die Übung ständig etwas zu variieren bedeutet jetzt zum Beispiel, an unterschiedlichen Stellen zu üben, mit unterschiedlicher Ablenkung, mal stehen Sie auf einem Bein, mal strecken Sie einen Arm in die Luft, mal gucken Sie in den Himmel und so weiter.

Der Hund wird damit nicht gelangweilt und er lernt immer deutlicher, dass es nur das Wörtchen »Sitz« ist, auf das es ankommt. Die Übung darf aber auch nur so weit verändert werden, dass es noch dieselbe Übung ist. Haben Sie mit Ihrem Hund das »Sitz« nur geübt, wenn er vor Ihnen ist, und um Abwechslung zu schaffen, gehen Sie jetzt und heben Ihre Arme hoch, dann ist das eine neue Übung. Das ist zu viel verlangt. Also:

•  Immer nur eine neue Sache gleichzeitig üben!

Damit haben wir unsere Faustregel Nr. 4. Am besten schreiben Sie sie sich auf extra Zettel und hängen sie da auf, wo Sie am häufigsten üben. Diese Regeln gelten übrigens für jedes Training mit dem Hund, nicht nur für die Nasenarbeit.

Die freie Suche eines bestimmten Gegenstandes

Das ist eine mögliche Aufgabenstellung, die man aus der Grundübung aufbauen kann. Ziel ist, dass der Hund einen bestimmten Ort nach einem bestimmten Geruch absucht. Das kann der Geruch unterschiedlicher Gegenstände sein, wie zum Beispiel der des Handys, der des Autoschlüssels, eines bestimmten Spielzeuges usw. Das kann auch ein ganz bestimmter Geruchsstoff sein (siehe zum Beispiel Seite 52, 60 oder 94). Hier noch mal die einzelnen Übungsschritte am Beispiel Autoschlüssel. Anstelle des Wortes »Autoschlüssel« können Sie auch Handy, gelbes Quietschespielzeug, Hausschuhe, Leine oder was auch immer setzen und haben jeweils eine neue Übung.

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Schritt 1

Das Motivationsmittel wird zusammen mit dem Autoschlüssel ausgelegt, das heißt, ab jetzt liegt immer der Autoschlüssel neben oder sogar auf dem MotivationsmitteL Wiederholen Sie diesen Schritt an mindestens zehn verschiedenen Orten jeweils dreimaL Wählen Sie sich dazu ein Kommando, zum Beispiel »Such Schlüssel«. Denken Sie an Ihr gewohntes Ritual.

Schritt 2

Dieser Schritt ist ein ganz entscheidender. Der Autoschlüssel wird alleine ausgelegt, ohne das Motivationsmittel. Sie sollten jetzt sehr konzentriert sein und sehr gut aufpassen. Wahrscheinlich wird der Hund bei der Suche kurz am Autoschlüssel zögern, weil da ja in letzter Zeit immer das Motivationsmittel gelegen hatte, so nach dem Motto: »Nanu, hier müsste doch eigentlich meine Belohnung sein. Wo ist sie denn?« Dieses kurze Zögern müssen Sie ganz dringend einfangen.

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Mit »einfangen« meinen wir, es auf den Punkt zu belohnen. Das geht am besten mit einem Klicker oder sonstigem sekundären Verstärker. Sofort, nachdem Sie das Zögern mit dem Klicker oder auch mit einem Lobwort markiert haben, bekommt der Hund das ursprüngliche Motivationsmittel als Belohnung. An dieser Stelle müssen Sie ihm wieder ganz besonders zeigen, wie toll er ist. Denn jetzt soll er ja die Idee der neuen Aufgabe bekommen, nämlich den Autoschlüssel zu suchen. Er lernt jetzt, dass die Belohnung eben auch kommt, wenn sie nicht sofort sichtbar ist. Er braucht nur den Schlüssel zu finden, dann gibt es auch die tolle Belohnung.

Wiederholen Sie diesen Schritt einige Male.

Schritt 3

In diesem Schritt wird der Hund nicht mehr sofort auf den Punkt belohnt, sondern die Belohnung wird ein bis zwei Sekunden herausgezögert. An dieser Stelle kann eine unabhängig trainierte Form der Anzeige eingebaut werden.

Schritt 4

Die Anforderungen werden mehr und mehr erhöht, indem der Autoschlüssel immer schwieriger versteckt wird.

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Im hohen Gras wurde ein Schlüssel verloren. Gut, wenn man einen Hund hat, der einem bei der Suche helfen kann.

Mögliche Schwierigkeiten:

Bei Schritt 2 reagiert der Hund überhaupt nicht auf den alleine liegenden Schlüssel. Er hat also noch gar keinen Zusammenhang zwischen Schlüssel und Motivationsobjekt hergestellt.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Sie können Schritt 1 noch einige Male wiederholen. Wenn Sie dann wieder auf Schritt 2 übergehen, seien Sie super aufmerksam. Vielleicht bitten Sie eine Hilfsperson, damit Sie zu zweit nach einem Zögern schauen. Sie können auch belohnen, wenn der Hund nur zufällig dem Schlüssel recht nahe kommt. Nach einigen Wiederholungen sollte er dann verstehen, worum es geht.

Eine andere Möglichkeit ist die, dass Sie unter den Schlüssel zum Beispiel ein kleines Leckerchen legen. Jetzt wird er kurz zögern und wird mit der großen Belohnung belohnt.

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Sie werden zu einem gefragten Team werden!

Die dritte Möglichkeit ist die, dass Sie selbst den Schlüssel finden, so nach dem Motto: »Guck mal, ich habe ihn gefunden! Zu schade, dass du es nicht geschafft hast.« Das wird schon den Ehrgeiz des Hundes anstacheln. Das wird er sich hoffentlich nicht zweimal sagen lassen.

Der Hund zeigt nicht richtig an

In diesem Fall müssen Sie die Anzeige unabhängig vom Suchen besser trainieren (siehe S. 34). Denken Sie auch daran, sie an mehreren Orten zu üben. Erst wenn sie unabhängig vom Suchen gut klappt, können Sie sie in diese Übung einbauen.

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Eine andere Möglichkeit ist, den Ehrgeiz des Hundes anzustacheln.

Mögliche Fallstricke in der Ausbildung

Mit Fallstricken meinen wir Fehlverknüpfungen, die der Hund bilden kann. Fehlverknüpfungen bedeutet, dass er etwas anderes lernt, als wir uns ursprünglich vorgenommen haben. Da wir nie genau vorhersagen können, was der Hund letztendlich verknüpft, ist es sehr sinnvoll, in dieser Hinsicht besonders wachsam zu sein.

Die häufigste Fehlverknüpfung bei der freien Suche eines Geruchsstoffes oder Gegenstandes ist die, dass die Suche eben gar nicht so frei ist, sondern dass sich der Hund an Ihrer Spur orientiert. Wie kann das sein? Hunde sind nun mal Spezialisten in Sachen Nase.

Außerdem werden sie alle erdenklichen Hilfsmittel zum Lösen der ihnen gestellten Aufgabe benutzen. Eine Geruchsspur ist für den Hund ähnlich wie für uns beispielsweise sichtbare Fußabdrücke. Stellen Sie sich einen frisch geharkten Sandplatz vor, der so groß ist wie ein Fußballfeld. Auf diesem Platz stehen fünfzig Kisten. In einer der Kisten wurde etwas versteckt, das Sie suchen sollen. Nun werden Sie sicherlich auch nicht wahllos alle Kisten abgehen, sondern der deutlich sichtbaren Spur im Sand folgen. Denn die führt Sie natürlich am schnellsten ans Ziel. So geht es auch unseren Hunden. Deshalb ist beim Trainingsaufbau darauf zu achten, dass möglichst keine Geruchsspur gelegt wird. Sie sollten den Gegenstand, in diesem Fall also den Autoschlüssel, auswerfen anstelle von auslegen. (Seien Sie beim Werfen von Schlüsseln nur vorsichtig, dass sie nicht auf einem harten Untergrund landen. Sonst gibt es vielleicht eine Macke in einem Schlüsselbart, was dazu führen kann, dass er nicht mehr ins Schloss passt.)

Das ist zum Beispiel auch eine Fehlverknüpfung, die in der Rettungshundeausbildung vorkommen kann, wenn die Ausbilder weniger erfahren sind. Anstatt dass die Hunde die Nase in die Luft strecken und die Gegend nach menschlichem Geruch absuchen, folgen sie der Spur der Versteckperson ins Versteck. Das ist natürlich unter Umständen verhängnisvoll in einer ernsthaften Flächensuche.

Noch einige Tipps:

• Wollen Sie dem Hund mehrere der oben beschriebenen Aufgaben beibringen, was sehr nützlich sein kann, empfehlen wir Ihnen, das Ritual am Anfang der Suche jeweils etwas abzuwandeln. Zum Beispiel könnten Sie bei »Such das Handy« immer in die Hocke gehen, »Bring die Hausschuhe« sagen Sie immer, wenn Sie Ihre Schuhe ausziehen und so weiter. Damit helfen Sie dem Hund bei der Unterscheidung dieser verschiedenen Dinge. Unsere Worte fallen ihm nämlich nicht so leicht zu verstehen wie unsere Körpersprache.

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